BVerfGE 26, 228 - Sorsum


BVerfGE 26, 228 (228):

1. Der Begriff "Gesetz" in § 91 Satz 1 BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG umfaßt nicht nur Gesetze im formellen Sinn, sondern auch Rechtsverordnungen.
2. Der Begriff "Gesetze" in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG umfaßt nicht nur Gesetze im förmlichen Sinn, sondern auch Rechtsverordnungen, die auf einer dem Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechenden Ermächtigung beruhen.
3. Der zwangsweise Anschluß einer Gemeinde an einen Schulzweckverband ist mit der Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) vereinbar.
 


BVerfGE 26, 228 (229):

Beschluß
des Zweiten Senats vom 24. Juni 1969
- 2 BvR 446/64 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Gemeinde Sorsum, Landkreis Hildesheim-Marienburg, gesetzlich vertreten durch den Gemeindedirektor -- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte ... -- gegen die Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim über den Zusammenschluß der Gemeinde Sorsum, Landkreis Hildesheim-Marienburg, mit dem Schulzweckverband Emmerke in Emmerke zu gemeinsamer Schulträgerschaft vom 4. Juni 1964 (Amtsblatt für den Regierungsbezirk Hildesheim S. 69).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A. -- I.
1. Wer Schulträger für die allgemeinbildenden öffentlichen Schulen ist, ist in Niedersachsen im Gesetz über die Verwaltung öffentlicher Schulen (Schulverwaltungsgesetz - SchVG -) vom 19. Mai 1954 (GVBl. S. 29) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 1962 (GVBl. S. 37) geregelt. Nach § 2 Satz 1 SchVG sind - abgesehen von den öffentlich-rechtlich Verpflichteten in gemeindefreien Gebieten - die Gemeinden Schulträger der allgemeinbildenden Schulen. Die Aufgaben, welche die Gemeinden auf dem Gebiet des Schulwesens erfüllen, gehören zu ihrem eigenen Wirkungskreis (§ 2 Satz 3 SchVG). Landkreise können gemäß § 3 Abs. 1 SchVG die Schulträgerschaft von allgemeinbildenden Schulen übernehmen. Die Errichtung, Erweiterung, Einschränkung und Aufhebung von Schulen sind Aufgaben der Schulträger, die hierzu der Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde bedürfen (§ 5 Abs. 1 SchVG); diese entscheidet darüber, ob ein Bedürfnis für die genannten Maßnahmen vorliegt (§ 5 Abs. 2 SchVG).
§ 4 SchVG gibt den kommunalen Schulträgern die Möglichkeit zu kommunalen Zusammenschlüssen oder zu sonstigen Vereinbarungen; Satz 2 dieser Vorschrift hebt hierbei die Zusammen

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fassung von Schulen oder einzelner Klassenstufen zur Bildung besser gegliederter Schulsysteme besonders hervor. Schließlich enthält § 7 SchVG eine Ermächtigung an die staatliche Mittelinstanz zur Gründung von Schulverbänden oder zur Übertragung der Schulträgerschaft auf eine Gemeinde oder einen Landkreis auch gegen den Willen der beteiligten Gemeinden. § 7 SchVG lautet:
    (1) Lassen sich die organisatorischen Verhältnisse an einzelnen Schulen im Rahmen der §§ 2 bis 4 nicht entsprechend den pädagogischen Bedürfnissen regeln, so kann der Regierungspräsident (Präsident des Verwaltungsbezirks) mehrere Gemeinden durch Verordnung zu einer gemeinsamen Schulträgerschaft zusammenschließen und den Standort der Schule bestimmen. Zugleich erläßt der Regierungspräsident (Präsident des Verwaltungsbezirks) eine Satzung, in der insbesondere die Verfassung (Verwaltung und Vertretung) des Verbandes sowie der Maßstab, nach dem die einzelnen Gemeinden zu den Sachkosten beizutragen haben, zu regeln sind. Vor Erlaß der Verordnung sind die Gemeinden zu hören. Statt des Zusammenschlusses zu einer gemeinsamen Schulträgerschaft kann der Regierungspräsident (Präsident des Verwaltungsbezirks) durch Verordnung einer Gemeinde die Aufgabe als Träger einer Schule für das Gebiet mehrerer Gemeinden übertragen.
    (2) Können die Schulverhältnisse auch nach Absatz 1 nicht befriedigend geregelt werden, so kann der Kultusminister die Schulträgerschaft durch Verordnung auf einen Landkreis übertragen. Die bisherigen Schulträger und der Landkreis sind vorher zu hören.
    (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Zusammenfassung einzelner Klassenstufen.
2. Zwischen der Beschwerdeführerin und den Gemeinden Emmerke, Groß-Escherde und Klein-Escherde fanden im Jahre 1960 Verhandlungen über die Bildung eines Schulzweckverbandes statt. Durch Zusammenfassung der Schüler der oberen Volksschulklassen sollte erreicht werden, daß Jahrgangsklassen gebildet werden können, da die Schülerzahlen jeweils in den einzelnen Gemeinden hierzu nicht ausreichten. Die Verhandlungen scheiterten daran, daß eine Einigung über den Sitz der Mittelpunktschule zwischen der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Em

