BGE 97 I 839 |
119. Urteil vom 22. September 1971 i.S. Müller-Gilliers gegen Verwaltung des Bezirksgefängnisses Zürich und Bezirksanwaltschaft Zürich. |
Regeste |
Persönliche Freiheit; Untersuchungshaft. |
2. Grundsätzliches über die Zulässigkeit von Freiheitsbeschränkungen der Untersuchungsgefangenen (Erw. 4 und 5). |
3. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 6). |
4. Das den Untersuchungsgefangenen des Bezirksgefängnisses Zürich auferlegte Verbot des direkten Bezugs einer beliebigen Zeitung und des Gebrauchs eines eigenen Transistorradios verstösst nicht gegen das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Erw. 8). |
Sachverhalt |
A.- Der seit 24. April 1971 im Bezirksgefängnis Zürich inhaftierte Untersuchungsgefangene Fernand Müller-Gilliers richtete am 29. April 1971 eine Eingabe an die Bezirksanwaltschaft Zürich, in welcher er sich über den Vollzug der Untersuchungshaft beschwerte. Er machte geltend, die Gefängnisverwaltung zwinge Untersuchungshäftlinge zur Arbeit, untersage ihnen, tagsüber das Bett zu benutzen und gebe ihnen keine Gelegenheit zu einem ausreichenden täglichen Spaziergang. Ferner rügte er, die Gefängnisverwaltung habe ihm zu Unrecht untersagt, eine Zeitung seiner Wahl zu abonnieren, im Verlaufe einer Woche mehr als 80 Zigaretten zu rauchen und in seiner Zelle einen Radioempfänger zu benutzen. Weiter brachte er vor, die Besuchszeit sei in unzulässiger Weise auf 15 Minuten beschränkt worden. Schliesslich beanstandete er, dass das elektrische Licht in den Zellen bereits um 20.30 Uhr abgeschaltet werde. |
Mit Beschluss vom 5. Mai 1971 wies die Bezirksanwaltschaft Zürich den Rekurs ab. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, die angefochtenen Freiheitsbeschränkungen beständen zum Teil überhaupt nicht und entsprächen zum andern Teil den Vorschriften der Verordnung über die Bezirksgefängnisse vom 7. Februar 1963 (GefängnisVO), weshalb kein Anlass zum Einschreiten bestehe. Im Hinblick auf bestimmte Reformbestrebungen sah die Bezirksanwaltschaft jedoch davon ab, dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten aufzuerlegen.
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B.- Fernand Müller-Gilliers führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV und der persönlichen Freiheit (Art. 7 KV). Er beantragt, die angefochtene Verfügung vom 5. Mai 1971 teilweise aufzuheben und die Bezirksanwaltschaft anzuweisen, ihm den Bezug der Neuen Zürcher Zeitung sowie die Benutzung eines Transistorradios zu gestatten und das elektrische Licht in seiner Zelle erst um 22.30 Uhr abzuschalten. Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden Erwägungen.
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C.- Die Bezirksanwaltschaft Zürich beantragt die Abweisung der Beschwerde und verweist in ihren Gegenbemerkungen auf eine gleichzeitig vorgelegte Stellungnahme der Gefängnisverwaltung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
Auf die vorliegende Beschwerde ist daher einzutreten, und zwar auch insoweit, als der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung des angefochtenen Urteils verlangt, denn der verfassungsmässige Zustand könnte in der Tat nur durch eine dem Beschwerdeantrag entsprechende Weisung an die Bezirksanwaltschaft wiederhergestellt werden, falls sich die erhobenen Verfassungsrügen als begründet erweisen sollten (vgl. BGE 97 I 225 /6, BGE 96 I 355, BGE 95 I 242). |
Der Beschwerdeführer ist zwar während der Rechtshängigkeit der vorliegenden Beschwerde aus der Untersuchungshaft entlassen worden; sein aktuelles praktisches Interesse an der Überprüfung des angefochtenen Entscheids ist demnach dahingefallen. Dieser Umstand hindert das Bundesgericht jedoch nicht, die erhobenen Rügen materiell zu beurteilen, denn der Beschwerdeführer beanstandet ein Verhalten der Gefängnisverwaltung, das sich jederzeit wiederholen kann und wirft Fragen auf, deren Beantwortung von grundsätzlicher Bedeutung ist (vgl. BGE 96 I 553 Erw. 1 mit Verweisungen).
