91. Urteil des Kassationshofes vom 3. Oktober 1980 i.S. Bucsi gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
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Regeste
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Art. 251 StGB. Urkundenfälschung.
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Sachverhalt
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BGE 106 IV 372 (372):
A.- Der Ungare Attila Jozsef Bucsi wurde am 28. Juni 1979 verhaftet. Er wies sich aus mit dem verfälschten Pass des italienischen BGE 106 IV 372 (373):
Staatsangehörigen Sergi Luigi und mit einem auf den gleichen Namen lautenden Führerausweis (beide Ausweise enthielten die Foto des Krivarics Ferenz). Auch in der Untersuchungshaft gab sich Bucsi bis zum 13. Juli 1979 als Sergi Luigi aus, unterzeichnete mit diesem Namen sämtliche im Strafverfahren bis dahin erstellten Protokolle, liess sich unter dem gleichen Namen am 10. Juli 1979 verurteilen und trat schliesslich als Sergi Luigi die Strafe an.
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B.- Am 21. November 1979 sprach das Bezirksgericht Baden Bucsi wegen der Unterzeichnung der polizeilichen Einvernahmeprotokolle mit dem falschen Namen der fortgesetzten Urkundenfälschung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn wegen dieser und einer Reihe anderer strafbarer Handlungen zu sieben Monaten Gefängnis und zu Fr. 250.-- Busse.
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Das Obergericht des Kantons Aargau änderte am 30. April 1980 den erstinstanzlichen Entscheid im Schuldpunkt teilweise ab, bestätigte aber die vom Bezirksgericht ausgefällten Strafen.
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C.- Bucsi führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zum Freispruch von der Anklage der fortgesetzten Urkundenfälschung und zur Neubemessung der Strafe.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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a) Der Einvernommene ist nicht Aussteller der Urkunde, sondern Aussteller (Urheber) des Schriftstückes als Urkunde sind der einvernehmende Beamte und gegebenenfalls der Protokollführer BGE 106 IV 372 (374):
Das Protokoll hat Urkundencharakter, auch wenn der Einvernommene nicht unterzeichnet. Die Urkundenqualität bezieht sich nur auf die Tatsache, dass der Angeschuldigte die protokollierten Angaben gemacht hat, nicht auf die Wahrheit des Inhaltes der Aussagen. Was der Angeschuldigte selber durch Aussagen und Unterschrift zur Urkunde beiträgt, unterliegt nicht einer strafrechtlich sanktionierten Wahrheitspflicht, sonst müsste jede protokollierte falsche Angabe als Falschbeurkundung erfasst werden (vgl. in ähnlichem Sinne SJZ 22, S. 68 Nr. 111).
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b) Auch wenn man davon ausgehen wollte, der Angeschuldigte, der das Protokoll unterzeichnet, sei Mitaussteller/Miturheber der Urkunde, so könnte dies folgerichtig nur bedeuten, dass seine Unterschrift auf den wahren Miturheber der protokollierten Aussagen hinweisen müsste, d.h. nicht über die Urheberschaft täuschen dürfte. Der Angeschuldigte, der mit dem von ihm verwendeten Falschnamen, unter welchem er gegenüber den Strafverfolgungsbehörden auftritt, unterzeichnet, täuscht damit nicht über seine "Miturheberschaft" am konkreten Protokoll und will das auch gar nicht. Dass er der Einvernommene ist, steht ausser Zweifel. Er will nur seinen wirklichen Namen weiterhin nicht bekanntgeben, um die Berücksichtigung seines Vorlebens (samt Vorstrafen) zu verunmöglichen. Das hat aber mit Urheberschaft an der hier in Frage stehenden Urkunde nichts zu tun und berührt auch deren Echtheit nicht. Das mit einem Alias-Namen unterzeichnete Einvernahmeprotokoll ist eine echte (nicht eine gefälschte) Urkunde, selbst wenn man den Angeschuldigten als Miturheber des Dokumentes betrachtet.
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c) Das Obergericht hat den Beschwerdeführer in diesem Punkte von der Anklage freizusprechen und die Strafe neu festzusetzen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der Strafabteilung des Obergerichts des Kantons Aargau vom 30. April 1980 aufgehoben und die Sache an das Obergericht zurückgewiesen zum Freispruch von der Anklage der fortgesetzten Urkundenfälschung und zur Neufestsetzung der Strafe für den nicht angefochtenen Teil des Schuldspruches.
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