BGE 109 Ib 214 |
38. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. Dezember 1983 i.S. Fischpacht-Vereinigung Oberaargau, Aqua Viva und Schweizerischer Bund für Naturschutz gegen Elektrizitätswerke Wynau und Regierungsrat des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
Regeste |
Art. 12 NHG; Beschwerderecht gesamtschweizerischer Organisationen. Art. 98 lit. g OG; Letztinstanzlichkeit. |
Art. 24 bis 26 FG; fischereirechtliche Bewilligung für den Ausbau und die Erweiterung eines Wasserkraftwerks. |
1. Allgemeines (E. 3, 4). |
2. Prüfung der Vereinbarkeit eines Projekts mit Art. 25 Abs. 1 lit. a und c FG (E. 5). |
3. Abwägung der Gesamtinteressenlage nach Art. 25 Abs. 2 FG. Zusammenstellung der verschiedenen Interessen (E. 6). Abwägung (E. 7). |
Sachverhalt |
Die Elektrizitätswerke Wynau beabsichtigen, die Stromproduktion ihrer an der Aare gelegenen Wasserkraftwerke Wynau/Schwarzhäusern zu erhöhen. Ihr Projekt sieht vor, das Werk Wynau durch einen Neubau von Wehr und Maschinenhaus mit zwei Rohrturbinen zu ersetzen und das Aarebett unterhalb der Anlage auf einer Länge von ca. 4,5 km durch Ausbaggerung um rund 3 m zu senken. Das Werk Schwarzhäusern soll als Zusatz- beziehungsweise Reserveanlage beibehalten werden. Durch die projektierte Neuanlage könnte die mittlere Jahresproduktion an Elektrizität von 82 Mio. kWh auf 162 Mio. kWh erhöht werden; die Produktion würde somit gegenüber der bestehenden Anlage nahezu verdoppelt. |
Gegen ein unter anderem beim Regierungsrat des Kantons Bern eingereichtes Konzessionsgesuch erhoben die Fischpacht-Vereinigung Oberaargau, die Arbeitsgemeinschaft zum Schutze der Aare und der Naturschutzverein Oberaargau Einsprache. Als zuständige Behörde erteilte die Forstdirektion des Kantons Bern am 1. Juni 1982 die fischereirechtliche Bewilligung. Die Einsprachen wies sie ab, soweit sie gegen die Erteilung der Bewilligung gerichtet waren; sie schützte sie jedoch hinsichtlich einzelner Massnahmen zur bestmöglichen Erhaltung des ursprünglichen Fischbestandes. Demzufolge versah sie die fischereirechtliche Bewilligung mit entsprechenden Bedingungen und Auflagen.
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Die Fischpacht-Vereinigung Oberaargau, die Aqua Viva sowie der Schweizerische Bund für Naturschutz führen mit Eingabe vom 2. März 1983 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie machen im wesentlichen eine Verletzung bundesrechtlicher Vorschriften über Fischerei sowie Natur- und Heimatschutz geltend. Sie beantragen unter anderem die Aufhebung des angefochtenen Regierungsratsbeschlusses. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: |
b) (Grundsätzliche Bejahung der Beschwerdelegitimation der Aqua Viva und des Schweizerischen Bundes für Naturschutz nach Art. 12 NHG i.V.m. Art. 103 lit. c OG zur Anfechtung einer fischereirechtlichen Bewilligung i.S.v. Art. 24 FG.)
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Die Beschwerdegegnerin wendet indessen ein, die Aqua Viva und der Schweizerische Bund für Naturschutz seien im kantonalen Verfahren nicht Partei gewesen, weshalb in bezug auf diese Organisationen mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs auf die Beschwerde nicht einzutreten sei.