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Der Beschwerdeführer bringt vor, die erwähnten Bestimmungen der GefängnisVO verletzten - soweit sie auf Untersuchungshäftlinge angewendet würden - die Garantie der persönlichen Freiheit (Art. 7 KV) und seien darüberhinaus gesetzwidrig, zumal § 76 Abs. 3 der zürcherischen Strafprozessordnung (StPO) ausdrücklich vorschreibe, dass die Untersuchungsgefangenen in ihrer Freiheit nicht mehr eingeschränkt werden dürften, als es der Zweck der Verhaftung erfordere. Diese Rügen fallen sachlich zusammen (vgl. unten Erw. 4) und sind daher im folgenden gemeinsam zu behandeln.
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3. Die Garantie der persönlichen Freiheit gehört dem ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes an (BGE 97 I 49 Erw. 2 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Die entsprechenden Gewährleistungen in den kantonalen Verfassungen haben demnach keine selbständige Bedeutung, sofern sie nicht weiter gehen als das Bundesrecht. Dass dies für Art. 7 KV zutreffe, behauptet der Beschwerdeführer mit Recht nicht. Soweit er die Garantie der persönlichen Freiheit anruft, bleibt somit bloss zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid vor dem ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes standhält. |
Nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts garantiert das Grundrecht der persönlichen Freiheit nicht bloss das Recht auf freie Bewegung und körperliche Unversehrtheit, sondern es schützt den Bürger auch in der ihm eigenen Fähigkeit, eine bestimmte tatsächliche Begebenheit zu würdigen und danach zu handeln; es gewährleistet als verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz ferner alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung des Menschen darstellen und bietet auf diese Weise einen umfassenden Grundrechtsschutz, der sich auf den Inhalt und Umfang der übrigen verfassungsmässigen Freiheitsrechte entscheidend auswirkt (BGE 97 I 49 /50). Es schützt den Bürger somit auch in seiner Freiheit, über seine Lebensweise zu entscheiden, insbesondere seine Freizeit zu gestalten, Beziehungen zu seinen Mitmenschen anzuknüpfen und sich Kenntnis über das Geschehen in seiner näheren und weiteren Umgebung zu verschaffen.
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Wie andere verfassungsmässig gewährleistete Freiheitsrechte ist indessen auch die Garantie der persönlichen Freiheit bestimmten Beschränkungen unterworfen. Eingriffe sind jedoch grundsätzlich nur zulässig, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen und verhältnismässig sind; sie dürfen das Grundrecht weder völlig unterdrücken noch seines Gehaltes als fundamentale Institution unserer Rechtsordnung entleeren (BGE 97 I 50 mit Verweisungen). Droht indessen eine unmittelbare, direkte und schwere Gefährdung oder Störung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Sittlichkeit oder Gesundheit, so sind verhältnismässige Freiheitsbeschränkungen auch bloss gestützt auf die allgemeine Polizeiklausel zulässig (vgl. BGE 91 I 326 /7, BGE 92 I 30 ff. Erw. 5).
