BGHZ 86, 90 - Rolls-Royce |
Die szenisch "gestellte" Abbildung eines wegen seiner Exklusivität bekannten Automobils in einer Werbeanzeige für einen Whiskey kann als Ausbeutung fremden Rufs wettbewerbswidrig sein. ("Rolls-Royce"), |
UWG § 1. |
I. Zivilsenat |
Urteil |
vom 9. Dezember 1982 |
i. S. G + G (Bekl.) w. R-R (KI.) |
- I ZR 133/80 - |
Landgericht München I |
Die Klägerin ist Herstellerin der Rolls-Royce Automobile, die eine bestimmte Kühlerfigur ("Flying Lady"), das Emblem "RR" und einen charakteristischen Kühlergrill aufweisen. Diese Merkmale sind, je für sich, auch als deutsche Warenzeichen eingetragen. Urheberrechte an der Kühlerfigur sind der Klägerin vom Urheber übertragen worden. |
Die Beklagte betreibt eine Werbeagentur. Sie hat in einer Illustrierten eine ganzseitige, farbige Werbeanzeige für den amerikanischen Whiskey "Jim Beam" veröffentlicht. Darin ist im Rahmen einer gestellten Szene auch die Vorderansicht eines Rolls-Royce-Automobils einschließlich der Kühlerpartie mit den drei genannten Merkmalen abgebildet. Auf den Kotflügeln des Fahrzeugs sitzen zwei in texanischem Stil gekleidete Männer beim Kartenspiel. Drei weitere Personen stehen daneben. Im Vordergrund ist hervor gehoben eine Flasche des Whiskeys mit zwei gefüllten Gläsern dargestellt.
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Die Klägerin hält die von ihr nicht genehmigte Abbildung der Rolls-Royce-Merkmale für rechtswidrig und verlangt Unterlassung. Die Kühlerfigur stehe unter Urheberschutz, die weltbekannten Ausstattungselemente ihrer Fahrzeuge seien durch die §§ 12, 823 Abs. 1 BGB und 1 UWG gegen unbefugten Gebrauch zu Reklamezwecken geschützt. Ihre Produkte besäßen ein durch die Vorstellung von Luxus und Güte geprägtes Ansehen, so daß ihr Name starke Werbekraft habe. Diese werde beeinträchtigt, wenn mit ihren Kennzeichen für Waren jeder Art geworben und damit ihr guter Ruf sachfremd ausgenutzt werde. Sie vergebe nur in seltenen Fällen Lizenzen an ausgesuchte, ihrem Standard entsprechende Hersteller und sei immer gegen die Benutzung von Abbildungen ihrer Automobile oder Kennzeichen in Werbeanzeigen eingeschritten.
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Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte bei Meidung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Werbeanzeigen gemäß der dem Klageantrag beiliegenden Anlage veröffentlichen zu lassen, in denen anläßlich der Werbung für die gewerblichen Erzeugnisse ihrer Auftraggeber die Kühlerpartie eines Rolls-Royce-Automobils, insbesondere die rechteckige Rolls-RR-Royce-Plakette, die geflügelte Kühlerfigur und der Kühlergrill, blickfangartig herausgestellt sind.
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Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, die genannten Merkmale der Fahrzeuge der Klägerin seien in der Anzeige nicht blickfangartig herausgestellt; das Fahrzeug erscheine nur als Teil der Umwelt, was rechtlich nicht beanstandet werden könne. Diese Art der Werbung mit Kraftfahrzeugen sei üblich; es werde bestritten, daß die Klägerin schon früher den Gebrauch solcher Abbildungen nur bei Vorliegen von Lizenzverträgen geduldet habe; vielmehr sei er von der Klägerin stets widerspruchslos hingenommen worden. Das abgebildete Fahrzeug habe sie eigens zum Zweck von Werbeaufnahmen angemietet. |
Ihres eventuellen Urheberrechts habe sich die Klägerin durch den Verkauf des abgebildeten Fahrzeugs begeben. Namens- oder warenzeichenmäßig werde die Abbildung nicht verwandt. Ein Abwehrrecht wegen etwaiger Verwässerungsgefahr sei nicht begründet, da Kühlerfigur, Kühlergrill und "RR"-Emblem keine berühmten Marken seien, auch durch diesen Gebrauch nicht beeinträchtigt würden.
