BGE 96 I 34 |
6. Auszug aus dem Urteil vom 18. März 1970 i.S. X. gegen Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich |
Regeste |
Staatsrechtliche Beschwerde. Anforderungen an die Begründung (Erw. 1-3). |
- seinen Namen und akademischen Titel fett drucken lässt (Erw. 5) |
- sich als "Alt-Nationalrat" bezeichnet (Erw. 6). |
Sachverhalt |
"1. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, seine Berufstätigkeit gewissenhaft auszuüben und sich durch sein Verhalten in der Ausübung des Berufs und sein sonstiges Geschäftsgebaren der Achtung würdig zu zeigen, die sein Beruf erfordert.
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2. Er enthält sich aufdringlicher Empfehlung."
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B.- In dem vom Verlag Mosse-Annoncen 1968 herausgegebenen "Adressbuch der Schweiz" sind im Adressenteil der Stadt Zürich unter dem Titel "Advokaturbureaux" die Namen und Adressen von über 300 Rechtsanwälten aufgeführt. Auf Vorschlag des Vertreters des Herausgebers liess Rechtsanwalt Dr. X. (wie fünf weitere Anwälte) seinen Namen, Vornamen und akademischen Titel fett drucken; ferner liess er seinem Namen die Bezeichnung "Alt-Nationalrat" beifügen. Unter Hinweis hierauf verzeigte ihn ein Rechtsanwalt am 30. Mai 1969 bei der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich (AK) wegen Verstosses gegen § 7 Abs. 2 AnwG. Dr. X. bestritt, dass der Fettdruck seines Namens eine Empfehlung, und gar eine aufdringliche, enthalte und behauptete, die Beifügung "Alt-Nationalrat" diene lediglich zur Vermeidung von Verwechslungen mit einem Kollegen, der ebenfalls X. heisse. |
Mit Entscheid vom 1. Oktober 1969 verurteilte die AK X. wegen der Verletzung von § 7 Abs. 2 AnwG zu einer Ordnungsbusse von Fr. 100.--, im wesentlichen mit folgender Begründung: Als aufdringlich gelte nach der Praxis jede Werbung, die den Zweck verfolge, einen Anwalt aus der Reihe der Standesgenossen herauszuheben und ihm dadurch beim Publikum eine besondere Nachfrage zu verschaffen. Ein solches Herausheben liege im Fettdruck des Namens einiger weniger Anwälte in einem Branchenregister. Dieser Fettdruck erwecke beim nichtorientierten Rechtssuchenden den Eindruck, diese wenigen Anwälte zeichneten sich in irgendeiner Weise vor den andern aus, und bedeute den Beginn einer kommerziellen Reklame, wie sie vom Anwaltsberuf fernzuhalten sei. Bereits im Jahre 1942 habe die AK in einem Schreiben an verschiedene Anwälte, darunter Dr. X., die Hervorhebung ihres Namens im Branchenregister des Adressbuchs der Stadt Zürich beanstandet. Auch die Bezeichnung als "Alt-Nationalrat" sei eine aufdringliche, mit der Würde des Anwaltsstandes unvereinbare Empfehlung, lasse sie doch den Rechtssuchenden auf Beziehungen des Anwalts zu Politikern sowie zu Behörden und Verwaltungsstellen des Bundes schliessen, die einem Klienten nützlich sein könnten. Dr. X. sei am 3. Februar 1965 unter Hinweis auf ZR 50 Nr. 199 ersucht worden, im Telephonverzeichnis der Stadt Zürich den Titel "Nationalrat" wegzulassen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt.
