45. Urteil vom 19. Dezember 1975 i.S. N. gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement
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Regeste
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Art. 15 Abs. 1 Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 23. März 1961/21. März 1973 (BewB):
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Sachverhalt
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BGE 101 Ib 245 (245):
Der Beschwerdeführer ist einziges Verwaltungsratsmitglied der Aktiengesellschaft X., deren Zweck im Handelsregister BGE 101 Ib 245 (246):
mit "An- und Verkauf von und Handel mit Liegenschaften" umschrieben ist. Die Eidg. Justizabteilung (Sektion Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland) führt gestützt auf den BewB ein Ermittlungsverfahren zur Abklärung der Eigentumsverhältnisse an der Aktiengesellschaft X. durch. Da die vorangehende schriftliche Beantwortung einzelner Fragen als unzureichend erschien, wurde der Beschwerdeführer zur Einvernahme als Auskunftsperson nach Bern vorgeladen. Gegen diese Verfügung, die im Beschwerdeverfahren vom Eidg. Justiz- und Polizeidepartement bestätigt wurde, erhebt der Betroffene Verwaltungsgerichtsbeschwerde und stellt das Begehren, die Justizabteilung sei anzuweisen, auf seine persönliche Einvernahme zu verzichten und es sei festzustellen, dass eine weitergehende Auskunftspflicht seinerseits mit dem Berufsgeheimnis als Rechtsanwalt und Steuerberater unvereinbar und daher unzulässig sei. Für den Eventualfall der Bejahung der Auskunftspflicht wird beantragt, die Verpflichtung zur Auskunftserteilung sei auf Begebenheiten nach dem Inkrafttreten des revidierten BewB zu beschränken. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und bestätigt die Auskunftspflicht des Beschwerdeführers gemäss Art. 15 BewB.
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Erwägungen:
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"Wer von Amtes wegen, berufsmässig, vertraglich, als Organ einer
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juristischen Person oder Personengesellschaft ohne juristische
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Persönlichkeit oder tatsächlich an der Vorbereitung, an der Finanzierung
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oder am Abschluss von Geschäften im Sinne des Artikels 2 mitwirkt, ist
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verpflichtet, der zuständigen Behörde auf deren Verlangen über alle
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Tatsachen, die für die Bewilligungspflicht oder für die Bewilligung von
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Bedeutung sein können, nach bestem Wissen und Gewissen Auskunft
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zu erteilen und nötigenfalls Einsicht in die Geschäftsbücher,
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Korrespondenzen oder Belege zu gewähren und diese herauszugeben".
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Als einziger Verwaltungsrat einer Immobiliengesellschaft ist der Beschwerdeführer verpflichtet, die zur Abklärung der Bewilligungspflicht gemäss BewB erforderlichen Angaben über BGE 101 Ib 245 (247):
die Eigentumsverhältnisse an den Aktien der Aktiengesellschaft X. zu machen. Der Beschwerdeführer bestreitet im Grund nicht, dass er als Verwaltungsrat zur Auskunft verpflichtet ist. Er wendet jedoch ein, durch das Vorlegen der Beweise dafür, dass die Aktien der Aktiengesellschaft X. sich in Schweizer Händen befinden, würde er seine berufliche Geheimhaltungspflicht als Anwalt und Steuerberater der Aktieneigentümer verletzen.
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a) Justizabteilung und EJPD vertreten die Auffassung, dass auch die der beruflichen Geheimhaltungspflicht unterstehenden Personen, wie Anwälte und Notare, grundsätzlich gemäss Art. 15 Abs. 1 BewB zur Erteilung der erforderlichen Auskünfte verpflichtet sind, sobald sie in einer der dort umschriebenen Funktionen, zum Beispiel als Organ einer juristischen Person, an einem Geschäft beteiligt sind, das unter Art. 2 BewB fallen könnte. Dieser Interpretation ist zuzustimmen.
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Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift erscheint es als ausgeschlossen, dass das Bestehen einer beruflichen Geheimhaltungspflicht von jeder Auskunfterteilung gemäss Art. 15 Abs. 1 BewB entbindet. Auch wenn der Beschwerdeführer nicht nur einziger Verwaltungsrat der AG ist, sondern offenbar die Aktionäre auch als Anwalt berät, so kann dies nicht zur Folge haben, dass die ermittelnde Behörde von ihm keine nähern Angaben verlangen darf, sondern einfach auf die Erklärung, die Aktien befänden sich in schweizerischem Eigentum, abstellen muss.
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b) Aus Art. 26 BewB ergibt sich, dass derjenige, der einem Berufsgeheimnis im Sinne von Art. 321 StGB unterliegt und deswegen seine Auskunftspflicht nicht erfüllt, nicht bestraft wird. Dieser Verzicht auf Bestrafung wegen einer mit der Geheimhaltungspflicht begründeten Verweigerung der Auskunft schliesst aber nicht aus, dass die Pflicht zur notwendigen und zumutbaren Mitwirkung im Sinne von Art. 15 BewB grundsätzlich besteht. Auch im Falle einer gemäss Art. 26 BewB nicht strafbaren Auskunftsverweigerung ist nicht einfach auf die unbelegte Behauptung des Auskunftspflichtigen abzustellen, sondern sein Verhalten ist gemäss Art. 15 Abs. 2 BewB im Rahmen der gesamten Umstände von der Behörde zu würdigen.
