BGE 68 II 116 - Halterhaftung für Körperschäden |
20. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. April 1942 i. S. Basler Lebensversicherungsgesellschaft gegen Vock. |
Regeste |
Zusammenstoss mehrerer Motorfahrzeuge, Haftpflicht der beteiligten Halter für Körperschaden, Art. 39 MFG. |
Der Verweis von Art. 39 MFG auf "dieses Gesetz" bezieht sich nicht auf Art. 38 Abs. 2, sondern auf Art. 37 MFG (Erw. 1-4). |
Art. 2 BRB vom 26. März 1934/26. Januar 1937, der innerorts das in Art. 27 MFG aufgestellte Vortrittsrecht auf der Hauptstrasse aufhebt, ist gesetzmassig (Erw. S). |
Abwägung des Verschuldens und Quantitativ (Erw. 6 und 7). |
Collisìon de plusíeurs vehicules automobiles. Responsabilité des détenteurs en raìson des lisions corporelles causées. Art. 39 LA. |
Le renvoi de l'art. 39 LA à la "présente loi" ne vise point l'art. 38 al. 2 mais l'art. 37 (consid. 1 à 4). |
Legalite de l'art. 2 ACF des 26 mars 1934/26 janvíer 1937 qui supprime dans les localités la priorité instituée par l'art. 27 LA pour les véhicules circulant sur une route dèsignée comme principale (consid. 5). |
Appreciation de la faute et fixation des indemnites (consid. 6 et 7). |
Scontro di piu autoveicoli ; responsabilità dei detentori per lesioni corporali causate ; art. 39 LGAV. |
II rimando alla "presente legge" contenuto nell'art. 39 LCAV non si riferisce all'art. 38 cp. 2, ma all'art. 37 LCAV (Consid. 14). |
Legalita dell'art. 2 DCF 26 marzo 1934/26 gennaio 1937 ehe sopprime negli abitati il diritto di precedenza istituito dall'art. |
27 LCAV per gli autoveicoli ehe circolano su una strada designata come principale (Consid. 5). |
Apprezzamento della colpa e determinazione delle indennita (Consid. 6 e 7). |
Sachverhalt |
A. |
Der Kläger Vock stiess am Nachmittag des 24. September 1938 auf seinem Motorrad bei der Einmündung der Mühlebachstrasse in die Seestrasse in Thalwil mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Personenwagen des Hans Meier aus Basel zusammen. Vock kam aus der Mühlebachstrasse und bog nach links in die Seestrasse ein, um in der Richtung Zürich weiterzufahren. Meier kam auf der Seestrasse von Zürich her und beabsichtigte, die Einmündung der Mühlebachstrasse zu kreuzen. Die Verletzungen, die Vock beim Zusammenstoss erlitt, hatten ausser einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit eine dauernde Teilinvalidität zur Folge.
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B. |
Vock belangte die Haftpflichtversicherungsgesellschaft Meiers
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1) auf Ersatz seines Verdienstausfalles vom Unfall bis zum 30. April 1939 im Betrag von Fr. 1500.,
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2) auf Bezahlung des Betrages von Fr. 14,883.75 nebst 3 Y2 % Zins seit 1. Mai 1939 als Barwertentschädigung für eine Dauerinvalidität von 30 %, eventuell auf Bezahlung einer monatlich zum voraus zahlbaren lebenslänglichen Rente von Fr. 112.50 ab 1. Mai 1939,
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3) auf Bezahlung einer Genugtuungssumme von Fr. 2000..
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Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage.
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C. |
Das Bezirksgericht Horgen stellte auf Grund des von ihm durchgeführten Beweisverfahrens fest, dass der vorübergehende Verdienstausfall des Klägers vom 24. September 1938 bis zum 2. Februar 1942 Fr. 5915. ausmache. Die dauernde Invalidität schätzte das Gericht auf 30 %. Das monatliche Einkommen des Klägers nahm es mit Fr. 266.60 an und kam so, unter Berücksichtigung eines 10 % igen Abzuges wegen Verringerung der Lebenserwartung des Klägers, auf einen Barwert von Fr. 10,094.40.