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merke, die beide den Sitz für sich beanspruchten, nicht erzielt werden konnte. Daraufhin bildeten die Gemeinden Emmerke, Groß-Escherde und Klein-Escherde einen Schulzweckverband ohne Beteiligung der Beschwerdeführerin mit Sitz in Emmerke. Der Schulzweckverband Emmerke baute in den Jahren 1962 und 1963 mit Unterstützung des Landkreises Hildesheim-Marienburg und der Schulaufsichtsbehörde eine Mittelpunktschule.
Die Beschwerdeführerin errichtete 1963 und 1964 mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde ebenfalls einen Schulneubau; jedoch stimmte die Aufsichtsbehörde dem von der Beschwerdeführerin angestrebten Ausbau zu einer vollgegliederten, 9-klassigen Schule nicht zu. Seit dem Frühjahr 1962 besuchen die Schüler des 9. Schuljahres aus Sorsum die 2 km entfernte Mittelpunktschule Emmerke auf Grund einer Vereinbarung der Beschwerdeführerin mit dem Schulzweckverband.
3. Mit einer auf § 7 Abs. 1 SchVG gestützten Verordnung vom 4. Juni 1964 schloß der Regierungspräsident in Hildesheim die Beschwerdeführerin mit dem Schulzweckverband Emmerke zu einer gemeinsamen Schulträgerschaft für die 7. bis 9. Volksschuljahrgangsklassen zusammen (ABl. S. 69). In der als Anlage zu der Verordnung bekanntgemachten, neu gefaßten Satzung des Schulzweckverbandes bestimmt § 1:
    (1) Die Gemeinden Emmerke, Groß-Escherde, Klein-Escherde und Sorsum (Verbandsglieder) bilden unter der Bezeichnung "Schulzweckverband Mittelpunktschule Emmerke" einen Schulzweckverband mit dem Sitz in Emmerke.
    (2) Der Schulzweckverband beschult die volksschulpflichtigen Kinder der Gemeinden Emmerke, Groß-Escherde und Klein-Escherde vom 5. Schuljahrgang ab und die volksschulpflichtigen Kinder der Gemeinde Sorsum vom 7. Schuljahrgang ab. Er ist als solcher Schulträger im Sinne des Gesetzes über die Verwaltung öffentlicher Schulen (SchVG) in der Fassung vom 28. 3. 1962 (Nieders. GVBl. S. 37).
    (3) Er ist ein Zweckverband im Sinne des Zweckverbandsgesetzes vom 7. 6. 1939 (Nieders. GVBl., Sb. II, S. 109). Er führt ein Dienstsiegel.
    (4) Standort der Mittelpunktschule ist Emmerke.


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§ 17 regelt die Deckung des Finanzbedarfs und hat folgenden Wortlaut:
    (1) Soweit die sonstigen Einnahmen des Schulzweckverbandes seinen Bedarf nicht decken, ist eine Umlage von den Verbandsgliedern zu erheben (Verbandsumlage).
    (2) Die Verbandsumlage ist in der Haushaltssatzung des Schulzweckverbandes für jedes Rechnungsjahr neu festzusetzen. Sie wird von den Verbandsgliedern je zur Hälfte nach der Umlagekraftmeßzahl, wie sie der Berechnung der Kreisumlage zugrunde liegt, und nach der Schülerzahl am 15. Mai des vergangenen Rechnungsjahres erhoben. Der Umlagebeschluß bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.
§ 19 behandelt das Ausscheiden eines Verbandsgliedes und die Auflösung des Schulzweckverbandes. § 19 Abs. 1 lautet:
    Das Ausscheiden eines Verbandsgliedes aus dem Schulzweckverband sowie die Auflösung des Schulzweckverbandes bedürfen der Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde.
Verordnung und Satzung sind am Tage nach ihrer Bekanntmachung (16. Juni 1964) in Kraft getreten.
4. Die Beschwerdeführerin und die drei weiteren dem Schulzweckverband angehörenden Gemeinden wiesen im Schuljahr 1964/65 für die Volksschulen folgende Schülerzahlen auf:
    Jahrgang, Sorsum, Emmerke, Groß-Escherde, Klein-Escherde, zusammen:
    1 & 2, 104, 106, 31, 33, 274
    3 & 4 & 5, 19, 12, 7, 2, 40
    6, 22, 15, 5, 5, 47
    7, 16, 13, 5, 3, 37
    8, 14, 14, 8, 4, 40
    9, 15, 9, 6, 4, 34
    insges., 190, 169, 62, 51, 472