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Die allgemeine und durch nichts belegte Erklärung, die Aktien der Gesellschaft seien in Schweizer Besitz, hat an sich BGE 101 Ib 245 (248):
keine ausreichende Beweiskraft (vgl. Art. 23 der Verordnung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 21. Dezember 1973; BewV). In BGE 100 Ib 465 hat das Bundesgericht festgestellt, dass trotz des Wortlautes von Art. 23 Abs. 4 BewV der in einer öffentlichen Urkunde abgegebenen Erklärung eines Notars über den Aktienbesitz keine beweismässige Verbindlichkeit zukommen könne und dass die zuständige Behörde die massgebenden Verhältnisse anhand konkreter Belege abklären müsse. Die diesem Entscheid zugrundeliegende Erwägung, dass sonst durch Erklärungen von Mittelspersonen der BewB sehr leicht umgangen werden könnte, spricht auch gegen das Abstellen auf irgendwelche allgemeine Bestätigungen von Anwälten oder Steuerberatern.
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c) Mit Recht weist das EJPD darauf hin, dass der Beschwerdeführer nicht in seiner Eigenschaft als Anwalt, sondern als einziger Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft X. zur Auskunftserteilung aufgefordert wurde. Obschon die Ausübung von Verwaltungsratsmandaten in gewissem Sinne zur Anwaltstätigkeit gehören mag, kann natürlich die Personalunion von Anwalt und Verwaltungsrat nicht zur Folge haben, dass die Geheimhaltungspflicht des Anwaltes seine Auskunftspflicht als Verwaltungsrat aufhebt. Der Beschwerdeführer macht auch gar nicht geltend, bereits die blosse Tatsache, dass er Anwalt sei, stehe der Auskunftserteilung entgegen. Er behauptet jedoch sinngemäss, er würde durch die verlangten Auskünfte Geheimnisse preisgeben, die ihm von Aktionären als Klienten anvertraut worden seien. Die Auskunftspflicht gemäss Art. 15 BewB bezieht sich jedoch auf seine Kenntnisse als Verwaltungsrat, nicht auf Tatsachen, die er nur als Anwalt von Aktionären erfahren hat. Seine Auskunftspflicht als Organ der Aktiengesellschaft wird durch das Berufsgeheimnis nicht eingeschränkt. In Wirklichkeit lassen sich wohl die beiden Bereiche - Anwaltstätigkeit für Aktionäre und Verwaltungsmandat - nicht so leicht trennen. Es ist Sache des Beschwerdeführers darzutun, welche Einzelfragen allenfalls das Berufsgeheimnis tangieren könnten. Grundsätzlich ist er auf jeden Fall zur Auskunft verpflichtet. Soweit er anlässlich der Einvernahme die Beantwortung einzelner Fragen unter Berufung auf das Anwaltsgeheimnis verweigern will, ist es Sache der ermittelnden Behörde, diesen Umstand im Hinblick auf das Beweisthema zu würdigen.
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BGE 101 Ib 245 (249):
3. Art. 15 BewB ist durch die Revision vom 21. März 1973 in den Erlass eingefügt worden und am 1. Februar 1974 in Kraft getreten. Der Beschwerdeführer macht nun eventualiter geltend, seine Auskunftspflicht könne sich nur auf Tatsachen beziehen, die nach dem 1. Februar 1974 eingetreten seien.
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Die Frage, ob und inwieweit eine Auskunftspflicht der Organe juristischer Personen schon vor dem Inkrafttreten von Art. 15 BewB aufgrund allgemeiner Regeln des Verwaltungsverfahrens bestand (vgl. Art. 12 ff. VwVG), braucht hier nicht weiter untersucht zu werden. Eine zeitliche Abgrenzung, wie sie der Beschwerdeführer eventualiter vorschlägt, wäre sinnwidrig. Aus dem Grundsatz der Nichtrückwirkung lässt sich ein solcher Schluss nicht ziehen. Das Verbot der Rückwirkung will verhindern, dass nachträglich Rechtsfolgen an Sachverhalte geknüpft werden, die vor Erlass der Vorschrift verwirklicht wurden und bei Kenntnis der Bestimmung sich hätten vermeiden lassen. Bei der Auskunftspflicht von Art. 15 BewB geht es weder um die Festsetzung von Verhaltensnormen noch um die Regelung neuer Rechtsfolgen, sondern um eine verfahrensrechtliche Pflicht. Die Anwendung neuer Verfahrensvorschriften ist nicht davon abhängig, ob die in einem Verfahren abzuklärenden und zu berücksichtigenden Tatsachen vor oder nach Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung eingetreten sind. Für eine solche Differenzierung fehlt jeder sachliche Grund.
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Die Auskunftspflicht gemäss Art. 15 BewB bezieht sich somit auf alle Tatsachen und Umstände, die für die Anwendung des BewB von Bedeutung sein können; ein Recht zur Auskunftsverweigerung in bezug auf die Ereignisse vor dem 1. Februar 1974 lässt sich weder aus dieser Bestimmung selber noch aus der Vorschrift über die Inkraftsetzung der revidierten Fassung des BewB ableiten.
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