BGE 130 II 258 |
24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt (heute: Swiss Life) gegen Bundesamt für Privatversicherungen sowie Eidgenössische Rekurskommission für die Aufsicht über die Privatversicherung (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
2A.441/2003 vom 12. März 2004 |
Regeste |
Art. 20 VAG; Art. 14 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 2, 67 und 68 Abs. 2 BVG; Art. 12 und 17 BVV 2; Zulässigkeit von Zusatzprämien zur Finanzierung der BVG-Mindestzinsgarantie bzw. der BVG-Umwandlungssatzgarantie bei Kollektivversicherungsverträgen im obligatorischen Bereich. |
Zusatzprämien zur Finanzierung der Mindestzinssatz- bzw. Umwandlungssatzgarantie sind nicht systeminhärent BVG-widrig (E. 3 und 4); Voraussetzungen, unter denen solche zulässig sein können (E. 5). |
Sachverhalt |
Die Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt (heute: Swiss Life; im Weiteren: Rentenanstalt) bietet Kollektivversicherungsverträge im Rahmen der beruflichen Vorsorge im Sinne des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) an. Am 31. Mai 2002 beantragte sie dem Bundesamt für Privatversicherungen, die Einführung einer Risikoprämie für die BVG-Mindestzinsgarantie und die BVG-Umwandlungssatzgarantie zu genehmigen. Sie begründete dies damit, dass der gemäss Art. 12 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1, in der ursprünglichen Fassung) vorgeschriebene Mindestzinssatz von 4 % mit einer auf Sicherheit angelegten Anlagepolitik nicht mehr erzielt werden könne. Der in Art. 17 BVV 2 festgelegte Mindestumwandlungssatz für die Altersrente von 7,2 % sei seinerseits infolge der erhöhten Lebenserwartung heute zu hoch, so dass im Zeitpunkt der Pensionierung eine Finanzierungslücke entstehe. |
Das Bundesamt für Privatversicherungen verweigerte am 4. September 2002 die Genehmigung der Zusatzprämien im obligatorischen Bereich, liess sie indessen für den überobligatorischen Bereich zu. Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Mindestzinssatz und der Mindestumwandlungssatz im obligatorischen Bereich durch zwingendes öffentliches Recht vorgegeben seien. Die Erhebung einer Zusatzprämie, um diese Sätze zu garantieren, komme einer Umgehung der entsprechenden gesetzlichen Vorgaben gleich. Der vom Bundesrat festgelegte BVG-Mindestzinssatz bilde in Zeiten sinkender Kapitalerträge ein Anlagerisiko und gehöre nicht zu den Versicherungsrisiken, für die das Gesetz Leistungen der obligatorischen beruflichen Vorsorge vorsehe. Hinsichtlich des Umwandlungssatzes, welcher die Tarifierung des Langlebigkeitsrisikos erfasse, müssten die Anbieter im Bereich der beruflichen Vorsorge - Vorsorgeeinrichtungen und Lebensversicherer - das gesetzliche Minimum garantieren; jede Auferlegung einer Zusatzprämie zu Lasten der Kunden wirke faktisch als Senkung des vom Bundesrat festgelegten minimalen Umwandlungssatzes und sei deshalb unzulässig. Die Eidgenössische Rekurskommission für die Aufsicht über die Privatversicherung bestätigte diesen Entscheid auf Beschwerde hin am 7. August 2003. |
Das Bundesgericht heisst die von der Rentenanstalt hiergegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und weist die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Bundesamt für Privatversicherungen zurück.
