BVerfGE 98, 17 - Sachenrechtsmoratorium


BVerfGE 98, 17 (17):

Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB in der Fassung des Sachenrechtsänderungsgesetzes vom 21. September 1994 ist mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar, soweit er für die Zeit vom 22. Juli 1992 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 einen gesetzlichen Anspruch des Grundstückseigentümers auf Nutzungsentgelt gegen den zum Besitz berechtigten Grundstücksnutzer nicht vorsieht.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 8. April 1998
-- 1 BvR 1680/93, 183, 1580/94 --
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden I.der Frau B... -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Herbert Korzetzek, Gessentalstraße 1, Gera -- 1. unmittelbar gegen a) das Urteil des Bezirksgerichts Gera vom 26. August 1993 -- 1 S 49/93 --, b) Art. 232 §§ 4, 4 a EGBGB in der Fassung des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I S. 2182), Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB in der Fassung des Sachenrechtsände

BVerfGE 98, 17 (18):

rungsgesetzes vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2457) und §§ 1, 2, 8 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2538), 2. mittelbar gegen Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 1 EGBGB in der Fassung des Art. 8 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) -- 1 BvR 1680/93 --; II. des Herrn W... -- Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Joachim Heinle und Partner, Koblenzer Straße 99-103, Bonn -- 1. unmittelbar gegen a) das Teilanerkenntnis- und Schlußurteil des Oberlandesgerichts Rostock vom 21. Dezember 1993 -- 4 U 25/93 --, b) das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 15. Dezember 1992 -- 1 O 225/92 --, 2. mittelbar gegen Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB in der Fassung des Art. 8 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) -- 1 BvR 183/94 --; III. 1. des Herrn S... -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Alfred Steiding, Präsidentenstraße 85, Neuruppin -- gegen 1. das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 29. Juli 1994 - 4 S 52/93 -, 2. Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB in der Fassung des Sachenrechtsänderungsgesetzes vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2457) -- 1 BvR 1580/94 --.
Entscheidungsformel:
1. Artikel 233 § 2 a Absatz 8 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch in der Fassung des Sachenrechtsänderungsgesetzes vom 21. September 1994 (Bundesgesetzblatt I Seite 2457) ist mit Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er für die Zeit vom 22. Juli 1992 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 einen gesetzlichen Anspruch des Grundstückseigentümers auf Nutzungsentgelt gegen den nach Artikel 233 § 2 a Absatz 1 des genannten Gesetzes Berechtigten nicht vorsieht.
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die verfassungswidrige Regelung spätestens bis zum 30. Juni 2000 durch eine verfassungsgemäße Regelung zu ersetzen.
2. Im übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
3. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern zu I und III ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
 
Gründe:
 
A.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen das sogenannte sachenrechtliche Moratorium für im Beitrittsgebiet belegene Grundstücke.

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Nutzer fremder Grundstücke haben danach gegenüber den Grundstückseigentümern bis zur Durchführung der Sachenrechtsbereinigung kraft Gesetzes ein Recht zum Besitz. Ein Entgelt für die Grundstücksnutzung hatten sie bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 nur auf vertraglicher Grundlage zu entrichten.
I.
1. a) Das Privateigentum an Grund und Boden hatte in der Deutschen Demokratischen Republik seine Funktion als Wirtschaftsfaktor im Laufe der Zeit immer mehr verloren (vgl. hierzu und zum folgenden BTDrucks 12/5992, S. 50 ff.; Heuer, Grundzüge des Bodenrechts der DDR 1949-1990, 1991, Rn. 1 ff.; Leutheusser-Schnarrenberger, DtZ 1993, S. 34 ff.; Schweizer/ Thöne, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe in den neuen Ländern, 1993, S. 181 ff.). Zentrales Institut der Eigentumsordnung waren statt dessen das sozialistische Eigentum und unter dessen Erscheinungsformen neben dem genossenschaftlichen Gemeineigentum vor allem das gesamtgesellschaftliche Volkseigentum geworden, das als solches weder übertragen noch belastet werden konnte. Gleichzeitig gewann für die Grundstücksnutzung die staatliche Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken an Bedeutung. Sie hatte, verstanden als Übertragung staatlicher Nutzungsbefugnisse und -pflichten, ihre gesetzliche Grundlage zuletzt im Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975 (GBl I S. 465; im folgenden: ZGB) gefunden. Mit der Verleihung erhielt der Berechtigte danach das Recht, auf dem volkseigenen Grundstück ein Eigenheim oder ein anderes persönlichen Bedürfnissen dienendes Gebäude zu errichten und persönlich zu nutzen (vgl. § 287 Abs. 1, § 288 Abs. 1 ZGB). Gleiches galt für die Zuweisung von Nutzungsrechten zur Bebauung genossenschaftlich genutzter Grundstücke durch die zuweisungsbegünstigten Bürger (vgl. §§ 291, 292 Abs. 1 ZGB). Hier wie dort war das Nutzungsrecht die Voraussetzung für den Erwerb selbständigen, vom Grundstückseigentum getrennten persönlichen Eigentums an dem errichteten Bauwerk (vgl. § 288 Abs. 4, § 292 Abs. 3 ZGB).
b) Besonderheiten galten für die landwirtschaftliche Bodennut

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zung. Diese lag seit dem Abschluß der Kollektivierung der Landwirtschaft im Jahre 1960 weitgehend in den Händen der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (im folgenden: LPG). Sie bewirtschafteten neben den von ihren Mitgliedern eingebrachten Flächen auch Flächen im Volkseigentum, die ihnen als Rechtsträgern zur Nutzung übergeben worden waren, sowie auf vertraglicher Grundlage Grund und Boden von Nichtmitgliedern. Dabei blieb nach § 19 Abs. 1 des LPG-Gesetzes vom 2. Juli 1982 (GBl I S. 443; im folgenden: LPG-G) der eingebrachte Boden Eigentum der Mitglieder. Doch hatte die LPG an allen ihr überlassenen Flächen gemäß § 18 LPG-G das umfassende und dauerhafte Nutzungsrecht (vgl. auch BVerfGE 95, 267 [269]). Es berechtigte ebenfalls zur Errichtung von Gebäuden und Anlagen, an denen die LPG nach § 27 LPG-G vom Eigentum am Boden unabhängiges Eigentum erwarb.
c) Mit der fortschreitenden Überführung von Grund und Boden in Volkseigentum und der weitgehenden kollektiven Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Flächen war auf diese Weise ein System von Nutzungszuweisungen entstanden, das auch die Grundlage für Bebauungen bildete. Sie erfüllten weitgehend die Funktion von Grundstücksbelastungen als dinglicher Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Auf den Erwerb von Rechten an Grundstücken und die Eigentumsverhältnisse kam es deshalb aus der Sicht der Beteiligten immer weniger an.
d) Die Rechtswirklichkeit in der Deutschen Demokratischen Republik stimmte nicht immer mit der geschriebenen Rechtslage überein. Häufig wurde - mit Billigung staatlicher Stellen oder gesellschaftlicher Organe - gebaut, obwohl der überbaute Grund und Boden nicht in Volkseigentum überführt und ein Nutzungsrecht nicht eingeräumt worden war. Die oft nur faktisch begründeten Nutzungsverhältnisse und die anschließende Bebauung von fremdem Grund und Boden wurden jedoch im allgemeinen von den Beteiligten als rechtmäßig angesehen.
2. Noch vor der Wiedervereinigung kam es zu einer grundlegenden Neuordnung des Agrarrechts der Deutschen Demokratischen Republik. Ziel war es unter anderem, das Grundeigentum an den von den LPG genutzten Flächen als Wirtschaftsgut wiederherzu

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stellen. Dazu wurde zunächst durch § 7 Nr. 6 des Gesetzes über die Änderung oder Aufhebung von Gesetzen der Deutschen Demokratischen Republik vom 28. Juni 1990 (GBl I S. 483) das Bodennutzungsrecht der LPG nach § 18 LPG-G beseitigt. Sodann wurden in § 1 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes vom 29. Juni 1990 (GBl I S. 642; im folgenden: LwAnpG) das Privateigentum an Grund und Boden und die auf ihm beruhende Bewirtschaftung wiederhergestellt. § 64 LwAnpG sah (und sieht in der geltenden Fassung) die Neuordnung des Eigentums an den Flächen vor, die auf der Grundlage eines durch Rechtsvorschriften geregelten Nutzungsrechts mit im selbständigen Eigentum der LPG oder Dritter stehenden Gebäuden und Anlagen bebaut wurden.
3. Mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland stellte sich dem Bundesgesetzgeber die Aufgabe, die verschiedenen Eigentumsformen und Nutzungsverhältnisse zu vereinheitlichen. Dies geschah in mehreren Schritten.
a) Das Gesetz vom 23. September 1990 (BGBl II S. 885) zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag (im folgenden: EV) - verzichtete noch auf inhaltliche Änderungen. Es ergänzte zwar das auch im Beitrittsgebiet in Kraft gesetzte Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch gemäß Anlage I Kapitel III Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 1 EV um besondere Regelungen für dieses Gebiet (im folgenden: EGBGB 1990). Doch blieben danach das selbständige Gebäudeeigentum und die in der Deutschen Demokratischen Republik begründeten Nutzungsrechte bis zur späteren Bereinigung und Anpassung der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse mit ihrem bisherigen Inhalt bestehen (vgl. Art. 231 § 5, Art. 233 §§ 3, 8 EGBGB 1990). Dadurch sollten Rechtssicherheit und Rechtsfrieden im Beitrittsgebiet gewahrt werden (vgl. BTDrucks 12/5992, S. 61 unter C).
b) Die Regelungen des Einigungsvertrags erwiesen sich alsbald als nicht ausreichend, um die aufrechterhaltenen Nutzungsverhältnisse bis zu deren Überführung in bundesdeutsches Sachenrecht wirksam

