BGE 100 Ib 51 |
9. Urteil vom 22. März 1974 i.S. Bank X. gegen Eidg. Steuerverwaltung |
Regeste |
Stempelabgaben auf Wertpapieren. |
Sachverhalt |
A.- Im Juni 1971 traf die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) im Bestreben, die konjunkturpolitischen Massnahmen der Schweizerischen Nationalbank zur Förderung des Geldabflusses ins Ausland zu unterstützen, für ausländische, auf Schweizer Franken lautende Schuldverschreibungen, sogenannte Notes, eine steuerliche Sonderregelung, wonach die Abgabe bloss auf den von Inländern gezeichneten Stücken erhoben wird. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Sonderregelung ist, dass die Laufzeit des Anleihens fünf Jahre nicht übersteigt, die von der Nationalbank vorgeschriebene Stückelung eingehalten wird, von der Nationalbank verordnete Plazierungsverhältnisse beachtet werden, für die Anleihe keine Publizität gemacht wird und die von der Nationalbank verfügten Beschränkungen im Handel mit solchen Notes befolgt werden.
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B.- Mit Vertrag vom 4. April 1973 übernahm es die Bank X. (nachfolgend Bank genannt), Schuldverschreibungen (Notes) einer ausländischen Gesellschaft (nachfolgend Gesellschaft) im Betrag von mindestens 50 Millionen Schweizerfranken, höchstens aber 60 Millionen, in der Schweiz unterzubringen. Die Schuldverschreibungen lauten auf Fr. 20 000.-- oder Fr. 50 000.-- und sind mit 6 1/2% zu verzinsen. Hinsichtlich der Laufzeit bestimmen die Anleihensbedingungen gemäss (bankinterner) deutscher Übersetzung: |
"(A) Unter Vorbehalt der Bedingungen von Abschnitt (B) dieses Artikels wird der Schuldner alle ausstehenden Schuldverschreibungen ohne vorausgehende Mitteilung am 1. April 1978 ("das Rückzahlungsdatum") zu pari zurückzahlen.
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(B) (I) Dem Schuldner steht das Recht zu, das Rückzahlungsdatum der Schuldverschreibungen um eine Zeitdauer von zwei Jahren hinauszuschieben, ohne dass die übrigen Bedingungen der Schuldverschreibungen dadurch berührt werden. Die Ausübung dieses Rechts durch den Schuldner erfolgt durch Veröffentlichung einer Mitteilung an die Inhaber der Schuldverschreibungen in der in Artikel 10. (A) dieser Bedingungen geregelten Weise nicht früher als 90 Tage und nicht später als 60 Tage vor dem Rückzahlungsdatum und ist für alle Inhaber von Schuldverschreibungen bindend. Dasselbe Verfahren ist für die Mitteilung der eventuellen Entscheidung des Schuldners, von seinem Recht zur Verlängerung der Laufzeit der Schuldverschreibungen keinen Gebrauch zu machen, anzuwenden.
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(II) Jedem Inhaber von Schuldverschreibungen steht das Recht zu, das Rückzahlungsdatum der von ihm oder für ihn gehaltenen Schuldverschreibungen um eine Zeitdauer von zwei Jahren hinauszuschieben, ohne dass die übrigen Bedingungen der Schuldverschreibungen hierdurch berührt werden. Die Ausübung dieses Rechts durch die Inhaber von Schuldverschreibungen erfolgt in der in Artikel 10. (B) dieser Bedingungen geregelten Weise nicht früher als 60 Tage und nicht später als 30 Tage vor dem Rückzahlungsdatum und ist für den Schuldner in bezug auf die Schuldverschreibungen, für die Rechtsausübung erfolgt, bindend.
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(III) Falls der Schuldner oder ein Inhaber von Schuldverschreibungen von ihren vorerwähnten Rechten Gebrauch machen, sind alle Bezugnahmen auf das Rückzahlungsdatum in diesen Bedingungen als Bezugnahmen auf den 1. April 1980 zu verstehen.