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4. Auch der Untersuchungsgefangene kann sich grundsätzlich auf die Garantie der persönlichen Freiheit im soeben umschriebenen Sinne berufen. Er steht jedoch in einem sog. besonderen Gewaltsverhältnis zum Staat und hat deshalb bestimmte Freiheitsbeschränkungen in Kauf zu nehmen (vgl. unten Erw. 5). Diese bedürfen - im Gegensatz zur Begründung des Gewaltverhältnisses als solchen - keiner ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage (BGE 97 I 52). Ihre Zulässigkeit hängt demnach entscheidend davon ab, ob sie verhältnismässig sind d.h. nicht weiter gehen, als es das Gewaltverhältnis erfordert. Der Beschwerdeführer, der die Rechtmässigkeit seiner Verhaftung nicht bestreitet, beruft sich in diesem Zusammenhang auf § 76 Abs. 3 StPO, wonach der Untersuchungsgefangene in seiner Freiheit nicht mehr eingeschränkt werden darf, als es der Zweck der Verhaftung erfordert. Nach Wortlaut und Sinn verpflichtet diese Bestimmung die zuständigen Behörden, den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten, wie er sich bereits aus der Verfassung ergibt. Die Rüge des Beschwerdeführers, die angefochtenen Freiheitsbeschränkungen verstiessen gegen die genannte Vorschrift der Strafprozessordnung, fällt demnach mit dem Vorwurf zusammen, der angefochtene Entscheid verletze die Garantie der persönlichen Freiheit. |
5. Ihrem Zweck entsprechend (vgl. BGE 97 I 52 /3 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre) erheischt die Untersuchungshaft zunächst eine Beschränkung der Beziehungen zur Aussenwelt, und zwar - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - auch dann, wenn die Verhaftung ausschliesslich wegen Fluchtgefahr erfolgt ist (LÖWE-ROSENBERG-DÜNNEBIER, Die Strafprozessordnung, 21. Aufl., Berlin 1967, Ergänzungsband, S. 203 Ziff. 2). Weitere Freiheitsbeschränkungen rechtfertigen sich sodann im Interesse einer vernünftigen Gefängnisordnung (BGE 97 I 53). Im Gegensatz zum BG über die Bundesstrafrechtspflege (Art. 48 Abs. 1) ist davon in der zürcherischen Strafprozessordnung zwar nicht ausdrücklich die Rede. Dass solche Eingriffe zulässig sind, erscheint jedoch als selbstverständlich und wird im übrigen vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Aus praktischen Gründen hat der Untersuchungsgefangene somit auch Freiheitsbeschränkungen auf sich zu nehmen, die mit dem Zweck der Untersuchungshaft in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. So wünschenswert es auch immer ist, beim Vollzug der Untersuchungshaft die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen, so unerlässlich ist es doch anderseits, für jene Belange, die für eine vernünftige Anstaltsordnung wesentlich sind, einheitliche und von allen Gefangenen zu beachtende Regeln aufzustellen. Lässt es sich nicht vermeiden, Straf- und Untersuchungsgefangene in der gleichen Anstalt unterzubringen, so ist jedoch streng darauf zu achten, dass dem verschiedenen Haftzweck auch beim Vollzug Rechnung getragen wird (vgl. BGE 97 I 53). Untersuchungs- und Strafgefangene müssen voneinander getrennt bleiben, wie es in Ziff. 85/1 der "Règles minima pour le traitement des détenus" der Vereinigten Nationen (vgl. BGE 97 I 54 Erw. 4) ausdrücklich gefordert wird und übrigens auch im zürcherischen Recht vorgesehen ist (§ 76 StPO und § 59 GefängnisVO). |
Unzulässig, weil mit Wesen und Zweck der Untersuchungshaft nicht vereinbar und für eine vernünftige Gefängnisordnung nicht erforderlich, sind Freiheitsbeschränkungen mit Strafcharakter, sofern sie nicht Disziplinarmassnahmen darstellen. Daran ändert nichts, dass die Untersuchungshaft unter bestimmten Voraussetzungen von Gesetzes wegen auf Freiheitsstrafen anzurechnen ist (Art. 69 StGB; BGE 97 I 53). Weiter dürfen Untersuchungsgefangene während ihrer Inhaftierung nicht zur Arbeit gezwungen werden (BGE 97 I 52 ff.). Schliesslich sind auch jene Freiheitsbeschränkungen verfassungswidrig, die darauf abzielen, den Untersuchungsgefangenen zum Eingeständnis der ihm vorgeworfenen Verfehlungen zu nötigen.