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zu sichern. Bisher auf rechtlicher Grundlage oder auch nur tatsächlich, aber unangefochten in Anspruch genommene Besitzrechte wurden von den Grundstückseigentümern vielfach - auch gerichtlich - in Frage gestellt (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 32 und 77). Um zu verhindern, daß insoweit vollendete Tatsachen geschaffen werden, führte der Gesetzgeber zur Aufrechterhaltung des status quo bis zur Bereinigung des Sachenrechts durch Art. 8 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes (2. VermRÄndG) vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) mit Wirkung vom 22. Juli 1992 das sogenannte sachenrechtliche Moratorium in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch ein (im folgenden: EGBGB 1992). Nutzer fremder Grundstücke erhielten danach in Anbetracht der bisher - rechtlich oder faktisch - entstandenen Nutzungsbefugnisse in näher beschriebenen Fällen ein gesetzliches Besitzrecht (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 EGBGB 1992). Ersatz für gezogene Nutzungen oder vorgenommene Verwendungen sollte nur auf einvernehmlicher Grundlage verlangt werden können (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 1 EGBGB 1992). Der Eigentümer durfte sein Grundstück nicht belasten (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 2 EGBGB 1992). Das Moratorium war - mit einmaliger Verlängerungsmöglichkeit - bis zum 31. Dezember 1994 befristet (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 2 EGBGB 1992). Die Bereinigung der Rechtsverhältnisse blieb, auch in Ansehung von Nutzungen und Verwendungen, einer späteren gesetzlichen Regelung vorbehalten (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1992).
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
    Art. 233
    § 2 a
    Moratorium
    (1) Als zum Besitz eines in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet belegenen Grundstücks berechtigt gelten unbeschadet bestehender Nutzungsrechte und günstigerer Vereinbarungen und Regelungen:


    BVerfGE 98, 17 (23):

    a) wer das Grundstück bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung oder sonst entsprechend den Rechtsvorschriften mit Billigung staatlicher oder gesellschaftlicher Organe mit Gebäuden oder Anlagen bebaut oder zu bebauen begonnen hat und bei Inkrafttreten dieser Vorschrift selbst nutzt,
    b) Genossenschaften... , denen vor dem 3. Oktober 1990 aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung oder sonst entsprechend den Rechtsvorschriften mit Billigung staatlicher oder gesellschaftlicher Organe errichtete Gebäude und dazugehörige Grundstücksflächen und -teilflächen zur Nutzung sowie selbständigen Bewirtschaftung und Verwaltung übertragen worden waren und von diesen oder ihren Rechtsnachfolgern genutzt werden,
    c) und d) ...
    Das Recht nach Satz 1 besteht bis zur Bereinigung der genannten Rechtsverhältnisse durch besonderes Gesetz längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994; die Frist kann durch Rechtsverordnung des Bundesministers der Justiz einmal verlängert werden. Umfang und Inhalt des Rechts bestimmen sich im übrigen nach der bisherigen Ausübung...
    (2) ...
    (3) Während des in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitraums kann Ersatz für gezogene Nutzungen oder vorgenommene Verwendungen nur auf einvernehmlicher Grundlage verlangt werden. Der Eigentümer eines Grundstücks ist während der Dauer des Rechts zum Besitz nach Absatz 1 verpflichtet, das Grundstück nicht mit Rechten zu belasten, es sei denn, ...
    (4) bis (7) ...
    (8) Die Rechtsverhältnisse zwischen dem Grundstückseigentümer sowie sonstigen dinglich Berechtigten und dem zum Besitz Berechtigten bleiben auch in Ansehung von Nutzungen und Verwendungen einer Regelung durch Gesetz vorbehalten.
c) aa) Die endgültige Angleichung der in der Deutschen Demokratischen Republik entstandenen Nutzungsverhältnisse an das Immobiliarsachenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist Gegenstand des am 1. Oktober 1994 als Art. 1 des Sachenrechtsänderungsgesetzes (SachenRÄndG) vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2457) in Kraft getretenen Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG). Ihm geht es im Zuge der Zusammenführung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum um einen Ausgleich der Interessen von Grundstückseigentümern und solchen Nutzern, die im Rahmen

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bestehender Nutzungsrechtsverhältnisse oder unabhängig davon mit Billigung staatlicher oder gesellschaftlicher Organe fremde Grundstücke bebaut haben und im Hinblick auf ihre baulichen Investitionen Bestands- und Vertrauensschutz genießen sollen (vgl. BTDrucks 12/5992, S. 62). Dieser Ausgleich wird, abgesehen von der Möglichkeit des an besondere Voraussetzungen gebundenen Ankaufs des vom Nutzer errichteten Gebäudes oder der Ablösung seiner aus der baulichen Investition begründeten Rechte durch den Grundstückseigentümer (vgl. § 15 Abs. 4 Satz 1, § 29 Abs. 5 Satz 1, § 31 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. §§ 81 ff. SachenRBerG), in der Weise vorgenommen, daß nach dem Gesetz berechtigte Grundstücksnutzer das Recht haben sollen, zwischen der Bestellung eines Erbbaurechts an dem von ihnen bebauten Grundstück und dessen Ankauf zu wählen (vgl. § 15 Abs. 1 i.V.m. §§ 32 ff., §§ 61 ff. SachenRBerG). Das führt, weil der regelmäßige Erbbauzins die Hälfte des für die entsprechende Nutzung üblichen Zinses und der Ankaufspreis grundsätzlich die Hälfte des Bodenwerts beträgt (vgl. § 43 Abs. 1, § 68 Abs. 1 SachenRBerG), wirtschaftlich dazu, daß der Bodenwert je zur Hälfte dem Nutzer und dem Grundstückseigentümer zugute kommt (vgl. BTDrucks 12/5992, S. 63 f.).
bb) Die Vorschriften über das Sachenrechtsmoratorium im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch sind durch Art. 2 § 5 SachenRÄndG an dieses Regelungskonzept angepaßt worden (im folgenden: EGBGB 1994). Danach wird das gesetzliche Besitzrecht der berechtigten Nutzer bis zum Abschluß der Sachenrechtsbereinigung verlängert (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 3 EGBGB 1994). Die Nutzung ist künftig entgeltlich; erfolgte sie bisher unentgeltlich, kann der Grundstückseigentümer seit dem 1. Januar 1995 vom Nutzer - vorbehaltlich abweichender gesetzlicher oder vertraglicher Regelung - ein Nutzungsentgelt bis zur Höhe des nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu zahlenden Erbbauzinses verlangen, sobald ein Verfahren zur sachenrechtlichen Bereinigung eingeleitet wird (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 4 und 5 EGBGB 1994). Gesondert geregelt ist - für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 - das Entgelt für die Nutzung von Gebäuden und Anlagen, die öffentlichen Aufgaben dienen oder dem Gemeingebrauch

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gewidmet sind (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB 1994). Für die Zeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 ist der Nutzer dagegen zur Herausgabe von Nutzungen nicht verpflichtet, es sei denn, daß die Beteiligten anderes verabredet haben (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994).
Art. 233 § 2 a EGBGB 1994 hat, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:
    Art. 233
    § 2 a
    Moratorium
    (1) Als zum Besitz eines in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet belegenen Grundstücks berechtigt gelten unbeschadet bestehender Nutzungsrechte und günstigerer Vereinbarungen und Regelungen:
    a) wer das Grundstück bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung oder sonst entsprechend den Rechtsvorschriften mit Billigung staatlicher oder gesellschaftlicher Organe mit Gebäuden oder Anlagen bebaut oder zu bebauen begonnen hat und bei Inkrafttreten dieser Vorschrift selbst nutzt,
    b) Genossenschaften... , denen vor dem 3. Oktober 1990 aufgrund einer bestandskräftigen Baugenehmigung oder sonst entsprechend den Rechtsvorschriften mit Billigung staatlicher oder gesellschaftlicher Organe errichtete Gebäude und dazugehörige Grundstücksflächen und -teilflächen zur Nutzung sowie selbständigen Bewirtschaftung und Verwaltung übertragen worden waren und von diesen oder ihren Rechtsnachfolgern genutzt werden,
    c) und d) ...
    Das Recht nach Satz 1 besteht bis zur Bereinigung der genannten Rechtsverhältnisse durch besonderes Gesetz längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994; die Frist kann durch Rechtsverordnung des Bundesministers der Justiz einmal verlängert werden. In den in § 3 Abs. 3 und den §§ 4 und 121 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes bezeichneten Fällen besteht das in Satz 1 bezeichnete Recht zum Besitz bis zur Bereinigung dieser Rechtsverhältnisse nach jenem Gesetz fort. Erfolgte die Nutzung bisher unentgeltlich, kann der Grundstückseigentümer vom 1. Januar 1995 an vom Nutzer ein Entgelt bis zur Höhe des nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu zahlenden Erbbauzinses verlangen, wenn ein Verfahren zur Bodenneuordnung nach dem Bodensonderungsgesetz eingeleitet wird, er ein notarielles Vermittlungsverfahren nach den §§ 87 bis 102 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes oder

