BGE 79 I 57 - Stucker, Zesiger & Co. |
10. Urteil |
vom 8. Mai 1953 i.S. Zesiger gegen Rekurskommission des Kantons Bern. |
Regeste |
Wehrsteuer: Kapitalgewinne, die im Betriebe einer nicht-kaufmännischen Kommanditgesellschaft erzielt werden, unterliegen der Wehrsteuer für Einkommen nicht. |
Sachverhalt |
A. |
Der Beschwerdeführer ist, zusammen mit Hermann Stucker jun., unbeschränkt haftender Teilhaber der Kommanditgesellschaft Stucker, Zesiger & Co. in Bern. Kommanditäre mit Beteiligungen von je Fr. 25,000.- sind Frau Wwe. Zesiger und Hermann Stucker sen.
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Die Kommanditgesellschaft Stucker, Zesiger & Co. ist hervorgegangen aus der früheren Kommanditgesellschaft Stucker & Zesiger, die 1911 von den Vätern der gegenwärtigen Komplementäre, Hermann Stucker und Gottfried Zesiger (Sohn und Schwiegersohn des Kaufmanns Fritz Stucker), gegründet worden war und ein Handelsgeschäft in Kolonialwaren und Zigarren, ferner Kaffeerösterei und Fettfabrikation betrieben hatte. Die Kommanditgesellschaft hatte von jeher ausgedehnten Grundbesitz. Auf den 1. Januar 1947 wurden, bei Anlass einer Veränderung in der Zusammensetzung des Gesellschafterbestandes, Handelsgeschäft, Kaffeerösterei und Fettfabrikation abgespalten und einer von den unbeschränkt haftenden Teilhabern der Kommanditgesellschaft gegründeten Kollektivgesellschaft Stucker & Zesiger übertragen. Der Kommanditgesellschaft verblieben die Liegenschaften. Die Geschäftsnatur der Kommanditgesellschaft wurde neu mit "An- und Verkauf sowie Verwaltung von Liegenschaften" angegeben (SHAB Nr. 3 vom 6. Januar 1947, S. 22); sie ist am 22. Dezember 1950 auf "Verwaltung von Liegenschaften" abgeändert worden (SHAB Nr. 304 vom 28. Dezember 1950, S. 3338). |
Im Jahre 1948 verkaufte die Kommanditgesellschaft aus diesem Grundbesitz drei Häuser am Waisenhausplatz in Bern mit einem Gewinn, an dem jeder der beiden unbeschränkt haftenden Teilhaber der Kommanditgesellschaft beteiligt ist.
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B. |
Bei der Veranlagung zur eidgenössischen Wehrsteuer V ist das steuerbare Einkommen des Beschwerdeführers unter Einbezug des erwähnten Gewinnes festgesetzt worden. Die kantonale Rekurskommission hat ein Begehren, das Einkommen um den Liegenschaftsgewinn zu kürzen, abgewiesen.
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C. |
Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird beantragt, den Entscheid der kantonalen Rekurskommission aufzuheben und das wehrsteuerpflichtige Einkommen des Beschwerdeführers für die V. Periode unter Ausschluss des erwähnten Gewinnes festzusetzen.
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Das Bundesgericht schützt die Beschwerde
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in Erwägung: |
Der Beschwerdeführer erklärt zwar, die Kommanditgesellschaft Stucker, Zesiger & Co. sei zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichtet, und die kantonale Rekurskommission ist bei ihrem Entscheide davon ausgegangen, dass es so sei. Indessen erweist sich diese Auffassung als irrtümlich.
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a) Art. 957 OR verhält zu kaufmännischer Buchführung denjenigen, der verpflichtet ist, seine Firma in das Handelsregister eintragen zu lassen. Das Gesetz stellt also keine besondere Umschreibung der buchführungspflichtigen Sub jekte auf; es begnügt sich mit dem Hinweis auf die Eintragspflicht. Buchführungs- und bilanzpflichtige Subjekte sind daher identisch mit den eintragspflichtigen Subjekten, im Unterschied von den Subjekten, die sich eintragen lassen können, ohne dazu verpflichtet zu sein. (Eintragsbedürftigkeit und Eintragsfähigkeit, vgl. His, Komm. S. 114 f., Nr. 1-4 zu Art. 934, und S. 380, Nr. 55 zu Art. 957). |
Da das Gesetz die Buchführungspflicht nach der Eintragspflicht bestimmt, so sind die bloss eintragsfähigen, aber nicht eintragsbedürftigen Subjekte nicht buchführungspflichtig, ebenso die lediglich freiwillig eingetragenen Subjekte. (His, Komm. S. 381, Nr. 58 zu Art. 957 ; vgl. Hartmann, Komm. S. 15, Nr. 3 zu Art. 553 und S. 35, Nr. 1 zu Art. 558). Es kommt nicht darauf an, ob ein Subjekt eingetragen ist, sondern darauf, ob es dazu verpflichtet war (Siegmund, Komm. S. 534, Anm. 4 zu Art. 877; Schweiz. Blätter für handelsrechtliche Entscheidungen 13, S. 196). Bei nichteintragspflichtigen Subjekten zieht nach schweizerischem Recht die Eintragung als solche die Buchführungspflicht nicht nach sich (Wieland: Handelsrecht I S. 306, Text und Anm. 2).