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Dieser Einwand ist unbegründet. Art. 12 NHG sieht die Beschwerdemöglichkeit gesamtschweizerischer Organisationen nur auf eidgenössischer Ebene vor. Zwar hat das Bundesgericht kürzlich den Grundsatz, wonach das kantonale Recht den gemäss Art. 103 lit. a OG Beschwerdeberechtigten dieselben Parteirechte wie das Bundesrecht zu gewähren hat, auf die gemäss Art. 103 lit. c OG Legitimierten ausgedehnt (BGE 107 Ib 175 E. 3; vgl. auch BGE 104 Ib 248 E. 4, 379/380 E. 2). Doch schreibt Art. 12 NHG nicht vor, dass die dort genannten Beschwerdeberechtigten den Instanzenzug im kantonalen Verfahren einzuhalten hätten. Diese Vorschrift verlangt in Verbindung mit Art. 98 lit. g OG nur die Letztinstanzlichkeit des angefochtenen kantonalen Entscheids. Wer in einem solchen Fall den kantonalen Instanzenzug durchlaufen hat, ist bei der Sonderregelung von Art. 12 NHG nicht entscheidend (BGE 100 Ib 453 E. 4; AUGUSTIN MACHERET, La qualité pour recourir: Clef de la juridiction constitutionnelle, ZSR 94/1975 II, S. 185/186; vgl. ENRICO RIVA, Die Beschwerdebefugnis der Natur- und Heimatschutzvereinigungen im Schweizerischen Recht, Diss. Bern 1980, S. 105/106). |
b) Das streitige Projekt sieht im wesentlichen vor, das Kraftwerk Wynau unter Belassung des Werks Schwarzhäusern durch ein neues Wehr mit Maschinenhaus und zwei Rohrturbinen zu ersetzen und das Aarebett unterhalb der Anlage auf eine Länge von rund 4,5 km um durchschnittlich mehr als 3 m tiefer zu legen. Es handelt sich somit jedenfalls um die Erweiterung eines bestehenden Werks, die nach Art. 24 Abs. 3 FG als Neuanlage gilt. Sie ist daher nach Art. 25 FG zu beurteilen, was der Regierungsrat richtigerweise getan hat. Weshalb dabei auch Art. 26 FG herangezogen werden sollte, wie das die Beschwerdegegnerin verlangt, ist nicht ersichtlich.
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"Art. 25 Massnahmen für Neuanlagen
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1 Die zur Erteilung der fischereirechtlichen Bewilligung im Sinne von Artikel 24 zuständigen Behörden haben unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten und allfälliger anderer Interessen alle Massnahmen vorzuschreiben, die geeignet sind,
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a. günstige Lebensbedingungen für die Wassertiere zu schaffen hinsichtlich
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- der Mindestabflussmenge bei Wasserentnahmen, -ableitungen und
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-speicherungen;
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- der Ausbildung des Durchflussprofils;
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- der Beschaffenheit der Sohle und der Böschungen;
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- der Zahl und Gestaltung der Fischunterschlupfe;
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- der Fliessgeschwindigkeit;
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b. die freie Fischwanderung sicherzustellen;
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c. die natürliche Fortpflanzung zu ermöglichen;
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d. zu verhindern, dass Fische und Krebse durch bauliche Anlagen oder Maschinen geschädigt werden.
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2 Lassen sich bei den vorgesehenen Veränderungen der Gewässer oder ihres Wasserhaushalts, der Wasserläufe sowie der Ufer und des Grundes der Seen keine Massnahmen finden, die schwerwiegende Beeinträchtigungen von Interessen der Fischerei im Sinne von Artikel 2 verhindern können, so ist der Entscheid von einer Abwägung der Gesamtinteressenlage abhängig zu machen.
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3 Die in Absatz 1 vorgesehenen Massnahmen sind bereits bei der Ausarbeitung der betreffenden Projekte festzulegen."
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Der Neubau von Wehr- und Maschinenanlage mit Beckenpass und Aalleiter dürfte sich hinsichtlich Fischwanderung und Verletzungsgefahr eher günstig und damit im Sinne der Vorschriften von Art. 25 Abs. 1 lit. b und d FG auswirken. Es stellt sich daher einzig die Frage, ob die Ausbaggerung unterhalb des Wehrs mit den Voraussetzungen von Art. 25 Abs. 1 lit. a und c vereinbar ist, und, falls das nicht zutreffen sollte, ob die Abwägung der Gesamtinteressenlage die Erteilung der fischereirechtlichen Bewilligung nach Art. 25 Abs. 2 FG rechtfertigt.