BVerfGE 26, 228 (233):

II.
1. Die Beschwerdeführerin beantragt mit der am 27. Juli 1964 eingegangenen Verfassungsbeschwerde,
    1. festzustellen, daß die Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim vom 4. Juni 1964 nebst Satzung und § 7 Abs. 1 des Schulverwaltungsgesetzes mit Art. 28 in Verbindung mit Art. 20 GG unvereinbar und daher nichtig sind;
    2. das Land Niedersachsen zu verurteilen, der Beschwerdeführerin die Kosten zu erstatten, die ihr durch dieses Verfahren entstanden sind.
Der weitere Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung dem Regierungspräsidenten in Hildesheim zu verbieten, die Verordnung vom 4. Juni 1964 zu vollziehen, ist durch Beschluß vom 4. August 1964 (BVerfGE 18, 157) abgelehnt worden.
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Verordnung verletze das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht. Für eine Einschränkung dieses Rechts hätte es eines formellen Gesetzes bedurft. Die Ermächtigung des § 7 SchVG an den Regierungspräsidenten, mit der das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden an die staatliche Exekutive ausgeliefert werde, verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung und gegen die verfassungsmäßige Ordnung und sei daher gemäß Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nichtig.
Auch der Sache nach gehe sowohl die gesetzliche Grundlage als auch die Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim über das zeitlich und sachlich unbedingt Notwendige hinaus. Dadurch, daß in § 7 SchVG ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden von den "pädagogischen Bedürfnissen" abhängig gemacht werde, sei dieser Eingriff dem Ermessen des Regierungspräsidenten anheimgegeben; der Ermächtigung fehle die nötige Bestimmtheit. Auch enthalte die angegriffene Verordnung keine zeitliche Begrenzung für den Zusammenschluß bis zu dem Zeitpunkt, in dem die schulischen Verhältnisse in Sorsum nach dem Stand der Kinderzahl eine voll ausgebaute 9-klassige

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Volksschule dort zuließen. Die Schülerzahl nehme von Jahr zu Jahr zu.
Im übrigen sei der Zusammenschluß für die Schüler der Beschwerdeführerin pädagogisch nachteilig. Die Kinder seien als Fahrschüler der Aufsicht ihrer Eltern weitgehend entzogen und durch den Verkehr auf der belebten Bundesstraße 1, die sie überqueren müßten, gefährdet. Eine Elternversammlung der in Frage kommenden Klassen und eine Bürgerversammlung des gesamten Dorfes hätten sich einstimmig gegen die Verbindung mit dem Schulzweckverband Emmerke ausgesprochen, da auch das durch Art. 6 GG geschützte Elternrecht verletzt sei.
Die Beschwerdeführerin ist weiter der Meinung, daß sie nur deswegen mit dem Schulzweckverband Emmerke zusammengeschlossen worden sei, weil die bisher an dem Verband beteiligten Gemeinden durch die hohen Schulbaukosten finanziell überfordert seien und sie, die Beschwerdeführerin, diesen Gemeinden einen Teil der Finanzierungslast abnehmen solle. Dadurch werde der Haushalt der Beschwerdeführerin derart belastet, daß es ihr unmöglich gemacht werde, andere Aufgaben der Selbstverwaltung wahrzunehmen, insbesondere selbst eine 9-klassige Volksschule zu bauen. Schließlich verstoße der Berechnungsmodus für die Zweckverbandsumlage gegen Art. 3 GG.
2. Gemäß § 94 BVerfGG hat sich lediglich der Niedersächsische Ministerpräsident namens der Landesregierung geäußert, ohne dem Verfahren beizutreten.
Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
Darin, daß die Beschwerdeführerin durch Verordnung mit dem Schulzweckverband Emmerke zusammengeschlossen worden sei, könne ein Verstoß gegen Art. 28 GG deswegen nicht liegen, weil die generellen Voraussetzungen für den Zusammenschluß von Gemeinden durch formelles Gesetz, nämlich durch das Schulverwaltungsgesetz, geregelt seien.
§ 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 SchVG verstoße nicht gegen Art. 28 GG, da durch eine gegenständliche Beschränkung des kommunalen Wirkungsbereichs auf einem einzelnen, wenn auch bedeut

