BGE 115 V 38 - Kostentragung bei Spitalzusatzversicherung
 
7. Auszug aus dem Urteil
vom 7. April 1989
i.S. M. gegen "Die Eidgenössische" Kranken- und Unfallkasse und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
 
Regeste
Art. 12 Abs. 2 Ziff. 2 KUVG: Leistungen aus Spitalzusatzversicherung.
- Zur Zulässigkeit von statutarischen Bestimmungen, wonach die Leistungen aus einer Spitalzusatzversicherung bei chronischkranken Spitalpatienten um den Kostenanteil für Unterkunft und Verpflegung gekürzt werden können (Erw. 2a bis c).
- Ob der Versicherte imstande ist, den Kostenanteil für Unterkunft und Verpflegung aus eigenen Einkünften zu bestreiten, hat die Krankenkasse vorgängig der Kürzung nach dem Untersuchungsgrundsatz abzuklären (Erw. 2b und d).
Art. 12 Abs. 2 Ziff. 2 KUVG: Leistungen bei Spitalaufenthalt.
- Zur Spitalbedürftigkeit aus sozialen Gründen; es beurteilt sich nach medizinischen Gesichtspunkten, in welches Spital (Akut-/Geriatriespital) ein Versicherter gehört; zur Leistungspflicht der Krankenkassen, wenn ein Versicherter im "falschen" Bett liegt (Erw. 3b/aa).
- Wenn ein bisher hospitalisierter Versicherter nicht mehr spitalbedürftig ist, aber anderweitig stationär (z.B. in einem Pflegeheim) untergebracht werden muss und im Hinblick auf die Umplazierung noch Dispositionen getroffen werden müssen, so hat die Krankenkasse noch während einer kurzen Anpassungszeit die bisherigen Leistungen zu erbringen; praxisgemäss wird eine Anpassungszeit von einem Monat als Rechtens anerkannt; nicht anwendbar ist in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung, welche im Bereich der Einstellung von Krankengeldzahlungen bei zumutbarer anderweitiger Verwertung der Restarbeitsfähigkeit entwickelt worden ist und wo eine Übergangszeit von drei bis fünf Monaten eingeräumt wird (Erw. 3d).
Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 KUVG: Leistungen bei ambulanter Behandlung. Soweit die Kosten für ambulante Behandlung mit dem in casu zugesprochenen Pauschalbetrag von Fr. 6.-- im Tag nicht abgegolten sind, hat die Krankenkasse auch für die über diesen Betrag hinausgehenden Kosten aufzukommen (Erw. 3c).
Art. 12, 30bis Abs. 1 KUVG und Art. 129 Abs. 1 lit. c OG: freiwillige Leistungen. Über freiwillige Leistungen, d.h. Leistungen, zu denen die Krankenkasse weder gesetzlich noch statutarisch verpflichtet ist, hat der Richter nicht zu befinden (Erw. 3c).
 


BGE 115 V 38 (40):

Sachverhalt
A.
Bertha M., geb. 1900, ist seit August 1975 Mitglied der Kranken- und Unfallkasse "Die Eidgenössische" (nachfolgend: Krankenkasse) und dort für Krankenpflege (Abt. A), Krankengeld (Fr. 2.-- pro Tag, Abt. B) sowie Spitalkostenzusatz (Fr. 40.-- pro Tag, Abt. E) versichert. Vom 1. September 1984 bis 28. August 1985 war Bertha M. in der Akutabteilung des Bezirksspitals T. hospitalisiert. Seither befindet sie sich im Pflegeheim des Bezirks T. Die Krankenkasse richtete zunächst die vertragliche Vollpauschale von Fr. 162.-- pro Tag (Behandlungstaxe Fr. 122.-- zuzüglich Pensionszuschlag von Fr. 40.--) aus. Ab 1. Februar 1985 kürzte sie ihre Leistungen um den Pensionszuschlag (Schreiben vom 30. Januar 1985); ab 16. April 1985 stellte sie auch die Bezahlung der Behandlungstaxe ein (Schreiben vom 29. März 1985). Zur Begründung der Kürzung berief sich die Krankenkasse in ihrer Verfügung vom 24. Juli 1986 auf ihr Reglement über die Spitalkostenzusatzversicherung, welches bei chronischkranken Patienten eine Kürzung der Leistungen um den Pensionszuschlag vorsehe; für die Einstellung der Behandlungstaxe ab 16. April 1985 machte sie geltend, die Versicherte sei gemäss Stellungnahme des Vertrauensarztes der Kasse nicht mehr spitalbedürftig, sondern nur noch pflegebedürftig, weshalb hinfort an die Aufenthaltskosten nur noch Fr. 9.-- pro Tag zuzüglich Fr. 6.-- pro Tag als Pauschalabgeltung für die ambulanten Kosten (Arzt und Arznei) gewährt werden könnten.