|
Aus den Erwägungen: |
2.2 Nichts anderes ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte von Art. 68 Abs. 2 BVG: Der Entwurf des Bundesrats zum BVG ent hielt einen Art. 64, welcher sich mit dem heutigen Art. 67 deckt (BBl 1976 I 307); eine Art. 68 BVG entsprechende Regelung war nicht vorgesehen. Der Nationalrat ergänzte Art. 64 des Entwurfs in der Folge dahin gehend, dass "im Genehmigungsverfahren der Tarife nach Artikel 20 des Versicherungsaufsichtsgesetzes" der Bundesrat prüft, "ob die für die gesetzlich vorgeschriebene berufliche Vorsorge anwendbaren Tarife auch unter sozialen Gesichtspunkten angebracht sind" (AB 1981 N 1105 ff.). Damit sollte verhindert werden, dass die Versicherungsgesellschaften, deren Dienste zu beanspruchen die Vorsorgeeinrichtungen durch das Obligatorium praktisch gezwungen waren, übermässige Gewinne auf Kosten der Versicherten machen könnten (AB 1981 N 1106 ff., Voten Reimann, Fischer, Muheim, Barchi). Nachdem der Ständerat diesen Absatz wieder gestrichen hatte (AB 1982 S 22 f.), beschloss der Nationalrat eine neue Formulierung, wonach die Tarife "auch unter dem Gesichtspunkt des Obligatoriums angebracht" sein müssten (AB 1982 N 211 ff.). Der Ständerat sprach sich daraufhin für den heutigen Art. 68 BVG aus (AB 1982 S 190), dem sich der Nationalrat schliesslich anschloss (AB 1982 N 769 f.). |
2.3 Aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte von Art. 68 Abs. 2 BVG ergibt sich damit klar, dass für Verträge im Bereich des BVG-Obligatoriums zum Schutz der Versicherten ein gegenüber Art. 20 VAG verschärfter Prüfungsmassstab gilt (JÜRG BRÜHWILER, Beitragsbemessung in der obligatorischen beruflichen Vorsorge nach BVG, insbesondere Zusatzbeiträge für die Finanzierung des BVG-Mindestzinses und des BVG-Umwandlungssatzes, in: SZS 2003 S. 319 ff., dort S. 333). Namentlich wollte der Gesetzgeber verhindern, dass vorsorglich zu hohe Prämien erhoben und allenfalls entstehende Gewinne erst später zurückerstattet würden (AB 1982 N 212 f. [Fischer], 1982 S 190 [Kündig]). Während Art. 20 VAG den Versicherern im Allgemeinen einen gewissen Spielraum belässt, indem die Aufsichtsbehörde lediglich zu prüfen hat, ob sich die Prämien "in einem Rahmen halten, der einerseits die Solvenz der Versicherungseinrichtungen und anderseits den Schutz der Versicherten vor Missbrauch gewährleistet" (vgl. Urteil 2A.61/1993 vom 28. Oktober 1993, E. 3b), soll die Aufsicht über die Tarife im Bereich des BVG-Obligatoriums dichter sein. Wenn Vorsorgeeinrichtungen die Risikoabdeckung einer Versicherungseinrichtung übertragen bzw. diese selber für die Vorsorgekassen verschiedener Arbeitgeber Sammelstiftungen zur Verfügung stellt (vgl. zu diesen: CARL HELBLING, in: Boemle/Gsell, Geld-, Bank- und Finanzmarktlexikon der Schweiz, Zürich 2002, S. 931 f.), welche alle oder einen Teil der BVG-Risiken bei ihr versichern, darf dies nicht dazu führen, dass im Ergebnis Bestimmungen des BVG verletzt werden, die einzuhalten wären, würde die Vorsorgeeinrichtung die Risiken selber abdecken. Deshalb müssen trotz der Tatsache, dass das BVG an sich nur für die im Register der beruflichen Vorsorge eingetragenen Vorsorgeeinrichtungen gilt (Art. 5 Abs. 2 BVG), die Versicherungsverträge bzw. die entsprechenden Tarife jeweils auch im Lichte des BVG überprüft werden. |
3.2.1 Im Unterschied zu anderen Zweigen der Sozialversicherung wird die berufliche Vorsorge nicht durch staatliche Beiträge unterstützt. Die Einnahmen der Vorsorgeeinrichtungen bestehen im Wesentlichen aus den Beiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Art. 66 BVG) sowie aus den Kapitalerträgen (Art. 71 BVG; BGE 128 II 24 E. 3a). Im Rahmen des Gesetzes, welches hierzu kaum Vorschriften enthält, sind die Vorsorgeeinrichtungen frei, wie sie ihre Finanzierung regeln wollen (Art. 49 Abs. 1 BVG). Gewisse Mindestanforderungen ergeben sich jedoch aus dem Kapitaldeckungsverfahren, auf dem die berufliche Vorsorge beruht und nach dem sämtliche gesetzlich und reglementarisch vorgesehenen laufenden und