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samen Gebiet der Kern der Selbstverwaltung nicht angetastet werden könne. Im übrigen seien die Zuständigkeiten der Gemeinden auf dem Gebiet des Schulwesens seit jeher durch staatliche Einflußnahme beschränkt. Hinzu komme, daß heute die pädagogische Forderung anerkannt sei, mindestens die Schüler der Volksschuloberklassen in Jahrgangsklassen zu unterrichten; diesem pädagogischen Bedürfnis trage § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 SchVG Rechnung.
Auch die Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim vom 4. Juni 1964 verletze nicht Art. 28 GG. Dem Erfordernis einer zeitlichen Begrenzung sei durch § 19 der beigefügten Satzung entsprochen. Wenn ein Bedürfnis für ein Weiterbestehen des Schulzweckverbandes Emmerke oder ein Verbleiben der Beschwerdeführerin in diesem Verband nicht mehr vorliegen würde, müßte die Schulaufsichtsbehörde nach § 19 Abs. 1 der Satzung der Auflösung des Verbandes oder dem Ausscheiden der Gemeinde zustimmen.
Die in § 17 Abs. 2 der Satzung festgelegte Berechnung der Verbandsumlage gehe auf die entsprechende Schullastenausgleichsregelung im Gesetz über den Finanzausgleich vom 8. Dezember 1961 (Nds. GVBl. S. 337) zurück und entspreche den auch in anderen Zweckverbandssatzungen enthaltenen Regelungen. Die Kriterien für die Bemessung seien allgemeiner Art und träfen die beteiligten Gemeinden in gleicher Weise. Da der Sachaufwand eines Schulzweckverbandes nicht im gleichen Verhältnis wie die Schülerzahlen steige, vielmehr gewisse Grundaufwendungen unabhängig von der Schülerzahl notwendig seien, sei es zulässig, die Verbandsglieder zur Umlage mit einem an ihrer Leistungsfähigkeit orientierten Sockelbetrag heranzuziehen und nur bei dem überschießenden Betrag auf die Schülerzahl abzustellen.
3. Der Regierungspräsident in Hildesheim hat mit Verordnung vom 21. April 1969 § 17 Abs. 2 der Satzung des Schulzweckverbandes Emmerke wie folgt neu gefaßt (ABl. S. 77):
    Die Verbandsumlage ist in der Haushaltssatzung des Schulzweckverbandes für jedes Rechnungsjahr neu festzusetzen. Sie wird von

    BVerfGE 26, 228 (236):

    den Verbandsgliedern zur Hälfte, entsprechend ihrer Beteiligung an der gemeinsamen Schulträgerschaft (§ 1 Abs. 2 dieser Satzung) nach der Steuerkraftmeßzahl, wie sie der Berechnung der Kreisumlage zugrunde liegt, zur anderen Hälfte nach der Schülerzahl am 15. Oktober des vergangenen Rechnungsjahres erhoben. Der Umlagebeschluß bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.
Die Änderungsverordnung ist am Tage nach ihrer Bekanntmachung (16. Juni 1969) in Kraft getreten.
 
B. -- I.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1. Die Beschwerdeführerin wendet sich unmittelbar gegen die Verordnung des Regierungspräsidenten vom 4. Juni 1964 und mittelbar gegen § 7 Abs. 1 SchVG. Der Begriff "Gesetz" in § 91 Satz 1 BVerfGG - ebenso jetzt in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG - ist weit auszulegen. Er umfaßt nicht nur Gesetze im formellen Sinn, sondern auch Rechtsverordnungen. Das ergibt sich aus der Rechtsschutzfunktion des § 91 BVerfGG. Würde man die Verfassungsbeschwerde der Gemeinden und Gemeindeverbände nur gegen Gesetze im formellen Sinn zulassen, so würde eine mit dem Sinn des Gesetzes unvereinbare Lücke im Rechtsschutz entstehen.
2. Die Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim vom 4. Juni 1964 stellt sich gegenüber der Beschwerdeführerin als Einzeleingriff dar. Das ändert nichts an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, da es hierfür auf die Form der staatlichen Maßnahme als Rechtsnorm ankommt (vgl. BVerfGE 12, 354 [361]).
3. Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung geltend. Sie ist durch die angegriffene Verordnung unmittelbar (vgl. BVerfGE 25, 124 [128]) betroffen. Die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ist auch nicht gemäß § 91 Satz 2 BVerfGG ausgeschlossen.
4. Die Bevollmächtigung der Rechtsanwälte, die für die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde erhoben haben, durch

BVerfGE 26, 228 (237):

