BGE 95 IV 1 |
1. Urteil des Kassationshofes vom 25. Februar 1969 i.S. Hassan gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau. |
Regeste |
Art. 41 Ziff. 3 StGB, Art. 90 Ziff. 2 SVG. Widerruf des bedingten Strafvollzuges. |
Sachverhalt |
A.- Hassan erlitt am 27. Juni 1965 in Kalchrain/TG einen Autounfall, indem sein Wagen in einer Doppelkurve ins Schleudern und über die Strassenböschung geriet und sich überschlug, wobei die drei Mitfahrer verletzt wurden, einer von ihnen schwer. Am 29. September 1966 verurteilte das Obergericht des Kantons Thurgau Hassan wegen fahrlässiger Körperverletzung zu zehn Tagen Gefängnis, bedingt aufgeschoben mit einer Probezeit von zwei Jahren. |
B.- Am 21. Februar 1968 fuhr Hassan auf der Kantonsstrasse Dombresson - St-Imier in einer Linkskurve, die wegen Schneehaufen an den Strassenrändern unübersichtlich war, vollständig auf der linken Strassenhälfte, wodurch ein entgegenkommendes Auto gefährdet wurde.
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Hassan wurde deswegen am 27. Februar 1968 durch Strafbefehl des Staatsanwaltes des Kantons Neuenburg in Anwendung der Art. 34 Abs. 1 und 90 Ziff. 2 SVG zu einer Busse von Fr. 200.-- verurteilt.
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D.- Hassan führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: |
Unzutreffend ist auch der Einwand des Beschwerdeführers, dass der neuen Tat kein schweres Verschulden zugrundeliege, da bei einem solchen das Strafbefehlsverfahren nach der neuenburgischen Strafprozessordnung nicht zulässig gewesen wäre. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, dass ein schweres Verschulden, mindestens grobe Fahrlässigkeit, Tatbestandserfordernis des Art. 90 Ziff. 2 SVG ist (BGE 92 IV 145 Erw. 3).
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2. Der Richter, der über den Widerruf des bedingten Strafvollzuges entscheidet, hat sich an das über die neue Tat ergangene rechtskräftige Urteil zu halten und darf die ihm zugrunde gelegten Feststellungen auf ihre materielle Richtigkeit nicht überprüfen (BGE 74 IV 17Erw. 3, BGE 80 IV 215). Wie es sich bei Fragen verhält, über die das Sachurteil keinen Aufschluss gibt, war bisher nicht zu entscheiden. Auch im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob die Annahme des Obergerichtes, dass der Beschwerdeführer das ihm zur Last gelegte Vergehen des Art. 90 Ziff. 2 SVG eventualvorsätzlich begangen habe, zulässig war, da der angefochtene Entscheid sich subsidiär auch auf den Widerrufsgrund der Täuschung des richterlichen Vertrauens stützt. |
In der groben Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 2 SVG) liegt unzweifelhaft ein Verhalten, das so verwerflich ist, dass sich der Beschwerdeführer der Pflichtwidrigkeit seines Handelns auch ohne besondere Mahnung bewusst sein musste und dass dadurch das in ihn gesetzte Vertrauen, er werde sich des bedingten Strafaufschubes würdig erweisen, getäuscht wird (BGE 90 IV 178 und dort angeführte Entscheidungen). Diese Täuschung ist umso erheblicher, als die frühere Tat, für die dem Beschwerdeführer der bedingte Strafvollzug gewährt wurde, ebenfalls ein Verkehrsdelikt war, bei dem er auf einem gefährlichen Strassenstück infolge übersetzter Geschwindigkeit und Nichtbeachtung zweier Gefahrensignale die Herrschaft über sein Fahrzeug verlor und mehrere Personen Verletzungen erlitten.
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Das neue Vergehen ist weder objektiv noch subjektiv so geringfügig, dass es als besonders leichter Fall im Sinne von Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB betrachtet werden könnte; der Beschwerdeführer macht dies übrigens selber nicht geltend. Nach dem Polizeibericht, auf den der Strafbefehl abstellt, hat der Beschwerdeführer in der unübersichtlichen Linkskurve vollständig die linke Fahrbahn benützt, nicht bloss die Strassenmitte, wie er behauptet. Das Linksfahren an unübersichtlicher Stelle verstösst gegen eine der grundlegenden Regeln der Verkehrssicherheit und ist sehr oft Ursache schwerster Unfälle; dass es nicht zu einem solchen kam, ist in erster Linie der Aufmerksamkeit und Reaktion des entgegenkommenden Fahrzeuglenkers zuzuschreiben, der sich durch brüskes Bremsen der Gefahr entziehen konnte. Das zumindest grob fahrlässige Verhalten des Beschwerdeführers, das schon an sich nicht leicht war, wiegt umso schwerer, als die neue Verfehlung, im Zusammenhang mit dem vorausgehenden Unfall gesehen, auf Rücksichtslosigkeit und mangelnde Selbstbeherrschung schliessen lässt.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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