    BVerfGE 98, 17 (26):

    ein Bodenordnungsverfahren nach dem Achten Abschnitt des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes beantragt oder sich in den Verfahren auf eine Verhandlung zur Begründung dinglicher Rechte oder eine Übereignung eingelassen hat. Vertragliche oder gesetzliche Regelungen, die ein abweichendes Nutzungsentgelt oder einen früheren Beginn der Zahlungspflicht begründen, bleiben unberührt. Umfang und Inhalt des Rechts bestimmen sich im übrigen nach der bisherigen Ausübung...
    (2) ...
    (3) Während des in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitraums kann Ersatz für gezogene Nutzungen oder vorgenommene Verwendungen nur auf einvernehmlicher Grundlage verlangt werden. Der Eigentümer eines Grundstücks ist während der Dauer des Rechts zum Besitz nach Absatz 1 verpflichtet, das Grundstück nicht mit Rechten zu belasten, es sei denn, ...
    (4) bis (7) ...
    (8) Für die Zeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 ist der nach Absatz 1 Berechtigte gegenüber dem Grundstückseigentümer sowie sonstigen dinglichen Berechtigten zur Herausgabe von Nutzungen nicht verpflichtet, es sei denn, daß die Beteiligten andere Abreden getroffen haben...
    (9) Für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1998 kann der Grundstückseigentümer von der öffentlichen Körperschaft, die das Grundstück zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nutzt oder im Falle der Widmung zum Gemeingebrauch für das Gebäude oder die Anlage unterhaltungspflichtig ist, nur ein Entgelt in Höhe von jährlich 0,8 vom Hundert des Bodenwerts eines in gleicher Lage belegenen unbebauten Grundstücks sowie die Freistellung von den Lasten des Grundstücks verlangen... Abweichende vertragliche Vereinbarungen bleiben unberührt.
II.
Den Verfassungsbeschwerden liegen folgende Ausgangssachverhalte zugrunde:
1. Die Beschwerdeführerin zu I ist Eigentümerin eines im Beitrittsgebiet belegenen Grundstücks, das vor dem Beitritt aufgrund eines Pachtvertrags dem Rat des Kreises und von diesem einer LPG zur unentgeltlichen Nutzung überlassen worden war. Die LPG errichtete auf dem Grundstück eine Halle, an der sie gemäß § 27 LPG-G Eigentum erlangte. Ende 1990 lief der Pachtvertrag nach Kündigung durch das Landratsamt aus. Die Rechtsnachfolgerin der LPG, die Beklagte

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des Ausgangsverfahrens, vermietete sodann die Halle für 7.000 DM monatlich. Die Zahlung eines Pachtzinses an die Beschwerdeführerin lehnte sie ab. Deren Klage, gerichtet auf die Zahlung eines Pachtzinsteilbetrags für den Monat Januar 1992, blieb erfolglos. Das Bezirksgericht hat die Abweisung der Klage damit begründet, daß die Beklagte nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b EGBGB 1992 als zum Besitz berechtigt gelte, die Rechtsverhältnisse zwischen dem Grundstückseigentümer und derart Besitzberechtigten gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1992 auch in Ansehung von Nutzungen der Regelung durch Gesetz vorbehalten seien und Nutzungsersatz während der Dauer des Besitzrechts mangels vertraglicher Regelung nicht verlangt werden könne.
2. Der Beschwerdeführer zu II erwarb 1991 das Eigentum an einem im Beitrittsgebiet belegenen Grundstück, das vom Voreigentümer aufgrund eines Nutzungsvertrags dem Rat des Kreises und von diesem einer LPG überlassen worden war. Diese stellte das Grundstück der im Ausgangsverfahren beklagten Gemeinde zur Verfügung, die auf ihm ein Mehrzweckgebäude errichtete, das sie teilweise als Verwaltungsgebäude nutzte. Der Nutzungsvertrag wurde zum 31. Oktober 1990 aufgelöst. Mit seiner Klage verlangte der Beschwerdeführer von der Gemeinde die Räumung und Herausgabe des für die Gemeindeverwaltung genutzten Gebäudeteils und der dazugehörigen Grundstücksfläche.
Die Klage hatte in zwei Instanzen keinen Erfolg, nach Auffassung des Oberlandesgerichts deshalb, weil die Gemeinde aus Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a EGBGB 1992 ein Recht zum Besitz habe. Diese Vorschrift sei auch anzuwenden, wenn wie hier selbständiges Gebäudeeigentum nicht erlangt worden sei. Eine Einschränkung dahin, daß sich die Beklagte als Gemeinde nicht auf den Schutz des Moratoriums berufen könne, lasse sich der Regelung nicht entnehmen. Diese enthalte eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG.
3. Die Beschwerdeführer zu III sind Eigentümer eines Grundstücks, das 1984 ein Volkseigener Betrieb im Zuge des Ausbaus seiner Teichanlage in Besitz nahm und von da an bewirtschaftete. Eine

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eigentums- oder nutzungsrechtliche Grundlage dafür bestand nicht. 1990 verlangten die Beschwerdeführer eine Nutzungsentschädigung für die Zeit seit 1984. Die Rechtsnachfolgerin des Betriebs, die Beklagte des Ausgangsverfahrens, zahlte im Vergleichswege 2.500 DM. Weitere Zahlungen lehnte sie ab. Die Beschwerdeführer machten daraufhin vor den Zivilgerichten Nutzungsentgeltansprüche für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1991 und in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht auch für die Jahre 1992 und 1993 geltend. Sie drangen damit nicht durch.
Das Landgericht hat die Abweisung der Klage damit begründet, daß die Beklagte aufgrund des Moratoriums nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a EGBGB 1992 an dem streitgegenständlichen Grundstück ein Recht zum Besitz erlangt habe, weil die Erweiterung der Teichanlage und die Inanspruchnahme des Grundstücks für diesen Zweck seinerzeit staatlich genehmigt worden seien. Gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 1 EGBGB 1992 könnten die Beschwerdeführer während der Dauer der gesetzlichen Besitzberechtigung mangels einer vertraglichen Regelung Nutzungsersatz nicht verlangen; Ansprüche auf Nutzungsentgelt blieben nach Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1992 einer besonderen gesetzlichen Regelung vorbehalten.
III.
1. Im Verfahren 1 BvR 1680/93 rügt die Beschwerdeführerin zum einen die Verletzung von Art. 14 GG durch die Entscheidung des Bezirksgerichts. Art. 233 § 2 a Abs. 3 EGBGB 1992, auf den diese Entscheidung gestützt sei, sei verfassungswidrig. Durch diese Regelung werde ihr die Möglichkeit genommen, ein Nutzungsentgelt zu fordern. Das stelle sich als Enteignung dar. Es fehle insoweit an einer Entschädigungsregelung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG. Die bloße Ankündigung einer gesetzlichen Regelung heile diesen Mangel nicht. Der für das Moratorium bestimmte Zeitraum sei mit drei Jahren zu lang.
Zum anderen wendet sich die Beschwerdeführerin unmittelbar gegen Art. 232 §§ 4, 4 a EGBGB in der Fassung des Registerverfahrensbeschleunigungsgesetzes (RegVBG) vom 20. Dezember 1993