den Gemeindedirektor (vgl. § 63 Abs. 1 der Niedersächsischen Gemeindeordnung) ist für die Wirksamkeit der Einlegung der Verfassungsbeschwerde ausreichend.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
1. Auf Grund des Art. 28 Abs. 2 GG darf auch durch eine Rechtsverordnung auf die Selbstverwaltung der Gemeinden eingewirkt werden. Der Begriff "Gesetze" in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG umfaßt nicht nur Gesetze im förmlichen Sinn, sondern auch Rechtsverordnungen, die auf einer mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG übereinstimmenden Ermächtigung beruhen (vgl. Stern, in: Bonner Kommentar, Zweitbearbeitung, Stand 1969, Rdnr. 115 zu Art. 28). Grundsätzlich scheidet zwar eine unmittelbare Anwendung des Art. 80 Abs. 1 GG auf die Landesgesetzgebung aus (BVerfGE 12, 319 [325]; 19, 253 [266]); da die Schutzfunktion des Art. 28 Abs. 2 GG eine Beschränkung der Anwendung des Begriffs "Gesetze" auf Rechtsverordnungen gebietet, die auf einer dem Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechenden Ermächtigung beruhen, ist die Landesgesetzgebung jedoch, soweit sie auf die kommunale Selbstverwaltung einwirkt, an die Grundsätze des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden.
2. Die der Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim vom 4. Juni 1964 zugrunde liegende Ermächtigung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 und Abs. 3 SchVG) ist verfassungsgemäß.
a) Durch die Anwendung des § 7 SchVG wird den betroffenen Gemeinden in bestimmtem Umfang die Möglichkeit genommen, Träger eigener Schulen zu sein. Die Aufgaben der Gemeinden als Schulträger werden in § 2 Satz 3 SchVG als Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises bezeichnet. § 7 SchVG wirkt somit in den Selbstverwaltungsbereich ein. Die Garantie des Art. 28 Abs. 2 GG wird dadurch jedoch nicht verletzt.
Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung. Ihnen ist ein grundsätzlich alle örtlichen Angelegenheiten umfassender Aufgabenbereich sowie die

BVerfGE 26, 228 (238):

Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich zuerkannt. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ist indessen nicht absolut. Sie ist der gesetzlichen Einwirkung zugänglich. Das Bundesverfassungsgericht hat im Anschluß an die Entscheidung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich vom 10./11. Dezember 1929 zu Art. 127 WRV (Lammers-Simons, Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich, Bd. II, S. 99 [107]) wiederholt ausgesprochen, daß Beschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung jedenfalls insoweit mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar sind, als sie dessen Kernbereich unangetastet lassen (BVerfGE 23, 353 [365] mit weiteren Nachweisen). Was zu diesem Kernbereich gehört, läßt sich allerdings nicht in eine allgemein gültige Formel fassen. In erster Linie kommt es auf die Auslegung des Grundgesetzes an, insofern es zu dem in Frage stehenden Sachgebiet kommunaler Betätigung Regelungen enthält. Im übrigen ist bei der Bestimmung des Kernbereichs der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen (BVerfGE 17, 172 [182]; 23, 353 [366]).
aa) Art. 7 GG behandelt Einzelfragen des Schulwesens. Eine in sich geschlossene Regelung enthält er nicht. Nach Art. 7 Abs. 1 GG steht das gesamte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates. Diese Vorschrift hat Auswirkungen auf die Bestimmung des Bereichs kommunaler Selbstverantwortung im Schulwesen.
Der hier zu entscheidende Fall gibt keine Veranlassung, den Begriff der Schulaufsicht in Art. 7 Abs. 1 GG abschließend zu bestimmen. Zur Schulaufsicht im Sinne des Art. 7 Abs. 1 GG gehört jedenfalls die Befugnis des Staates zur zentralen Ordnung und Organisation des Schulwesens mit dem Ziel, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet. Dem Staat steht die Schulplanung und die Möglichkeit der Einwirkung auf Errichtung, Änderung und Aufhebung der einzelnen öffentlichen Schule zu.


BVerfGE 26, 228 (239):

Auch eine nähere Abgrenzung von Schulaufsicht und Elternrecht ist hier nicht erforderlich.
Hier ist von Belang, daß dem Bestimmungsrecht des Staates über die Schulen das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden gegenübersteht. Das Spannungsverhältnis zwischen dem zentralen Bestimmungsrecht des Staates, das sich im dargelegten Umfang aus Art. 7 Abs. 1 GG ergibt, und dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden im Bereich des öffentlichen Volksschulwesens ist, ohne daß es hier einer Festlegung der Grenzen der jeweiligen Befugnisse im einzelnen bedarf, dahin aufzulösen, daß den Gemeinden das Recht der Schulträgerschaft zusteht, soweit diese mit den vom Staat allgemein festgelegten Zielen für die Ausgestaltung des Volksschulwesens vereinbar ist. An der Leistungsfähigkeit oder der Größe der einzelnen Gemeinde kann es hiernach scheitern, daß sie selbst eine Schule unterhält. In einem derartigen Fall gebietet es der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe (vgl. BVerfGE 8, 274 [310]; 22, 114 [123]; 23, 127 [133]), daß es der einzelnen betroffenen Gemeinde offensteht, sich freiwillig mit anderen Gemeinden zu einem leistungsfähigen Schulträger zusammenzuschließen. Nur ausnahmsweise, wenn es zu einem derartigen Zusammenschluß nicht kommt, ist der Staat befugt, die Schulträgerschaft zwangsweise zu regeln.
Eine Bestätigung hierfür läßt sich aus der geschichtlichen Entwicklung gewinnen. Mit der Entfaltung der kommunalen Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert ging eine rege Aktivität der Kommunen auf dem Gebiet des Schulwesens einher, die sich nicht nur auf die äußere Schulverwaltung beschränkte, sondern auch auf pädagogische Fragen bezog; gleichzeitig entwickelte sich eine staatliche Einflußnahme auf das Schulwesen.
In allen Flächenstaaten der Bundesrepublik hat sich für die öffentlichen Volksschulen eine gemeinschaftliche Schulunterhaltung von Staat und Kommunen durchgesetzt; daraus ergibt sich eine wechselseitige Verflechtung, auch soweit einzelne Funktionen den jeweiligen Zuständigkeitsträgern gesondert zugewiesen sind.