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b) Nach Art. 934 OR ist eintragspflichtig, wer ein Handels-, Fabrikations- oder ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt, eintragsfähig, wer unter einer Firma ein Geschäft betreibt, das nicht eintragspflichtig ist. Entsprechend unterscheidet das Gesetz die kaufmännische, der Eintragspflicht unterliegende Kommanditgesellschaft (Art. 594) und die eintragsfähige nicht-kaufmännische Kommanditgesellschaft (Art. 595). Die Kommanditgesellschaft, welche kein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt, entsteht erst mit dem Eintrag, ist also als Personenverbindung nicht eintragsbedürftig (His, Komm. S. 129 Nr. 71 zu Art. 934). Die Eintragung ist demnach freiwillig. Lässt sich die Gesellschaft eintragen, so untersteht sie den Vorschriften über die Kommanditgesellschaft, wenn nicht, ist sie einfache Gesellschaft.
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c) Die Verwaltung gemeinsamen Vermögens durch die Gesellschafter gilt nicht als kaufmännisches Gewerbe, selbst dann nicht, wenn das Vermögen beträchtlich ist und die Geschäftsführung über den Rahmen einer gewöhnlichen laufenden Vermögensverwaltung hinausgeht, einen stark spekulativen Charakter trägt und der Betrieb einen bankähnlichen Charakter annimmt. Sie unterscheidet sich wesentlich von Gewerben dadurch, dass bei ihr kein eigentlicher Kundenverkehr vorhanden ist (BGE 55 I S. 393 f., Erw. 1; vgl. Kaufmann in "Von der Steuer in der Demokratie" S. 123 f.). Eine Kommanditgesellschaft, deren Zweck und geschäftliche Betätigung ausschliesslich in der Verwaltung gemeinsamen Vermögens der Gesellschafter besteht, betreibt kein die Eintragspflicht begründendes Gewerbe und unterliegt, nach dem Gesagten, der Buchführungspflicht gemäss Art. 957 OR nicht. |
Erwägung 2 |
2. Die Kommanditgesellschaft Stucker, Zesiger & Co. ist zwar aus einer Gesellschaft hervorgegangen, die ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betrieb und die sich im Besitze eines erheblichen, aus gewerblichen Gewinnen entstandenen Vermögens befand. Anlässlich der im Jahre 1947 vorgenommenen Veränderungen ist aber der eigentliche Gewerbebetrieb ausgeschieden worden. Der Kommanditgesellschaft, in veränderter Zusammensetzung des Mitgliederbestandes, wurde das für den Gewerbebetrieb nicht benötigte Vermögen belassen mit dem Zwecke, es zu verwalten. Es liegt nichts dafür vor, dass die seitherige Tätigkeit der Kommanditgesellschaft über Verwaltung des ihr zugewiesenen Vermögens hinausgegangen wäre. Die Vermietung zum Gesellschaftsvermögen gehörender Liegenschaften an die Handelsunternehmung der Komplementäre fällt ebenso mit in die Verwaltung, wie der gelegentliche Verkauf einzelner Objekte. Auf jeden Fall gehen derartige Geschäfte nicht über den in BGE 55 I S. 394 umschriebenen Rahmen einer als Vermögensverwaltung charakterisierten Betätigung hinaus. Allerdings lässt die im Handelsregister eingetragene Umschreibung der Natur des Geschäftes nicht erkennen, dass sich die Gesellschaft ausschliesslich mit der Verwaltung eigenen Vermögens der Gesellschafter befasst und dass auch mit "An- und Verkauf" von Liegenschaften nur die im Rahmen dieser Vermögensverwaltung etwa vorkommenden Käufe und Abtretungen umfasst werden sollten und nicht Liegenschaftshandel. Da die Gesellschaft aber seit ihrer Reorganisation sich nur mit der Verwaltung des eigenen Vermögens der Gesellschafter abgegeben und weder Liegenschaftshandel noch sonst Geschäfte betrieben hat, die auf ein Gewerbe schliessen lassen könnten, rechtfertigt es sich, auf die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse abzustellen. |
Bestehen demnach die Geschäfte der Kommanditgesellschaft Stucker, Zesiger & Co., wie anzunehmen ist, ausschliesslich in der Verwaltung gemeinsamen Vermögens der Gesellschafter, so betreibt die Gesellschaft kein die Eintragspflicht begründendes Gewerbe. Die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister beruht nicht auf einer gesetzlichen Pflicht, sondern auf freier Entschliessung der Gesellschafter. Dann aber besteht, -- entgegen der Annahme des Beschwerdeführers, -- keine unmittelbar durch eine Vorschrift der Zivilrechtsgesetzgebung positiv angeordnete Buchführungspflicht. Dies ist für die Anwendung von Art. 21, Abs. 1, lit. d WStB entscheidend. Möglich ist, dass die Gesellschaft gleichwohl Bücher führen muss und dazu unter Umständen rechtlich verpflichtet ist. Es würde sich aber nicht um die in Art. 21, Abs. 1, lit. d WStB bezeichnete Verpflichtung handeln.
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Daraus folgt, dass so, wie die Dinge liegen, die Gewinne, die die Kommanditgesellschaft Stucker, Zesiger & Co. beim Verkaufe der drei Liegenschaften am Waisenhausplatz in Bern erzielte, für die Wehrsteuer als Zuwachs nicht geschäftlichen Vermögens zu gelten haben und demnach nicht in die Steuerberechnung für Einkommen fallen.
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