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Das Landgericht hat dem Unterlassungsantrag stattgegeben. Die Sprungrevision der Beklagten wurde zurückgewiesen.
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Aus den Gründen: |
I. |
1. Das Landgericht führt zunächst aus, der Klägerin stehe aufgrund ihres Urheberrechts der Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Kühlerfigur zu. Die sachliche Berechtigung der dagegen gerichteten Revisionsangriffe bedarf keiner abschließenden Erörterung (wird ausgeführt).
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2. Insofern (§ 1 UWG) stellt das Landgericht in tatsächlicher Hinsicht fest, Rolls-Royce-Automobile seien im Inland allgemein dahin bekannt, daß es sich um teuere Fahrzeuge handele, mit denen die Vorstellung von etwas Besonderem, von Luxus und Vornehmheit verbunden sei. An dem hohen Bekanntheitsgrad nähmen auch die genannten Merkmale der Rolls-Royce-Fahrzeuge, Kühlerfigur, Kühlergrill und das Emblem "RR", teil, die eine besondere, wenn nicht überra gende Kennzeichnungskraft hätten. Es stellt weiter fest, auf der umstrittenen Anzeige werde das abgebildete Fahrzeug von den angesprochenen Verkehrskreisen auch als Rolls-Royce erkannt. Zwar solle die Aufmerksamkeit des Betrachters letztlich nicht auf das Automobil, sondern entsprechend dem Reklamezweck auf den Whiskey gelenkt werden, jedoch diene die Abbildung des Automobils mit den darum gruppierten Personen dazu, einen Eindruck zu erwecken, der auf das angepriesene Produkt zurückwirken solle, in dem Sinne, daß jemand, der einen solchen Wagen fahre und damit zu besonders wohlhabenden Kreisen zähle, jenen Whiskey trinke. |
Auf dieser ... Grundlage ... hat das Landgericht ... ausgeführt, sittenwidrig handle die Beklagte, weil sie durch die Ausnutzung des guten Rufs der Erzeugnisse der Klägerin diese dabei behindere, den Ruf selbst wirtschaftlich auszunutzen. Die Klägerin habe diesen besonderen Ruf und die starke Werbekraft ihrer Erzeugnisse als einen anerkennungswürdigen Besitzstand erworben. Er müsse ihr deshalb zur alleinigen Auswertung vorbehalten bleiben.
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Das Landgericht legt des weiteren dar, daß zwischen den Parteien im Hinblick auf die Verwertung von Abbildungen der Rolls-Royce-Automobile ein Wettbewerbsverhältnis bestehe und daß die Klägerin ihre Verbotsrechte nicht verwirkt habe, weil sie zumindest in den letzten Jahren der ungenehmigten Verwertung derartiger Abbildungen entgegengetreten sei.
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II. |
Die dagegen gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
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1. Aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen hat das Landgericht warenzeichenrechtliche Ansprüche gemäß § 24 WZG mit Recht nicht in Betracht gezogen. Den Feststellungen ist zu entnehmen, daß die angesprochenen Verkehrskreise die beanstandete Anzeige als eine Werbung für die blickfangartig herausgestellte Whiskey-Marke auffassen und in der mit abgebildeten, in den drei kennzeichnenden Merkmalen durch Warenzeichen geschützten, Kühlerpartie des Rolls-Royce-Automobils weder einen Hinweis dahin sehen, daß die Firma Rolls-Royce diesen Whiskey herstelle und vertreibe, noch daß sie irgendwie wirtschaftlich oder organisatorisch mit dem Hersteller dieses Whiskeys verbunden sei. Bei dieser Sachlage werden die warenzeichenrechtlich geschützten Elemente der Kühlerpartie nicht i.S. des § 15 WZG warenzeichenmäßig benutzt. Angesichts dieser Feststellung kommen auch namens- und firmenrechtliche Ansprüche aus den §§ 12 BGB, 16 UWG hier nicht in Betracht. Es handelt sich um eine Verwendung, die dem Fall der namentlichen Erwähnung einer Person in einer Werbeanzeige ähnelt (vgl. BGHZ 30, 7 [9/10] - Catarina Valente). |