BVerfGE 26, 228 (240):

Während dem Staat die Anstellung der Lehrer und die Aufbringung des Personalaufwandes obliegt, haben die Gemeinden (und Gemeindeverbände) - regelmäßig mit staatlichen Zuschüssen - die sächlichen Schulkosten zu tragen, teilweise sich auch an den persönlichen Kosten zu beteiligen. Die Einrichtung der Volksschulen und deren Unterhaltung sind kommunale Selbstverwaltungsaufgaben. Die Errichtung der Volksschulen ist Staat und Kommunen gemeinsam anvertraut; die Art und Weise der kommunalen Betätigung hierbei ist in den Ländern verschieden geregelt. Neben der Regelform der Schulträgerschaft der einzelnen Gemeinde gab es schon nach dem preußischen Gesetz betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen (VUG) vom 28. Juli 1906 (PrGS S. 335) den Zusammenschluß mehrerer Gemeinden zu Gesamtschulverbänden; dieser Zusammenschluß konnte auch gegen den Willen der beteiligten Gemeinden erfolgen, § 3 VUG (vgl. auch § 3 des preußischen Volksschulfinanzgesetzes vom 2. Dezember 1936, PrGS S. 161). Auch nach 1945 ist die Möglichkeit zu Zwangszusammenschlüssen aufrechterhalten worden, speziell in Niedersachsen gemäß § 4 SchVG (in der ursprünglichen Fassung von 1954).
bb) § 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 und Abs. 3 SchVG verletzt den zuvor bestimmten Kernbereich des Art. 28 Abs. 2 GG nicht.
Ein staatlicher Eingriff nach § 7 Abs. 1 SchVG setzt "pädagogische Bedürfnisse" hierfür voraus. Diese pädagogischen Bedürfnisse werden von den Erziehungszielen bestimmt, nach denen der Staat sein Aufsichtsrecht über die öffentlichen Volksschulen gemäß Art. 7 Abs. 1 GG ausübt. Für die Ermittlung des Inhalts der pädagogischen Bedürfnisse ist weiter auf das durch Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Elternrecht Bedacht zu nehmen. Bei dieser Auslegung ist die Verwendung des genannten unbestimmten Gesetzesbegriffs in § 7 Abs. 1 SchVG unbedenklich.
Weiter ist die Anwendung des § 7 Abs. 1 SchVG davon abhängig, daß sich die angestrebten organisatorischen Schulverhältnisse nicht auf andere Weise erreichen lassen. An erster Stelle steht hier die übliche Schulträgerschaft der einzelnen Gemeinde

BVerfGE 26, 228 (241):

gemäß § 2 SchVG. Nach § 3 Abs. 1 SchVG können auch Landkreise Schulträger von Volksschulen sein; geht dabei die Schulträgerschaft von einer Gemeinde oder mehreren Gemeinden auf den Landkreis über, so ist hierfür das Einvernehmen zwischen dem bisherigen Schulträger oder den bisherigen Schulträgern und dem übernehmenden Landkreis erforderlich (Hesse, Niedersächsisches Schulverwaltungsgesetz [Ergänzungsheft], 1963, Erl. zu § 3). Schließlich sieht § 4 SchVG freiwillige Zusammenschlüsse und sonstige Vereinbarungen zwischen Schulträgern vor. Erst wenn keine der hier aufgezeigten Regelungsmöglichkeiten ausreicht, darf von § 7 Abs. 1 SchVG Gebrauch gemacht werden. Damit ist auch den aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Beschränkungen für staatliche Eingriffe unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen worden.
Die weiteren, hier einschlägigen Bestimmungen des § 7 SchVG bieten keinen Anlaß zu einer Überprüfung anhand des Art. 28 Abs. 2 GG. Insbesondere ist es unbedenklich, daß nach § 7 Abs. 3 SchVG auch einzelne Klassenstufen (und nicht nur die jeweiligen Schulen insgesamt) zusammengefaßt werden können.
b) § 7 Abs. 1 Satz 1 bis 3 und Abs. 3 SchVG genügt den Anforderungen, die aus den Grundsätzen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleiten sind. Die erteilte Ermächtigung ist nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend (BVerfGE 8, 274 [312]; 24, 155 [167]) bestimmt.
Der Inhalt der Ermächtigung besteht darin, daß der Regierungspräsident (Präsident des Verwaltungsbezirks) mehrere Gemeinden zu einer gemeinsamen Schulträgerschaft zusammenschließen kann. Der Zusammenschluß zu gemeinsamer Schulträgerschaft ist ein eindeutiger Begriff.
Der Zweck der Ermächtigung ergibt sich daraus, daß eine den pädagogischen Bedürfnissen entsprechende Schulorganisation geschaffen werden soll. Der Begriff der pädagogischen Bedürfnisse ist durch den Sinnzusammenhang der Ermächtigungsnorm mit anderen Vorschriften und durch das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt (vgl. BVerfGE 19, 354 [362]; 24, 1