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Gemäss dem fischereibiologischen Gutachten, das der Experte Heinz Marrer im Auftrag der Beschwerdegegnerin am 8. Mai 1981 erstattet hat, muss als Folge der Ausbaggerung mit einer vorübergehenden Beeinträchtigung der betroffenen Strecke als Fischgewässer von bis zu 10 Jahren gerechnet werden. Hinzu kommen bleibende fischereiwirtschaftliche Schäden sowie ideelle Werteinbussen, welche die Fischerei durch die Veränderung eines in seiner Art einmaligen Flusslaufs hinzunehmen hat. Das ausgebaggerte Flussbett und die dadurch zum Teil stark verminderte Strömung werden die natürliche Fortpflanzung der Edelfische erschweren. Fischereibiologisch wird sich die Flussstrecke von einer Äschenregion in eine Barbenregion umwandeln. Sie wird mit andern Worten die Lebensbedingungen der Edelfische zugunsten weniger edler Fische verschlechtern. So muss damit gerechnet werden, dass die Äsche nach der Ausbaggerung in jenem Gebiet ganz verschwinden wird. Die Lebensräume dieses Fischs sind in der Schweiz von wenigen Ausnahmen abgesehen zerstört worden. |
Die projektierte Ausbaggerung hat somit eine schwerwiegende Beeinträchtigung der als Laichstätten und Aufzuchtgebiete dienenden Naturufer und Pflanzenbestände zur Folge, deren Schutz Art. 22 FG ausdrücklich bezweckt.
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b) Die kantonalen Behörden haben die fischereirechtliche Bewilligung mit verschiedenen Auflagen und Bedingungen verbunden, um die Beeinträchtigung der Interessen der Fischerei möglichst gering zu halten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer verletzt der angefochtene Entscheid die Vorschrift von Art. 25 Abs. 3 FG offensichtlich nicht, weil die in der Bewilligung der Forstdirektion enthaltenen Auflagen und Bedingungen nicht ausdrücklich im Dispositiv wiederholt werden. Der Regierungsrat hat den Entscheid der Forstdirektion ausdrücklich bestätigt und damit auch die Auflagen und Bedingungen der Forstdirektion bekräftigt; die definitive Formulierung der zu ergreifenden Massnahmen hat er überdies dem Konzessionsverfahren vorbehalten.
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a) Die nach Art. 25 Abs. 2 FG vorzunehmende Abwägung der Gesamtinteressenlage ist eine Rechtsfrage im Sinne von Art. 104 lit. a OG, die das Bundesgericht grundsätzlich frei prüft. Es auferlegt sich dabei jedoch eine gewisse Zurückhaltung, da es einen bestimmten Beurteilungsspielraum der kantonalen Behörden respektiert, die den örtlichen und persönlichen Verhältnissen näher stehen als das Bundesgericht (BGE 108 Ib 181 E. 1a; BGE 101 Ib 367 E. 5a, je mit Hinweisen; BGE 102 Ib 79 E. 4a). Dieser Beurteilungsspielraum umfasst im vorliegenden Fall nicht nur die Würdigung der Auswirkungen der projektierten Anlage auf die Landschaft; sie betrifft auch die Beurteilung der wirtschaftlichen Bedeutung des geplanten Elektrizitätswerks für die von ihm versorgte Region sowie allgemein die kantonale Energiepolitik.
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b) Das öffentliche Interesse an der Verwirklichung der streitigen Neuanlage des Kraftwerks Wynau besteht darin, die Wasserkraft der Aare besser auszunützen und so die Gemeinden und kommunalen Genossenschaften des Einzugsgebiets, die Träger der EWW sind, vermehrt mit eigener Elektrizität zu versorgen. Bis zum Zweiten Weltkrieg vermochte die Anlage den Elektrizitätsbedarf des Versorgungsgebiets noch fast vollständig zu decken. Heute beträgt der Deckungsgrad der bestehenden Anlage nur noch 20%. Das umstrittene Projekt ermöglicht rund eine Verdopplung der mittleren Jahresproduktion von 82 Mio. kWh auf 162 Mio. kWh. Der Deckungsgrad des Elektrizitätsbedarfs im Versorgungsgebiet wird dadurch auf rund 40% erhöht. Die Kostenberechnung verspricht einen verhältnismässig günstigen Strompreis für den Verbraucher. Die von den Beschwerdeführern vorgelegten Varianten ohne Ausbaggerung lassen bei einem höheren Strompreis mittlere Jahresproduktionen von lediglich 85, 90 oder 100 Mio. kWh erwarten. Die im Konzessionsprojekt vorgesehene Senkung des Aarebetts bringt somit rund 60 Mio. kWh elektrischer Energie. Eine von der Beschwerdegegnerin vorgelegte Zwischenvariante rechnet mit einer mittleren Jahresproduktion von 143 Mio. kWh, bedingt aber noch immer eine Senkung des Aarebetts auf einer Strecke von 3,5 km. Auch eine reduzierte Ausbaggerung dieses Ausmasses würde einen erheblichen technischen Eingriff in den natürlichen Lauf der Aare darstellen. Seine Auswirkungen wären im Vergleich zu jenen des Konzessionsprojekts - auf einer etwa um einen Viertel gekürzten Strecke - dieselben. |
c) Der projektierten Ausbaggerung des Aarebetts stehen verschiedene öffentliche Interessen entgegen.
