BGE 109 II 483
 
101. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. November 1983 i.S. Computerland Europe S.à.r.l. gegen Computerland AG (Berufung)
 
Regeste
Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. d UWG. Unlauterer Wettbewerb durch Gebrauch einer fremden Firma.
2. Wettbewerbsverhältnis zwischen einer inländischen Gesellschaft und dem ausländischen Unternehmen, das in der Schweiz um Franchise-Nehmer wirbt. Verwechslungsgefahr wegen identischer Firmenbezeichnung und überschneidender Werbung (E. 3 und 4).
3. Ausnützung fremder Werbung und Wettbewerbsbehinderung durch die Wahl einer gleichen Firma (E. 5 und 6).
 
Sachverhalt


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A.- Die Computerland Corporation wurde 1976 in Kalifornien gegründet. Sie verfügt über ein weltweites Franchise-System, mit dem sie Computer samt Zubehör und

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Programmen an ihre Franchise-Nehmer vertreibt. Es handelt sich dabei um Detailgeschäfte, die vom zentralen Einkauf und vom reichhaltigen Angebot sowie von der Werbung und vom Image der amerikanischen Gesellschaft profitieren können. Ihre Tochtergesellschaft in Luxemburg, welche die Firma Computerland Europe S.à.r.l. führt, vergab seit 1978 unter dem Namen Computerland Lizenzen für Franchise-Geschäfte nach Belgien, Schweden, Frankreich, Deutschland und Dänemark.
Am 15. April 1980 wurde im schweizerischen Handelsregister die Firma Computerland AG eingetragen, die in Bern ein Geschäft für Kleincomputer eröffnete.
B.- Im Juni 1981 klagte die Computerland Europe S.à.r.l. gegen die Computerland AG mit dem Begehren, der Beklagten bei Strafe zu verbieten, die Bezeichnung "Computerland" in ihrer Firma oder als Firmenschlagwort im Geschäftsverkehr, in Drucksachen, Reklame, Telegramm- und Telexadressen oder sonstwie zu verwenden. Sie warf ihr unlauteren Wettbewerb und Verletzung des Namensrechtes vor.
Das Handelsgericht des Kantons Bern wies die Klage am 14. Dezember 1982 ab, weil die Bezeichnung "Computerland" in der Schweiz vor Gründung der Beklagten keine Verkehrsgeltung erlangt habe und der Klägerin auch keine Ansprüche aus Wettbewerbsrecht zuständen.
C.- Die Klägerin hat Berufung eingereicht, mit der sie an ihrem Rechtsbegehren festhält.
Das Bundesgericht hält die Berufung für begründet und heisst die Klage in Anwendung von Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. d UWG gut.
 
Aus den Erwägungen:
2. Das Handelsgericht geht zutreffend davon aus, dass vorliegend die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des geistigen Eigentums (PVÜ) in der Stockholmer Fassung von 1967 anwendbar ist (SR 0.232.04), die von Luxemburg und der Schweiz ratifiziert worden ist. Als Angehörige eines Verbandslandes ist die Klägerin in der Schweiz wie eine inländische Gesellschaft zu behandeln (Art. 2 PVÜ); das gilt insbesondere für ihren Handelsnamen (Art. 8 PVÜ) und den Schutz gegen unlauteren Wettbewerb (Art. 10bis PVÜ). Das angefochtene Urteil legt sodann dar, dass und warum eine Gutheissung der Klage nur unter namens- und wettbewerbsrechtlichen