BVerfGE 26, 228 (242):

[15]) näher bestimmt. Wie sich aus § 4 Satz 2 SchVG ergibt, geht es bei der Zusammenfassung von Schulen oder einzelner Klassenstufen um die Bildung besser gegliederter Schulsysteme. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die ungegliederte Schule die Kinder nicht mehr ausreichend für das Berufsleben unserer Zeit vorbereiten kann; die Entwicklung drängt zu Mittelpunktschulen, in denen die ungegliederten kleinen Landschulen möglichst zu einem voll gegliederten System zusammengeschlossen werden sollen (so die Begründung zu dem der Neufassung des Schulverwaltungsgesetzes vorausgegangenen Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schulverwaltungsgesetzes, LTDrucks. Nr. 542, 4. Wp., vom 19. Mai 1961, S. 2897). Damit ist auch der Zweck der Ermächtigung genügend präzisienOrt.
Schließlich ist auch deren Ausmaß hinreichend bestimmt. Die Regelungsgegenstände - Bestimmung des Schulstandorts und Erlaß einer Satzung für den neuen Schulträger - sind in der Ermächtigung genannt. Daß bei der Abfassung der Satzung im einzelnen gewisse Variationsmöglichkeiten bestehen, ist mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Die Exekutive ist in ihrer Befugnis weiter dadurch beschränkt, daß sie nur unter der Voraussetzung tätig werden darf, daß die in den §§ 2 bis 4 SchVG vorgesehenen Wege zur Lösung des schulorganisatorischen Problems nicht gangbar sind. Dagegen ist der Verwaltung insofern ein Spielraum eingeräumt, als sie mehrere Gemeinden zusammenschließen und den Zusammenschluß auf einzelne (ebenfalls der Zahl nach nicht bestimmte) Klassenstufen beschränken kann. Eine Begrenzung hierbei ist dem Zweck der Ermächtigung zu entnehmen (vgl. BVerfGE 8, 274 [318]; BVerfG Beschluß v. 14. Mai 1969 - 1 BvR 615/67, 1 BvR 303/68 - S. 20); die Aufgabe, Schuleinheiten entsprechend den pädagogischen Bedürfnissen zu bilden, schränkt die Gestaltungsfreiheit der Exekutive wesentlich ein.
3. Die Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim vom 4. Juni 1964 hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung und ist im übrigen auch in ihrer konkreten Ausgestaltung

BVerfGE 26, 228 (243):

mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar.
a) Die Verordnung trägt den pädagogischen Bedürfnissen der die Volksschule besuchenden Kinder im Bereich der Beschwerdeführerin Rechnung. Die Schülerzahlen der Jahrgänge 7 bis 9 reichten nicht aus, um Jahrgangsklassen in der Schule der Beschwerdeführerin zu bilden. Ein Unterricht in solchen Klassen, der für die genannten Jahrgänge als besonders dringend angesehen wird, ließ sich nur durch deren Einbeziehung in die Mittelpunktschule des bereits bestehenden Schulzweckverbandes Emmerke erreichen.
Mit der Verordnung ist auch nicht über das zeitlich notwendige Maß in die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin eingegriffen worden. Zwar sieht die der Verordnung beigefügte Satzung des Schulzweckverbandes Emmerke in § 19 nur allgemein das Ausscheiden eines Verbandsgliedes vor, ohne die Voraussetzungen hierfür zu bestimmen. Da die Verordnung aber ausdrücklich auf § 7 Abs. 1 SchVG gestützt ist und damit auf die der organisatorischen Neuregelung zugrunde liegenden pädagogischen Bedürfnisse verweist, ist die Satzung dahin auszulegen, daß ein Verbandsglied die Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde zu seinem Ausscheiden verlangen kann, wenn die pädagogischen Bedürfnisse, die zu dem Zusammenschluß geführt haben, entfallen sind.
Auch die Interessen der betroffenen Eltern sind hier in dem erforderlichen Maß berücksichtigt worden. Das Bestreben der Eltern, ihre Kinder in eine Schule am Wohnort zu schicken, muß bei dem verhältnismäßig kurzen Schulweg zur Mittelpunktschule gegenüber der Verbesserung in den Unterrichtsmöglichkeiten hier zurückstehen.
Mit der Feststellung, daß pädagogische Bedürfnisse den Zusammenschluß der Beschwerdeführerin mit dem Schulzweckverband Emmerke rechtfertigen, ist der weitere Einwand der Beschwerdeführerin zurückgewiesen, der Zusammenschluß sei nur aus dem - sachfremden - Grund einer finanziellen Entlastung der übrigen beteiligten Gemeinden erfolgt.