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Von dem nach Abzug eines von der Beklagten bereits ausbezahlten Betrages von Fr. 580.50 noch verbleibenden Gesamtschaden von Fr. 15,428.90 zog das Bezirksgericht wegen eigenen Verschuldens des Klägers 1/4 = Fr. 3857.20 ab und verpflichtete die Beklagte zur Bezahlung von Fr. 11,571.70 als Schadenersatz, sowie von Fr. 1000. als Genugtuung. |
D. |
Gegen das Urteil des Bezirksgerichts vom 27. Juni 1941 appellierten beide Parteien an das Obergericht des Kantons Zürich. Der Kläger verlangte Zusprechung des ganzen Schadensbetrages von Fr. 16,009.40, abzüglich der bereits bezahlten Fr. 580.50, nebst 3 % Verzugszinsen seit 1. Mai 1939, sowie eine Genugtuungssumme von Fr. 2000..
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Die Beklagte trug auf Abweisung der Klage an, soweit sie den Betrag von Fr. 4000. überstieg.
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E. |
Das Obergericht Zürich kam zum Schlüsse, dass der Automobilist Meier das alleinige Verschulden am Unfall trage. Es verurteilte daher die Beklagte zur Bezahlung des gesamten Schadens von Fr. 15,428.90 und einer Genugtuungssumme von Fr. 2000.. Ferner sprach es dem Kläger 3 % % Verzugszinsen zu von Fr. 2679.50 seit 1. Mai 1939, von Fr. 3935. seit 1. Juli 1940, von Fr. 720. seit 1. Januar 1942 und von Fr. 10,094.40 seit 1. Februar 1942.
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F. |
Gegen das Urteil des Obergerichts vom 31. Oktober 1941 erklärte die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag auf Abweisung der Klage, soweit sie vor der oberen kantonalen Instanz noch streitig war.
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Der Kläger trägt auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides an.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung : |
1. Der Kläger, der selbst Motorfahrzeughalter ist, hat durch den Zusammenstoss seines Fahrzeuges mit demjenigen Meiers einen Körperschaden erlitten. Es liegt somit der Tatbestand des Art. 39 MFG vor, der bestimmt, dass sich die Ersatzpflicht für Körperschaden, den ein Motorfahrzeughalter durch einen andern erleidet, "nach diesem Gesetz" richtet. Die primär anwendbare Gesetzesbestimmung enthält also keine selbständigen Entscheidungsnonnen, sondern lediglich eine Verweisung, wo diese gefunden werden können, nämlich eben "in diesem Gesetz", d.h. im Motorfahrzeuggesetz. Dagegen ermangelt die Verweisung insofern der Klarheit, als es sich fragen kann, ob die Grundsätze, deren Anwendung gerufen wird, diejenigen des Art. 37 oder des Art. .38 Abs. 2 MFG sind. Diese Frage wird in der Literatur verschieden beantwortet. Die einen Autoren beziehen den Verweis auf Art. 38 Abs. 2 MFG (so Strebel, N. 1, 4 und 6 zu Art. 39 MFG ; Jäger in Schweiz. Jur. Ztg. 35 S. 1 ff.), die andern dagegen auf Art. 37 (Stadler, Komm, zum MFG, S. 85 ; Badertscher, MFG S. 146 ; Bussy, Code federal de la circulation, p. 90). Im Sinne einer Mittellösung endlich wird auch die Auffassung vertreten, dass Art. 39 grundsätzlich auf Art. 38 Abs. 2 verweise, dass aber dort, wo Billigkeitsgründe eine gewisse Freiheit des richterlichen Ermessens als wünschbar erscheinen lassen, auch Art. 37 herangezogen werden könne (so Bühlmann, Die rechtliche Stellung des geschädigten Automobilhalters nach Art. 39 MFG, S. 20 ff., insbes. S. 41). |
Das Bundesgericht hat die Streitfrage bisher offen gelassen, da praktisch in den meisten Fällen das Ergebnis dasselbe ist, ob man von der einen oder von der andern Bestimmung ausgeht. Dieses Ausweichen hat jedoch eine gewisse Rechtsunsicherheit zur Folge gehabt. Es hat zudem den Nachteil, dass jeder Fall im Lichte beider Gesetzesbestimmungen geprüft werden muss zur Feststellung, ob das Ergebnis dasselbe sei. Im Interesse der Rechtssicherheit wie auch der Ökonomie der Kräfte ist es daher am Platze, die Kontroverse ein für allemal zu entscheiden.