anwartschaftlichen Leistungen durch ein entsprechendes Deckungskapital sichergestellt sein müssen (BBl 2003 S. 6404, 2000 S. 2645; BGE 128 II 24 E. 3a; BRÜHWILER, 1989, a.a.O., S. 203 f.). Nach Art. 65 Abs. 1 BVG haben die Vorsorgeeinrichtungen jederzeit Sicherheit dafür zu bieten, dass sie die übernommenen Verpflichtungen erfüllen können (Grundsatz der kollektiven Äquivalenz; BBl 2003 S. 6404; BRÜHWILER, 1989, a.a.O., S. 204 f.). Dabei besteht kein Unterschied, ob ein Kollektivversicherungsvertrag vorliegt oder ob die Vorsorgeeinrichtung die Risiken selber trägt. Die übernommenen Verpflichtungen müssen jederzeit vollumfänglich abgesichert sein, d.h. es darf auch nicht vorübergehend hierauf verzichtet werden; die Vorsorge- oder Versicherungseinrichtungen haben die hierfür erforderlichen Rückstellungen zu machen (BBl 2003 S. 6404). Die Vorsorgeeinrichtungen regeln das Beitragssystem und die Finanzierung so, dass die Leistungen im Rahmen des Gesetzes bei Fälligkeit erbracht werden können (Art. 65 Abs. 2 BVG). Mit Blick auf die Pflicht zur Sicherstellung (BBl 1 BGE 976 I 265) müssen die Einnahmen mindestens so hoch sein, dass die Vorsorgeeinrichtungen ihre Verbindlichkeiten erfüllen können (Urteil 2A.101/2000 vom 26. November 2001, E. 2a). Ergibt sich eine Unterdeckung, ist die Vorsorgeeinrichtung gestützt auf Art. 65 BVG gehalten, diese zu beheben, was nötigenfalls aufsichtsrechtlich durchzusetzen ist (Art. 62 Abs. 1 lit. d BVG; Art. 44 BVV 2; Weisungen des Bundesrates über Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge, BBl 2003 S. 4314 ff.; Botschaft vom 19. September 2003 über Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge, BBl 2003 S. 6399 ff.; BGE 121 II 198 E. 5c). Da im obligatorischen Bereich die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen nicht reduziert werden dürfen, fällt - nach Erschöpfung der Reserven - zur Behebung von Unterdeckungen praktisch nur die Erschliessung zusätzlicher Einnahmen in Betracht. Die Höhe der Beiträge ist nicht direkt im Gesetz geregelt, sondern wird von den Vorsorgeeinrichtungen grundsätzlich frei festgelegt (vgl. BGE 121 II 198 E. 3). Die Gesamteinnahmen (d.h. im Wesentlichen die Beiträge und die Kapitalerträge) müssen aber ausreichen, um die Verbindlichkeiten decken zu können. Je höher die Kapitalerträge sind, desto tiefer dürfen die Beiträge sein. Dasselbe gilt umgekehrt: Gehen die Kapitalerträge zurück, müssen allenfalls - nach Erschöpfung der Reserven - die Beiträge erhöht werden, um gleich bleibende Einnahmen zu erreichen. |
3.2.3 Analoges gilt für den Umwandlungssatz. Auch dieser definiert (zusammen mit der Höhe des Altersguthabens) die von der Vorsorgeeinrichtung geschuldeten Renten (Art. 14 BVG) und ist somit ein Faktor, der die Leistungsseite beschlägt, indessen nicht den Finanzierungsaspekt, d.h. die Frage, wie der entsprechende Finanzierungsbedarf gedeckt wird (vgl. BRÜHWILER, 2003, a.a.O., S. 331). Das Gesetz geht in diesem Zusammenhang wiederum davon aus, dass der Bundesrat den Umwandlungssatz anhand anerkannter (versicherungstechnischer) Grundlagen festlegt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BVG) und insbesondere aufgrund der statistischen Lebenserwartung bei Erreichen des Rentenalters. Ist der Mindestumwandlungssatz längerfristig mit Blick auf die gestiegene Lebenserwartung nicht mehr realistisch, kann wiederum ein zusätzlicher Finanzbedarf entstehen, der mit den ursprünglich kalkulierten Beiträgen bzw. allenfalls den über dem BVG-Mindestzinssatz liegenden Kapitalerträgen längerfristig nicht mehr finanziert werden kann und zu einer unzulässigen Deckungslücke führt. |
