34. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen)
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4A_570/2018 vom 31. Juli 2019
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Regeste
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Gemeinsame Miete der Wohnung der Familie; Aktivlegitimation zur Anfechtung der vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung.
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Sachverhalt
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BGE 145 III 281 (282):
A. Die Eheleute B. (nachfolgend: Mieterin 1, Beschwerdegegnerin) und C. (nachfolgend: Mieter 2, nicht Partei des vorliegenden Verfahrens) erbauten im Jahr 2006 in U. ein Zweifamilienhaus. Sie begründeten Stockwerkeigentum an einer der beiden Stockwerkeigentumswohnungen und bewohnten diese Einheit in der Folge gemeinsam. Im Jahr 2008 verkauften sie die Stockwerkeigentumseinheit an E., den Vater von Mieter 2. Dieser vermietete ihnen die Einheit am 14. Januar 2009, worauf sie diese weiterhin bewohnten.
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Ende 2013 trennte sich das Ehepaar B.-C. In der gerichtlich genehmigten Eheschutzvereinbarung vom 10. September 2014 wurde der obere Teil des Mietobjekts der Mieterin 1 zur alleinigen Benützung zugeteilt. Beide Eheleute (sowohl die Mieterin 1 als auch der Mieter 2) blieben Parteien des Mietvertrags.
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Am 6. Juni 2015 verstarb E. und dessen Ehefrau, A. (nachfolgend: Vermieterin, Beschwerdeführerin), wurde als Alleineigentümerin der Stockwerkeinheit im Grundbuch eingetragen.
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Mit separaten Schreiben vom 22. Oktober 2015 an die Mieterin 1 und den Mieter 2 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis mit den Mietern per 31. Januar 2016.
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B. Mit Eingabe vom 8. April 2016 erhob die Mieterin 1 Klage beim Mietgericht des Bezirksgerichts Meilen. Der Mieter 2 ging soweit bekannt nicht gegen die Kündigung vor. Mit Urteil vom 16. Februar 2018 stellte das Mietgericht die Missbräuchlichkeit der Kündigung fest.
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Mit Entscheid vom 20. September 2018 wies das Obergericht des Kantons Zürich die von der Vermieterin erhobene Berufung ab. Wie bereits das Mietgericht hielt auch das Obergericht fest, der Mieterin 1 könne nicht zur Last gelegt werden, sie habe den Mieter 2 nicht in den Prozess zur Anfechtung der Kündigung miteinbezogen. Die Mieterin 1 sei daher zur Anfechtung der Kündigung allein (ohne Einbezug des Mieters 2) aktivlegitimiert.
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BGE 145 III 281 (283):
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Vermieterin dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen:
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BGE 145 III 281 (284):
3.4.2 Es ist somit zu prüfen, ob vor dem Hintergrund der in BGE 140 III 598 etablierten Praxis an BGE 118 II 168 festgehalten werden soll.
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Nach konstanter Praxis muss sich eine Praxisänderung auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht, andernfalls ist die bisherige Praxis beizubehalten (BGE 135 III 66 E. 10 S. 79; BGE 132 III 770 E. 4 S. 777).