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(BGBl I S. 2182; im folgenden: EGBGB 1993), Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 und die §§ 1, 2 und 8 des als Art. 1 des Schuldrechtsänderungsgesetzes (SchuldRÄndG) vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2538) erlassenen Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG). Auch diese Vorschriften verstießen gegen Art. 14 GG, weil sie die Überlassung von Grundflächen an den Inhaber eines als fortbestehend fingierten Nutzungsrechts festschrieben, ohne dem betroffenen Grundstückseigentümer ein Entgelt für die bisherige Überlassung zuzubilligen.
2. Die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 183/94 richtet sich gegen die beiden zum Nachteil des Beschwerdeführers ergangenen Gerichtsentscheidungen und mittelbar gegen Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB 1992. Gerügt wird die Verletzung von Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Moratoriumslösung ermangele es im Hinblick auf die nicht exakt begrenzte Möglichkeit ihrer Verlängerung an hinreichender Bestimmtheit. Zwar sei das Moratorium bis zum 31. Dezember 1994 befristet. Jedoch sei eine einmalige Verlängerung durch Rechtsverordnung möglich, die nicht an Voraussetzungen geknüpft sei. Faktisch werde dem Grundeigentümer so die Nutzung des Eigentums zeitlich unbegrenzt vorenthalten. Abgesehen davon sei auch der zeitlich begrenzte Ausschluß jeder Verwertungs- und Nutzungsmöglichkeit für den Grundstückseigentümer unzumutbar, zumal er die mit dem Grundstück verbundenen Lasten tragen müsse. Dadurch werde in unverhältnismäßiger Weise in den Kernbereich des Eigentumsrechts eingegriffen.
Unabhängig davon gelte Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 hier nicht. Das Moratorium bezwecke nach der Gesetzesbegründung den Schutz privater Bauherren. Gemeinden hätten zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik als Teile des zentralistischen Einheitsstaats nicht Träger eigener Rechte und Pflichten sein können. Ein schutzwürdiges Vertrauen habe ihnen deshalb nicht zugestanden. Das gleiche ergebe sich daraus, daß sich Gemeinden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur eingeschränkt auf Grundrechte berufen könnten.
Schließlich setze die Anwendung des Moratoriums Unklarheiten

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hinsichtlich des Grundstückseigentums und etwaiger Rechte an darauf errichteten Gebäuden voraus. Daran fehle es hier. Es sei geklärt, daß er Eigentümer sowohl der Grundfläche als auch des Gebäudes sei. Deshalb habe das Moratorium, wie das Oberlandesgericht inzwischen in einem vergleichbaren Fall anerkannt habe, nicht angewendet werden dürfen.
3. Im Verfahren 1 BvR 1580/94 wenden sich die Beschwerdeführer gegen das Urteil des Landgerichts. Sie rügen eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Das Landgericht habe zu Unrecht die Moratoriumsbestimmungen angewendet. Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 entfalte keine Rückwirkung auf vor seinem Inkrafttreten liegende Rechtsverhältnisse und Vereinbarungen. Das Gericht habe auch übersehen, daß in dem für die Jahre 1984 bis 1990 geschlossenen Vergleich dem Grunde nach ein Nutzungsentgelt vereinbart worden sei. Im übrigen sei ihren Nachbarn in einem gleichgelagerten Fall durch ein anderes Landgericht ein Nutzungsentgelt zugesprochen worden.
Darüber hinaus wird Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 unmittelbar angegriffen. Daß danach die Herausgabe von Nutzungen für die Zeit bis Ende 1994 auf gesetzlicher Grundlage nicht verlangt werden könne, verstoße gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG und das Rückwirkungsverbot.
IV.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben das Bundesministerium der Justiz für die Bundesregierung und der Bundesgerichtshof, zu der Verfassungsbeschwerde 1 BvR 1680/93 außerdem das Ministerium der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg sowie die Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
1. Das Bundesministerium hat ausgeführt:
Nachdem im Einigungsvertrag die in der Deutschen Demokratischen Republik geschaffenen dinglichen Rechtspositionen aufrechterhalten worden seien, sei Anfang 1992 festgestellt worden, daß die getroffene Regelung lückenhaft sei. Sie habe sich ausschließlich mit den auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der Deutschen De

BVerfGE 98, 17 (31):

mokratischen Republik entstandenen formalen Rechtspositionen befaßt, nicht aber berücksichtigt, daß fremder Grund und Boden auch auf der Grundlage von schuldrechtlichen Verträgen oder gar ohne jede Rechtsgrundlage genutzt worden sei. Um auch in diesen Fällen die zu bereinigenden Rechtspositionen rechtlich zu sichern, sei das bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 befristete gesetzliche Besitzrecht geschaffen worden.
Mit der Einführung des Moratoriums habe sich auch die Frage nach der Zahlung eines Nutzungsentgelts gestellt. Über dessen Höhe habe es 1992 noch keine greifbaren Vorstellungen gegeben. Sie habe auch von der dem Eigentümer bei der Sachenrechtsbereinigung zu gewährenden Entschädigung abgehangen. Es habe damals eine starke Tendenz gegeben, die Nutzung fremder Grundstücke als faktische Enteignung anzusehen; danach hätten die Grundstückseigentümer eine vergleichsweise geringe Entschädigung erhalten. Andererseits sei die später beschlossene Lösung diskutiert worden, der zufolge der Nutzer das Grundstück nicht zu einem geringen Entschädigungsbetrag, sondern zum halben Bodenwert oder ein Erbbaurecht zum halben sonst üblichen Erbbauzins beanspruchen könne. Auf dieser Grundlage ergebe sich ein Nutzungsentgelt in etwa der Höhe, wie es jetzt in Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 3 und 4 EGBGB 1994 vorgesehen sei. Um insoweit alle Gestaltungsvarianten offenzuhalten und zu verhindern, daß Grundstückseigentümer auf die Einführung eines Nutzungsentgelts und Nutzer auf die Befreiung hiervon vertrauten, sei der Vorbehalt in Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1992 aufgenommen worden.
Im Entwurf eines Sachenrechtsänderungsgesetzes habe die Bundesregierung keine Nutzungsentschädigung für die Vergangenheit vorgeschlagen, weil sie zunächst den Verlauf der parlamentarischen Beratungen habe abwarten wollen. Das Parlament habe dann dem Gedanken einer "faktischen Enteignung mit geringer Entschädigung" eine Absage erteilt und dem Nutzer das Recht eingeräumt, vom Grundstückseigentümer den Verkauf des Grundstücks zum halben Bodenwert oder die Bestellung eines Erbbaurechts zum halben sonst üblichen Erbbauzins zu verlangen. Die Frage der Nutzungsentgelte habe infolgedessen neu überdacht werden müssen.

BVerfGE 98, 17 (32):

Den Ansatz für eine Lösung habe der Gesetzgeber in einer Parallele zu den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in den §§ 987 ff. BGB gefunden. Die Lage eines Nutzers im Sinne des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes sei am ehesten mit der des unverklagten redlichen Besitzers zu vergleichen. Dieser habe nach § 993 Abs. 1 BGB grundsätzlich keine Nutzungsentschädigung für die Vergangenheit zu entrichten. Dementsprechend sei in Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 als Grundsatz festgelegt worden, daß der Nutzer für die Vergangenheit kein Entgelt zu zahlen habe. Im übrigen decke der Ausgleichsanspruch des Grundstückseigentümers in Höhe des hälftigen Bodenwerts wirtschaftlich einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung mit ab.
2. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geht davon aus, daß die Moratoriumsregelung, jedenfalls in ihren Grundzügen, der Verfassung entspricht. Das sachenrechtliche Moratorium habe keinen enteignenden Charakter, weil es nicht in ein dem Grundstückseigentümer bereits zustehendes Recht eingreife. Erst mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet habe dieser die Möglichkeit erhalten, auf sein Eigentum zuzugreifen. Die Modalitäten dieses Zugriffs beträfen die Überleitung vorgefundener Rechtsverhältnisse in die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Dabei handele es sich, wie seit dem Beschluß der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1995 (DtZ 1995, S. 360) geklärt sei, um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese sei zulässig. Es sei sachgerecht gewesen, durch ein Moratorium den status quo einstweilen aufrechtzuerhalten. Die Befristung des Moratoriums auf den Ablauf des Jahres 1994 sei unbedenklich. Moratoriumsbegünstigte könne auch eine Gemeinde sein.
Daß Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1994 einen Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen für die Zeit bis Ende 1994 grundsätzlich verneine, begegne, wie durch den genannten Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts klargestellt sei, grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zweifel könnten allerdings auftreten, wenn der Eigentümer die unentgeltliche Nutzung seines Grundstücks zu dulden, gleichwohl aber dessen Lasten zu tragen

BVerfGE 98, 17 (33):

habe. Einer Lösung, die dem - etwa im Wege verfassungskonformer Auslegung - gerecht zu werden versuchte, stehe entgegen, daß es der Gesetzgeber abgelehnt habe, Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1994 um eine Regelung über die Heranziehung des Nutzers zu den Lasten des Grundstücks zu ergänzen.
3. Nach Auffassung des Landesministeriums ist es mit Art. 14 GG vereinbar, daß der Beschwerdeführerin zu I ein Anspruch auf Nutzungsentgelt nicht zuerkannt worden ist. Bei dem Sachenrechtsmoratorium handele es sich, auch soweit es Ersatz für gezogene Nutzungen in den Jahren 1990 bis 1994 endgültig nur auf einvernehmlicher Grundlage vorsehe, um eine nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Bestimmung des Eigentumsinhalts.
4. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens zu der Sache 1 BvR 1680/93 teilt diese Auffassung.
 