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Richtet sich die Beschwerde jedoch gegen Freiheitsbeschränkungen, die dem Untersuchungsgefangenen im Interesse der Anstaltsordnung auferlegt werden, so rechtfertigt sich eine gewisse Zurückhaltung, denn der Entscheid hängt wesentlich von den Verhältnissen im betreffenden Gefängnis, insbesondere von den verfügbaren personellen und finanziellen Mitteln ab und wird zudem - wenn auch nur in geringem Masse - von den örtlichen Gebräuchen beeinflusst. Es ist nicht Sache des Verfassungsgerichts, eine einheitliche gesamtschweizerische Gefängnisordnung zu schaffen. Seine Aufgabe ist vielmehr darauf beschränkt, die Untersuchungsgefangenen insoweit vor übermässigen und daher verfassungswidrigen Eingriffen in die Garantie der persönlichen Freiheit zu schützen.
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In ähnlicher Weise ist Zurückhaltung geboten, wenn es über die Verhältnismässigkeit von Freiheitsbeschränkungen zu entscheiden gilt, die den Untersuchungsgefangenen mit Rücksicht auf den Zweck der Untersuchungshaft auferlegt werden.
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§ 32 GefängnisVO setzt das Lichterlöschen auf 20.30 Uhr fest. Diese Ordnung erscheint zwar ziemlich streng, und es mag durchaus zutreffen, dass es einzelnen Gefangenen vorübergehend schwer fällt, sich daran zu gewöhnen. Nach den Ausführungen des Gefängnisverwalters wird sie jedoch tolerant gehandhabt (Beginn der Nachtruhe um 21.30 Uhr), nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass die Gefängnisverordnung insoweit abgeändert werden soll. Unter diesen Umständen kann darin kein Verstoss gegen die Garantie der persönlichen Freiheit erblickt werden, denn die Beschränkung ist nicht unverhältnismässig.
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a) § 48 Abs. 2 GefängnisVO sieht vor, dass die Gefangenen nach einer Haftdauer von einer Woche einmal wöchentlich eine von der Gefängnisverwaltung abonnierte Zeitung oder Zeitschrift beziehen dürfen. Nach den Angaben der Gefängnisverwaltung wird diese Vorschrift im Bezirksgefängnis Zürich in der Weise gehandhabt, dass die im Verlaufe der Woche eintreffenden 144 Zeitungen aller drei Landessprachen jeweils am Samstag gleichmässig auf die vier Stockwerke der Anstalt verteilt werden; im weitern darf jeder Gefangene die Zeitung "Der Sport" verlangen, die während der ganzen Woche in 12 Exemplaren zirkuliert. Ausländer, die keine der drei Landessprachen beherrschen, erhalten einmal wöchentlich Zeitungen, die ihnen von den Angehörigen zugestellt werden.
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Gefängnisverwaltung und Bezirksanwaltschaft lehnen es ab, diese Ordnung zu lockern. Sie machen geltend, die Ermächtigung zum direkten Bezug von Zeitungen eigener Wahl, wie sie vom Beschwerdeführer verlangt werde, gefährde den Zweck der Untersuchungshaft, zumal eine wirksame Kontrolle und Überwachung durch die Gefängnisverwaltung aus sachlichen und personellen Gründen nahezu ausgeschlossen sei. Die Gefahr des Zuspielens geheimer Mitteilungen würde dadurch wesentlich erhöht, was der Kollusion Vorschub leisten würde und geeignet wäre, eine Flucht zu erleichtern. In diesem Zusammenhang sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass es sich beim Bezirksgefängnis Zürich um eine grosse Anstalt handle, in der sich durchschnittlich rund 110 Gefangene aufhielten. |