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2. Art. 37 MFG sieht in seinem ersten Absatz für Schädigungen, die durch den Betrieb eines Motorfahrzeu ges verursacht werden, grundsätzlich die Kausalhaftung des Halters vor. Absatz 2 sodann zählt für den Fall der Schuldlosigkeit des Halters gewisse Gründe der Haftungsbefreiung und der Haftungsbeschränkung auf. Abs. 3 endlich ordnet den Fall, in dem neben dem Verschulden des Geschädigten oder Dritten ein Verschulden des Halters oder der Personen, für die er verantwortlich ist, oder fehlerhafte Beschaffenheit des Motorfahrzeuges am Unfall mitgewirkt hat. Art. 37 MFG enthält mithin die allgemeinen und grundlegenden Bestimmungen über die Haftpflicht des Motorfahrzeughalters, wobei die Kausalhaftung in den Vordergrund gerückt ist. |
Demgegenüber stellt Art. 38 zunächst in Abs. 1 für den Fall der Schädigung eines Dritten durch mehrere Motor -fahrzeughalter den Grundsatz der Solidarhaft auf. In Abs. 2 sodann wird beigefügt, dass unter die beteiligten (d.h. schädigenden) Halter die Ersatzpflicht nach der Grosse ihres Verschuldens und beim Fehlen des Nachweises eines solchen nach Hälften zu verteilen ist ; er befasst sich also lediglich mit der Regelung des Regresses unter den Haltern für den dem Dritten zugefügten Schaden.
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Da Art. 39 MFG schlechthin auf dieses Gesetz verweist, führt schon eine bloss grammatikalische Auslegung zum Ergebnis, dass im Falle der Schädigung eines Halters durch einen andern Halter die Grundregeln des MFG anzuwenden sind. Diese finden sich aber unzweifelhaft in Art. 37 und nicht in dem bloss eine interne Regressregel enthaltenden Art. 38 Abs. 2 MFG.
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3. Zum gleichen Ergebnis gelangt man aber auch auf dem Wege der logischen Interpretation des Art. 39 MFG. Wenn Art. 37 MFG die Kausalhaftung in den Vordergrund stellt, so ist nicht einzusehen, wieso diese Ordnung nur platzgreifen soll, wenn der Geschädigte ein Nichthalter ist, nicht dagegen auch, wenn Schädiger und Geschädigter Halter sind. Die besondere Gefährdung durch ein Motorfahrzeug, in der die Kausalhaftung ihre innere Rechtfertigung findet, springt allerdings in beson derem Masse in die Augen, wenn ein Fussgänger durch ein Motorfahrzeug verletzt wird, weil in diesem Falle die besondere, dem Motorfahrzeug innewohnende Betriebsgefahr nur auf der einen Seite mitwirkt. Gerechtigkeit und Billigkeit rufen aber einer gleichen Berücksichtigung der besonderen Betriebsgefahr von Motorfahrzeugen auch dann, wenn diese zwar auf beiden Seiten vorhanden ist, auf der einen aber in höherem Masse als auf der andern. Der Argumentation, das MFG wolle ausschliesslich den gegenüber dem Automobil in inferiorer Stellung befindlichen Strassenbenützer, der nicht über mechanische Kräfte verfüge, vor den mit dem Gebrauch der letzteren verbundenen vermehrten Gefahren schützen (vergl. in diesem Sinne Jaeger a.a.O. S. 3 Spalte 2), kann daher nicht beigepflichtet werden. |
Sind die Betriebsgefahren ungefähr gleichbedeutend und dies dürfte in der Mehrzahl der Fälle zutreffen , so ergibt sich auf Grund von Art. 37 gleich wie nach Art. 38 Abs. 2 MFG eine hälftige Teilung, weil Art. 37, wie das Bundesgericht schon in BGE 64 II 436 ausgesprochen hat, entgegen der Auffassung von Strebel und Jaeger das Prinzip der Selbsttragung des vom Halter selbst verursachten Schadens enthält. |