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(C) Ungeachtet der übrigen Bedingungen der Schuldverschreibungen steht dem Schuldner das Recht zu, alle Schuldverschreibungen (aber nicht nur einen Teil davon), unter Beachtung einer Kündigungsfrist von mindestens 90 Tagen, vorzeitig am 1. April 1976 oder an jedem folgenden 1. April, zurückzuzahlen. Jede solche vorzeitige Rückzahlung kann nur zu folgenden Preisen erfolgen:
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Am 1. April 1976, zu 102 % des Nennbetrages,
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am 1. April 1977, zu 1011/2% des Nennbetrages, und danach zu 100% des Nennbetrages, in jedem Fall zuzüglich des bis zum Rückzahlungsdatum (hier: Redemption Date) aufgelaufenen Zinses sowie zuzuglich jeden weiteren Betrages, der gemäss den Bestimmungen von Artikel 5. dieser Bedingungen zu bezahlen sein würde. |
(D) Der Schuldner kann jederzeit Schuldverschreibungen kaufen. Alle zurückgezahlten oder gekauften Schuldverschreibungen werden entwertet."
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Die Bank plazierte in der Folge Notes im Betrage von 57 Millionen Franken und entrichtete darauf eine Emissionsabgabe von Fr. 212 760.--. Diese Steuer berechnete sie nach Massgabe der Zeichnungen durch Personen mit Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein, wobei sie von einer Laufzeit von fünf Jahren ausging. Die EStV hielt dafür, die Laufzeit der Schuldverschreibungen betrage nicht fünf, sondern sieben Jahre, so dass die Vergünstigungen der Sonderregelung nicht beansprucht werden könnten und die Steuer vom Gesamtbetrag von 57 Millionen und nach Massgabe einer siebenjährigen Laufzeit zu errechnen sei. Eine Einsprache gegen die auf Fr. 478 800.-- festgesetzte Steuerforderung wies sie mit Entscheid vom 28. November 1973 ab und verpflichtete die Bank zur Nachzahlung von Fr. 266 040.--.
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C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Bank, den Einspracheentscheid aufzuheben und den Betrag der Stempelabgabe auf Fr. 210 360.-- festzusetzen. Die EstV schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Erwägungen: |
1. Die Beschwerdeführerin bestreitet grundsätzlich die Abgabepflicht für das von ihr plazierte Anleihen nicht. Sie anerkennt auch stillschweigend, dass es sich um im Inlandverkehr abgesetzte Schuldverschreibungen handelt, obwohl ein Teil der Notes von Gläubigern, die nicht in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein domiziliert sind, übernommen wurde. Strittig ist, ob die Notes eine Laufzeit von fünf oder sieben Jahren haben. Dies ist einmal von Bedeutung dafür, ob die Steuer nach den Regeln über die Vergünstigungen, die von der EStV unter gewissen Voraussetzungen gewährt werden, nur von den Stücken zu bezahlen ist, die von Inländern übernommen wurden oder ob sie auf allen Anteilen zu entrichten ist. Es hängt aber - abgesehen von diesen Erleichterungen - davon auch ab, ob die Steuer für fünf oder für sieben Jahre geschuldet ist, da dieser Umstand unabhängig von den von der EStV gewährten Erleichterungen für an Ausländer abgegebene Anleihen von Bedeutung ist. |
a) Nach Art. 12 StG beträgt der Abgabesatz zwölf Zehntel vom Hundert des Nennwert bei Obligationen oder der Schuldsumme bei ihnen gleichgestellten Urkunden, es sei denn, ihre Laufzeit betrage weniger als zehn Jahre. Für diesen Fall enthält Art. 14 StG eine Sonderregelung; nach ihr wird die Abgabe für jedes volle oder angefangene Jahr dieser Laufzeit nur je mit dem zehnten Teil der Abgabesätze belastet. Wird eine Obligation erneuert, so ist die vorgesehene Abgabe wieder zu entrichten, wobei die nunmehrige neue Laufzeit zu berücksichtigen ist (Art. 15). Die Anleihebedingungen der Gesellschaft sehen vor, dass die Laufzeit grundsätzlich fünf Jahre beträgt und dass sie durch einseitige Erklärung der Schuldnerin für den gesamten Betrag oder jeden Gläubiger für die von ihm geliehene Summe um zwei Jahre verlängert werden kann. Wenn von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, so liegt darin keine Erneuerung der Schuldverhältnisse im Sinne von Art. 15 StG. Diese setzt voraus, dass eine in den ursprünglichen Bedingungen abschliessend geregelte Laufzeit neu festgesetzt wird, entweder in dem bisher schon verabredeten oder einem andern Mass. Zu beurteilen ist daher einzig, ob im vorliegenden Fall die Laufzeit steuerrechtlich fünf oder sieben Jahre beträgt.
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b) Für die Berechnung der Anlagedauer enthält die Vollziehungsverordnung zu den Bundesgesetzen über die Stempelabgaben vom 7. Juni 1928 (Verordnung) präzisierende Einzelvorschriften, deren Verfassungs- und Gesetzmässigkeit nicht in Frage steht.