Die angefochtene Ordnung ist reichlich streng und hat für den Untersuchungsgefangenen, der gewohnt ist, am Geschehen in der näheren und weiteren Umgebung Anteil zu nehmen, erhebliche Einschränkungen zur Folge. Anderseits kann nicht bestritten werden, dass eine allzu weitreichende Lockerung den Zweck der Untersuchungshaft ernstlich in Frage stellen und die Kontrolle unverhältnismässig erschweren würde. So erscheint es zum vorneherein ausgeschlossen, Untersuchungsgefangene zum Bezug beliebig vieler Zeitungen freier Wahl zu ermächtigen. Fraglich ist dagegen, ob dem Gefangenen eine einzelne, frei gewählte und von ihm abonnierte Zeitung vorenthalten werden darf. In diesem Zusammenhang fällt in Betracht, dass die Gefahr der Verbreitung geheimer, den Zweck der Untersuchungshaft gefährdender Nachrichten auch in diesem Fall besteht und besonders in grösseren Gefängnissen nicht unterschätzt werden darf. Dazu kommt, dass die vom Beschwerdeführer verlangte Lockerung einen erheblichen Ausbau des Überwachungsdienstes erfordern würde (Durchblättern der eingehenden Zeitungen), was angesichts des heutigen Personalmangels mit grösseren Schwierigkeiten verbunden sein dürfte und aller Voraussicht nach unverhältnismässige finanzielle Aufwendungen des Gemeinwesens mit sich bringen würde, zumal eine Kontrolle nur dann sinnvoll sein könnte, wenn sie qualifizierten und erfahrenen Beamten übertragen würde. Wohl sind auch die privaten Interessen des Untersuchungsgefangenen grundsätzlich schutzwürdig, denn auch dieser ist unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit berechtigt, sich ein bestimmtes Mindestmass an Nachrichten über das Geschehen ausserhalb der Anstalt zu verschaffen. Selbst nach den erwähnten, für schweizerische Gerichte freilich nicht bindenden "Règles minima pour le traitement des détenus" der Vereinigten Nationen (vgl. BGE 97 I 54 Erw. 4) ist indessen anerkannt (Ziff. 90), dass dieses Recht mit Rücksicht auf den Zweck der Verhaftung und im Interesse einer vernünftigen Gefängnisordnung beschränkt werden darf. In Würdigung aller Umstände erscheint die dem Beschwerdeführer auferlegte Freiheitsbeschränkung nicht unverhältnismässig. Im Lichte der persönlichen Freiheit hält die angefochtene Regelung des § 48 Abs. 2 GefängnisVO somit vor der Verfassung stand. Sie liegt jedoch an der Grenze des Zulässigen, denn es dürfte sich grundsätzlich wohl ohne wesentliche Gefährdung des Haftzweckes und der Gefängnisordnung rechtfertigen lassen, die von der Gefängnisverwaltung abonnierten Zeitungen und Zeitschriften häufiger als bloss einmal wöchentlich zu verteilen und auf diese Weise den Interessen der Untersuchungsgefangenen vermehrt Rechnung zu tragen. Den Entscheid darüber, ob sich eine solche Lockerung auch im Bezirksgefängnis Zürich durchführen lässt, hat das Bundesgericht jedoch den zuständigen kantonalen Behörden zu überlassen (vgl. oben Erw. 6). |
b) Zu prüfen bleibt, ob das gemäss § 49 Abs. 3 GefängnisVO bestehende Verbot eines eigenen Radioempfängers vor der Verfassung standhält. Bezirksanwaltschaft und Gefängnisverwaltung begründen diese Freiheitsbeschränkung übereinstimmend damit, die Zulassung solcher Geräte verursache übermässigen Lärm und störe dadurch die Hausordnung; ferner könnten die Apparate in einer den Haftzweck gefährdenden Weise verwendet werden.
