BGE 124 II 538 - Maladers |
52. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 16. September 1998 |
i.S. C. gegen Maladers sowie Departement des Innern und der Volkswirtschaft und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden |
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
Regeste |
Art. 24 Abs. 2 RPG, Art. 9a ff. des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden vom 20. Mai 1973 (KRG), Art. 11 der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden vom 26. November 1986 (KRVO). Dauernde Bewohnung einer als Ferienhaus bewilligten Maiensässhütte. |
Weder Art. 24 Abs. 2 RPG noch das Raumplanungsrecht des Kantons Graubünden bieten eine Handhabe, die Nutzung von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone unabhängig von bewilligungspflichtigen baulichen Veränderungen zeitlich zu beschränken (E. 2). |
Sachverhalt |
B.C. und A.C. sind Eigentümer eines von ihnen seit 1993 dauerhaft bewohnten Hauses im X. in der Gemeinde Maladers. Die 1972 als "Ersatz-Ferienhäuschen" für eine alte Maiensässhütte bewilligte Baute liegt im übrigen Gemeindegebiet. Mit Schreiben vom 11. Mai 1995 teilte der Gemeindevorstand Maladers A.C. mit, die "Umwandlung eines sporadisch genutzten Ferienhauses in ein dauernd bewohntes Wohnhaus" stelle eine wesentliche Nutzungsänderung dar, die den Rahmen des nach Art. 24 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG; SR 700) Zulässigen sprenge. Das ergebe sich schon daraus, dass Art. 11 der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden vom 26. November 1986 (KRVO) zwischen dauernd und nicht dauernd bewohnten Bauten unterscheide. Die Nutzung als Dauerwohnbaute sei illegal, weshalb kein Anspruch auf die Erstellung von Infrastrukturanlagen bestehe. Die Gemeinde könne nicht verpflichtet werden, Wasser-, Abwasser- und Stromversorgung bereit- und den Schulweg durch eine Winteroffenhaltung sicherzustellen. Die derzeitige Winteroffenhaltung bis Pardäls erfolge weiterhin auf Zusehen hin im Rahmen des forstlichen Bedarfs. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten, dass bei allfälligen bewilligungspflichtigen Bauvorhaben der Kanton von sich aus tätig werden könne, auch wenn die Gemeinde den derzeitigen Nutzungszustand auf Zusehen hin dulde. |
Mit Eingabe vom 10. Mai 1997 ersuchte A.C. um die Bewilligung für den Einbau einer Sickerleitung und eines Naturkellers. Im Baugesuch bezeichnete er das Gebäude als Bdauernd bewohntes GebäudeR. Die Gemeinde leitete das Baugesuch mit Antrag auf Zustimmung an das Departement des Innern und der Volkswirtschaft Graubünden (DIV) weiter. Dieses verfügte am 28. Oktober 1997:
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"1. Der Erteilung einer Ausnahmebewilligung für den Anbau des Naturkellers und für das Verlegen einer Sickerleitung beim Ferien-/ Wochenendhaus von A.C., Maladers, in der Gemeinde Maladers wird gestützt auf Art. 24 Abs. 2 RPG und Art. 9c KRG zugestimmt.
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2. Der erfolgten Umwandlung von einer Temporärwohnbaute in eine Dauerwohnbaute (Zweckänderung) des bestehenden Ferien-/Wochenendhauses von A.C., Maladers, in der Gemeinde Maladers wird nicht zugestimmt.
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3. Die Gemeinde Maladers wird angewiesen, bezüglich der erfolgten Zweckänderung das Verfahren zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes einzuleiten und zügig durchzuführen (Art. 60 KRG). Über die einzelnen Verfahrensschritte ist das Departement des Innern und der Volkswirtschaft in Kenntnis zu setzen.
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4. - 6. (...)."
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Gestützt auf diese Zustimmung des DIV erteilte der Gemeindevorstand Maladers A.C. mit Verfügung vom 14. November 1997 die Bewilligung zur Verlegung der Sickerleitung und zum Anbau eines Naturkellers, wobei er ausdrücklich festhielt, dass die Umwandlung der Temporär- in eine Dauerwohnbaute nicht Gegenstand dieses Entscheides sei. |
Mit Eingabe vom 17. November 1997 rekurrierten A.C. und B.C. beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden gegen die Verfügung des DIV vom 28. Oktober 1997 mit dem Antrag, die Ziffern 2 und 3 des Dispositivs seien aufzuheben, eventuell sei die Umnutzung zu bewilligen. Das Verwaltungsgericht wies den Rekurs mit Urteil vom 16. Januar 1998 ab.