3.3 Betreffen die Art. 14 und 15 BVG bzw. Art. 12 und 17 Abs. 1 BVV 2 somit ausschliesslich die Leistungs- und nicht die Finanzierungsseite, werden diese Bestimmungen durch die von der Beschwerdeführerin beantragten Zusatzprämien nicht verletzt. Bei einer Versicherung, die auf dem System von Mindestleistungsvorgaben beruht, müssen die Einnahmen allenfalls auch mit Zusatzbeiträgen den Verbindlichkeiten angepasst werden können, soweit allfällige Reserven längerfristig erschöpft sind und keine anderen Einnahmen zur Verfügung stehen (vgl. Art. 68 Abs. 2 BVG). Zwar sahen Art. 17 Abs. 2 und Abs. 3 BVV 2 ursprünglich vor, dass die Aufsichtsbehörde zur Beseitigung bestehender Deckungslücken einen tieferen Umwandlungssatz genehmigen konnte (AS 1984 S. 548), doch wurde diese Regelung 1996, weil vermutlich gesetzwidrig, aufgehoben (BBl 1995 IV 1250, S. 1259; AS 1996 S. 3452); Art. 14 Abs. 2 BVG sieht seinerseits die Anwendung eines tieferen Umwandlungssatzes mit Zustimmung des Bundesrats nur vor, wenn die sich hieraus ergebenden Überschüsse zur Leistungsverbesserung verwendet werden. Eine Sanierung im obligatorischen BVG-Bereich ist zurzeit somit nur einnahmeseitig möglich, weshalb in einer entsprechenden Korrektur - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - keine Gesetzesumgehung liegen kann. Es wird damit auch nicht in die bloss die Leistungsseite beschlagende Zuständigkeit des Bundesrats eingegriffen. Diesem steht zwar bei der Festsetzung der beiden Sätze, namentlich beim Mindestzinssatz, ein gewisses Ermessen zu, weil hierfür jeweils eine längerfristige Betrachtung Platz greifen muss und kurzfristige Marktschwankungen nicht berücksichtigt werden können (Urteil B 29/92 vom 4. Dezember 1992, publ. in: SZS 1993 S. 296 ff.; nach Art. 15 Abs. 3 BVG in der Fassung der 1. BVG-Revision soll der Mindest zinssatz nunmehr mindestens alle zwei Jahre überprüft werden [BBl 2003 S. 6656]). Der Bundesrat dürfte aber dennoch nicht einen unrealistischen Mindestzinssatz festlegen, der längerfristig von den auf dem Kapitalmarkt realisierbaren Renditen abwiche (BBl 1995 IV 1248 f.). Täte er dies, verpflichtete er die Vorsorgeeinrichtungen zu Leistungen, die mit den kalkulierten Einnahmen nicht gedeckt werden könnten, was gesetzwidrig wäre und - zumindest von den verwaltungsunabhängigen Rechtsmittelinstanzen - korrigiert werden müsste. |
Erwägung 4 |
4.2 Das Bundesamt hat seinen Entscheid auch damit gerechtfertigt, dass es einer Versicherungsgesellschaft unbenommen bleibe, sich aus dem BVG-Geschäft zurückzuziehen, wenn sie die Mindestzinsgarantie nicht mehr zu gewährleisten vermöge. Diese Überlegung erscheint insofern richtig, als nicht überhöhte Tarife genehmigt werden sollen, welche auch unwirtschaftlich arbeitenden Versicherungseinrichtungen ein Überleben ermöglichen. Ist jedoch der Mindestzinssatz längerfristig so angesetzt, dass die daraus resultierenden Verpflichtungen mit den effektiv erwirtschafteten Renditen generell nicht mehr gedeckt werden können, so würden die Versicherungsgesellschaften letztlich verpflichtet, höhere Leistungen zu erbringen als sie Einnahmen erzielen, was mit der gesetzgeberischen Absicht, keine Tarife vorschreiben zu wollen, die nicht kostendeckend sind, unvereinbar erschiene. Eine solche Lösung stünde im Widerspruch zu Art. 17 und 20 VAG und würde bei einem Rückzug der Versicherungseinrichtungen aus der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge deren Realisierung zwar nicht verunmöglichen (vgl. Art. 60 BVG), aber doch wesentlich erschweren. |
5.1 Nach Art. 1 und Art. 17 Abs. 2 VAG hat die Versicherungsaufsicht zum Schutz der Versicherten darüber zu wachen, dass keine missbräuchlichen Tarife eingeführt werden. Die Erhebung der geplanten Zusatzprämien ist nicht - wie die Vorinstanzen angenommen haben - bereits aus systemimmanenten Gründen unzulässig, kann es jedoch sein, falls die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit zu Lasten der Versicherten übermässige Gewinne erzielt bzw. über der Mindestzinsgarantie liegende Renditen nicht an diese weitergegeben haben sollte. Zur Beurteilung dieser Frage fehlen die erforderlichen Grundlagen, nachdem die Vorinstanzen fälschlicherweise die Missbräuchlichkeit bereits aus einem anderen Grund bejaht haben. Während langer Zeit konnten auf dem Markt Kapitalrenditen erzielt werden, welche deutlich höher lagen als der Mindestzinssatz (vgl. ANDREAS LUIG, Das grosse