B. -- I.
Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu I ist, soweit sie sich unmittelbar gegen Art. 232 §§ 4, 4 a EGBGB 1993 und die §§ 1, 2, 8 SchuldRAnpG richtet, unzulässig.
1. Hinsichtlich Art. 232 §§ 4, 4 a EGBGB 1993 ist die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG nicht gewahrt; die angegriffene Regelung ist gemäß Art. 20 RegVBG am 25. Dezember 1993 in Kraft getreten, die Rüge ihrer Verfassungswidrigkeit erst am 19. September 1995 erhoben worden. Abgesehen davon wird die Beschwerdeführerin durch die Regelung auch nicht selbst betroffen (zu diesem Erfordernis vgl. BVerfGE 1, 97 [101 f.]; stRspr). Art. 232 §§ 4, 4 a EGBGB 1993 bezieht sich auf die Nutzung von Bodenflächen zur Erholung, für die das sachenrechtliche Moratorium nicht gilt (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 7 Satz 1 EGBGB 1992/1994). Um solche Flächen geht es hier nicht.
2. An eigener Betroffenheit der Beschwerdeführerin zu I fehlt es auch insoweit, als sich deren Verfassungsbeschwerde gegen die §§ 1, 2, 8 SchuldRAnpG wendet. Die Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes sind nicht auf Rechtsverhältnisse anzuwenden, deren Bereinigung im Sachenrechtsbereinigungsgesetz vorgesehen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SchuldRAnpG). Dieses erfaßt unter anderem

BVerfGE 98, 17 (34):

Rechtsverhältnisse an Grundstücken der hier vorliegenden Art, auf denen selbständiges Gebäudeeigentum entstanden ist (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b SachenRBerG).
II.
Im übrigen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig.
1. Die Beschwerdeführer haben hinreichend dargelegt, durch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Gleiches gilt, soweit sie sich mittelbar gegen die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften wenden.
Die Rügen des Beschwerdeführers zu II, die Zivilgerichte hätten in seinem Fall auch gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, genügen allerdings den Substantiierungserfordernissen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 und des § 92 BVerfGG nicht. Zu Art. 2 Abs. 1 GG enthält das Beschwerdevorbringen überhaupt keine Ausführungen. Es ist auch nicht dargetan, inwieweit eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch das angegriffene Urteil des Oberlandesgerichts darin erblickt werden kann, daß dasselbe Gericht in einem nach Ansicht des Beschwerdeführers gleichgelagerten Fall später anders entschieden hat.
2. Soweit die Beschwerdeführer zu I und III unmittelbar Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 angreifen, sind sie durch die Vorschrift selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Nach ihr ist der gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB 1994 Berechtigte gegenüber dem Grundstückseigentümer sowie sonstigen dinglichen Berechtigten für die Zeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 zur Herausgabe von Nutzungen nicht verpflichtet, es sei denn, daß die Beteiligten andere Abreden getroffen haben. Auch gesetzliche Ansprüche des Grundstückseigentümers auf Nutzungsentgelt sind damit, ohne daß es noch eines vermittelnden Vollzugsakts bedürfte (vgl. BVerfGE 79, 174 [187 f.]), bis Ende 1994 unmittelbar kraft Gesetzes ausgeschlossen. Für die von den Beschwerdeführern zu I und III geltend gemachten Entgeltansprüche für Zeiträume vor dem 1. Januar 1995 fehlt es deshalb nach wie vor an einer gesetzlichen Grundlage.


BVerfGE 98, 17 (35):

Der Zulässigkeit der unmittelbar gegen Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 gerichteten Angriffe steht auch der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Die Frage, ob diese Regelung verfassungsgemäß ist, hat allgemeine Bedeutung im Sinne des insoweit entsprechend anwendbaren § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG. Eine zivilgerichtliche Vorklärung in tatsächlicher oder einfachrechtlicher Hinsicht ist nicht erforderlich.
 
C.
Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit sie sich gegen die angegriffenen Gerichtsentscheidungen und mittelbar gegen Vorschriften des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 richten, unbegründet. Dagegen haben die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I und III, soweit sie unmittelbar Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 angreifen, Erfolg.
I.
Prüfungsmaßstab ist in erster Linie die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Das danach verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum, zu dem das dem einzelnen Rechtsträger durch das bürgerliche Recht zugeordnete Grundstückseigentum gehört (vgl. BVerfGE 70, 191 [199]), ist in seinem rechtlichen Gehalt durch Privatnützigkeit und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet (vgl. BVerfGE 52, 1 [30] m.w.N.). Die Nutzung soll es dem Eigentümer ermöglichen, sein Leben im vermögensrechtlichen Bereich nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Demgemäß schützt die grundrechtliche Eigentumsgewährleistung grundsätzlich auch die Entscheidung des Eigentümers darüber, wie er das Eigentumsobjekt verwenden will (vgl. BVerfGE 88, 366 [377]). Diese Rechtsstellung wird zu Lasten des Grundstückseigentümers betroffen, wenn ihm die Möglichkeit, Dritte von Besitz und Nutzung seines Grundstücks auszuschließen, durch gesetzliche Regelungen genommen oder beschnitten wird (vgl. BVerfGE 52, 1 [30 f.]) oder wenn solche Regelungen das Entgelt für die Überlassung einer Grundstücksnutzung ohne Rücksicht darauf begrenzen, daß der Eigentümer hohe öffentliche Lasten, et

BVerfGE 98, 17 (36):

wa Erschließungsbeiträge oder Straßenreinigungskosten, zu tragen hat (vgl. BVerfGE 87, 114 [148 f.]). Das gleiche gilt, wenn gerichtliche Entscheidungen zu solchen Beschränkungen führen.
II.
Die gesetzlichen Regelungen halten diesen Anforderungen nur zum Teil stand.
1. Die Rechtsstellung des Grundstückseigentümers wird bereits durch das vom Gesetzgeber beschlossene Sachenrechtsmoratorium eingeschränkt. Das folgt einmal daraus, daß in Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 EGBGB 1992/1994 zugunsten derjenigen, die unter den dort genannten Voraussetzungen ein dem Moratorium unterliegendes Grundstück nutzen, ein - zeitlich begrenztes - gesetzliches Recht zum Besitz fingiert wird, das gemäß § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB einem Herausgabeverlangen des Grundstückseigentümers entgegengehalten werden kann. Dessen Nutzungs- und Verwertungsbefugnis wird weiter dadurch begrenzt, daß er vom Besitzberechtigten für die Zeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 Ersatz für gezogene Nutzungen nur auf einvernehmlicher Grundlage verlangen kann (Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 1 EGBGB 1992/1994, Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994). Schließlich ist der Grundstückseigentümer während der Dauer des Besitzrechts verpflichtet, das Grundstück nicht mit Rechten zu belasten, es sei denn, daß er zu deren Bestellung gesetzlich oder aufgrund behördlicher Entscheidung verpflichtet ist (Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 2 EGBGB 1992/1994).
Diese Beschränkungen geben nicht nur eine Rechtslage wieder, wie sie vor dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland schon bestanden hat und durch Art. 231 § 5 EGBGB 1990 zunächst aufrechterhalten worden ist. Sie gelten "unbeschadet bestehender Nutzungsrechte und günstigerer Vereinbarungen und Regelungen" (vgl. Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 EGBGB 1992/1994) und wirken sich danach für den Grundstückseigentümer auch und gerade in den Fällen nachteilig aus, in denen Nutzungsrechte an fremdem Grund und Boden nie entstanden oder später - wie infolge der Aufhebung des § 18 LPG-G durch das Gesetz vom 28. Juni 1990 (vgl. oben A I 2) - wieder entfallen

BVerfGE 98, 17 (37):

waren oder die Existenz solcher Rechte jedenfalls zweifelhaft war (vgl. etwa auch Hartmann, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 10, 12. Aufl. 1996, Art. 233 § 2 a EGBGB Rn. 15 f.; Rauscher, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Bearbeitung 1996, Art. 233 § 2 a EGBGB Rn. 2, 27 f., 35, 42). Das Eigentum an den dem sachenrechtlichen Moratorium unterliegenden Grundstücken war daher nicht schon durchweg mit den genannten Beschränkungen belastet gewesen, als das Moratorium in Kraft trat.
2. Mit diesem Inhalt stellt Art. 233 § 2 a EGBGB 1992/1994 eine Regelung dar, durch die im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums an Grundstücken bestimmt werden, die von Dritten für bauliche Zwecke genutzt wurden (vgl. auch zu Art. 232 §§ 1, 1 a EGBGB 1993 BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 1995, DtZ 1995, S. 360). Eine Enteignung wird durch das Moratorium nicht bewirkt, weil dieses nicht dazu führt, daß durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte konkrete Rechtspositionen dem Eigentümer - ganz oder teilweise - entzogen werden; es bestimmt vielmehr generell und abstrakt den Inhalt des Eigentums an den in Rede stehenden Grundstücken (vgl. BVerfGE 52, 1 [27]; 79, 174 [191] m.w.N.). Als Inhalts- und Schrankenbestimmung muß Art. 233 § 2 a EGBGB 1992/1994 den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entsprechen, der den Gesetzgeber verpflichtet, die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein angemessenes Verhältnis zu bringen (vgl. BVerfGE 87, 114 [138]; 95, 48 [58]).
3. Die Moratoriumslösung von 1992 genügt, soweit sie hier zu beurteilen ist, diesen Anforderungen.
a) Ziel der angegriffenen Regelung in Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 war es, aus der Zeit der Deutschen Demokratischen Republik überkommene, sei es rechtlich begründete, sei es tatsächlich entstandene Nutzungsverhältnisse vorläufig, bis zur endgültigen Neuordnung der Rechtsbeziehungen zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer, zu sichern und damit auch Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten zu garantieren (vgl. oben A I 3 b). Insbesondere sollten durch