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Gesichtspunkten in Frage kommt (BGE 98 II 59 E. 1, BGE 90 II 317 E. 2 mit Hinweisen). Auch das wird zu Recht von keiner Seite beanstandet.
Unter Berufung auf BGE 79 II 305ff. und die neuere Rechtsprechung will das Handelsgericht den namensrechtlichen Schutz jedoch davon abhängig machen, dass die Klägerin ihren Geschäftsbereich auf die Schweiz ausgedehnt und hier durch ihre Tätigkeit ein Gebrauchsrecht am Namen erworben habe. Es findet, da es sich bei "Computerland" um eine schwache Bezeichnung aus zwei Sachangaben handle, hätte die Klägerin nachweisen müssen, dass sie auf dem schweizerischen Computermarkt in nennenswertem Umfang Geschäfte getätigt oder sonst Notorietät genossen und ihr Name sich hier im Verkehr durchgesetzt habe. Von nachgewiesener Verkehrsgeltung könne aber keine Rede sein und eine eigene Geschäftstätigkeit oder Notorietät seien nicht einmal behauptet worden.
a) Nach Auffassung des Handelsgerichts darf der Handelsname der Klägerin in diesem Sinne nur für den Fall geschützt werden, dass er im April 1980 in der Schweiz bereits in nennenswertem Umfang gebraucht worden ist oder eine gewisse Notorietät erlangt hat. Die Vorinstanz kann sich dafür auf die von ihr zitierte Rechtsprechung berufen, welche eine Verwechslungsgefahr und damit auch eine entsprechende Bekanntheit beider Unternehmen in der Schweiz voraussetzt (BGE 79 II 314, ferner BGE 90 II 199, BGE 91 II 123; vgl. auch BGE 102 II 117). An dieser Rechtsprechung hat BGE 98 II 57 ff., den die Klägerin zitiert, nichts geändert. Dort wurde wegen der Bekanntheit der deutschen Commerzbank in der Schweiz eine Verwechslungsgefahr angenommen, weil der Name "Standard Commerz Bank" Kunden zum Schluss verleiten konnte, sie

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könnten sich über diese Bank an die deutsche wenden und würden von beiden gleich vorteilhaft bedient. Immerhin wurde für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses als genügend betrachtet, dass auch die deutsche Bank in der Schweiz Kunden suche (S. 60), im Unterschied z.B. zum Fall zweier Kinotheater in Lausanne und Brüssel, die sich unbekümmert um ihren gleichen Namen "Cinéac" nicht an das gleiche Publikum wendeten (BGE 76 II 94 E. 7). Dieser Unterschied gilt nach Meinung des Handelsgerichts auch vorliegend, da niemand aus dem Geschäftsgebiet der Beklagten 500 km fahre, um einen Kleincomputer zu kaufen, wenn die bekannten Marken auch in der Schweiz erhältlich seien und der Kundendienst durch die weit entfernten Franchise-Läden der Klägerin erheblich erschwert werde.
b) Indem das Handelsgericht den Sachverhalt nicht nur in diesem, sondern auch in anderem Zusammenhang aus der Sicht der Kunden würdigt, die sich für einen Kleincomputer interessieren, verkennt es die Streitfrage. Nach seinen tatsächlichen Feststellungen, die das Bundesgericht binden und zu Recht von keiner Seite bestritten werden, verkauft die Klägerin die von ihr eingekauften Artikel nicht an Endabnehmer, sondern an Detailgeschäfte, die dann die Firma "Computerland" führen dürfen und von der Werbung und vom Image der weltweiten Organisation profitieren können. Die von der Klägerin geltend gemachten Nachteile liegen deshalb nicht in der Konkurrenzierung ihrer deutschen Franchise-Nehmer durch die Beklagte, sondern darin, dass die Beklagte mit der Wahl der Firma "Computerland AG" die Klägerin davon abhält, in der Schweiz unter ihrem angestammten Namen Franchise-Verträge mit Detailgeschäften abzuschliessen. Das erhellt aus ihren Sachvorbringen, die das Handelsgericht sinngemäss übernommen hat und die durch die Akten bestätigt werden.
Bei dieser Sachlage ist unerheblich, dass die Klägerin vor April 1980 in der Schweiz keine Kleincomputer verkauft hat und dass die Kunden sich nur für das Erzeugnis, nicht für den Namen des Geschäfts interessieren. Entscheidend ist dagegen, ob die Klägerin als Franchise-Unternehmen damals in der Schweiz bereits tätig geworden oder ausreichend bekannt gewesen sei, wobei diese Frage entgegen der Auffassung der Beklagten aus der Sicht der Fachleute, nicht der Kunden von Detailgeschäften zu beantworten ist.
4. Die Klägerin macht geltend, sie habe nachweisbar schon vor April 1980 in der Schweiz mit vier Personen über die Eröffnung eines Franchise-Geschäfts verhandelt, und

