BGE 133 I 106 - Altbatterien |
12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG und Bundesamt für Umwelt sowie Eidgenössische Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
1A.61/2006 vom 11. Dezember 2006 |
Regeste |
Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II; Öffentlichkeitsgrundsatz, Publikation des bundesgerichtlichen Entscheids. |
Praxis zur Verkündung und Veröffentlichung bundesgerichtlicher Urteile (E. 8.2). Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Transparenz der Rechtsprechung und den privaten Geheimhaltungsinteressen (E. 8.3 und 8.4). |
Sachverhalt |
Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL, seit dem 1. Januar 2006 umbenannt in Bundesamt für Umwelt [BAFU]) verbot der X. AG mit Verfügung vom 11. Mai 2004 den Export von 50 Tonnen Altbatterien nach Frankreich zur Behandlung in der Abfallverwertungsanlage der X. SA. Die Rekurskommission für Infrastruktur und Umwelt (REKO/INUM) wies eine gegen dieses Verbot gerichtete Beschwerde der X. AG mit Urteil vom 23. Februar 2006 im Wesentlichen ab. Im Rahmen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gegen dieses Urteil beantragt die X. AG unter anderem den Ausschluss der Öffentlichkeit vom Verfahren (zu den übrigen Anträgen vgl. BGE 133 II 35). Das Bundesgericht weist diesen Antrag im Wesentlichen ab. |
Aus den Erwägungen: |
8.1 Der Grundsatz der Öffentlichkeit von Verfahren vor staatlichen Gerichten ergibt sich für die Verhandlung und Urteilsverkündung insbesondere in Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 Abs. 1 UNO-Pakt II (SR 0.103.2; Urteile des Bundesgerichts 1A.228/2003 vom 10. März 2004, E. 4.2 und 1P.298/2006 vom 1. September 2006, E. 2.2). Der Öffentlichkeitsgrundsatz bedeutet eine Absage an jegliche Form der Kabinettsjustiz. Er soll den Personen, die am Prozess beteiligt sind, eine korrekte Behandlung gewährleisten (BGE 119 Ia 99 E. 4a; ARTHUR HAEFLIGER/FRANK SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl., Bern 1999, S. 190; vgl. auch die Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I 1 ff., S. 184). Der Öffentlichkeitsgrundsatz will der Allgemeinheit aber auch ermöglichen, festzustellen, wie das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeübt wird, und liegt insoweit auch im öffentlichen Interesse (BGE 119 Ia 99 E. 2a und 4a; BGE 127 I 44 E. 2e; BGE 124 IV 234 E. 3c S. 239; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, a.a.O., S. 190 ff.). Die rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit verbietet einen Ausschluss dort, wo nicht überwiegende Gründe der staatlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit oder schützenswerte Interessen Privater dies vordringlich gebieten (Art. 17 Abs. 3 OG; BGE 119 Ia 99 E. 4a mit zahlreichen Hinweisen). |
Einem berechtigten Interesse der Beschwerdeführerin am Persönlichkeits- und Datenschutz wird mit der Anonymisierung des Urteils hinreichend Rechnung getragen. Sie darf indessen nicht dazu führen, dass das Urteil nicht mehr verständlich ist. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass Personen, die mit den Einzelheiten des Falles vertraut sind, erkennen können, um wen es geht. So verhält es sich jedoch bei nahezu allen Urteilen, welche das Bundesgericht der Öffentlichkeit zugänglich macht. Dies allein stellt keinen zureichenden Grund für einen Verzicht auf die Veröffentlichung dar. Andernfalls wäre eine transparente Rechtsprechung unmöglich (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1A.228/2003 vom 10. März 2004, E. 4.3). |
Dem Antrag, bei der Veröffentlichung des Urteils seien die Namen der Parteien und alle zur Identifikation geeigneten Details zu anonymisieren, kann somit in der absoluten Form, wie er gestellt ist, nicht entsprochen werden. Die Abwägung zwischen den privaten Geheimhaltungsinteressen der Beschwerdeführerin und den verfassungsmässig verankerten Interessen an der Durchsetzung des Öffentlichkeitsprinzips hat ergeben, dass auf den vorliegenden Fall die geltende allgemeine bundesgerichtliche Publikationspraxis anzuwenden ist, wie sie vorne dargelegt wurde. Für eine weitergehende Anonymisierung, wie sie etwa im Interesse des Jugendschutzes oder bei Sexualdelikten aus Gründen des Opferschutzes in Frage kommen kann, besteht kein Grund. Aus den Akten des vorliegenden Verfahrens ergibt sich im Übrigen, dass die Presse und weitere interessierte Kreise über die umweltrechtlichen Probleme bei der X. SA bereits informiert sind. Daran würde auch die Abdeckung gewisser Textstellen des vorliegenden Entscheids nichts ändern.
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