Für den Fall eines bloss leichten Verschuldens des Geschädigten, der nicht Halter ist, sieht Art. 37 Abs. 2 Satz 2 vor, dass der Richter die Ersatzpflicht des Halters unter Würdigung aller Umstände festzusetzen habe ; er darf diese also kürzen, nicht dagegen ganz unterdrücken (vergl. Jaeger, a.a.O. S. 2 Spalte 2). Hat man es dagegen auf beiden Seiten mit Haltern zu tun, so muss natürlich auch auf Seiten des Geschädigten die von diesem zu vertretende Betriebsgefahr in Rechnung gestellt werden. Sind die beiden Betriebsgefahren ungefähr gleichwertig, so wird der Schaden in der Regel vom allein schuldigen Geschädigten zu tragen sein, was praktisch auf die auch von Art. 38 Abs. 2 vorgesehene Ordnung herauskommt. Eine Abweichung von dieser ergibt sich nur dann, wenn die vom schuldlosen Schädiger zu vertretende Betriebsgefahr diejenige des leichtschuldigen Geschädigten offensichtlich überwiegt. In diesem Falle hat der Richter die Ersatzpflicht des Schädigers unter Würdigung aller Verhältnisse festzusetzen.
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Grobes Verschulden des Schädigers schliesst die Mitberücksichtigung einer grösseren Betriebsgefahr auf Seiten des schuldlosen Geschädigten aus. Für den Schaden hat daher einzig der Schädiger einzustehen. Bloss leichtes Ver schulden des Schädigers lässt dagegen bei Zugrundelegung des Art. 37 MFG für eine Reduktion der Ersatzpflicht in Anwendung von Art. 41 MFG in Verbindung mit Art. 43 Abs. 1 OR Raum. Bei Anwendung von Art. 38 Abs. 2 MFG dagegen käme man wohl nicht darum herum, selbst bei nur leichtem Verschulden des Schädigers diesen den ganzen Schaden tragen zu lassen (so Jaeger, a.a.O. S. 2 Spalte 2 Fall 2). Eine Heranziehung des Art. 41 MFG (wie sie Strebel, N. 6 zu Art. 39 MFG in Betracht zieht), käme angesichts des kategorischen Wortlautes des Art. 38 Abs. 2 MFG kaum in Frage. Damit würde aber das allgemeine Prinzip verletzt, dass zwischen Schuld und Schadenersatz wenigstens B ein gewisser Rapport hergestellt werden soll R (vergl. darüber Becker N. 5 zu Art. 43 OR). Die Anwendung von Art 37 MFG führt daher auch in diesem Falle zu einer innerlich gerechtfertigteren Ordnung als Art. 38 Abs. 2 MFG. Liegt auf Seiten des leichtschuldigen Schädigers zudem noch die überwiegende Betriebsgefahr, so kann dies den Richter veranlassen, ihn zum Ersatz des vollen, dem schuldlosen Geschädigten erwachsenen Schadens zu verpflichten. Überwiegt gegenteils die Betriebsgefahr, die der schuldlose Geschädigte zu vertreten hat, so kann das unter Umständen zu einer gänzlichen Befreiung des Schädigers führen. |
In den Fällen, in denen beide Halter geschädigt sind, gelangen die vorstehenden Grundsätze entsprechend zur Anwendung. Das gleiche gilt für den Fall des Hineinspielens des Verschuldens eines Dritten. Höhere Gewalt hat entsprechend Art. 37 Abs. 2 MFG auch bei der Beteiligung zweier Halter die Befreiung von der Ersatzpflicht zur Folge. |
Nach Art. 27 Abs. 1 MFG hat der Führer eines Motorfahrzeuges bei Strassengabelungen und Strassenkreuzungen einem gleichzeitig von rechts kommenden Motorfahrzeug den Vortritt zu lassen. Ist aber eine Strasse als Haupt strasse gekennzeichnet, so hat nach Art. 27 Abs. 2 MFG das auf ihr verkehrende Fahrzeug den Vortritt. |
Mit Beschluss vom 26. März 1934/26. Januar 1937 hat der Bundesrat eine Liste von solchen Hauptstrassen mit Vortrittsrecht aufgestellt und sodann verfügt, dass innerorts bei allen Strassenkreuzungen und Strasseneinmündungen das Vortrittsrecht von rechts gelte.
