BGE 109 Ia 30 |
7. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. Mai 1983 i.S. Gemeinde Birsfelden gegen Wohlfahrt und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Staatsrechtliche Beschwerde) |
Regeste |
Raumplanung. Ausnützungsziffer; anrechenbare Grundstücksfläche. |
Sachverhalt |
Louis Wohlfahrt ist Eigentümer eines am Ufer der Birs gelegenen Grundstücks in Birsfelden. Die Parzelle liegt etwa zu zwei Dritteln in der Wohnzone und mit der restlichen, an die Birs anstossenden Fläche - dem sogenannten Birsvorland - in der Zone für Grünflächen und öffentliche Anlagen. Auf Anfrage teilte der Gemeinderat Birsfelden dem Grundeigentümer mit, dass bei einer Überbauung des Wohnzonenanteils das Birsvorland nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden dürfe. Eine dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft abgewiesen. Louis Wohlfahrt gelangte hierauf an das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, das seinen Standpunkt schützte, den angefochtenen Regierungsratsbeschluss aufhob und damit eine Anrechnung des Birsvorlandes zuliess. Die Gemeinde Birsfelden führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. |
Aus den Erwägungen: |
6. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass es sich beim Birsvorland nicht um Baugebiet handelt, das von Privaten überbaut werden kann. Damit stellt sich die Frage, ob es bei der Berechnung der Ausnützungsziffer gleichwohl berücksichtigt werden darf. |
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf Land, das baulich nicht ausnützbar ist, in der Regel nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden. So sind neben den Verkehrsflächen bzw. Erschliessungsanlagen im weitesten Sinn auch Wald, öffentliche Gewässer, Land in der Freihaltezone und Flächen, die mit einem planungsrechtlichen Bauverbot belegt sind, nicht anrechenbar. Eine Ausnahme wäre nur aufgrund einer ausdrücklichen Vorschrift zulässig (BGE 108 Ia 121 /122 E. 3b; BGE 104 Ia 334 /335 E. 5b, d; BGE 98 Ia 582 ff. E. 4; vgl. BGE 92 I 104 ff.; unveröffentlichte Urteile vom 22. September 1976 i.S. Bosshard, E. 5a; vom 10. Juli 1974 i.S. Fridlin).
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b) Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts enthält das Zonenreglement der Gemeinde Birsfelden ZR in § 7 eine ausdrückliche Vorschrift, die den Einbezug des Birsvorlandes zur Berechnung der Ausnützungsziffer für das Grundstück des Beschwerdegegners zulässt. Die Beschwerdeführerin rügt auch diese Feststellung als willkürlich.
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§ 7 ZR hat folgenden Wortlaut:
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Bebauungsziffer
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Das Zonenreglement versteht unter Bebauungsziffer das Verhältnis
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zwischen höchstzulässiger überbaubarer Fläche und Gesamtfläche eines
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Grundstückes.
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Bei der Berechnung der Bebauungsziffer werden kleine eingeschossige
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Nebenbauten wie Garagen, Gartenhäuschen, Schuppen usw. bis zum Ausmass von
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insgesamt 25 m2 Grundfläche nicht zur bebauten Fläche gerechnet.
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Bei Gärtnereibetrieben werden Gewächshäuser nicht zur bebauten Fläche
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gerechnet.
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Dieser Paragraph befindet sich im Abschnitt "III. allgemeine Vorschriften für die Wohnzonen (§ 2, Zonen 2-4)" des Zonenreglements. Daraus folgt, dass die im ersten Abs. genannte "Gesamtfläche eines Grundstückes" nur insoweit zur Berechnung der Ausnützungsziffer herangezogen werden darf, als sie tatsächlich in einer der Wohnzonen 2-4 gemäss § 2 ZR liegt. Über die Zone 8 "Grünflächen, öffentliche Anlagen" enthalten die §§ 74 und 75 ZR die massgebende Spezialregelung. Das Birsvorland gehört nicht zur Wohnzone 3, sondern zur Grünzone 8. Schon deshalb kann § 7 ZR nicht auf den streitigen Uferstreifen angewendet werden. Die für die Wohnzonen 2-4 geltende Bestimmung von § 7 ZR lässt sich angesichts von Systematik und Wortlaut des Zonenreglements auch nicht analog dahin auslegen, sie gestatte den Einbezug von Bauverbotsgebiet in die Nutzungsberechnung des in der Wohnzone W 3 gelegenen Grundstücksteils. Eine Vorschrift des kommunalen Rechts, die eine solche Anrechnung gestatten würde, besteht somit nicht. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts ist sachlich nicht haltbar. |
c) Im angefochtenen Urteil stellt das Verwaltungsgericht fest, die Regelung in § 7 ZR stehe im Einklang mit der Vorschrift von § 17 des basel-landschaftlichen Gesetzes über den Wasserbau und die Nutzung der Gewässer vom 2. September 1974 (WBauG). Die Beschwerdeführerin wendet sich auch gegen diese Rechtsauffassung. § 17 WBauG lautet:
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§ 17 Ablösung der Unterhaltspflicht
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1 Tritt der Anstösser einen Uferstreifen von angemessener Breite
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kostenlos an die Öffentliche Hand ab, wird er von der Unterhaltspflicht
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befreit.
