BVerfGE 65, 104 - Mutterschaftsgeld I |
Es ist mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 4 GG vereinbar, Mütter, die vor der Geburt ihres Kindes nicht erwerbstätig waren, vom Bezug des Mutterschaftsgeldes auszunehmen (§ 8a Abs. 1 Satz 2 MuSchG). |
Beschluß |
des Ersten Senats vom 4. Oktober 1983 |
-- 1 BvL 2/81 -- |
in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 8a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zum Schutze der erwerbstätigen Mutter i.d.F. des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979 (BGBl. I S. 797) - Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Sozialgerichts Dortmund vom 28. November 1980 (S ( Kr 119/80) -. |
Entscheidungsformel: |
§ 8 a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz -- MuSchG) in der Fassung des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979 (Bundesgesetzbl. I S. 797) ist insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar, als Mütter, die zu Beginn der Mutterschutzfrist weder erwerbstätig noch arbeitslos waren, vom Bezug von Mutterschaftsgeld ausgeschlossen sind. |
Gründe: |
A. |
I. |
Das Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs vom 25. Juni 1979 (BGBl. I S. 797) hat durch Ergänzung des damals in der Fassung der Neubekanntmachung vom 18. April 1968 geltenden Mutterschutzgesetzes -- MuSchG -- (BGBl. I S. 315) neue Ansprüche für diejenigen Mütter eingeführt, für die das Mutterschutzgesetz gilt. Über den persönlichen Geltungsbereich bestimmt das Gesetz:
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§ 1 Geltungsbereich
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Dieses Gesetz gilt 1. für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, 2. für weibliche in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte ... |
Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs hat den Kreis der Begünstigten durch die Einbeziehung arbeitsloser Mütter erweitert.
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Über die vordem bestehende Bestimmung des Mutterschutzgesetzes hinaus, nach der Wöchnerinnen bis zum Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden dürfen, bestimmt das Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs:
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§ 8a Mutterschaftsurlaub
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(1) Mütter haben Anspruch auf Mutterschaftsurlaub im Anschluß an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 bis zu dem Tage, an dem das Kind sechs Monate alt wird. Für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs erhält die Mutter Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 1 oder 3.
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(2) bis (7) ...
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Zugleich wird über den Anspruch auf Zahlung von Mutterschaftsgeld für die Dauer des Mutterschaftsurlaubs Näheres bestimmt:
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(1) Frauen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, erhalten für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und des § 6 Abs. 1 sowie für die Zeit ihres Mutterschaftsurlaubs nach § 8 a Mutterschaftsgeld nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung. ... über das Mutterschaftsgeld.
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(2) und (3) ...
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Die Absätze 2 und 3 dieser Vorschrift bestimmen, daß Mutterschaftsgeld für anspruchsberechtigte Mütter, die nicht in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, durch das Bundesversicherungsamt gezahlt wird.
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Die Zielsetzung des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs ist in der Vorlage der Bundesregierung (BTDrucks. 8/2613) genannt:
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Etwa 300 000 Mütter müssen jedes Jahr nach der Geburt eines Kindes die Belastungen aus dem Arbeitsverhältnis und die Betreuung ihres Kleinkindes miteinander in Einklang bringen. Diese Doppelbeanspruchung kann für die Mutter in den ersten Monaten nach der Entbindung besonders nachteilig sein, da sie in dieser Zeit ihre volle Leistungsfähigkeit oft noch nicht wiedererlangt hat. Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die im Arbeitsverhältnis stehende Mutter vor dieser Doppelbelastung gerade in einer Zeit zu entlasten, in der sie noch weiterer Schonung bedarf.
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Hinsichtlich der Zahlung des Mutterschaftsgeldes während des Mutterschaftsurlaubs heißt es (a.a.O., S. 10):
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Die Mutter erhält während des Mutterschaftsurlaubs ihr bisheriges Mutterschaftsgeld weiter. Hierdurch soll der Ausfall ihres Arbeitsentgelts -- nach dessen Höhe ganz oder wenigstens zum Teil ausgeglichen und ihr damit die Entscheidung für den Mutterschaftsurlaub erleichtert werden.
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Die Höhe des Mutterschaftsgeldes bemißt sich nach dem Nettoentgelt der Mutter vor Beginn der Mutterschutzfrist. Es beträgt mindestens 3,50 DM, höchstens 25 DM je Kalendertag (§§ 200, 200 a RVO).
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II. |
Die 1945 geborene Klägerin des Ausgangsverfahrens war Justizangestellte. Nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahre 1973 gab sie ihren Beruf auf, arbeitete aber gelegentlich aushilfsweise. 1979 wurde ihr zweites Kind geboren. Sie beabsichtigt, ihre Berufstätigkeit, sobald es ihr mit Rücksicht auf die Kinder möglich ist, wieder voll aufzunehmen.
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Den Antrag, ihr von der neunten Woche nach der Geburt ihres zweiten Kindes an Mutterschaftsgeld zu gewähren, lehnte das Bundesversicherungsamt ab.
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Mit der Klage machte die Klägerin geltend, sie habe ihren Beruf nur im Interesse ihrer Kinder aufgegeben. Deswegen müsse sie hinsichtlich des Bezugs von Mutterschaftsgeld den Frauen gleichgestellt werden, die während eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses zu demselben Zweck für eine vorübergehende Zeit ihre beruflichen Interessen denjenigen ihrer Kinder unterordneten.
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Das Sozialgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,
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ob § 8 a Absatz 1 Satz 2 des Mutterschutzgesetzes in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, als in die darin enthaltene begünstigende Regelung für erwerbstätige Mütter im Sinne des § 1 Mutterschutzgesetz Hausfrauen nicht einbezogen sind.
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Die gesetzliche Regelung, nach der die Klägerin kein Mutterschaftsgeld beanspruchen könne, sei verfassungswidrig. Sie verstoße jedenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es gebe keinen sachlichen Grund, der es rechtfertige, Hausfrauen von dem Bezug des Mutterschaftsgeldes auszuschließen. Das erwerbstätigen Müttern gezahlte Mutterschaftsgeld solle ihnen die Entscheidung erleichtern, nach Ende der Mutterschutzfrist vier weitere Monate bei ihrem Kind zu bleiben. Es handele sich dabei um eine Leistung zur Minderung des Familienaufwandes. Insoweit sei die Begrenzung der Leistung auf erwerbstätige Mütter unter Außerachtlas sung der gleichen Interessenlage der Mütter, die Hausfrauen seien, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren. |
Das Gesetz wähle als Anknüpfungspunkt bei den vor Beginn der Mutterschutzfrist erwerbstätigen Müttern den Entgeltausfall, den sie hätten, wenn sie nach Beendigung der Mutterschutzfrist zunächst den Beruf nicht wieder aufnähmen. Beim Vergleich mit der als Hausfrau tätigen Mutter müsse davon ausgegangen werden, daß diese durch ihre Tätigkeit nicht nur ihren eigenen Lebensunterhalt erwirtschafte, sondern auch ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber ihrem Ehemann genüge. Die erwerbstätige Mutter leiste demgegenüber durch das Entgelt für ihre Erwerbstätigkeit den wesentlichen Beitrag zum Familienaufwand. Wenn sie von der Möglichkeit Gebrauch mache, Mutterschaftsurlaub zu nehmen, so sei sie für einen begrenzten Zeitraum in derselben Lage wie eine Hausfrau und Mutter. Mangels einer Beschäftigungspflicht habe sie dann auch keinen Entgeltanspruch. Es liege auch kein Unterschied darin, daß die zuvor erwerbstätige Mutter auf einen Entgeltanspruch während des Mutterschaftsurlaubs verzichte. Das tue die in gleicher Weise zur entgeltlichen Beschäftigung berechtigte Hausfrau auch. Lediglich der Lebensplan der Mütter dieser beiden Gruppen sei ein anderer. Die gesetzliche Regelung laufe demnach darauf hinaus, daß erwerbstätige Mütter durch Zuschüsse belohnt würden, Hausfrauen aber nicht, obschon sich die beiden Gruppen hinsichtlich ihrer faktischen Belastung nicht unterschieden. Das gelte ebenfalls für arbeitslose Mütter, denen der Verzicht auf Arbeitslosengeld im Hinblick auf den Bezug von Mutterschaftsgeld nicht zugemutet werde. Auch habe die erwerbstätige Mutter nicht deswegen einen besonderen Anspruch auf das Mutterschaftsgeld, weil sie Beiträge zur Sozialversicherung geleistet habe. Das Mutterschaftsgeld werde nämlich aus Steuermitteln gewährt.
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III. |
Zu der Vorlagefrage haben sich der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung namens der Bundesregierung, das Bundessozialgericht, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, das Kommissariat der Deutschen Bischöfe, die Evangelische Frauenarbeit in Deutschland e. V., der Deutsche Hausfrauenbund e. V. sowie die Beteiligten des Ausgangsverfahrens geäußert.
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1. Der Bundesminister geht davon aus, daß es sich bei den Vorschriften, die den Mutterschaftsurlaub und die Zahlung von Mutterschaftsgeld vorsehen, um eine Fortentwicklung des arbeitsrechtlichen Mutterschutzes handele. Beide zusammen sollten die Doppelbelastung der Mütter durch Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung verringern. Die gesetzliche Regelung schließe spätere Schritte zur Einbeziehung weiterer Gruppen von Müttern nicht aus. Der Bundestag habe anläßlich der Einführung des Gesetzes durch eine Entschließung bekräftigt, daß die Sicherstellung der Pflege und Erziehung der Kinder, vor allem in der besonders wichtigen ersten Lebensphase, eine Aufgabe von großer gesellschaftlicher und familienpolitischer Bedeutung sei, deren zufriedenstellende Lösung weiterer politischer Anstrengungen über das gegenwärtige Mutterschutzkonzept hinaus bedürfe.
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Die dem Gesetz gegenüber solchen sozialpolitischen Planungen zugrunde liegende eingeschränkte Konzeption sei indessen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Art. 6 Abs. 4 GG dürfe nicht dahin verstanden werden, daß der Gesetzgeber gehalten sei, alle nur denkbaren Regelungen zu treffen, die dem Schutz von Müttern dienen könnten. Der Umfang des Schutzes stehe in seinem Ermessen. Auch müßten dem Gesetzgeber Differenzierungen nach dem unterschiedlichen Schutz- und Fürsorgebedürfnis von Müttern erlaubt sein. Dabei sei er zwar an den allgemeinen Gleichheitssatz gebunden; in dessen werde dieser durch die zur Prüfung gestellte Regelung nicht verletzt. |
Die nicht erwerbstätige Mutter habe nicht das gleiche Schutzbedürfnis wie eine unselbständig beschäftigte Mutter. Im Vordergrund der Regelung stehe der neu eingeführte Mutterschaftsurlaub. Die Zahlung des Mutterschaftsgeldes während dieser Zeit sei eine notwendige Ergänzung der Freistellung der Mütter. Mit ihm solle nicht der Verzicht auf Erwerbstätigkeit honoriert, sondern der Mutter ein Teil ihres Lohnes ersetzt werden. Es handele sich daher auch nicht um eine Geldleistung aus familienpolitischen Gründen. Daran ändere es nichts, daß das Gesetz neben arbeitsschutzrechtlichen mittelbar auch familienpolitische Auswirkungen habe, wenn es der erwerbstätigen Mutter die Möglichkeit gebe, sich während der ersten sechs Monate nach der Geburt voll ihrem Kind zu widmen. Sie werde durch das Gesetz vor allem von der Doppelbelastung durch Arbeit und Kindesbetreuung befreit. Insoweit schütze das Gesetz auch ihre Gesundheit.
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2. Das Bundessozialgericht hält die Regelung für verfassungsgemäß. Die Begrenzung der Vergünstigungen auf erwerbstätige Frauen sei sachlich vertretbar, ohne daß dadurch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes verletzt würden. Gegenüber der im Bundesrat aus familien- und sozialpolitischen Gründen erhobenen Forderung, alle Mütter gleich zu behandeln, habe sich die arbeitsschutzrechtliche Konzeption durchgesetzt. Der Gesetzgeber habe es -- vor allem auch aus finanziellen Erwägungen -- als vordringlich angesehen, die schon vordem geltende Freistellung von Arbeitnehmerinnen aus Anlaß von Schwangerschaft und Entbindung zu verbessern. Der im Gesetz geregelte Mutterschaftsurlaub könne bereits seiner Eigenart nach nur für Arbeitnehmerinnen gelten. Die Fortzahlung des Mutterschaftsgeldes ergänze den Urlaubsanspruch und solle den Ausfall an Arbeitsentgelt ausgleichen.
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Einen auszugleichenden Verlust an Arbeitsentgelt erleide die nicht berufstätige Mutter nicht. Es möge zwar sein, daß sie sich wegen der Pflege des Kindes entschieden habe, nicht zu arbeiten. In der konkreten Situation würde sie aber auch ohne die Geburt in den sechs Monaten danach keine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit mit Verdienst ausüben, der nur wegen des Mutterschaftsurlaubs ausfiele.
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3. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Deutsche Angestellten- Gewerkschaft haben in Stellungnahmen zu Verfassungsbeschwerden, deren Problemstellungen der Vorlage entsprechen, gegen die Beschränkung der Vergünstigungen des Gesetzes zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs auf unselbständig erwerbstätige Mütter keine verfassungsrechtlichen Bedenken geltend gemacht.
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4. Das Kommissariat der Deutschen Bischöfe ist der Auffassung, die zur Prüfung gestellte Regelung verletze Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 6 GG. Es lasse sich nicht rechtfertigen, den Kreis der begünstigten Mütter auf diejenigen zu begrenzen, die der Versicherungspflicht unterlägen. Jede Mutter, die ein Kind aufziehe, leiste für die Versichertengemeinschaft einen gleich bedeutsamen Beitrag. Daraus folge, daß nicht erwerbstätige Mütter, die sich der Kindererziehung widmeten, den berufstätigen Müttern gleichgestellt werden müßten.
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5. Der Verband Evangelischer Frauenarbeit in Deutschland e. V. ist ebenso wie der Deutsche Hausfrauenbund e. V. der Auffassung, die angegriffene Regelung verletze die Fürsorgeverpflichtung, die dem Gesetzgeber gegenüber allen Müttern obliege. Vornehmlich seien Frauen betroffen, die ein zweites oder drittes Kind erwarteten, weil sie wegen der Versorgung mehrerer Kinder keine Möglichkeit zu erneuter Erwerbstätigkeit hätten. Jedenfalls müßten sie im Laufe der Zeit in die Vergünstigungen des Gesetzes einbezogen werden.
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6. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hält die Auffassung des vorlegenden Gerichts für zutreffend. Sie tritt der in der Stellungnahme des Bundessozialgerichts vertretenen Ansicht entgegen, daß Mütter, die vor der Geburt ihres Kindes nicht erwerbstätig gewesen seien, in der Regel auch danach nicht in einem Arbeitsverhältnis stünden. |
7. Das im Ausgangsverfahren beklagte Bundesversicherungsamt hält die zur Prüfung gestellte Regelung für verfassungsgemäß. Mit ihr werde die Absicht verfolgt, die erwerbstätige Mutter im Interesse ihrer Gesundheit von der Doppelbelastung durch Beruf und Kindesbetreuung zu entlasten. Das Mutterschaftsgeld habe Lohnersatzcharakter. Es diene dem Ziel, durch die Möglichkeit der Freistellung von der Arbeit die in einem Beschäftigungsverhältnis stehende Mutter bei der Kindesbetreuung der nicht erwerbstätigen Mutter gleichzustellen.
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B. |
Es verstößt nicht gegen das Grundgesetz, daß die zur Prüfung gestellte Regelung Mütter, die bei Beginn der Mutterschutzfrist weder erwerbstätig noch arbeitslos waren, vom Bezug des Mutterschaftsgeldes ausschließt.
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I. |
Prüfungsmaßstab für die Frage, ob sich die unterschiedliche Behandlung von abhängig beschäftigten und nicht erwerbstätigen Müttern rechtfertigen läßt, ist vornehmlich Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit hat der allgemeine Gleichheitssatz nach seinem Sinngehalt gegenüber Art. 6 Abs. 4 GG die stärkere sachliche Beziehung zu dem zu prüfenden Sachverhalt (vgl. BVerfGE 13, 290 [296]; BVerfG, Beschluß vom 15. Juni 1983 -- 1 BvR 1025/79 -- Umdruck S. 11).
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Er verbietet es, eine Gruppe im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen diesen Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht be stehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 [88] m.w.N.; 60, 123 [133 f.]). |
Im Rahmen der Prüfung am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ist allerdings Art. 6 Abs. 4 GG zu beachten, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat. Dies hat zur Folge, daß sich die dem Gesetzgeber im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zukommende Gestaltungsfreiheit verengt (vgl. BVerfGE 18, 257 [269]; 29, 71 [79]). Insbesondere verbieten sich Unterscheidungen, die der Normierung des Art. 6 Abs. 4 GG zuwiderlaufen würden (vgl. BVerfGE 17, 210 [217]).
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II. |
Die Bevorzugung abhängig erwerbstätiger und arbeitsloser Mütter vor solchen Müttern, die kein Mutterschaftsgeld erhalten, weil sie vor Beginn der Mutterschutzfrist nicht erwerbstätig waren, widerspricht nicht diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Auch unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 4 GG gibt es nach Art und Gewicht hinreichende Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Gruppen.
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1. Allerdings ist hierfür nicht die allgemeine, im Gesetzgebungsverfahren und auch in diesem Normenkontrollverfahren umstrittene, Frage maßgebend, ob die gesetzliche Regelung ganz oder überwiegend die Fortbildung einer arbeitsschutzrechtlichen Regelung darstellt oder ob mit ihr familienpolitische Ziele verfolgt werden. Bei den mit dem Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs geschaffenen begünstigenden Regelungen waren für den Gesetzgeber beide Zielsetzungen von Bedeutung (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks. 8/2613, S. 9; Stellungnahme des Bundesrates, a.a.O., S. 17). Selbst wenn die eine oder andere Zielsetzung überwiegen sollte, ließe es sich damit allein nicht rechtfertigen, unselbständig erwerbstätige und nicht erwerbstätige Mütter ungleich oder gleich zu behandeln. Vielmehr kommt es für die Beurteilung der Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG auf die konkrete Ausformung der in Rede stehenden Begünstigung und der mit ihr erstrebten Zwecke an.
