BGE 70 IV 49 - Handeln aus Unverstand |
12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes |
vom 4. Februar 1944 |
i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Amsler. |
Regeste |
1. Art. 23 Abs. 2 StGB. Handeln "aus Unverstand" setzt voraus, dass die Untauglichkeit des Mittels von jedem normal denkenden Menschen ohne weiteres erkannt worden wäre. 2. Die Schuldigerklärung ist bloss Urteilsgrund und daher nicht der Rechtskraft fähig, auch dann nicht, wenn sie in die Form eines Urteilsspruchs gekleidet wird. |
Sachverhalt |
Am 5. November 1943 erkannte das Kriminalgericht des Kantons Aargau :
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"1. Der Angeklagte Hansrudolf Amsler ist schuldig der Anstiftung zur versuchten Abtreibung mit untauglichen Mitteln gemäss Art. 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 und 2, 24 Abs. 1 und 119 Ziff. 1 StGB. 2. Es wird gemäss Art. 23 Abs. 2 StGB von einer Bestrafung des Angeklagten Umgang genommen." |
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau die Nichtigkeitsbeschwerde erklärt mit dem Antrag, Urteilsspruch 2 sei aufzuheben, und die Sache sei zur Bestrafung des Beschwerdegegners an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Kriminalgericht habe zu Unrecht angenommen, Amsler habe im Sinne des Art. 23 Abs. 2 StGB aus Unverstand gehandelt. |
Erwägungen |
Aus den Erwägungen :
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Erwägung 1 |
Erwägung 2 |
2. Die Beschwerdeführerin beantragt nur die Aufhebung des Spruches 2 des angefochtenen Urteils, in der Meinung, Spruch 1 bleibe bestehen und habe ohne weitere Prüfung der Schuldfrage die Bestrafung des Beschwerdegegners zur Folge. Die Schuldigerklärung ist indessen bloss Urteilsgrund und daher nicht der Rechtskraft fähig, auch dann nicht, wenn sie in die Form eines Urteilsspruchs gekleidet wird. Entsprechend hat das Bundesgericht erklärt, in Zivilsachen könne nur der Entscheid über die eingeklagten Ansprüche Gegenstand der Berufung bilden, nicht auch eine Bemerkung, die ihrem Inhalte nach Erwägung ist, wie z.B. im Ehescheidungsprozess die Feststellung über das Verschulden der Ehegatten (BGE 40 II 574). Die von der Beschwerdeführerin beantragte Rückweisung der Sache zur Bestrafung des Beschwerdegegners erfordert daher die Überprüfung der Frage, ob der Beschwerdegegner eine strafbare Handlung begangen hat. Dass die Beschwerdeführerin die Schuldfrage richtig entschieden sieht, steht gemäss Art. 275 Abs. 2 BStrP dieser Prüfung nicht im Wege, ebensowenig der Umstand, dass sich Amsler im kantonalen Verfahren der Anklage "unterzogen" hat, denn hiedurch konnte er bloss die in der Anklage behaupteten Tatsachen, nicht auch deren Strafbarkeit anerkennen. |