71. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung
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vom 16. Juni 1987 i.S. V. gegen F. (Berufung)
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Regeste
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Art. 216 Abs. 2 OR. Umfang des Beurkundungszwanges.
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Sowohl die objektiv wie die subjektiv wesentlichen Vertragspunkte sind zu beurkunden. Objektive Nebenabreden fallen jedoch nur dann zufolge subjektiver Wesentlichkeit unter den Formzwang, wenn sie ihrer Natur nach unmittelbar den Kaufrechtsvertrag betreffen, d.h. das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung berühren (E. 2a).
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Ein zu marktüblichen Bedingungen gewährtes Darlehen muss nicht öffentlich beurkundet werden, auch wenn dessen Hingabe einen entscheidenden Beweggrund für den Abschluss des Kaufrechtsvertrages gebildet hat (E. 2b).
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BGE 113 II 402 (402): Sachverhalt
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A.
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Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 1. Juni 1981 räumte F. dem V. ein bis zum 15 März 1986 befristetes Kaufrecht BGE 113 II 402 (403):
an einer Liegenschaft ein. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von Fr. 8,5 Mio. verurkundet, zu tilgen durch Übernahme der Grundpfandschulden bei Ausübung des Rechtes und Barzahlung des Restbetrages. Eine weitere Klausel des Kaufrechtsvertrages bestimmte, dass ein allfälliges Darlehen des Berechtigten oder einer ihm nahestehenden Firma an den Verkäufer mit dem Kaufpreis verrechnet werde.
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Am selben Tag, am gleichen Ort und in Anwesenheit der nämlichen Personen schlossen die Parteien überdies einen schriftlich abgefassten Darlehensvertrag, in welchem sich V. zur Hingabe von Fr. 8 Mio. an F. und dieser zur Verzinsung derselben mit 5 Prozent pro Jahr -- dem damals üblichen Hypothekarzinssatz -- verpflichtete. Das Darlehen sollte bis zum 15. März 1986 dauern, jedoch vorzeitig endigen, sofern "diese Darlehenssumme unter den Parteien gemäss separatem Vertrag vor Ablauf der vorerwähnten festen Dauer verrechnet werden" könne. Zur Sicherung des Darlehens bestellten die Parteien auf der Liegenschaft des F. eine Grundpfandverschreibung im Nachgang zu den bestehenden Pfändern. Durch die Gewährung dieses Darlehens sollten Differenzen über die Höhe des Kaufpreises bereinigt werden, da F. sich erhoffte, bei günstiger Anlage der Darlehensmittel zusätzliche Einkünfte zu erzielen.
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B.
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Mit Klage vom 23. November 1984 beantragte F., es sei festzustellen, dass der Kaufrechtsvertrag nichtig und unverbindlich sei. Er machte u.a. Formungültigkeit mangels öffentlicher Beurkundung des Darlehensvertrages geltend. V. widersetzte sich der Klage und übte das Kaufrecht fristgerecht aus.
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Mit Urteil vom 3. Dezember 1985 wies das Bezirksgericht die Klage ab. Demgegenüber erkannte das Kantonsgericht im Entscheid vom 3. Dezember 1986 auf Nichtigkeit von Kaufrechts- und Darlehensvertrag mangels umfassender öffentlicher Beurkundung und verwarf gleichzeitig die Einrede des Rechtsmissbrauchs.
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Erwägungen:
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Aus den Erwägungen:
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Erwägung 2
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BGE 113 II 402 (404):
Der Begriff der öffentlichen Beurkundung ist jedoch ein solcher des Bundesrechts, welches auch den Umfang des Formzwanges bestimmt (BGE 106 II 147; GAUCH, in: Baurecht 1986, S. 81). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes und der herrschenden Lehre fallen dabei sowohl die objektiv als auch die subjektiv wesentlichen Vertragspunkte unter die Formvorschrift des Grundstückkaufvertrages (BGE 106 II 148; BGE 95 II 310; MEIER-HAYOZ, N 84 ff. zu Art. 657 ZGB; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N 28 zu Art. 11 OR; a.M. HAAB, N 16 ff. zu Art. 657 ZGB, welcher nur die objektiv wesentlichen Punkte dem Beurkundungszwang unterstellen will). Allerdings folgt daraus nicht, dass der Formzwang sich auf sämtliche Punkte erstreckt, die für den Abschluss des in Frage stehenden Vertrages wesentlich sind (so zum Beispiel LIVER, Schweizerisches Privatrecht V/1 S. 136 f.). Denn wie die jüngere Lehre richtig differenziert, sind mit den wesentlichen Vertragspunkten, die der Form bedürfen, nur solche Abmachungen gemeint, die ihrer Natur nach unmittelbar den Inhalt des Grundstückkaufvertrages betreffen (CAVIN, SPR VII/1, S. 131; GAUCH, a.a.O., S. 82; BRÜCKNER, ZBGR 64/1983 S. 65 ff., 79). Dies ist auch die Meinung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 90 II 37). Der Formzwang erstreckt sich bloss auf Abmachungen im Rahmen des Kaufvertrages, nicht auf sonstige Übereinkünfte, auch wenn für die Parteien der Bestand der einen Abrede conditio sine qua non für die Zustimmung zur zweiten darstellt (BGE 107 II 216, Nr. 29; BGE 78 II 439; GAUCH a.a.O.; SCHMIDLIN, N 102 zu Art. 11 OR).
