BGE 2 I 490 - Arnold Malzacher
 


BGE 2 I 490 (490):

107. Urtheil
vom 25. November 1876 in Sachen Malzacher.
 
Sachverhalt
A. Das großhzgl. badische Staatsministerium verlangte beim Bundesrathe die Auslieferung des Hrn. Malzacher, welcher in Säckingen unter der Firma "Malzacher & Cie" ein Cigarren- und Tabakgeschäft betrieben hatte und unterm 8. Oktober d. J. daselbst in Konkurs erklärt worden war, -- gestützt auf einen Haftbefehl des großhzgl. badischen Amtsgerichtes Säckingen vom 12. Oktober d. J., wonach Malzacher unter der Anklage, daß er während der Führung seines Geschäftes in Säckingen, in der Absicht seine Gläubiger zu benachtheiligen,
    1. Handelsbücher zu führen unterlassen habe, deren Führung ihm gesetzlich obgelegen;
    2. Handelsbücher im Oktober d. J. verheimlicht und
    3. die wirklich geführten Handelsbücher schon seit längerer Zeit so geführt habe, daß dieselben keine Uebersicht des Vermögenszustandes gewähren,
bei genanntem Gerichte wegen betrügerischen Bankerottes (Art. 281, Ziff. 3 u. 4 des Reichsstrafgesetzbuches) in Untersuchung steht.


BGE 2 I 490 (491):

B. Malzacher widersetzte sich der Auslieferung, indem er bestritt, sich des eingeklagten Verbrechens schuldig gemacht zu haben und im Weitern behauptete, er sei krank.
C. Die Regierung von Aargau hielt ihrerseits die Voraussetzungen der Auslieferung Malzachers für gegeben und erhob daher ihrerseits keine Einwendung gegen dieselbe. Bezüglich der Frage, ob die dem Malzacher zur Last gelegten Handlungen und Unterlassungen auch nach dem aargauischen Strafgesetzbuche einen strafbaren Betrug begründen, bemerkte sie, die dortseitige Staatsanwaltschaft würde durchaus kein Bedenken tragen, gegen Malzacher Anklage auf Betrug zu erheben und zwar gestützt auf §. 162 lit. e des dortigen Strafgesb., welcher bestimme, daß der Betrug ohne Rücksicht auf den Betrag zum Verbrechen werde, wenn Jemand durch Aufstellung erdichteter Gläubiger oder durch Abschluss oder Vorschützung täuschender Verträge, oder durch Entfernung oder Verheimlichung von Vermögen oder durch andere betrügliche Vorkehren absichtlich seinen Geldstag herbeiführe, um seine rechtmäßigen Gläubiger zu benachtheiligen. Unter allen Umständen aber müßten die dem Malzacher zur Last gelegten Handlungen, insofern man dieselben nicht unter die citirte Gesetzesstelle subsummiren wollte, als ein strafbares Vergehen betrachtet werden.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
Erwägung 2
2. Nach Art. 1 Ziff. 13 des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und dem deutschen Reiche vom 29 Juni 1874 besteht die Auslieferungspflicht zwischen den beiden Staaten wegen Betruges, betrüglichen Bankerottes und betrüglicher Benachtheiligung einer Konkursmasse in denjenigen Fällen, in

BGE 2 I 490 (492):

welchen diese Handlungen nach der Gesetzgebung beider vertragender Theile als Verbrechen oder Vergehen strafbar sind. Daß nun die dem Malzacher zur Last gelegte That nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuche das Verbrechen des betrüglichen Bankerottes begründet, kann angesichts des Art. 281 desselben, welchem die Anklage genau entspricht, keinem Zweifel unterliegen und sonach nur noch in Frage kommen, ob dieselbe auch nach dem Strafgesetzbuche des Kantons Aargau, in welchem Malzacher arretirt worden ist, als Verbrechen oder Vergehen strafbar sei. Daß der eingeklagte Thatbestand auch unter den gleichen strafrechtlichen Begriff falle, wie im deutschen Strafgesetzbuche, ist dabei nicht erforderlich, sofern derselbe nur auch nach dem aargauischen Strafgesetzbuche als ein solches Verbrechen oder Vergehen erscheint, welches nach dem erwähnten Auslieferungsvertrage die Auslieferungspflicht begründet.
 
Erwägung 3
 
Demnach hat das Bundesgericht
erkannt:
Die Auslieferung des A. Malzacher ist bewilligt.