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Wie die Anklagekammer des Bundesgerichts im Urteil i.S. Frauenknecht (BGE 96 IV 45 ff.) erkannt hat, schliesst eine vernünftige Gefängnisordnung die Zulassung privater Radioempfänger nicht zum vorneherein aus, sofern die Gefangenen Kopfhörer verwenden. Die entsprechenden Erwägungen treffen sinngemäss auch auf den vorliegenden Fall zu, so dass an dieser Stelle darauf verwiesen werden kann. Würde das angefochtene generelle Verbot bloss mit der Gefährdung der Hausordnung begründet, so hielte es daher vor der Verfassung nicht stand, denn es wäre diesfalls offensichtlich unverhältnismässig. Bezirksanwaltschaft und Gefängnisverwaltung weisen jedoch nachdrücklich auf die Gefahren eines Missbrauchs hin. Sie bringen vor, solche Geräte eigneten sich vorzüglich als Versteck für Ausbruchswerkzeuge (kleine Sägen, Feilen u.a.m.), könnten unter Umständen zum unbefugten Abhören von nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Sendungen verwendet werden und ohne grossen Aufwand auch von einem Nichtfachmann in einen kleinen Sender umgebaut werden. Selbst strengste Sicherheitsvorkehren und Kontrollen vermöchten solche Missbräuche nicht zu verhindern, weshalb der Zweck der Untersuchungshaft ohne weiteres ein generelles Verbot rechtfertige. Die Untersuchungsgefangenen würden dadurch in ihrer persönlichen Freiheit nicht übermässig eingeschränkt, denn im Bezirksgefängnis Zürich bestehe eine Lautsprecheranlage, die an Sonntagen während ungefähr 4 Stunden und am Montag- und Donnerstagabend während je ungefähr 2 Stunden in Betrieb genommen werde und den Gefangenen seelsorgerische und unterhaltende Sendungen vermittle. |
Die von den kantonalen Behörden vorgebrachten Gründe reichen in der Tat aus, um den angefochtenen Eingriff in die persönliche Freiheit als verhältnismässig und daher zulässig erscheinen zu lassen. Erkundigungen bei den schweizerischen PTT-Betrieben haben nämlich ergeben,
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- dass mit gewöhnlichen, tragbaren Radio- und Fernsehgeräten unter bestimmten Bedingungen und in beschränktem Umfang Sendungen empfangen werden können, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind oder in gesetzwidriger Weise von Privaten ausgestrahlt werden,
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- dass Geräte im Handel sind, die sich besonders gut zum Empfang solcher Sendungen eignen oder eigens dafür eingerichtet sind,
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- dass auch gewöhnliche Empfangsgeräte mittels leicht vorzunehmender und schwer feststellbarer Änderungen zum Empfang solcher Sendungen umgebaut werden können,
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- dass in solche Apparate mit verhältnismässig geringem Aufwand kleine Sender mit beschränkter Reichweite eingebaut werden können und dass derartige Abänderungen auch von Fachleuten nur anlässlich einer eingehenden Überprüfung des Geräts festgestellt werden können.
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Unter diesen Umständen erscheint es durchaus verständlich und sachgemäss, wenn in kantonalen Gefängnisverordnungen die Benutzung von privaten Radioempfängern ausdrücklich untersagt wird, um den Zweck der Untersuchungshaft zu gewährleisten. Auch für diese Freiheitsbeschränkung bestehen mithin ausreichende öffentliche Interessen, welche gegenüber den privaten Interessen der Untersuchungsgefangenen überwiegen, so dass darin kein unzulässiger Eingriff in die Garantie der persönlichen Freiheit erblickt werden kann. Was die angefochtene Regelung für das Bezirksgefängnis Zürich anbelangt, so erscheint sie umso eher mit der Verfassung vereinbar, als die Untersuchungsgefangenen über die hauseigene Lautsprecheranlage ausgewählte Radiosendungen anhören können. Immerhin wäre es wünschenswert, wenn den Gefangenen vermehrt Gelegenheit zum Empfang solcher Programme gegeben würde, ist doch nicht ohne weiteres einzusehen, welche Unzukömmlichkeiten sich daraus ergeben könnten. Da jedoch das allein angefochtene generelle Verbot privater Radioempfänger nicht gegen die Verfassung verstösst und dem Vernehmen nach Reformbestrebungen im soeben angeregten Sinne im Gange sind, besteht für das Bundesgericht als Verfassungsgericht kein Grund zum Einschreiten. |
Aus dem Entscheid i.S. Frauenknecht (BGE 96 IV 45 ff.) vermag der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, denn die Anklagekammer des Bundesgerichts hatte damals als Aufsichtsbehörde eine Haftbeschwerde eines auch hinsichtlich des Haftvollzugs unmittelbar dem Bundesrecht unterstehenden Untersuchungsgefangenen zu beurteilen und schenkte den oben erörterten technischen Belangen keine besondere Beachtung, nicht zuletzt weil sie darauf weder von der Bundesanwaltschaft noch vom eidgenössischen Untersuchungsrichter aufmerksam gemacht worden war.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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