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In der Literatur ist die Gesetzmässigkeit dieses BRB in Zweifel gezogen worden (vergl. namentlich Strebel N. 18 zu Art. 27 MFG). Es ist zunächst die Frage aufgeworfen worden, ob es überhaupt Sache des Bundesrates und nicht vielmehr der Kantone sei, zu bestimmen, welche Strassen im Sinne des Art. 27 Abs. 2 MFG Hauptstrassen seien. Die Kompetenz des Bundesrates darf jedoch nach dieser Richtung hin unbedenklich bejaht werden. Zwar ist sie ihm in den Ausführungsbestimmungen des Art. 69 MFG nicht ausdrücklich zugeschieden worden. Allein die dortige Aufzählung ist nicht abschliessend, wie ohne weiteres aus der Wendung ersichtlich ist, dass der Bundesrat B namentlich R über die nachher angeführten Punkte Vorschriften erlassen werde. Abgesehen hie von ist die Bezeichnung der Hauptstrassen durch eine zentrale Stelle nach einheitlichen Gesichtspunkten auch sachlich gerechtfertigt. Es könnte zu Störungen des Verkehrs und möglicherweise sogar zu Gefährdungen führen, wenn ein und dieselbe durchgehende Strasse im einen Kanton als Hauptstrasse behandelt würde, im Nachbarkanton dagegen nicht. In der Bezeichnung der Hauptstrassen durch den Bundesrat selbst kann daher keine Gesetzwidrigkeit erblickt werden.
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Im weiteren ist bezweifelt worden, ob der Bundesrat die Befugnis gehabt habe, das Vortrittsrecht auf der Hauptstrasse innerorts aufzuheben. Die Gültigkeit dieser Bestimmungi die von der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts in BGE 64 II 157 noch offen gelassen wurde, ist Vom Kassationshof in BGE 65 I 52 bejaht worden. Von diesem Entscheid, der dem nun schon seit Jahren bestehenden Rechtszustand Rechnung trägt und auch den praktischen Bedürfnissen entspricht, besteht kein Anlass abzuweichen. Die Kompetenz des Bundesrates lässt sich darauf stützen, dass Art. 69 Abs. 4 MFG ihn ermächtigt, einheitliche Vorschriften für den Lokalverkehr aufzustellen und damit auch eine sinngemässe und praktisch vernünftige gegenseitige Abgrenzung der beiden ihm zustehenden Kompetenzen zur Bezeichnung der Hauptstrassen einerseits und zur Regelung des Lokalverkehrs anderseits vorzunehmen. |
6. Da nun die Mühlebachstrasse innerorts in die Seestrasse einmündet, stand das Vortrittsrecht unzweifelhaft dem auf ihr von rechts kommenden Kläger zu, wie auch die beiden Vorinstanzen übereinstimmend angenommen haben. Dies schliesst jedoch nicht ohne weiteres jedes Verschulden seinerseits aus. Es fragt sich vielmehr, ob er sein Recht mit der Sorgfalt ausgeübt hat, die demjenigen zugemutet werden muss, der aus einer Nebenstrasse in eine Hauptverkehrsader einmündet, wie dies gerade hier der Fall war (vergl. BGE 64 II 157 Erw. 2). Diese Frage ist mit der Vorinstanz zu bejahen. Denn als der Kläger, der nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz mit der sehr massigen Geschwindigkeit von 15 km fuhr, soweit Einblick in die Seestrasse gewonnen hatte, dass er einen Entschluss fassen konnte, ob er die Überquerung vornehmen dürfe oder nicht, erblickte er das