Ringen um den "richtigen Zinssatz", und ROBERT JAKOB, Weich gekocht, in: Schweizer Versicherung 9/2002 S. 32 ff.). Wurden solche erwirtschaftet, ohne dass sie den versicherten Vorsorgeeinrichtungen angemessen zugute kamen, erschiene es missbräuchlich, Zusatzprämien zu erheben, sobald der Mindestzinssatz (allenfalls vorübergehend) nicht mehr erreicht werden kann. Dessen Festlegung seitens des Bundesrats erfolgte unter Berücksichtigung der Raten für den risikofreien Zins, die Lohnentwicklung und die Inflation ("goldene Regel"; vgl. ANDREAS LUIG, a.a.O., S. 33) in einer längerfristigen Optik (vgl. JEAN MARC WANNER, Der minimale BVG-Zinssatz, ein heikler Parameter, in: Schweizer Personalvorsorge 2/2001 S. 14 ff.); kurzfristige Kapitalmarktschwankungen rechtfertigen deshalb die Erhebung von entsprechenden Zusatzprämien nicht. Solche sind nur zulässig, wenn trotz angemessener Rückstellungspolitik mittel- oder längerfristig eine Unterdeckung zu erwarten ist, welche nicht anders als durch Zusatzprämien bzw. Beitragserhöhungen aufgefangen werden kann. Es wird an der Beschwerdeführerin sein, dies im Genehmigungsverfahren darzutun und ihre entsprechenden Rechnungen - einschliesslich der Verwendung der Überschüsse aus den früheren Jahren - im Detail offen zu legen; dabei wird in sachverhaltsmässiger Hinsicht auch zu prüfen sein, wie die einzelnen versicherten Vorsorgeeinrichtungen konkret organisiert sind und wie jeweils die Vermögensverwaltung der angeschlossenen Vorsorgekassen tatsächlich erfolgt (gemeinsam, getrennt, vollumfänglich durch die Versicherung). Nur falls die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit keine übermässigen Gewinne aus dem obligatorischen BVG-Geschäft gemacht bzw. solche nicht für andere Zweige verwendet haben sollte, und trotz einer angemessenen Rückstellungspolitik tatsächlich während längerer Zeit die hinreichend sichere Rendite bei einer angemessenen Anlagepolitik tiefer lag als der Mindestzinssatz, und sich der Mindestumwandlungssatz schliesslich als versicherungstechnisch tatsächlich falsch bzw. über eine höhere Rendite als dem Mindestzinssatz nicht mehr finanzierbar erweisen sollte, sind die entsprechenden Zusatzprämien allenfalls zu genehmigen. Bei diesem Entscheid wird das Bundesamt bei seiner Angemessenheitsprüfung auch den Auswirkungen der neuen gesetzlichen Regelungen des Mindestzinssatzes bzw. der inzwischen eingetretenen Entspannung auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen haben (vgl. die zur Zeit laufenden Beratungen in der Bundesversammlung). |
5.2 Gemäss den von der Beschwerdeführerin dem Bundesamt vorgelegten Unterlagen erreicht die Zusatzprämie unter Umständen eine erhebliche Höhe. Das Bundesgericht ist aufgrund der vorliegenden Akten nicht in der Lage, zu beurteilen, ob die Annahmen und Berechnungen der Beschwerdeführerin zutreffen. Sollte dies der Fall sein, würden für die betroffenen Versicherungsnehmer beträchtliche Mehrbelastungen entstehen, welche mit freien Stiftungsmitteln oder - unter Einhaltung der Garantien von Art. 66 BVG - zusätzlichen Beiträgen finanziert werden müssten. Diese wären - unter den obgenannten Voraussetzungen - jedoch nicht der Beschwerdeführerin anzulasten, sondern darauf zurückzuführen, dass der Bundesrat in der Vergangenheit durch zu hohe Mindestzins- und Umwandlungssätze die Vorsorge- bzw. Versicherungseinrichtungen im Resultat zu Leistungen verpflichtet hat, die aufgrund der Kapitalmarktverhältnisse und der gestiegenen Lebenserwartung mit den kalkulierten Beiträgen nicht gedeckt werden können. Die Vorinstanzen haben aufgrund ihrer unrichtigen Auslegung des Gesetzes die Berechtigung der von der Beschwerdeführerin beantragten Zusatzprämien nicht im Einzelnen analysiert; die Sache ist hierzu im Sinne der Erwägungen an das Bundesamt zurückzuweisen (Art. 114 Abs. 2 OG). Dieses wird erneut zu prüfen haben, ob die beantragten Zusatzprämien im Lichte der Erwägungen sowie der veränderten Umstände mit Blick auf das BVG-Obligatorium als angemessen gelten können. |