BVerfGE 98, 17 (38):

das gesetzliche Besitzrecht des Nutzers die von diesem im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns getätigten Investitionen in das Grundstück geschützt und die Schaffung vollendeter Tatsachen (etwa durch die zivilgerichtlich erzwungene Herausgabe einzelner Grundstücke) verhindert werden, durch die die Verwirklichung der Sachenrechtsbereinigung hätte erschwert oder unmöglich gemacht werden können (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 1, 77).
b) Diese Zielsetzung rechtfertigt die mit dem Sachenrechtsmoratorium von 1992 verbundenen Beschränkungen der Befugnisse der Grundstückseigentümer.
aa) Der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland konnte die in der Deutschen Demokratischen Republik im Einklang mit der dortigen Rechtsordnung oder jedenfalls mit Billigung staatlicher oder gesellschaftlicher Organe entstandenen Nutzungsverhältnisse nicht ignorieren. Er durfte sie vielmehr, weil auf ihrer Grundlage werthaltige bauliche Investitionen vorgenommen wurden, die dem Nutzer bei einem Fortbestand der Deutschen Demokratischen Republik in aller Regel auf Dauer zugute gekommen wären, als weiterhin schutzwürdig ansehen. Der Gesetzgeber strebte deshalb die Überführung der im Zeitpunkt des Beitritts vorhandenen Rechts- und Besitzverhältnisse in das Sachenrechtssystem des Bürgerlichen Gesetzbuchs an. Sie war kurzfristig nicht möglich. Die zu regelnden Lebenssachverhalte waren vielgestaltig und wurden dem Gesetzgeber in ihrer Vielfalt und Kompliziertheit erst nach und nach bekannt. Sie erforderten eine gründliche Prüfung und schwierige Entscheidungen. Es ist von daher nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber auch im Interesse des Rechtsfriedens zwischen den Beteiligten zunächst darauf beschränkte, im wesentlichen den überkommenen status quo aufrechtzuerhalten, ihn allerdings so zu ordnen, daß dem Gesetzgeber der für die künftige sachenrechtliche Bereinigung der Nutzungsverhältnisse notwendige Regelungsfreiraum verblieb.
Den Grundstückseigentümern sind die damit verbundenen Beschränkungen zuzumuten. Sie wurden durch die Wiedervereinigung überhaupt erst in die Lage versetzt, Ansprüche in bezug auf die ihnen gehörenden Grundstücke durchzusetzen. Tatsächlich hat

BVerfGE 98, 17 (39):

ten sich die Verhältnisse jedoch, sofern das im Einzelfall betroffene Grundstück nicht ohnehin erst nach dem Beitritt rechtsgeschäftlich erworben worden war, noch nicht oder allenfalls unwesentlich geändert (vgl. auch Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 3 EGBGB 1992). Der Gesetzgeber durfte deshalb das Interesse der Grundstückseigentümer an einer privatnützigen Verwendung ihrer Grundstücke für eine Übergangszeit, die hier allein zur Entscheidung steht, hinter den Belangen der Grundstücksnutzer zurückstellen (vgl. auch BVerfG, Beschluß der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 1995, a.a.O.).
bb) Das gilt in Anbetracht des Gewichts und der Vielschichtigkeit der mit der Sachenrechtsbereinigung zu bewältigenden Probleme auch dann, wenn die Dauer der Übergangszeit in Rechnung gestellt und dabei berücksichtigt wird, daß sich das sachenrechtliche Moratorium des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. DtZ 1995, S. 360 [364]) auf die Zeit vor seinem Inkrafttreten erstreckt, also Rückwirkung hat. Verfassungsrechtlich bestehen dagegen keine Bedenken, auch wenn mit dem Bundesgerichtshof (a.a.O.) angenommen wird, daß es sich dabei um eine echte Rückwirkung handelt (zur Unterscheidung zwischen unechter und echter Rückwirkung vgl. etwa BVerfGE 95, 64 [86]). Zwar ist eine echte - anders als eine unechte - Rückwirkung verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Doch tritt auch hier das Rückwirkungsverbot, das im Vertrauensschutz gründet, zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des bisherigen Rechts bilden konnte (vgl. BVerfGE 95, 64 [86 f.]). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Rechtslage so unklar und verworren ist, daß eine Klärung durch den Gesetzgeber erwartet werden mußte, und wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Regelung erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261 [272]; 30, 367 [388, 390 f.]; 88, 384 [404]).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Rechtslage, die der Gesetzgeber des Einigungsvertragsgesetzes mit Art. 231 § 5 EGBGB 1990 aufrechterhielt (vgl. oben A I 3 a), erwies sich alsbald, für die Betroffenen erkennbar, als unklar und unsicher. Es mußten

BVerfGE 98, 17 (40):

deshalb übergangsweise die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß eine interessengerechte Bereinigung der sachenrechtlichen Verhältnisse weiterhin erreicht werden konnte und bis dahin der Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten gewahrt blieb. Diese mit dem Sachenrechtsmoratorium von 1992 verfolgten Gemeinwohlziele sind von solchem Gewicht, daß sie auch eine rückwirkende Inkraftsetzung dieses Moratoriums zu rechtfertigen vermögen.
Daß die Dauer des gesetzlichen Besitzrechts, das Satz 1 des Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB 1992 dem Nutzer gewährt, nach Satz 2 der Regelung über den 31. Dezember 1994 hinaus durch Rechtsverordnung verlängert werden konnte, bedarf hier keiner Überprüfung. Ob, wie der Beschwerdeführer zu II meint, die dem Bundesminister der Justiz insoweit erteilte Ermächtigung mangels hinreichender Bestimmtheit verfassungsrechtlich bedenklich ist, ist für das Verfassungsbeschwerdeverfahren ohne Bedeutung, weil der Bundesminister von der Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht hat.
cc) Die Regelung des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 ist schließlich nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie in Absatz 3 Satz 1 einen Anspruch auf Ersatz für gezogene Nutzungen für die Zeit bis längstens Ende 1994 nur auf einvernehmlicher Grundlage vorsieht.
Wie sich der Stellungnahme des Bundesgerichtshofs entnehmen läßt, führt das zwar dazu, daß der Grundstückseigentümer ihn treffende öffentliche Lasten bis zu diesem Zeitpunkt gegen den Willen des Grundstücksnutzers nicht auf diesen abwälzen kann, sondern unter Umständen einen wirtschaftlichen Verlust hinnehmen muß. Doch ist auch in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber, als er erkannt hatte, daß die Übergangsregelungen des Einigungsvertrags zur Sicherung der aufrechterhaltenen Nutzungsverhältnisse nicht ausreichen würden, trotz fortbestehender Unsicherheiten das Übergangsrecht ergänzen mußte. Dabei gab es seinerzeit, wie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme ausgeführt hat, weder eine genaue Vorstellung über die Höhe einer etwaigen Nutzungsentschädigung noch war absehbar, in welcher - für die Entgeltfrage möglicherweise vorgreiflichen - Weise die Sachenrechtsbereinigung selbst verwirklicht werden würde.
Es ist unter diesen Umständen nachvollziehbar, daß der Gesetz

BVerfGE 98, 17 (41):

geber die Frage eines gesetzlichen Anspruchs auf Nutzungsentgelt in Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1992 zunächst offenließ und einer späteren gesetzlichen Regelung vorbehielt. Dabei verstand er diese Vorschrift zusammen mit Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 1 EGBGB 1992 ausweislich der Gesetzesmaterialien als Klarstellung dahin, daß es für Nutzungen grundsätzlich ein Entgelt geben sollte. Grundstückseigentümer und Grundstücksnutzer sollten sich allerdings im Interesse des Rechtsfriedens über die Entgeltfrage - ohne Inanspruchnahme der Gerichte - möglichst selbst einigen. Für den Fall der Nichteinigung sollte es dem Gesetzgeber unbenommen bleiben, Nutzungsentgelte auch noch nachträglich einzuführen (vgl. BTDrucks 12/2695, S. 23 unter Nr. 47).
Der Verzicht auf die gesetzliche Festlegung eines Anspruchs auf Nutzungsentgelt für die Zeit bis zum 31. Dezember 1994 war danach aus der Sicht des Jahres 1992 nicht endgültig. Eher war zu erwarten, jedenfalls aber nicht ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber in der nach Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1992 vorbehaltenen Regelung dem Grundstückseigentümer nachträglich einen solchen Anspruch einräumen würde, falls sich Eigentümer und Nutzer auf eine einvernehmliche Grundlage für eine angemessene Nutzungsentschädigung nicht würden verständigen können. Dem Grundstückseigentümer war es auch zuzumuten, Ansprüche auf Nutzungsentgelt für die Zeit bis zum Ende des Jahres 1994, über die kein Einvernehmen zu erzielen war, bis zum Zustandekommen einer derartigen Regelung zurückzustellen.
4. Nicht mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu vereinbaren ist dagegen die Vorschrift des Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994, soweit sie sich auf Entgeltansprüche für Grundstücksnutzungen in der Zeit vom Inkrafttreten des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 am 22. Juli 1992 (vgl. oben A I 3 b) bis Ende 1994 bezieht. Nach dieser Regelung ist der nach dem sachenrechtlichen Moratorium zum Besitz Berechtigte für die Zeit bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 gegenüber dem Grundstückseigentümer (sowie sonstigen dinglichen Berechtigten) zur Herausgabe von Nutzungen nicht verpflichtet, es sei denn, daß die Beteiligten andere Abreden getroffen haben. Der Grundstückseigentümer kann danach für alle vor dem 1. Januar