Automobil Meiers noch nicht, obwohl er sich pflichtgemäss nach jener Seite orientierte ; dieses war also noch hinter der leichten Kurve, die die Seestrasse dort beschreibt, verborgen. Unter diesen Umständen kann dem Kläger aber kein Vorwurf gemacht werden, wenn er die Strasse zu überqueren begann. Als er dann, um den Bruchteil einer Sekunde später, das Auto Meiers auftauchen sah, war er schon so weit in der Strassenkreuzung drin, dass sich für ihn die Frage gar nicht mehr stellen konnte, ob er auf die Ausübung seines Vortrittsrechtes verzichten solle oder nicht ; es konnte sich vielmehr für ihn nur noch darum handeln, durch Ausweichen den Zusammenstoss zu verhüten. Bei dieser Sachlage kann daher dem Kläger auch nicht eine Verletzung des Grundsatzes zur Last gelegt werden, wonach der Vortrittsberechtigte, der sieht, dass der Unberechtigte sein Recht missachtet, selber alles tun muss, um einen Unfall zu verhüten und nicht auf der Ausübung seines Vortrittsrechtes beharren darf (BGE 66 I 118) ; denn da er im entscheidenden Moment das herankommende Auto nicht sehen konnte, lag für ihn kein Anhaltspunkt dafür vor, dass ein Zusammenstoss drohe. Der Unfall muss vielmehr, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, ausschliesslich auf die unvorsichtige Fahrweise des Meier zurückgeführt werden, der das vor der Einmündung angebrachte Signal übersah, mit der ganz erheblich übersetzten Geschwindigkeit von 55 km innerorts in eine unübersichtliche Rechtskurve fuhr und zuletzt nach links, also ausgerechnet gegen den Kläger zu, abschwenkte. Zu dieser Linksschwenkung will Meier allerdings durch ein falsches Manöver des Klägers veranlasst worden sein, das den Eindruck erweckt habe, er wolle links ausweichen. Demgegenüber hat jedoch die Vorinstanz festgestellt, dass der Kläger korrekt weit ausholend in die Seestrasse eingefahren sei. Wenn sie eine durch den Schreck über das plötzliche Auftauchen Meiers verursachte momentane Unsicherheit als entschuldbar ansah, so ist ihr darin ohne weiteres beizupflichten. Schliesslich war dem Kläger auch nicht zuzumuten, dass er hätte bremsen sollen, da er mit einem vorschriftswidrigen Ausweichen Meiers in der Tat nicht zu rechnen brauchte. |
7. Das Verschulden des Meier kann nun nicht als leicht angesprochen werden. Zudem barg sein Auto im Verhältnis zum Motorrad des Klägers die überwiegende Betriebsgefahr in sich. In Anwendung der eingangs entwickelten allgemeinen Grundsätze ergibt sich daher ohne weiteres, dass Meier, bezw. die Beklagte als sein Haftpflichtversicherer, für den ganzen Schaden des Klägers einzustehen hat. Dieser beläuft sich nach den Feststellungen der Vorinstanz, die von rechtlich zutreffenden und daher von der Beklagten mit Recht nicht angefochtenen Gesichtspunkten ausgegangen ist, auf insgesamt Fr. 15,428.90. |
Als Genugtuungssumme sodann, auf die der Kläger nach den von der Vorinstanz richtig angewendeten Grundsätzen des Art. 42 MFG Anspruch hat, erscheint der im angefochtenen Entscheid zugesprochene Betrag von Fr. 2000. als angemessen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |