c) Mit der eingereichten Studie soll das sittliche Empfinden des Durchschnittsbürgers ermittelt und damit dem Richter die Beantwortung der Frage ermöglicht werden, ob der zu beurteilende Film dieses Empfinden in nicht leicht zu nehmendem Masse verletze. Die Studie vermag hiefür den Anforderungen an ein taugliches Beweismittel nicht zu genügen. Sie ist schon im Ausgangspunkt unrichtig, indem die Einstellung zu "Sexfilmen" erkundet wurde. Diese Bezeichnung ist noch weniger eindeutig als der Begriff "unzüchtig". Reklame, Publikum und Kritik verstehen darunter alles mögliche, von leicht erotischen Komödien über wissenschaftliche Aufklärungsfilme und künstlerisch gestaltete "Edelporno" bis zu harter Pornographie. Je nachdem, an welche Kategorie von Sexfilmen der Befragte denkt, wird seine Antwort für die Grenzziehung im allgemeinen und für die Einordnung des "Schulmädchen-Reports 5. Teil" nach der einen oder anderen Richtung falsch oder jedenfalls nicht schlüssig sein. Noch weniger brauchbar sind die Angaben von Personen, die keinen oder keinen vergleichbaren Sexfilm gesehen haben. Sie urteilen zwangsläufig vom Hörensagen oder nach vorgefassten, meist extremen Meinungen. Lediglich auf die Aussagen von Sexfilmbesuchern
BGE 103 IV 96 (98):
abzustellen, verbietet sich aber ebenfalls, wenn die Reaktion des Durchschnittsbürgers erkundet werden soll. Wer wiederholt ins Kino geht, um Sexfilme der zu beurteilenden Art anzusehen, fühlt sich offenbar in seinen sittlichen Empfindungen auch im Grenzbereich des objektiv Unzüchtigen noch nicht verletzt. Seine laxere Einstellung ist ebensowenig Massstab für den Bevölkerungsdurchschnitt wie die Überempfindlichkeit puritanischer Bevölkerungskreise. Im übrigen wäre eine zuverlässige Meinungsforschung selbst dann kaum durchzuführen, wenn der inkriminierte Film einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung vorgeführt würde, da die Antworten wohl häufig nicht ganz ehrlich lauten, sondern auf Konventionen, etc. Rücksicht nehmen würden. Das gilt vermehrt für private Erhebungen, bei denen die Befragten keiner Wahrheitspflicht unterliegen.