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Ein erheblicher Teil der Lehre geht - meist unter ausdrücklichem Hinweis auf BGE 118 II 168 - davon aus, Art. 273a OR sei analog anzuwenden, wenn beide Ehegatten Mieter der Familienwohnung seien (ROGER WEBER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 6. Aufl. 2015, N. 2a zu Art. 273 und N. 4 zu Art. 273a OR; JÖRG SCHMID, Die gemeinsame Miete - Ausgewählte Fragen, AJP 2016 S. 31 ff., 36 f.; CAROLINE MEYER, Zur Sachlegitimation der Parteien im Mietprozess, MietRecht Aktuell [MRA] 2010 S. 47 ff., 54; NICOLAS FUCHS, Die Kündigungsanfechtung bei Familienwohnungen - Aspekte der Prozessstandschaft, BJM 2017 S. 11 ff., 30; THOMAS KOLLER, Die mietrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2014, ZBJV 152/2016 S. 1 ff., 48; INGRID JENT-SØRENSEN, Die Verfahrensrechte der Ehegatten bezüglich der Familienwohnung gemäss Art. 169 ZGB, Art. 273a OR und Art. 153 nSchKG, Mitteilungen aus dem Institut für zivilgerichtliches Verfahren in Zürich, 1996, S. 5 ff., 18; ANITA THANEI, in: Mietrecht für die Praxis, 9. Aufl. 2016, S. 679 bei Fn. 57). Andere Lehrmeinungen halten hingegen dafür, wenn beide Ehegatten Mieter der Familienwohnung seien, sei der anfechtungsunwillige Ehegatte gemäss BGE 140 III 598 auf der Passivseite mit dem Vermieter ins Recht zu ziehen (CORDULA LÖTSCHER, Die Prozessstandschaft im schweizerischen Zivilprozess, 2016, S. 466 Rz. 1099 f.; ZINON KOUMBARAKIS, Urteil des Bundesgerichts 4A_689/2016 vom 28. August 2017, Legitimation Kündigungsanfechtung, MRA 2018 S. 70 ff., 76; notwendige Streitgenossenschaft bejahend auch: PETER HIGI, Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 1998, N. 17 zu Art. 273a OR).
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BGE 145 III 281 (285):
In BGE 140 III 598 hat das Bundesgericht dem Spannungsfeld zwischen den Anforderungen an eine notwendige Streitgenossenschaft und dem Sozialschutzgedanken im Mietrecht Rechnung getragen, indem es dem Mieter bei gemeinschaftlicher Miete - obwohl eine notwendige Streitgenossenschaft besteht - gestattete, selbstständig die Kündigung anzufechten, sofern er diejenigen Mitmieter, welche die Kündigung nicht anfechten wollen, zusammen mit dem Vermieter auf der Passivseite in den Prozess einbezieht (vgl. nicht publ. E. 3.1). Es ist somit bei gemeinsamer Miete jedem Mieter möglich, eine Kündigung anzufechten, selbst wenn sich der oder die Mitmieter der Kündigung nicht widersetzen wollen. Er hat diesfalls einfach die Mitmieter auf der Passivseite ins Verfahren einzubeziehen. Diese Möglichkeit besteht auch in Bezug auf die Kündigungsanfechtung bei gemeinsamer Miete einer Familienwohnung. Die Situation ist daher verschieden von derjenigen, in der nur ein Ehepartner den Mietvertrag für die Familienwohnung unterzeichnet hat. In der letzteren Situation könnte derjenige, der nicht Vertragspartei ist, ohne die Bestimmung von Art. 273a OR auch keine Rechte aus dem Mietvertrag geltend machen (LUKAS POLIVKA, in: Das Schweizerische Mietrecht, 4. Aufl. 2018, N. 3 zu Art. 273a OR). Dies hätte zur Folge, dass derjenige, der den Mietvertrag für die Familienwohnung unterzeichnet hat, die Rechte daran durch Unterlassung der Kündigungsanfechtung eigenmächtig preisgeben könnte (vgl. WEBER, a.a.O., N. 1 zu Art. 273a OR mit Hinweisen). Sinn und Zweck von Art. 273a OR ist es, den nicht mietenden Ehegatten gegen solche Handlungen, mit denen einseitig auf die gemeinsame Familienwohnung verzichtet wird, zu schützen (BGE 136 III 431 E. 3.3 S. 435). Diesen durch Art. 273a OR dem nicht mietenden Ehegatten gewährten Schutz bedarf der mitmietende Ehegatte - wie dargelegt - gar nicht (vgl. in diesem Sinne auch FUCHS, a.a.O., S. 11, 12 f.).
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Vor diesem Hintergrund kann an der analogen Anwendung von Art. 273a OR bei gemeinsamer Miete der Familienwohnung gemäss BGE 118 II 168 nicht festgehalten werden. Vielmehr ist auch in diesem Fall der Ehepartner und Mitmieter, der die Kündigung nicht anfechten will, gemäss BGE 140 III 598 auf der Passivseite ins Verfahren miteinzubeziehen.
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