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Art. 14 Abs. 1 der Verordnung befasst sich mit dem Fall der Obligationen, die eine bestimmte Laufzeit aufweisen oder bei denen die Schuld bis zu einem bestimmten Zeitpunkt durch eine einmalige Zahlung zu tilgen ist. Die Verordnung unterscheidet in dieser Hinsicht zwischen der bestimmten Laufzeit im ersten Fall und der Maximalfrist im zweiten Fall. Sie sieht vor, dass die Abgabe nach der Dauer dieser bestimmten Laufzeit im einen Fall und nach der Maximallaufzeit im andern Fall berechnet wird. Ist somit bei Obligationen eine maximale Laufzeit von vorneherein bestimmt, wird der Besteuerung diese maximale Laufzeit zugrundegelegt. Dagegen wird im Fall der nicht endgültig bestimmbaren Laufzeit die Steuer nicht vorerst nur auf der Mindestlaufzeit erhoben und die Abgabe sodann ergänzt, sondern es wird von der maximalen Laufzeit als Berechnungsperiode ausgegangen, auch wenn tatsächlich einzelne oder alle Anteile vor Ablauf der Maximalfrist zurückbezahlt werden sollten. Vorbehalten bleibt einzig der Fall, in dem eine Ratenzahlung mit bestimmten Terminen zum voraus festgesetzt ist und damit die Anlagedauer genau bestimmbar ist (Art. 14 Abs. 2 der Verordnung). |
Ob diese Regelung steuerwirtschaftlich angezeigt ist oder nicht, steht nicht in Frage; jedenfalls sprechen Gründe der Praktikabilität für sie (BGE 73 I 306, Erw. 3). Die Ordnung ist umsoweniger zu beanstanden, als der Anleihensschuldner es durch die Gestaltung weitgehend in der Hand hat, die Abgabeberechnung zu beeinflussen. So hätte es im vorliegenden Fall der Schuldnerin freigestanden, sich mit einer fünfjährigen Laufzeit zu begnügen und sodann eine Kündigungsfrist vorzusehen. Damit hätte sie sich allerdings dem Risiko ausgesetzt, die Anleihe nach fünf Jahren ganz oder teilweise zurückzahlen zu müssen. Wenn sie nicht diesen Weg eingeschlagen hat, so wohl deshalb, weil sie sich jedenfalls das Anleihen für eine siebenjährige Dauer hat sichern wollen. Es besteht daher kein Anlass, diesen Fall eher jenem in Art. 15 der Verordnung geregelten gleichzustellen als dem in Art. 14. Obligationen, die - wie hier - eine Maximalfrist vorsehen, fallen demnach unter Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (BGE 73 I 306, Erw. 3; AMSTUTZ und WYSS, Stempelsteuerrecht, N. 1 zu Art. 14 StG sowie N. 2 und 3 zu Art. 14 der Verordnung).
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Diese Folgerung ergibt sich aus der Anwendung der gesetzlichen Regelung, die auf die maximal mögliche Dauer als Bemessungskriterium abstellt; sie ist nicht, wie die Beschwerdeführerin annimmt, das Ergebnis einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Dahingestellt bleiben kann, ob das Rechtsgeschäft, das die Gesellschaft mit ihren Gläubigern abschloss, hinsichtlich der letzten zwei Jahre zivilrechtlich ein Rechtsgeschäft unter aufschiebender Bedingung ist. Das StG stellt nicht auf die allfällige zivilrechtliche Interpretation des Sachverhaltes ab, sondern einzig auf steuerrechtliche Gesichtspunkte. Das gilt jedenfalls, soweit zu beurteilen ist, ob die Steuer ganz allgemein entsprechend einer Laufzeit von fünf oder von sieben Jahren zu berechnen ist. Es muss erst recht gelten, wenn zu entscheiden ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch darauf erheben kann, nach der Sonderregelung behandelt zu werden, die die EStV für Anleihen von höchstens fünf Jahren Laufzeit gewährt. Steuerpflichtige können die Vergünstigung nicht in Anspruch nehmen, wenn durch die Art, wie sie ihre vertraglichen Beziehungen ausgestalten, die Möglichkeit einer längeren Bindung als von der EStV angestrebt, geschaffen wird. Die Anwendung der begünstigenden Sonderregelung ist daher ohne Verletzung von Bundesrecht verweigert worden. |