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Objektive Nebenabreden fallen mithin nur dann zufolge subjektiver Wesentlichkeit unter den Formzwang, wenn sie ihrer Natur nach vom Rahmen eines Kaufvertrages erfasst werden. Dabei müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Einerseits muss die eingegangene Verpflichtung ihren Rechtsgrund in einem Anspruch haben, der nicht ausserhalb des natürlichen Inhalts der Vereinbarung steht, indem das Versprochene die Gegenleistung für den Preis oder für die Überlassung des Eigentums darstellt. Anderseits muss die Verpflichtung in den Rahmen eines Kaufvertrages fallen, die rechtliche Situation der Kaufsache beeinflussen und unmittelbar den Geschäftsinhalt betreffen (BGE 90 II 37 f.). Formbedürftig sind daher von vorneherein nur Abreden, welche das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung des Kaufvertrages berühren. Es genügt nicht, wenn die eine Verpflichtung bloss Anlass zur andern ist, zwei Verträge beispielsweise in kausaler Abhängigkeit zueinander BGE 113 II 402 (405):
stehen (SCHMIDLIN, a.a.O.). Entscheidend ist die Einheit des Vertrages, welche sich allein nach dem Vertragsinhalt beurteilt und äussere Umstände und Abhängigkeiten unberücksichtigt lässt. Sie wird nicht dadurch begründet, dass das eine Geschäft für den Abschluss des anderen kausal gewesen ist oder beide gleichzeitig vereinbart worden sind. (WEISS, Die Rechtsverhältnisse beim gemischten Vertrag nach schweizerischem Obligationenrecht, S. 30).
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Die beiden Verträge sind zudem nicht in dem Sinn gegenseitig voneinander abhängig gemacht worden, dass der eine ohne den andern nicht gelten sollte. Dass der Abschluss des einen Beweggrund für den andern gewesen ist, genügt nach dem Gesagten nicht, beide dem Beurkundungszwang zu unterstellen. Ebensowenig reicht hiefür die Verrechnungsmöglichkeit der Darlehensschuld mit der Kaufpreisforderung aus. Schliesslich sind Formvorschriften (in favorem negotii) eng auszulegen (BGE 89 II 191; GAUCH, a.a.O., S. 82). Dadurch soll im Interesse der Rechtssicherheit eine zweckwidrige Ausdehnung des Formzwanges vermieden werden.
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BGE 113 II 402 (406):
Würde im vorliegenden Falle der Formzwang auf den Darlehensvertrag ausgedehnt, hätte dies für eine Reihe vergleichbarer Vertragskoppelungen entsprechende Auswirkungen. Übernimmt beispielsweise der Grundstückskäufer die bestehenden Mietverträge (Art. 259 Abs. 1 OR), müssten bei extensiver Anwendung der Formvorschriften nicht nur die Übernahme der Verträge, sondern auch deren Inhalte öffentlich beurkundet werden. Oder wird -- ähnlich dem vorliegenden Falle aber im umgekehrten Sinne -- ein Darlehen durch ein Kaufrecht gesichert, wäre nicht nur der Sicherungszweck, sondern auch der Inhalt des Darlehensvertrages öffentlich zu beurkunden, eine Formstrenge, die in den genannten Fällen bisher weder praktiziert noch gefordert worden ist.
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Aus all diesen Gründen fällt der Darlehensvertrag nicht unter den Formzwang. Das angefochtene Urteil ist mithin aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, welche auch die übrigen Einwände des Klägers gegen die Gültigkeit des Kaufrechtsvertrages zu beurteilen haben wird.
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