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Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 1. April 1998 beantragen B.C. und A.C., der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben (Ziff. 1), es sei festzustellen, dass die Umnutzung keine bewilligungspflichtige Zweckänderung darstelle, und die Ziffern 2 und 3 des Dispositivs der Verfügung des DIV seien aufzuheben (Ziff. 2); eventuell sei die Umnutzung zu bewilligen (Ziff. 3). Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Auszug aus den Erwägungen: |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 2 |
a) Eine zeitliche Beschränkung der Nutzung des Grundeigentums stellt eine Eigentumsbeschränkung dar, die auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein muss (BGE 121 I 117 E. 3b; 119 Ia 362 E. 3a). Wiegt ein solcher Eingriff schwer, was in der Regel der Fall ist, wenn Grundeigentum zwangsweise entzogen wird oder wenn durch Verbote und Gebote der bisherige oder künftig mögliche bestimmungsmässige Gebrauch des Grundstücks verunmöglicht oder stark erschwert wird (BGE 115 Ia 363 E. 2a), verlangt das Bundesgericht eine klare und eindeutige gesetzliche Grundlage. Wiegt ein Eingriff weniger schwer, gilt das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage als erfüllt, wenn sich der angefochtene Entscheid ohne Willkür auf die von ihm angeführte Norm abstützen lässt (BGE 119 Ia 362 E. 3a; 116 Ia 181 E. 3c; zum Willkürbegriff: BGE 119 Ia 113 E. 3a). |
c) Art. 24 Abs. 2 RPG und die Art. 9a ff. KRG legen somit fest, welche baulichen Veränderungen an bestehenden Bauten ausserhalb der Bauzone vorgenommen werden dürfen. Der Zweck des Umbaus spielt zwar eine wichtige Rolle, weil eine Umnutzung der Baute nur in engen Grenzen zulässig ist (vgl. dazu RDAT 1997 I 34 99 E. 2c, d; BGE 118 Ib 497 E. 3; 113 Ib 303 E. 3b). Wie sich schon aus den Untertiteln, unter denen diese Bestimmungen stehen ("Baubewilligung: Ausnahmen ausserhalb der Bauzone" bzw. "Allgemeine Bauvorschriften") und den Randtiteln der Art. 9b bis 9e KRG ("2. Erneuerung, teilweise Änderung und Wiederaufbau a) Grundsatz", "b) Erneuerung [Renovation]", "c) teilweise Änderung [Umbau]" und "d) Wiederaufbau") ergibt, knüpft die gesetzliche Regelung indessen an die Veränderung der Bausubstanz an. Mit dem Mittel der stark eingeschränkten Bewilligung von baulichen Veränderungen an Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen wollen der Bundes- und der kantonale Gesetzgeber in diesem Bereich das raumplanerische Ziel der Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet verfolgen. Massgebend für die Beurteilung baubewilligungspflichtiger Vorhaben ist dabei grundsätzlich nicht, welche Nutzung der Bauherr subjektiv anstrebt, sondern was für eine Nutzung nach dem Umbau aufgrund des Ausbaustandards objektiv möglich ist (BGE 112 Ib 94 E. 3 S. 98 unten). |
e) Weder Art. 24 Abs. 2 RPG und Art. 24 RPV noch die Art. 9a ff. KRG enthalten eine ausdrückliche Bestimmung, welche gestatten würde, die Nutzung von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone unabhängig von bewilligungspflichtigen baulichen Veränderungen zeitlich zu beschränken. Die von Art. 9d Abs. 2 KRG getroffene Unterscheidung zwischen dauernd und nicht dauernd bewohnten Bauten bestimmt nach dem Gesagten nur, in welchem Ausmass eine Baute oder Anlage je nach ihrem Nutzungszweck baulich erweitert werden darf. Diese Bestimmungen gehen gewiss davon aus, dass eine Baute ausserhalb der Bauzone nur zeitweise vorab zu Ferienzwecken genutzt wird, wenn nur ein sehr bescheidener Ausbaustandard bewilligt wird. Eine derart einschneidende und ungewöhnliche Massnahme wie die hier verfügte ausdrückliche zeitliche Beschränkung der Nutzung von Grundeigentum lässt sich darauf aber nicht stützen, zumal es keineswegs ausgeschlossen ist, ein Ferienhaus auf dem Wege der Vermietung unter Umständen ganzjährig zu benutzen. Zudem besteht bei der Festlegung eines zeitweiligen Nutzungsverbots ein sehr grosser Ermessensspielraum. Eine solche Regelung müsste, wie z.B. die Beschränkung des Zweitwohnungsanteils (vgl. BGE 117 Ia 141 zur Regelung der Gemeinde Sils i.E.), im Gesetz ausdrücklich vorgesehen und in den Grundzügen geregelt sein. Anhaltspunkte dafür, dass sie vom kantonalen Gesetzgeber in den Art. 9a ff. KRG verankert werden wollte, werden vom Verwaltungsgericht nicht angeführt und sind auch nicht ersichtlich. Aus den von diesem angeführten Entscheiden des Bundesgerichts - BGE 112 Ib 259 und 110 Ib 264 - lässt sich nichts Derartiges ableiten, da sie nicht einschlägig sind: Beide Fälle betrafen bauliche Veränderungen, für die das Bundesgericht die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 2 RPG ablehnte. |
Es ist daher mit sachlichen Gründen nicht vertretbar und damit willkürlich, diese Bestimmungen als hinreichende gesetzliche Grundlage für die umstrittene Eigentumsbeschränkung heranzuziehen. Dieser fehlt eine gesetzliche Grundlage, weshalb sie verfassungswidrig ist.
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f) Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob die zeitliche Nutzungsbeschränkung als schwere Eigentumsbeschränkung einzustufen wäre oder nicht. Das könnte beim jetzigen Stand des Verfahrens ohnehin nicht abschliessend beurteilt werden, da es dabei massgeblich darauf ankommt, wie die Gemeinde Maladers die verfügte Nutzungsbeschränkung konkret durchführen wollte.
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