BVerfGE 98, 17 (42):

1995 liegenden Zeiträume gesetzliche Ansprüche auf Zahlung von Nutzungsentgelt auch im nachhinein nicht geltend machen. Das ist in diesem Umfang verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
a) Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 bevorzugt einseitig die Nutzer der von dem Sachenrechtsmoratorium betroffenen Grundstücke. Begünstigt werden nicht zuletzt auch diejenigen von ihnen, an deren Widerstand Absprachen über die freiwillige Zahlung eines angemessenen Nutzungsentgelts bisher gescheitert sind. Grundstückseigentümer ohne vertraglichen Anspruch werden demgegenüber einseitig belastet. Sie können nach der angegriffenen Regelung für die Vergangenheit ausnahmslos nicht nur kein Entgelt für die Überlassung der Grundstücksnutzung verlangen; sie sind vielmehr, wie sich aus der Stellungnahme des Bundesgerichtshofs ergibt, auch daran gehindert, öffentliche Lasten, die sie mit Bezug auf das Grundstück zu tragen haben, für die Zeit bis Ende 1994 auf den Nutzer abzuwälzen. Ein gerechter Ausgleich, der die Interessen von Grundstückseigentümern und -nutzern, wie nach dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten (vgl. oben C II 2), in ein angemessenes Verhältnis bringt, kann darin grundsätzlich nicht gesehen werden.
b) Die Gründe, die die Regelung in Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 rechtfertigen sollen, führen nur für die Zeit vor dem 22. Juli 1992 zu einer anderen Beurteilung.
aa) Diese Regelung ist, wie sich den Ausführungen im Bericht des Bundestagsrechtsausschusses zum Entwurf eines Sachenrechtsänderungsgesetzes vom 27. April 1994 (BTDrucks 12/7425, S. 91) entnehmen läßt, an § 993 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB orientiert und will den Nutzer eines der Sachenrechtsbereinigung unterliegenden Grundstücks wie den unverklagten redlichen Besitzer nach dieser Vorschrift behandeln. Dieser hat gezogene Früchte an den Eigentümer nur insoweit herauszugeben, als sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft nicht als Ertrag der Sache anzusehen sind; im übrigen ist er zur Herausgabe von Nutzungen nicht verpflichtet.
Die dieser Regelung zugrunde liegende Wertung, die von Vertrauensschutzerwägungen bestimmt wird, läßt sich auf den nach Art. 233 § 2 a Abs. 1 EGBGB 1994 Berechtigten nur für Nutzungen

BVerfGE 98, 17 (43):

übertragen, die er bis zum Inkrafttreten des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 am 22. Juli 1992 gezogen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nach dem Stand der Gesetzgebung noch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Nutzer eines später der Sachenrechtsbereinigung unterworfenen Grundstücks gesetzlich verpflichtet werden könnte, dem Grundstückseigentümer für die Grundstücksnutzung Entschädigung zu zahlen. Grundstücksnutzer konnten vielmehr, soweit nicht nach dem Beitritt getroffene vertragliche Absprachen entgegenstanden und Nutzungsentgeltansprüche auch nicht gerichtlich zuerkannt wurden, im allgemeinen davon ausgehen, daß die bisherigen Bedingungen der Grundstücksnutzung zunächst unverändert bleiben würden. Insoweit läßt es sich bei typisierender Betrachtungsweise verfassungsrechtlich rechtfertigen, das Vertrauen des Nutzers auf Unentgeltlichkeit für diese Übergangszeit höher zu bewerten als das Interesse des Eigentümers am Erhalt eines Nutzungsentgelts. Für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 gilt dies nicht mehr. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Nutzer im Hinblick auf Art. 233 § 2 a Abs. 8 EGBGB 1992 und die dieser Vorschrift zugrunde liegenden Erwägungen (zu ihnen vgl. oben C II 3 b cc) nicht mehr davon ausgehen, daß die von ihm gezogenen Nutzungen unentgeltlich bleiben würden.
bb) Auch andere Gründe rechtfertigen es nicht, den Ausschluß gesetzlicher Nutzungsentgeltansprüche auf die Zeit vom 22. Juli 1992 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 zu erstrecken.
(1) In dem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages wird dieser Ausschluß auch damit begründet, daß vergleichbare Bestimmungen wie die Nutzungsentgeltverordnung vom 22. Juli 1993 (BGBl I S. 1339) für die erste Zeit des Übergangs zu einer marktwirtschaftlichen Prinzipien folgenden Bodennutzung Entgelte vorsähen, die die öffentlichen Lasten nicht deckten. Eine rückwirkende Bestimmung mit gleichem Inhalt im Rahmen des Sachenrechtsmoratoriums sei daher als problematisch angesehen worden (vgl. BTDrucks 12/7425, S. 91). Diese Überlegung erklärt jedoch nur, weshalb der Gesetzgeber Normierungen der genannten Art nicht für geeignet hielt, als Vorbild für eine Regelung der Entgeltfrage im Zusammenhang mit der Sicherung der Sachenrechtsbereinigung zu

BVerfGE 98, 17 (44):

dienen. Eine Rechtfertigung dafür, dem Grundstückseigentümer einen gesetzlichen Anspruch auf Nutzungsentschädigung schon dem Grunde nach vorzuenthalten, kann darin dagegen nicht gesehen werden.
(2) Mit der Regelung, die der Ausgleich zwischen Grundstückseigentümer und Grundstücksnutzer im Sachenrechtsbereinigungsgesetz gefunden hat, läßt sich ebenfalls nicht begründen, daß dem Grundstückseigentümer für die Zeit des Sachenrechtsmoratoriums Ansprüche auf Nutzungsentgelt auf gesetzlicher Grundlage nicht zustehen sollen. Die in der Stellungnahme der Bundesregierung vertretene Auffassung, daß nach der Konzeption des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, den Bodenwert des der Bereinigung unterliegenden Grundstücks Nutzer und Grundstückseigentümer zu gleichen Teilen zuzuordnen, mit dem Ausgleichsanspruch des Eigentümers ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung mit abgegolten sei, findet im Gesetz keine Stütze.
Der Kaufpreis, den der Grundstückseigentümer vom Nutzer beanspruchen kann, wenn dieser sich für eine Bereinigung im Wege des Grundstücksankaufs entscheidet (vgl. § 15 Abs. 1 i.V.m. §§ 61 ff. SachenRBerG), bestimmt sich allein nach dem Bodenwert des fraglichen Grundstücks (vgl. §§ 68 ff.SachenRBerG). Ob dieses vom Nutzer bisher entgeltlich oder unentgeltlich genutzt worden ist, spielt keine Rolle. Ist ein Grundstück entgeltlich genutzt worden, muß daher nicht etwa in Anrechnung des für zurückliegende Zeiten gezahlten Nutzungsentgelts ein geringerer Kaufpreis gezahlt werden als bei unentgeltlicher Nutzung. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der Eigentümer während des sachenrechtlichen Moratoriums die Grundstückslasten getragen oder der Nutzer diese übernommen hat. Das gleiche gilt, wenn der Grundstücksnutzer statt des Ankaufs die Bestellung eines Erbbaurechts an dem Grundstück wählt (vgl. § 15 Abs. 1 i.V.m. §§ 32 ff. SachenRBerG), für die Berechnung des von ihm geschuldeten Erbbauzinses (vgl. §§ 43 ff. SachenRBerG).
(3) Sonstige Gründe, die es rechtfertigen könnten, dem Grundstückseigentümer gesetzliche Ansprüche auf Nutzungsentgelt auch für die Zeit vom 22. Juli 1992 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 nicht zu gewähren, sind in den vorliegenden Verfahren nicht