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sie hat sich dafür auf Zeugen berufen. Beides trifft nach ihrer Replikschrift zu. Ihre Vorbringen sind offenbar im kantonalen und im Berufungsverfahren unbestritten geblieben. Ob das Bundesgericht den Sachverhalt gestützt darauf vervollständigen könnte (Art. 64 Abs. 2 OG) oder die Sache gemäss Eventualantrag der Klägerin wegen Verletzung von Art. 8 ZGB an die Vorinstanz zurückweisen müsste (Art. 64 Abs. 1 OG), kann offen bleiben, wenn das Klagebegehren aus den nachfolgenden Erwägungen so oder anders gutzuheissen ist.
a) Nach dem angefochtenen Urteil beruht das weltweite Franchise-System der Computerland Corporation u.a. auf dem Gedanken, dass die angeschlossenen Detailgeschäfte sich die Werbung und das Image der Gesellschaft zunutze machen sollen. Die Klägerin will schon vor der Gründung der Beklagten in europäischen Fachzeitschriften, die auch in der Schweiz gelesen werden, geworben haben; vor Handelsgericht hat sie zudem auf Inserate in Zeitschriften verwiesen, die für ein breites Publikum bestimmt sind. Das angefochtene Urteil bemerkt dazu bloss, dass eine solche Werbung nicht genügt habe, der Klägerin in der Schweiz Verkehrsgeltung zu verschaffen. Die Werbung an sich ist unbestritten und belegt durch Inserate der Klägerin und der Franchise-Unternehmen; die einen richten sich an Interessenten für Computergeschäfte, die andern an Computerkunden. Unbestritten ist ferner, dass die Beklagte nach ihrer Gründung teils in den gleichen Zeitschriften, insbesondere im Fachmagazin "Chip", inseriert hat, das dafür auch von anderen Schweizer Detailgeschäften benutzt wird. Das kann nur heissen, dass diese Zeitschrift und damit die Werbung der Klägerin auch für die Schweiz bestimmt war.
Diese Werbung zeigt, dass die Klägerin die Schweiz in ihr Tätigkeitsgebiet eingeschlossen hat. Als europäische Zweigniederlassung einer weltweit organisierten Computerfirma hatte sie die Aufgabe, in Europa unter der Bezeichnung "Computerland" Franchise-Nehmer zu gewinnen, was ihr nach der Feststellung der Vorinstanz zwischen Dezember 1978 und Januar 1980, also noch vor der Gründung der Beklagten, bereits in Brüssel, Stockholm, Paris, Hamburg, Kopenhagen und Rennes gelungen ist. Dass sie die Schweiz ausnehmen werde, war nicht zu erwarten. Am 27. August 1981 liess die Klägerin in Zürich denn auch ein Franchise-Geschäft eröffnen, für das sie freilich nicht mehr den Namen "Computerland" verwenden durfte, weil die Beklagte ihr im April 1980 mit der Firmenwahl zuvorgekommen war. Dass das deshalb unter dem Namen "Computron AG" geführte Geschäft

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nicht mehr von der Werbung und dem Image der Firmengruppe profitieren konnte, liegt ebenso auf der Hand wie die Feststellung, dass beides nunmehr der Beklagten zugute kam.
b) Identität der Firmenbezeichnung und überschneidende Werbung reichen aber aus zur Annahme einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG. Auch wenn "Computerland" aus zwei Sachbezeichnungen zusammengesetzt ist, erweist sich die Verbindung entgegen der Auffassung der Vorinstanz als originell genug, dass Fachleute und weitere Kreise auf Identität oder doch auf engen Zusammenhang der beiden Unternehmen schliessen müssen. Freilich folgt das Handelsgericht aus Zeugenaussagen, dass für Interessenten die Ware und nicht der Name des Geschäfts massgebend sei. Wie ausgeführt, kommt es vorliegend jedoch nicht auf das Verständnis der Endabnehmer, sondern auf das Interesse von Fachleuten an, die ein Franchise-Geschäft eröffnen oder sich an das Franchise-System anschliessen möchten. Einzelne Zeugen haben übrigens die Verwechslungsgefahr auch aus der Sicht des Kunden bestätigt. So nahm einer an, die Beklagte gehöre zu den Computerland-Unternehmen und diese Bezeichnung sei ein guter Begriff. Ein weiterer war zunächst der Meinung, der Laden der Beklagten sei einer der Computerland-Kette, bis ihm das auf seine Frage hin verneint worden sei. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Beklagten sodann erklärte als Zeuge, hin und wieder gefragt worden zu sein, ob der Laden dem amerikanischen Computerland-Unternehmen gehöre.
5. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, ihre Firma "in piraterischer Absicht" übernommen und schmarotzerisch ausgenützt zu haben. Die Beklagte bestreitet dies, weil sie nach dem Beweisergebnis damals die Klägerin gar nicht gekannt habe. Ein solches Beweisergebnis ist dem angefochtenen Urteil indes nicht zu entnehmen. Es ist auch wenig wahrscheinlich, dass es sich bei der streitigen Firmenbezeichnung um eine "zufällige Parallelschöpfung" handelte, wie im kantonalen Verfahren behauptet wurde. Viel wahrscheinlicher ist die Vermutung des Zeugen Meier, der Gründer der Gesellschaft sei durch Lesen von Fachzeitschriften auf den Namen "Computerland" gekommen. Was die Beklagte mit ihrer Firmenwahl beabsichtigt hat, ist jedoch nicht festgestellt und auch nicht entscheidend. Unlauterer Wettbewerb setzt weder bösen Glauben noch ein Verschulden, sondern bloss ein objektiv gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten voraus (BGE 97 II 160, BGE 90 II 322 mit Hinweisen).