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Aus den Erwägungen: |
Hierauf ist nicht einzutreten, da der Beschwerdeführer nicht behauptet, die AK habe ihn im Verhältnis zu diesen Anwälten rechtsungleich behandelt und damit den Art. 4 BV verletzt. Auch diese Rüge wäre übrigens unbegründet, da der Beschwerdeführer, im Gegensatz zu den andern Anwälten, schon früher, am 4. November 1942, zur Unterdrückung von Hervorhebungen seines Namens im Adressbuch aufgefordert worden ist. |
5. Als aufdringliche Empfehlung im Sinne von § 7 Abs. 2 AnwG und mit der Würde des Anwaltsstandes unvereinbar gilt nach der ständigen Rechtsprechung der AK eine Werbung, die den Zweck verfolgt, einen Anwalt aus der Reihe der Standesgenossen hervorzuheben (ZR 44 Nr. 58, 50 Nr. 199, 55 Nr. 173). Der Beschwerdeführer kritisiert diese Rechtsprechung nicht, sondern bestreitet lediglich, dass in der Hervorhebung des Namens einiger weniger Anwälte durch Fettdruck in einem Branchenregister eine Empfehlung liege. Indessen gibt er nicht an und ist auch nicht ersichtlich, was die Hervorhebung durch Fettdruck für einen andern Sinn und Zweck haben könnte, als die Aufmerksamkeit des Publikums auf diese Anwälte zu ziehen und bei ihm den Eindruck zu erwecken, sie zeichneten sich in irgend einer Weise vor den andern aus. Wenn die AK hierin eine aufdringliche Empfehlung im Sinne von § 7 Abs. 2 AnwG erblickt, so kann ihr zum mindesten nicht willkürliche Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung vorgeworfen werden. In Ziff. 6 Abs. 2 der "Richtlinien für die Pflichten- Codices der kantonalen Anwaltsverbände" (abgedruckt im Heft 9 [Mai 1964] der Mitteilungen des Schweiz. Anwaltsverbandes S. 18) heisst es: |
"Eintragungen in Adressbüchern, Telephonbüchern und dergleichen dürfen nur im gewöhnlichen Druck und ohne irgendwelche Hervorhebung publiziert werden."
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Ebenso bestimmen die Standsregeln des Berner Anwaltsverbandes in Ziff. 9:
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"Eintragungen in Adressbüchern, Telephonbüchern, dürfen weder mit Sperrdruck noch mit Einfassungen oder auf andere Weise hervorgehoben werden."
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Wenn es auch zu weit ginge, aus diesen Bestimmungen ohne weiteres auf eine auch im Kanton Zürich geltende Übung zu schliessen (vgl. BGE 87 I 266 E. 3), so darf doch darin der Ausdruck eines von den schweizerischen Anwälten allgemein hochgehaltenen Grundsatzes erblickt werden. Wieso für die zürcherischen Anwälte eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen wäre, ist nicht einzusehen. Die Berufung des Beschwerdeführers auf P. WEGMANN, Die Berufspflichten des Rechtsanwalts unter besonderer Berücksichtigung des zürch. Rechts, Diss. Zürich 1969, geht fehl. WEGMANN kritisiert zwar die Praxis der AK in verschiedener Hinsicht, erwähnt aber ausdrücklich und in zustimmendem Sinne die oben angeführte Ziff. 9 der Berner Standesregeln (S. 255).
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6. Aus dem Gesichtspunkt der Willkür nicht zu beanstanden ist auch die Annahme der AK, die Beifügung der Bezeichnung "Alt-Nationalrat" zum Namen des Beschwerdeführers stelle eine unzulässige Empfehlung im Sinne von § 7 Abs. 2 AnwG dar. Es leuchtet ein, dass eine solche Beifügung bezweckt und auch bewirkt, dass der Anwalt, der einmal Nationalrat war, in den Augen des Publikums hervorgehoben wird vor den Anwälten, die nicht Nationalrat sind oder waren. Das verträgt sich, wie sehr wohl angenommen werden kann, nicht mit der Würde des Anwaltsstandes. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe diese Bezeichnung lediglich anbringen lassen, um nicht mit einem Kollegen mit dem gleichen Geschlechtsnamen verwechselt zu werden, hilft ihm nicht. Die AK hat ihn in ihrem Schreiben vom 3. Februar 1965 auf ihren Entscheid ZR 50 Nr. 199 aufmerksam gemacht, in welchem ausgeführt wird, dass ein solcher Hinweis auf eine politische Stellung grundsätzlich verpönt sei und dass es üblich und meistens auch ohne weiteres möglich sei, Verwechslungen durch andere Mittel auszuschliessen. Dass die AK nicht früher gegen den Beschwerdeführer einschritt, ist bedeutungslos. Ihre Aufgabe ist es, Pflichtverletzungen, die ihr durch Verzeigung oder auf andere Weise bekannt werden, zu ahnden (vgl. § 21 AnwG), nicht dagegen, nach solchen Verstössen zu fahnden und das Verhalten der Anwälte ständig zu überwachen. |