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2 Das abgetretene Land wird bei der Berechnung der Nutzungsziffer der
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Stammparzelle mitberücksichtigt.
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§ 17 Abs. 2 WBauG stellt eine dem Wasserbaupolizeirecht eigene Sonderregelung dar, welche die Abtretung von Uferland an die Öffentlichkeit fördern soll. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann daraus, dass § 7 Abs. 1 ZR mit § 17 Abs. 2 WBauG im Einklang steht, nichts zu Gunsten des Beschwerdegegners abgeleitet werden. Die Möglichkeit, nach § 17 WBauG abgetretenes Land in die Berechnung der Ausnützungsziffer der Stammparzelle einzubeziehen, kann nur dann bestehen, wenn sowohl die abgetretene als auch die verbleibende Fläche in der Bauzone liegen. Etwas anderes lässt sich dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen, ist doch die Anwendbarkeit von § 7 ZR - wie dargelegt (E. 6b) - auf die Wohnzonen beschränkt. Diese Auffassung scheint denn auch der Beschwerdegegner zu teilen, indem er die Anwendbarkeit von § 17 WBauG bejaht, weil seiner Ansicht nach "das Birsvorland eindeutig Bauland ist" (Vernehmlassung vom 17. Mai 1982, S. 13). Da es sich beim Birsvorland jedoch nicht um Bauland handelt (E. 5), fällt die Anwendbarkeit von § 17 Abs. 2 WBauG auf den vorliegenden Fall dahin. Für den Einbezug des Birsvorlandes in die Ausnützungsberechnung fehlt es somit auch an einer Grundlage im kantonalen Recht.
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d) Wie dargelegt, stellen weder § 7 Abs. 1 ZR noch § 17 Abs. 2 WBauG Ausnahmeregeln dar, die eine Berücksichtigung von Nichtbauland bei der Berechnung der Ausnützungsziffer zuliessen; die Bestimmungen ermöglichen nur den Einbezug von Baugebiet.
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Eine Vorschrift, die eine Anrechnung des Birsvorlandes ausdrücklich gestatten würde, ist weder im Recht der Gemeinde Birsfelden noch in jenem des Kantons Basel-Landschaft ersichtlich. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts beruht auf einer mit sachlichen Gründen nicht vertretbaren Auslegung des kantonalen und kommunalen Rechts. |
Abgesehen davon zeigt der vorliegende Fall, dass eine Anrechnung des Birsvorlandes zu einem fragwürdigen Ergebnis führen würde. Schon auf der Parzelle GB Nr. 622 wäre ein für die Zone W 3 sehr grosser Baukubus zulässig. In jenem Gebiet am Birsufer unterhalb der Bärengasse verläuft die landeinwärts gelegene Grenze der Ufergrundstücke nicht parallel zum Ufer, sondern in Richtung Südosten in einem spitzen Winkel zu diesem. Der Abstand vom Ufer zur Grenze verjüngt sich, während der Uferschutzstreifen des Birsvorlandes gemäss Zone 8 gleich breit bleibt. Die kleinsten Parzellen im Südosten befinden sich zum kleineren Teil in der Zone W 3 und zum grösseren Teil im Birsvorland. Die vom Beschwerdegegner angestrebte Anrechnung der Bauverbotsfläche liesse eine Nutzung der im Baugebiet verbleibenden Grundstückteile zu, die mit dem in der Zone W 3 Zulässigen in keinem ver- nünftigen Verhältnis mehr stünde. Es müssten Kuben bewilligt werden, die trotz Einhaltung der Vorschriften über die Abstände und die Bauhöhe bzw. die Stockwerkzahlen dem eigentlichen Zweck der Bau- und Zonenordnung widersprächen. Das aber kann weder der kantonale noch der kommunale Gesetzgeber gewollt haben.
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