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aa) Keiner näheren Prüfung bedarf die Argumentation der am Verfahren Beteiligten über die Fragen des Gewässerschutzes und der Kühlung des projektierten Kernkraftwerks Graben. Zwischen der projektierten Anlage und der Verbesserung der Wasserqualität der Aare besteht kein unmittelbarer Zusammenhang. Was die Flusswasserkühlung von Kernkraftwerken betrifft, so haben die zuständigen eidgenössischen und kantonalen Behörden dieses Kühlsystem für Kernkraftwerke an Rhein und Aare für die Zukunft abgelehnt (Lagebericht über die Auswirkungen der Kühlung thermischer Kraftwerke auf die Gewässer, Schriftenreihe des Bundesamtes für Energiewirtschaft, Studie Nr. 21, 1981, S. 13).
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bb) Die Interessen der Fischerei, die namentlich in den Art. 2 lit. c, 22 und 25 Abs. 1 FG im hier wesentlichen Zusammenhang bundesgesetzlich zum Ausdruck kommen, sind bereits gewürdigt worden (E. 5a). Insoweit ist anzuerkennen, dass die Beeinträchtigung der Forellenfischerei durch den Einsatz von Jungfischen gemildert werden kann. Ins Gewicht fällt jedoch vor allem, dass die Äsche voraussichtlich in diesem Flussabschnitt vollständig verschwinden wird. |
cc) Neben dem spezialgesetzlichen Schutz der Fische ist eine generelle Vorschrift zum Schutz der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt in Art. 18 Abs. 1 NHG enthalten. Danach ist dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten durch Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken (Satz 1).
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Die Senkung des Unterwasserspiegels hat auf einen Teil der Brutvögel ungünstige Auswirkungen. So muss gemäss dem zweiten, vom Experten Heinz Marrer im Auftrag der Beschwerdegegnerin erstatteten Gutachten vom 24. September 1981 damit gerechnet werden, dass der Flussuferläufer und der Eisvogel, die beide in der Schweiz selten geworden sind, sowie die Wasseramsel und die Bergstelze verschwinden werden. Das Naturschutzinspektorat des Kantons Bern stellt zwar eine günstigere Prognose. Das ändert jedoch nichts daran, dass die genannten Vogelarten in dieser Region vom Aussterben bedroht sind; das ist nach Art. 18 Abs. 1 NHG entscheidend. Alle vier Vogelarten sind im Anhang II des Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume vom 19. September 1979 unter den streng geschützten Tierarten aufgeführt (AS 1982 I 821: Flussuferläufer; 822: Eisvogel und Wasseramsel sowie die unter die Motacillidae fallende Bergstelze).
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dd) Nach Art. 21 NHG darf die Ufervegetation der öffentlichen Gewässer weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden. Die Senkung des Wasserspiegels unterhalb der Kraftwerkanlage wird gemäss zweitem Gutachten Marrer vom 24. September 1981 tendenziell eine Umwandlung der vorhandenen Vegetationseinheiten in die nächsttrocknere Pflanzengesellschaft einleiten. Die tiefgreifendsten Änderungen werden im Auenwald "Chly Aarli" und auf den beiden Inseln festzustellen sein. Doch lassen sich die negativen Auswirkungen nach Ansicht des Experten durch vereinzelte Massnahmen wie die Schaffung einer neuen Insel und die Senkung des Gebiets "Chly Aarli" mildern.