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Dass die Firma der Beklagten zu Verwechslungen mit dem Unternehmen der Klägerin führen oder doch den unzutreffenden Eindruck einer engen Verbindung der beiden Gesellschaften erwecken kann, braucht die Klägerin sich nicht gefallen zu lassen (BGE 98 II 65, BGE 90 II 321 E. 3d; TROLLER, II S. 1041; P. TROLLER, Kollisionen zwischen Firmen, Handelsnamen und Marken, Diss. Bern 1980 S. 139). Selbst wenn die Klägerin im massgebenden Zeitpunkt noch nicht in der Schweiz tätig war, warb sie durch Inserate doch auch hier für ihre Waren und Leistungen; das genügt (BGE 98 II 62 E. 2b). Mit der Wahl ihrer Firma hat die Beklagte diese Werbung für sich ausgenützt, was als unlauter zu bezeichnen ist (TROLLER, II S. 1060; P. TROLLER, S. 126 und 209 f.).
Die erforderliche Beeinträchtigung der Klägerin durch Ausnützung dieser Werbung ist auch in diesem Zusammenhang nicht darin zu erblicken, dass die Beklagte in Bern den bestehenden Franchise-Geschäften in Deutschland und Frankreich Kunden entzogen hätte, sondern sie liegt in der Behinderung der Klägerin, in der Schweiz selber solche Geschäfte zu eröffnen. Aufgrund ihrer Werbung musste der schweizerische Fachmann damit rechnen, dass die Klägerin ihr Franchise-System auf die Schweiz ausdehnen werde. Dass es sich dabei um eine künftige Entwicklung handelte, schliesst ihre Berücksichtigung nicht aus (VON BÜREN, Wettbewerbsgesetz, S. 25 N. 60; TROLLER, II S. 1041 f.; TROLLER in GRUR Int. 59/1957 S. 340; vgl. auch BGE 80 II 148). Jedenfalls muss das dann gelten, wenn aus der Werbung einer weltweiten Organisation wie hier geschlossen werden muss, dass sie ein bereits bestehendes Filialnetz in näherer Zukunft auf weitere Gebiete ausdehnen werde (P. TROLLER, S. 127 und 209 f.; zum vergleichbaren deutschen Rechtszustand: BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 13. Aufl. Einleitung N. 218 sowie N. 35 zu § 16; zur Problematik im gemeinsamen Markt der EG: KNAAK in GRUR Int. 84/1982 S. 651 ff.).
6. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und das Rechtsbegehren der Klägerin wegen Missbrauchs des wirtschaftlichen Wettbewerbs der Beklagten durch eine Firmenwahl, die gegen Treu und Glauben verstösst, in Anwendung von Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d UWG zu schützen. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, namentlich im Sinne des Commerzbank-Entscheides (BGE 98 II 57 ff.), steht dem nicht im Wege. Die gegenteilige Auffassung des Handelsgerichts erklärt sich dadurch, dass es die Sache zu sehr aus der Sicht des Endabnehmers beurteilt und die besondere Vertriebsform der Klägerin,

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die ihre Produkte durch Detailgeschäfte in Lizenz verkaufen lässt, ausser acht lässt (vgl. W.R. SCHLUEP, Der Franchisevertrag, in Schweizerisches Privatrecht Bd. VII/2 S. 849 ff.).
Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, wie das Rechtsbegehren der Klägerin nach Art. 29 ZGB zu beurteilen wäre.