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2. Die Einräumung des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld nach § 8 a Abs. 1 Satz 2 MuSchG steht im engen Zusammenhang mit dem in Satz 1 derselben Vorschrift der erwerbstätigen Mutter eingeräumten Anspruch auf Mutterschaftsurlaub. Dieser soll der Mutter die Möglichkeit geben, sich bis zu sechs Monate nach der Geburt unter Vermeidung der Mehrbelastung durch Beruf und Kindesbetreuung ihrem Kind zu widmen (vgl. BTDrucks. 8/2613, S. 9). Der Entschluß, den Mutterschaftsurlaub in Anspruch zu nehmen, wird dabei erleichtert, wenn der mit einem solchen Urlaub grundsätzlich verbundene Verlust des Arbeitsentgelts vermieden oder jedenfalls in der Weise begrenzt wird, daß der Mutter während dieser Zeit Mutterschaftsgeld bis zum Betrag von 25 DM je Kalendertag gezahlt werden kann. Somit hat die Einräumung des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld deutlich Anreizfunktion für die erwerbstätige Mutter, den ihr gesetzlich ermöglichten Mutterschaftsurlaub zu nutzen, ohne dadurch auf ihr dem Familienunterhalt vor der Niederkunft dienendes Entgelt -- ganz -- verzichten zu müssen. |
Insoweit wird mit dem Mutterschaftsgeld eine von nicht erwerbstätigen Müttern klar unterscheidbare Gruppe von Müttern mit einer Zielsetzung begünstigt, für die es bei solchen Müttern, die vor der Niederkunft weder erwerbstätig noch arbeitslos waren, in der Regel keine Veranlassung gibt. Der Gesetzgeber konnte davon ausgehen, daß abhängig erwerbstätige Mütter nach Ablauf der Mutterschutzfrist von acht Wochen nach der Niederkunft ohne geeigneten finanziellen Ausgleich ihre Arbeit wieder aufnehmen und daß andererseits Mütter, die vor der Niederkunft in keinem Arbeitsverhältnis standen, jedenfalls in dem ersten halben Jahr nach der Niederkunft keine Erwerbstätigkeit beginnen würden. Bei der einen Gruppe von Müttern bedarf es zur Vermeidung einer Doppelbelastung durch Arbeit und Kindesbetreuung eines besonderen Anreizes, bei der anderen Gruppe bedarf es dessen nicht in gleicher Weise. Insofern unterscheidet sich die begünstigte Gruppe von Müttern so deutlich von der anderen, daß sich ihre unterschiedliche Behandlung rechtfertigen läßt.
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3. An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, daß nicht in allen Fällen die Annahme zutrifft, es bedürfe für die erwerbstätige Mutter eines besonderen finanziellen Anreizes, den Mutterschaftsurlaub anzutreten. Es mag in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen vorkommen, daß eine Mutter ohne Rücksicht auf Entgeltausfall den ihr zustehenden Mutterschaftsurlaub nehmen würde. Auf der anderen Seite lassen sich Fälle denken, in denen eine vor der Niederkunft nicht erwerbstätig gewesene Frau -- etwa wegen der finanziellen Belastung durch den Familienzuwachs -- schon alsbald nach der Geburt ihres Kindes eine Erwerbstätigkeit aufnimmt, auf die sie, wenn ihr Mutterschaftsgeld gezahlt würde, verzichten könnte. Indessen ist es auch angesichts solcher, jedenfalls nicht die Regel darstellender Fälle nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber mit der Einführung des Mutterschaftsgeldes nur jene größere Gruppe von Müttern fördert, die sich durch die Möglichkeit des Bezugs von Mutterschaftsgeld veranlaßt sehen könnten, ihre Arbeit um insgesamt sechs Monate zu unterbrechen. |
4. Unter diesen Umständen kann dem Gesetzgeber eine verfassungswidrige Diskriminierung nicht erwerbstätiger Mütter nicht vorgeworfen werden. Vielmehr rechtfertigt die konkrete Zielsetzung des Gesetzes auch bei Berücksichtigung des Umstandes, daß Art. 6 Abs. 4 GG alle Mütter schützt, die unterschiedliche Behandlung abhängig beschäftigter und nicht berufstätiger Mütter. Die anläßlich der Verabschiedung des Gesetzes vom Bundestag (vgl. Entschließung in BTDrucks. 8/2797, S. 3) in Aussicht gestellten weiteren politischen Anstrengungen zur Sicherung der Kindesbetreuung in der ersten Lebensphase mögen erhebliche sozial- und familienpolitische Bedeutung haben; sie zwingen aber nicht zur verfassungsrechtlichen Beanstandung einer Regelung, welche diese Ziele noch nicht verwirklicht.
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Hesse Simon Katzenstein Niemeyer Heußner Niedermaier |