2. Dagegen kann die Anwendung des § 1 UWG auf den vorliegenden Fall aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Allerdings kann der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht schon damit begründet werden, die Klägerin habe mit dem Ruf ihrer Erzeugnisse einen Besitzstand erworben, dessen Ausnutzung im Lizenzwege ihr allein vorbehalten bleiben müsse. Das Landgericht knüpft mit dieser Begründung möglicherweise an die Rechtsprechung an, die die unbefugte Verwendung des Namens oder der Abbildung einer Person zu Werbezwecken betrifft (RGZ 74, 308 [312, 313] - Graf Zeppelin; BGHZ 20, 345 [350] - Paul Dahlke; BGH GRUR 1979, 425, 427 - Fußballspieler; BGH GRUR 1981, 846, 847 - Carrera). Soweit dort den Betroffenen vorbehalten worden ist, über den Gebrauch ihres Namens bzw. Bildes zu Werbezwecken zu verfügen und einen unbefugten Gebrauch zu untersagen, folgte das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bzw. dem Namensrecht dieser Personen. Ein entsprechendes absolutes Recht, über die Verwertung der Abbildung der Kühlerpartie ihres Fahrzeugs zu Reklamezwecken im Lizenzwege zu verfügen, steht der Klägerin jedoch nicht zur Seite. Insbesondere gewährt ein wettbewerblicher Besitzstand, wie es ein besonderer Ruf ist, nicht ohne weiteres ein gegen Dritte wirkendes Ausschlußrecht, sofern nicht ein Kennzeichnungsrecht oder ähnliches als dessen Träger verletzt ist. Auch im Bambi-Fall (GRUR 1960, 144 f.), auf dessen Begründung das Landgericht sich bezogen hat, hat der Bundesgerichtshof nicht die Behinderung des Lizenzgeschäftes über einen bloßen Besitzstand für sittenwidrig er klärt. Vielmehr beruhte dort das behinderte Lizenzgeschäft auf dem Urheberrecht der Klägerin an der Reh-Figur Bambi, mit der in der Verkehrsauffassung das dort umstrittene Zeichenwort Bambi nach den Feststellungen untrennbar verbunden war, weshalb Droste (Anm. a.a.O. S. 147) das Urteil als eine Ergänzung des Urheberrechts bezeichnen konnte. |
Der Unterlassungsanspruch ist aber unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung zur Empfehlung der eigenen Ware als sittenwidrig zu beurteilen. In der Rechtsprechung ist wiederholt anerkannt worden, daß wettbewerbswidrig handelt, wer die Qualität seiner Waren oder Leistungen mit denen geschätzter Konkurrenzerzeugnisse in Beziehung setzt, um den guten Ruf der Waren oder Leistungen eines Mitbewerbers als Vorspann für die eigene Werbung auszunutzen (vgl. BGHZ 40, 391 [398] - Stahlexport; GRUR 1969, 413, 415 - Angelique II; siehe auch Baumbach/Hefermehl, 13. Aufl. § 1 UWG Anm. 480). Zwar handelte es sich dabei nicht um die Benutzung von Abbildungen berühmter Erzeugnisse, doch ist es für diesen Tatbestand nicht maßgeblich, mit welchen Mitteln der fremde Ruf für die eigene Werbung nutzbar gemacht wird. Auch mag die Abbildung fremder Erzeugnisse, wie die Revision geltend macht, im Zusammenhang mit der Werbung für eigene Waren nicht unüblich, oft sogar kaum vermeidbar und vielfach unbedenklich sein, wenn die Abbildung nur beiläufig und ohne sich aufdrängende Beziehung zur Werbeaussage verwendet wird, etwa als Darstellung der Umwelt, in der das eigene Produkt verwendet wird oder verwendet werden soll. Anders liegt es, aber bei einer Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG in den besonderen Fällen der Verwendung der Abbildung eines wegen seiner anerkannten Qualität oder seiner Exklusivität besonders geschätzten Erzeugnisses, wenn dadurch in den Augen des Verkehrs an den fremden Ruf angeknüpft wird. Daß dies in den in Betracht kommenden Verkehrskreisen nicht als unbedenklich angesehen wird, zeigt auch der Umstand, daß die Forderung der Klägerin ihre - zu vergütende - Erlaubnis einzuholen, wie festgestellt, überwiegend erfüllt wird. Im Streitfall bezieht sich die Werbung der Beklagten allerdings im Gegensatz zu den genannten in der Rechtsprechung entschiedenen Fällen nicht auf den Ruf eines Konkurrenzerzeugnisses oder die Leistung eines Konkurrenten. Solche Bezugnahmen mögen zwar wegen des unmittelbaren Wettbewerbsverhältnisses schwerer wiegen. Die Ausnutzung fremden Rufs als Vorspann eigener Werbung ist aber unter den hier festgestellten Umständen auch unabhängig von einem Wettbewerbsverhältnis hinsichtlich der in Beziehung gesetzten Waren und Leistungen als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG anzusehen. |