BVerfGE 98, 17 (45):

geltend gemacht worden. Sie sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht angenommen werden, daß es im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der Menschen im Beitrittsgebiet (vgl. hierzu schon BVerfGE 91, 294 [310]) generell geboten gewesen sein könnte, den Nutzer von fremdem Grund und Boden auch im hier fraglichen Zeitraum von jeder finanziellen Inanspruchnahme durch den Grundstückseigentümer freizustellen. Der Gedanke des sozialverträglichen Ausgleichs verlangt zwar Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse der Grundstücksnutzer auch mit Blick auf die Höhe des ihnen zumutbaren Nutzungsentgelts. Er läßt es aber im Hinblick auf die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zu, dem Grundstückseigentümer unter der Geltung des Sachenrechtsmoratoriums jeden gesetzlichen Anspruch auf ein Nutzungsentgelt vorzuenthalten. Dieser Anspruch muß nicht notwendig darauf gerichtet sein, dem Eigentümer den marktüblichen Nutzungswert zu verschaffen. Öffentliche Lasten, für die der Grundstückseigentümer aufkommen muß, sind in angemessener Weise bei der Bemessung des Nutzungsentgelts zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 87, 114 [150]).
c) Ein dem entsprechender Anspruch läßt sich der angegriffenen Regelung nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung entnehmen. Die Möglichkeit, durch eine solche Auslegung das Höchstmaß dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat (vgl. BVerfGE 86, 288 [320]), besteht nicht, wenn die Auslegung zum Wortlaut der Norm und zu dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde (vgl. BVerfGE 90, 263 [275] m.w.N.). Danach kommt hier eine verfassungskonforme Auslegung nicht in Betracht, weil der Wortlaut des Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 und der daraus ersichtliche Wille des Gesetzgebers eindeutig ergeben, daß dieser dem Eigentümer eines vom Moratorium betroffenen Grundstücks einen gesetzlichen Anspruch auf Nutzungsentgelt für die Zeit des Moratoriums bis Ende 1994 nicht einräumen wollte.
5. Der Verstoß des Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG läßt die Verfassungsmäßigkeit des sachenrechtlichen Moratoriums von 1992 unberührt. Die Regelung

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des Nutzungsentgelts wurde danach lediglich einer späteren Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten (vgl. C II 3 b cc). Dieser hat sie in Gestalt des Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 getroffen, ohne die zuerst ergangene vorläufige Regelung rückwirkend aufzuheben (vgl. Art. 3 SachenRÄndG) oder sonst in Frage zu stellen. Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 und Art. 233 § 2 a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 8 EGBGB 1992 sind also nicht derart aufeinander bezogen, daß die Verfassungswidrigkeit jener Vorschrift zur Verfassungswidrigkeit auch dieser Regelung führt.
6. Die Unvereinbarkeit des Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG hat auch nicht die Nichtigkeit der Regelung zur Folge. In welcher Höhe der Grundstückseigentümer für Nutzungen seines Grundstücks in der Zeit nach dem 21. Juli 1992 auf gesetzlicher Grundlage Entschädigung soll verlangen können, muß der Entscheidung des Gesetzgebers vorbehalten bleiben. Für diese Entscheidung erscheint ein Zeitraum bis zum 30. Juni 2000 als angemessen. Sollte es innerhalb dieser Frist nicht zu einer Neuregelung kommen, können die Gerichte Streitigkeiten über die Höhe des Nutzungsentgelts nach Maßgabe der in den Gründen dieses Beschlusses dargelegten Gesichtspunkte entscheiden und dabei, soweit notwendig, ergänzend etwa auf den Rechtsgedanken der §§ 315 f. BGB zurückgreifen.
III.
1. Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Sie beruhen allein auf der, soweit hier von Bedeutung, verfassungskonformen Regelung des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992. Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 war noch nicht in Kraft getreten, als die Zivilgerichte über die Verfahren der Beschwerdeführer zu I und III abschließend entschieden. Seine Unvereinbarkeit mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG läßt deshalb den Bestand der von diesen Beschwerdeführern angegriffenen Entscheidungen unberührt.
b) Auslegung und Anwendung des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 durch die Zivilgerichte begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.


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aa) Es verstößt weder gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot, daß das Landgericht und das Oberlandesgericht im Fall des Beschwerdeführers zu II das Besitzrecht des Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a EGBGB 1992 auch Gemeinden zuerkannt haben. Darin kann angesichts der Zielsetzung des sachenrechtlichen Moratoriums (vgl. dazu oben C II 3 a), die nicht zwischen natürlichen und juristischen Personen unterscheidet, eine Verkennung von Bedeutung und Schutzumfang des Eigentumsgrundrechts nicht gesehen werden. Daß den Gemeinden nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Grundrechtsschutz des Art. 14 GG nicht zusteht (vgl. BVerfGE 61, 82 [105]), schließt nicht aus, daß sie Inhaber zivilrechtlicher Besitzrechte sein können. Die Anwendung des Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchstabe a EGBGB 1992 auf Gemeinden ist auch durch den Wortlaut der Vorschrift gedeckt. Anhaltspunkte dafür, daß die angegriffenen Entscheidungen insoweit auf sachfremden Erwägungen beruhen, also willkürlich sein könnten (vgl. BVerfGE 89, 1 [13 f.]), sind unter diesen Umständen nicht erkennbar.
Nichts anderes gilt, soweit das Oberlandesgericht die genannte Vorschrift zugunsten der beklagten Gemeinde angewandt hat, obwohl diese an dem von ihr für öffentliche Aufgaben genutzten Gebäude kein Eigentum erlangt hat. Das Oberlandesgericht hat das damit begründet, daß es Sinn und Zweck des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 sei, die Rechtsverhältnisse an erlaubtermaßen bebauten Grundstücken bis zur Sachenrechtsbereinigung einem Moratorium zu unterstellen, und daß dieses an Vertrauenstatbestände anknüpfe, die die Verleihung eines Besitzrechts an den rechtmäßigen Nutzer rechtfertige. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 77).
bb) Das von den Beschwerdeführern zu III angegriffene landgerichtliche Urteil läßt ebenfalls keine Verfassungsverstöße erkennen, die unabhängig von der Gültigkeit des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 zu seiner Aufhebung führen könnten.
Daß das Landgericht dem von den Beschwerdeführern und der Beklagten des Ausgangsverfahrens für die Jahre 1984 bis 1990 ge

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schlossenen Vergleich eine Verpflichtung zur Zahlung eines Nutzungsentgelts auch für die Zeit ab 1991 nicht entnommen hat, unterliegt verfassungsrechtlich keinen Bedenken. Die Auslegung von Willenserklärungen und deren rechtliche Würdigung sind Aufgabe der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung grundsätzlich entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92]). Es ist nicht ersichtlich und von den Beschwerdeführern auch nicht geltend gemacht worden, daß die vom Landgericht vorgenommene Auslegung willkürlich sein könnte.
Auch im übrigen ist für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nichts erkennbar. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht dadurch verletzt, daß nach dem Vortrag der Beschwerdeführer ein anderes Gericht - in einem Fall, der nach Auffassung der Beschwerdeführer dem ihren gleicht - dem Grundstückseigentümer ein Nutzungsentgelt zugesprochen hat. Abweichende Auslegungen derselben Norm durch verschiedene Gerichte verstoßen nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot. Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (Art. 97 Abs. 1 GG). Ein Gericht braucht deswegen bei der Auslegung und Anwendung gesetzlicher Normen der Rechtsauffassung anderer Gerichte grundsätzlich nicht zu folgen (vgl. BVerfGE 87, 273 [278]).
2. Daß die Verfassungswidrigkeit des Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 den Fortbestand der auf der Grundlage des Art. 233 § 2 a EGBGB 1992 ergangenen Gerichtsentscheidungen nicht in Frage stellt (vgl. oben C III 1 a), hat für die Beschwerdeführer zu III, die mit Nutzungsentgeltansprüchen auch für die Zeit nach dem 21. Juli 1992 erfolglos geblieben sind, nicht zur Folge, daß sie diese Ansprüche auf der Grundlage der vom Gesetzgeber zu treffenden Neuregelung nicht erneut geltend machen können. Die Klage der Beschwerdeführer zu III ist im angegriffenen Urteil als unbegründet nur im Hinblick auf die Rechtslage angesehen worden, die im Zeitpunkt des Urteilserlasses bestand (Moratorium 1992); danach konnte Nutzungsentgelt vom Grundstückseigentümer auf gesetzlicher Grundlage vorbehaltlich späterer anderweitiger Regelung nicht verlangt werden. Das schließt eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung auf anderer, wegen Ver

BVerfGE 98, 17 (49):

fassungswidrigkeit des Art. 233 § 2 a Abs. 8 Satz 1 EGBGB 1994 neu zu schaffender Rechtsgrundlage nicht aus.
 
D.
Die Kostenentscheidung in den Verfahren 1 BvR 1680/93 und 1 BvR 1580/94 beruht auf § 34 a Abs. 2 und 3 BVerfGG.
Papier, Grimm, Kühling, Seibert, Jaeger, Haas, Hömig, Steiner