BVerfGE 26, 228 (244):

b) Die Beschwerdeführerin fühlt sich auch durch die Einzelausgestaltung des Zusammenschlusses und seiner Folgen in ihrer Finanzhoheit verletzt.
Die aus der Selbstverwaltungsgarantie abzuleitende Finanzhoheit gewährt den Gemeinden die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens. Hieraus folgt auch, daß die Gemeinde sich in eigenverantwortlicher Regelung ihrer Finanzen auf die ihr obliegenden Verpflichtungen einstellt (BVerfGE 23, 353 [369]). Wenn also eine Gemeinde ohne Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 GG zu gemeinsamer Schulträgerschaft mit anderen Gemeinden zusammengeschlossen werden kann, so verstößt die Auferlegung eines Kostenanteils für die Gemeinschaftsaufgabe nicht gegen die gemeindliche Finanzhoheit. Im übrigen ist diesem Kostenanteil die Ersparnis gegenüberzustellen, die der Gemeinde daraus erwächst, daß sie in dem Umfang, in dem der kommunale Verband Aufgaben wahrnimmt, von der Erfüllung eigener Aufgaben und von den dazugehörigen Kosten entlastet wird.
4. Die Lastenverteilung zwischen den einzelnen Verbandsgliedern ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Zwar gilt das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen (BVerfGE 21, 362 [372 f.]). Jedoch bedeutet dies nicht, daß es ein verfassungsrechtliches Willkürverbot im Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander nicht gäbe. Das Willkürverbot ist nicht nur grundrechtlich gesichert; als Element des objektiven Gerechtigkeitsprinzips und damit des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit gilt der allgemeine Gleichheitssatz in allen Bereichen und für alle Personengemeinschaften (BVerfGE 23, 353 [372 f.]; 25, 198 [205]). Er ist somit im Rahmen des Verfahrens über eine Verfassungsbeschwerde nach § 91 BVerfGG als Prüfungsmaßstab für die Beurteilung von Eingriffen in die Selbstverwaltung zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 1, 167 [181]).


BVerfGE 26, 228 (245):

Gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 der Satzung des Schulzweckverbandes Emmerke in der Fassung vom 4. Juni 1964 bestehen insofern gewisse Bedenken, als sich die Verteilung der Verbandsumlage zur Hälfte nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinden richtet. Zwar ist es mit dem Sinn eines kommunalen Zusammenschlusses durchaus vereinbar, bei der Finanzierung einer Gemeinschaftseinrichtung die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Gemeinden zu berücksichtigen und somit durch die Lastenverteilung einen finanziellen Ausgleich unter ihnen herbeizuführen. § 17 Abs. 2 Satz 2 der Satzung trägt jedoch nicht der Besonderheit Rechnung, daß hier - abweichend von der Regel - die Gemeinden in unterschiedlichem Umfang eigene Aufgaben übertragen haben und damit von der Erfüllung eigener Aufgaben entlastet worden sind, indem nämlich die Beschwerdeführerin nur drei, die übrigen Gemeinden dagegen fünf Schuljahrgänge an die Mittelpunktschule Emmerke abgegeben haben.
Die Vernachlässigung dieser Besonderheit bei der Lastenverteilung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit kann jedoch noch nicht als willkürlich bezeichnet werden, weil die andere Hälfte der Verbandsumlage nach den Schülerzahlen auf die beteiligten Gemeinden verteilt wird, wodurch zum Teil die unterschiedliche Aufgabenübertragung berücksichtigt wird, und weil im Gesamtergebnis die Abweichung von der an sich gebotenen Lastenverteilung verhältnismäßig geringfügig ist. Im übrigen sind für die Zukunft mit der Neufassung des § 17 Abs. 2 der Satzung durch die Verordnung des Regierungspräsidenten in Hildesheim vom 21. April 1969 die Bedenken gegen die bisher geltende Bestimmung ausgeräumt.
5. Für die von der Beschwerdeführerin erbetene Anordnung der Kostenerstattung besteht kein Anlaß.
Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Seuffert Dr. Leibholz Geller Dr. v. Schlabrendorff Dr. Rupp Dr. Geiger Dr. Kutscher Dr. Rinck