BGE 1 I 95 (95): 22. Urtheil vom 23. Dezember 1875 in Sachen Höfliger
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Sachverhalt
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A.
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Durch Beschluß vom 24. April d. J. hat der Gemeinderath Freienbach das Heirathsgesuch des Jak. Höfliger bis zur selbstigen Uebernahme seiner Familienlasten und Abherrschung vorheriger Unterstützungskosten abgewiesen und zwar gestützt darauf, daß Petent schon im Jahre 1870 für seine Familie, Frau und vier Kinder, Unterstützung genossen habe und umlängst aus Preußen mit Hinterlassung eines irrsinnigen Kindes und vieler Schulden zurückgekehrt, auch keine Hoffnung auf dessen Besserung vorhanden sei. Dieser Beschluß ist unter Verwerfung des Rekurses des Höfliger sowohl vom Bezirksrath als von der schwyzerischen Regierung bestätigt worden.
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B.
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Hierüber beschwert sich nun Rekurrent beim Bundesgerichte gestützt auf Art. 54 der Bundesverfassung, welcher die von den schwyzerischen Behörden geltend gemachten Eheverweigerungsgründe ausschließe und verlangt, daß der Gemeinderath Freienbach angehalten werde, ihm die nachgesuchte Ehebewilligung zu ertheilen.
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C.
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Die Regierung von Schwyz bemerkt in ihrer Vernehmlassung, sie überlasse es dem weisen Ermessen des Bundesgerichtes, ob es sich sittlich nicht durchaus rechtfertigen lasse, einem solchen Menschen, wie Petent sei, die Eingehung einer zweiten Ehe zu verweigern, und fügt bei, daß dem Gemeinderath Freienbach erst neulich die Rechnung für die Verpflegung des geisteskranken Kindes des Höfliger, welches letzterer einfach in Hilden, Preußen, im Stiche gelassen habe, zugekommen sei und sich auf nicht weniger als 357 Reichsmart 88 Pfenninge belaufe.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Nach Art. 54 Lemma 2 der Bundesverfassung darf das Recht zur Ehe weder aus ökonomischen Rücksichten noch wegen bisherigen Verhaltens oder aus andern polizeilichen Gründen beschränkt werden. Indem somit der Gemeinderath von Freienbach und die schweizerische Regierung dem Petenten die Eingehung BGE 1 I 95 (96):
einer zweiten Ehe deßhalb verweigern, weil derselbe bisher für seine Familie nicht gesorgt und ein liederliches Leben geführt habe, verstößt ihre Verfügung gegen die klare Vorschrift der angerufenen Verfassungsbestimmung und muß daher als verfassungswidrig aufgehoben werden.
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Demnach hat das Bundesgericht
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erkannt:
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Die Beschwerde ist begründet und der Gemeinderath Freienbach beauftragt, dem Petenten die nachgesuchte Heirathsbewilligung zu ertheilen.
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