26. Urteil des Kassationshofes vom 17. März 1972 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen Süess.
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Regeste
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1. Art. 269 Abs. 1 BStP.
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2. Bundesgesetz über die Spielbanken vom 5. Oktober 1929, Art. 333 StGB.
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Das Spielbankengesetz bedroht nur die vorsätzliche Übertretung mit Strafe (Erw. 2).
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Sachverhalt
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BGE 98 IV 140 (141):
A.- Die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Landschaft erliess gegen Adolf Süess einen bedingten Strafbefehl, worin sie ihm vorwarf, das Verbot der Glückspielunternehmen durch Aufstellen des Geldspielautomaten "GO-N-STOP" im Rückfall übertreten zu haben, und ihn in Anwendung von Art. 9 des Bundesgesetzes über die Spielbanken zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 1'500.-- verurteilte.
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Auf Einsprache des Gebüssten bestätigte das Polizeigericht Gelterkinden am 23. August 1971 den Strafbefehl.
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B.- Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft (Polizeikammer) hiess die Berufung des Verzeigten, mit der er seine Freisprechung verlangte, am 11. Januar 1972 teilweise insoweit gut, als es das Polizeigericht zur Beurteilung des Vergehenstatbestandes des Art. 9 SBG für unzuständig erklärte, dessen Urteil aufhob und die Sache gemäss § 8 Abs. 2 der kantonalen Strafprozessordnung zur Neubestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit an die Staatsanwaltschaft zurückwies.
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C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und dieses anzuweisen, den Verzeigten wegen Übertretung des Spielbankengesetzes zu bestrafen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
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Das Obergericht setzte sich im angefochtenen Entscheid einzig mit der Frage auseinander, ob das Polizeigericht Gelterkinden zur Beurteilung der dem Beschwerdegegner zur Last gelegten Widerhandlung gegen Art. 9 des Bundesgesetzes über die Spielbanken sachlich zuständig gewesen sei oder nicht. Das ist BGE 98 IV 140 (142):
eine Frage des kantonalen Verfahrensrechts, die mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht dem Bundesgericht zur Überprüfung unterbreitet werden kann (Art. 269 Abs. 1 und Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Daran ändert nichts, dass für die Beantwortung der Zuständigkeitsfrage vorfrageweise darüber zu entscheiden war, ob die erwähnte Widerhandlung nach Bundesstrafrecht als Übertretung oder als Vergehen zu gelten habe. Der Kassationshof überprüft Vorfragen des eidgenössischen Rechts zu kantonalen Prozessfragen nur dann, wenn ohne seine Kontrolle der Zweck der eidgenössischen Vorschrift nicht gesichert wäre (BGE 72 IV 48). Das ist hier nicht der Fall. Vom Standpunkt des eidgenössischen Rechts aus ist es gleichgültig, ob die Widerhandlung des Beschwerdegegners durch eines der Polizeigerichte oder durch das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft beurteilt wird. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist daher nicht einzutreten.
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a) Nach Art. 9 SBG kann der Täter, der innert fünf Jahren nach einer früheren Verurteilung erneut gegen das Spielbankengesetz verstösst, ausser mit Busse mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft werden. Da diese Strafandrohung drei Monate Freiheitsstrafe übersteigt, finden gemäss Art. 333 Abs. 2 StGB die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die Verbrechen und Vergehen Anwendung mit der Folge, dass der mit Gefängnis als Höchststrafe bedrohte Straftatbestand des Art. 9 SBG als Vergehen gilt (Art. 9 Abs. 2 StGB). Daran ändert nichts, dass Art. 9 SBG nur bei Rückfall des Täters anwendbar ist. Das Spielbankengesetz enthält eine eigene Ordnung des Rückfalls (Art.11), welche die Anwendung von Art. 67 StGB ausschliesst (Art. 333 Abs. 1 StGB). Der Rückfall ist hier nicht allgemeiner Strafschärfungsgrund, sondern qualifizierendes Merkmal eines besondern Straftatbestandes (vgl.BGE 74 IV 78, Praxis 35 Nr. 212 Erw. 2). Massgebend für die Einreihung qualifizierter Tatbestände ist aber die auf diese angedrohte Höchststrafe (BGE 96 IV 32 Erw. 2), so dass die Vorinstanz zu Recht nicht auf die Grundtatbestände der Art. 6 und 7 SBG abgestellt hat.
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b) Die Staatsanwaltschaft hält diese Auslegung für unbefriedigend, weil sie zur Folge habe, dass Art. 9 SBG nur den vorsätzlich begangenen, nicht aber den fahrlässigen Rückfall BGE 98 IV 140 (143):
erfasse. Dieser Einwand ist unbehelflich. Nach Art. 333 Abs. 3 StGB sind die in anderen Bundesgesetzen unter Strafe gestellten Übertretungen bei fahrlässiger Begehung dann nicht strafbar, wenn nach dem Sinn der Vorschrift nur die vorsätzliche Begehung mit Strafe bedroht ist. Das trifft bei den Übertretungstatbeständen des Spielbankengesetzes zu. Dieses erklärt nirgends die fahrlässige Übertretung für strafbar. Eine solche Bestimmung wäre aber nötig gewesen, wenn auch die fahrlässige Tat hätte bestraft werden wollen, da nach den allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht vom 4. Februar 1853, auf die das Spielbankengesetz in Art. 11 ausdrücklich verwies, auch Übertretungen ohne besondere gegenteilige Bestimmung nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar waren (Art. 11 und 12). Dass der Gesetzgeber die fahrlässige Übertretung des Spielbankengesetzes von der Strafbarkeit bewusst ausnehmen wollte, ergibt sich unmissverständlich auch aus der parlamentarischen Gesetzesberatung (StenBull StR 1929, Votum Brügger; NR 1929, S. 630, Votum Häberlin). Durch die Einführung des StGB ist der Sinn der Strafbestimmungen des Spielbankengesetzes nicht geändert worden.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
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