Im Streitfall steht dieser Beurteilung auch nicht entgegen, daß die Beklagte, wie sie geltend macht, das abgebildete Fahrzeug vom Eigentümer, der offenbar damit einverstanden war, zum Zweck der Nutzung für Reklameaufnahmen gemietet hat. Der Ruf einer Ware haftet nicht am einzelnen Erzeugnis, ist vielmehr mit dem Unternehmen und seiner Produktion verbunden. Dem Eigentümer eines einzelnen Fahrzeugs dieser Produktion steht deshalb im Verhältnis zum Hersteller nicht die Rechtsmacht zu, eine nach wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten unzulässige Rufausnutzung durch Verwendung seines Fahrzeugs mit Wirkung gegenüber dem Hersteller zu genehmigen.
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3. Das Landgericht hat auch ohne Rechtsfehler das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses im Sinne des § 1 UWG angenommen. Dem steht im Streitfall nicht entgegen, daß beim Vertrieb der abgebildeten Erzeugnisse kein Wettbewerbsverhältnis besteht. Es reicht dazu aus, daß beide Parteien sich, wie das Landgericht festgestellt hat, - dabei die Beklagte als Werbeagentur mit Abbildungen des von ihr gemieteten Wagens, die Klägerin durch Lizenzierung des Gebrauchs solcher Abbildungen -, mit dem gleichen Angebot an die Werbung treibende Wirtschaft wenden, nämlich der Verschaffung der Möglichkeit, Abbildungen von Rolls-Royce-Automobilen als Vorspann für die eigene Werbung zu verwenden, und daß insoweit zwischen ihnen ein Wettbewerbsverhältnis besteht. Dem steht im Streitfall auch nicht entgegen, daß die Klägerin wenn sie Abbildungslizenzen vergibt, diese nicht aufgrund eines an diesen Abbildungen bestehenden Schutzrechts erteilen kann, sondern nur aufgrund eines Besitzstandes, der lediglich deshalb monopolartigen Charakter hat, weil dessen Mißachtung als wettbewerbswidriges Verhalten verhindert werden kann. Für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses genügt dies. Dem steht auch nicht entgegen, wie die Revision meint, daß die Beklagte ihrerseits über keinerlei Schutzrechte an den genannten Merkmalen verfügt und, wie sie meint, die Klägerin daher nicht behindern könne. Es genügt insoweit, daß die Beklagte solche Abbildungen tatsächlich zu Werbezwecken anbietet und allein dadurch, auch ohne über Schutzrechte zu verfügen, das Lizenzgeschäft der Klägerin beeinträchtigen kann. |
4. ...
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III. |
Es kann auch nicht beanstandet werden, daß die Beklagte, wie beantragt, zur Unterlassung der blickfangartigen Verwendung verurteilt worden ist. Blickfangartig in dem Sinne, daß dieser Teil der Anzeige den Blick zuerst auf sich zieht, wirkt nach den Feststellungen des Landgerichts allerdings nur die Abbildung der Whiskey-Flasche mit den zwei Gläsern. Das Landgericht hat aber den Klageantrag insoweit ersichtlich dahin verstanden, es solle auch eine Darstellung verboten werden, bei der die Kühlerpartie des Fahrzeugs so in das Bild eingeordnet ist, daß sie als solche eines Rolls-Royce-Wagens deutlich erkennbar ist und zugleich als Teil einer "gestellten" Werbeszene wirkt. Diese Auslegung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, findet insbesondere in der Klagebegründung und dem übrigen Klagevorbringen eine ausreichende Grundlage. Einer entsprechenden Verdeutlichung bedurfte es nach vorstehender Klarstellung im Urteilstenor nicht mehr.
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