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ee) Gemäss Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 (WRG) sind bei der Anlage von Wasserwerken die Naturschönheiten zu schonen und da, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert zu erhalten. Diese lange vor der Schaffung von Verfassungsartikel und Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz entstandene Vorschrift des Bundesrechts drückt das gewichtige öffentliche Interesse aus, das der Bundesgesetzgeber schon anfangs dieses Jahrhunderts der Schonung und dem Schutz der Naturschönheiten beimass. |
Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission hat am 5. Juli 1982 zum streitigen Konzessionsprojekt Stellung genommen. In ihrem Bericht hielt sie im wesentlichen fest, dass die Staustrecke oberhalb der Anlage nicht verändert werde, dass der Neubau des Kraftwerks selbst gegenüber der bestehenden Anlage eine Verbesserung bewirke und dass die Aarebettvertiefung unterhalb der Anlage bis Wolfwil wenig Augenfälliges ändere. Dagegen würden nach Ansicht der Kommission im Abschnitt "Cher" bei Wolfwil bis Murgenthal mit der Ausbaggerung und Tieferlegung des Aarebetts völlig neue Verhältnisse geschaffen, indem die ursprüngliche Unberührtheit und die ungezähmte Wildheit von Fluss und Landschaft weitgehend geopfert würden. Bei diesem einzigartigen Streckenabschnitt handle es sich neben den kurzen Strecken bei Aarburg und bei Brugg um den letzten, noch unberührten Aarelauf im Mittelland. Auf der andern Seite trage die aus der Senkung des Flussbetts folgende Mehrproduktion an elektrischer Energie nicht entscheidend zur nationalen Lösung des Energieproblems bei. Unter diesen Umständen sei jede Ausbaggerung und Veränderung der Flussstrecke unterhalb Wolfwil abzulehnen. Im übrigen sei der Ausbau zu begrüssen. Der Auffassung der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission kommt insofern besondere Bedeutung zu, als sie in Fragen des Natur- und Heimatschutzes vom Gesetz bezeichnete Expertin der Eidgenossenschaft ist (Art. 7 und 8 NHG). Der Regierungsrat teilt die Ansicht der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission insoweit, als er ausdrücklich anerkennt, dass der noch natürliche Flussabschnitt mit grossen Wirbeln und Stromschnellen Seltenheitswert besitzt und das Landschaftsbild unter der Ausbaggerung leiden würde. So hebt er vor allem die Herabsetzung der Fliessgeschwindigkeit hervor, die das Landschaftsbild trivialisiere und der Aarestrecke den Charakter eines träge dahinfliessenden Flusses gebe.
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Der Augenschein hat die Richtigkeit der vorstehend wiedergegebenen Charakterisierung der Landschaft und der Folgen der Ausbaggerung bestätigt. Namentlich der Vergleich zwischen der Staustrecke oberhalb der Anlage und dem Abschnitt zwischen Wolfwil und Einmündung der Murg hat den besonderen Reiz dieser noch natürlichen, mit einem turbulenten Fliessgewässer durchzogenen Landschaft augenfällig gezeigt, die im übrigen von zahlreichen Bergstelzen und Wasseramseln belebt war. Der für Naturschutzfragen zuständige Vertreter der Bundesverwaltung bezeichnete diese Flusslandschaft als geomorphologisches und ökologisches System von nationaler Bedeutung, dessen Inventarisierung zurzeit geprüft werde. |
7. Bei der Abwägung der Gesamtinteressenlage nach Art. 25 Abs. 2 FG mass der Regierungsrat der Erhöhung der jährlichen Elektrizitätsproduktion von 82 Mio. kWh auf 162 Mio. kWh nach Verwirklichung des Konzessionsprojekts ein gewichtiges öffentliches Interesse zu. Das ist jedenfalls beim Beurteilungsspielraum, der ihm in Fragen der kantonalen Energiewirtschaft und Energiepolitik zusteht (vgl. E. 6a), nicht zu beanstanden. Ebenso durfte er die vorgesehenen Massnahmen zur Milderung der Beeinträchtigungen sowie die Vorteile der Neuanlage des Kraftwerks selbst positiv berücksichtigen. Was er jedoch als zuwenig gewichtig in die Abwägung einbezogen hat, ist das überragende Allgemeininteresse an der Erhaltung der einzigartigen Aarelandschaft zwischen Wolfwil und der Einmündung der Murg. Das Interesse an der Erhaltung dieses Landschaftsabschnitts mit seiner Fauna und Flora überwiegt selbst ein gewichtiges Interesse an der Verbesserung der regionalen Energieversorgung. Der angefochtene Entscheid, mit dem die fischereirechtliche Bewilligung des Vorhabens gemäss Konzessionsprojekt geschützt wurde, verletzt somit Bundesrecht. Er ist daher in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben, ohne dass auf die weitere Argumentation der Beschwerdeführer eingegangen werden müsste.
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