BGE 115 V 38 (41):

B.- Die Versicherte liess gegen die Verfügung vom 24. Juli 1986 Beschwerde erheben mit dem sinngemässen Begehren, die Krankenkasse habe während des Spitalaufenthaltes die vollen Leistungen zu erbringen.
Mit Entscheid vom 29. Januar 1987 wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Beschwerde ab.
C.
Die Versicherte lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit den Begehren, die Krankenkasse habe in der Zeit vom 1. Februar bis 15. April 1985 Leistungen für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von Fr. 414.-- pro Monat zu erbringen, d.h. in dem Ausmass, als die Pensionskosten den Monatsbetrag der Altersrente von Fr. 925.-- (abzüglich eines Freibetrages von 15%) übersteigen; ferner habe die Krankenkasse für die Zeit vom 16. April bis 28. August 1985 zusätzlich zu Leistungen für Unterkunft und Verpflegung die Behandlungstaxe zu entrichten; eventualiter habe die Krankenkasse mindestens die Leistungen zu gewähren, welche sie bei einem Aufenthalt in der Geriatrie-Abteilung des Bezirksspitals zu erbringen hätte.
Die Krankenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung beantragt.
 
Auszug aus den Erwägungen:
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 2
    Mitgliedern ohne Unterstützungspflichten werden nach einer im wesentlichen ununterbrochenen Spitalaufenthaltsdauer von 120 Tagen für die Unterkunft und Verpflegung im Spital aus den Versicherungsabteilungen E und F sowie K Leistungen nur erbracht, als eine Rente der AHV oder

    BGE 115 V 38 (42):

    IV inklusive allfällige Ergänzungsleistungen für die Deckung dieser Kosten gemäss den Taxen der allgemeinen Spitalabteilung nicht ausreicht. Dem Versicherten ist in jedem Fall für seine persönlichen Bedürfnisse ein Freibetrag von 15% der AHV- oder IV-Rente anzurechnen.
Im Unterschied dazu fehlt in Art. 50 Abs. 3 der Statuten der Krankenkasse vom 1. Juli 1985 der Satzteil "inklusive allfällige Ergänzungsleistungen" und wird demnach für die Ermittlung des Abzugs für Unterkunft und Verpflegung nur auf den Betrag der AHV- oder IV-Rente abgestellt.
Diese beiden Kassenbestimmungen enthalten eine sog. Bedürfnisklausel, indem sie Leistungen aus einer Spitalzusatzversicherung für Unterkunft und Verpflegung davon abhängig machen, dass das Kassenmitglied solche Aufwendungen nicht aus eigenen Renteneinkünften bestreiten kann.
    Für Mitglieder ohne Unterhaltspflicht werden die Leistungen aus der Spitalversicherung Ea mit entsprechender Verlängerung der Leistungsdauer nur soweit ausgerichtet, als die persönlichen Einkünfte des Versicherten, inkl. Leistungen Eidg. Sozialversicherung, zur Deckung von Unterkunft und Verpflegung nicht ausreichen. Nicht berücksichtigt wird ein Betrag von 15% der persönlichen Einkünfte als sogenannte freie Quote.
Und im Urteil D. vom 4. Dezember 1985 (RKUV 1986 Nr. K 674 S. 191) stand folgende Bestimmung der Krankenkasse Y zur Diskussion:
    Les membres qui n'ont aucune obligation d'entretien et qui séjournent dans un établissement pour maladies chroniques ou dans un établissement pour maladies nerveuses ne touchent les prestations de l'assurance pour frais d'hospitalisation que si leur revenu, ajouté aux prestations des assurances sociales fédérales, ne suffit pas à couvrir les frais de logement et de pension. Toutefois, il ne sera pas tenu compte d'un montant de 15 pour cent desdits revenus à titre de quotité personnelle.
Das Eidg. Versicherungsgericht hat festgehalten, dass solche Klauseln zulässigerweise verhindern, dass hospitalisierte Versicherte ihren ordentlichen Unterhalt über eine Spitalzusatzversicherung finanzieren und gleichzeitig mit den an sich zu diesem Zwecke bestimmten Leistungen anderer Sozialversicherungen oder mit anderweitigen persönlichen Einkünften Sparkapitalien äufnen

BGE 115 V 38 (43):

(RKUV 1986 Nr. K 674 S. 197 f., 1985 Nr. K 624 S. 112 f., RSKV 1983 Nr. 552 S. 231 Erw. 1, 1980 Nr. 428 S. 249 f.). Hinsichtlich des betroffenen Personenkreises hat das Eidg. Versicherungsgericht im Falle der Krankenkasse X erkannt, dass es Sinn und Zweck der fraglichen Statutenbestimmung entspricht, wenn die Kasse die Bedarfsklausel trotz der weitgefassten Statutenformulierung praxisgemäss nur auf chronischkranke Dauerpatienten in Spitälern anwendet, und dass die Bestimmung in diesem begrenzten Rahmen bundesrechtskonform ist (RKUV 1985 Nr. K 624 S. 112 unten; vgl. auch RSKV 1980 Nr. 428 S. 249 f.). In diesem Sinne hat das Gericht die Anwendung der Bedarfsklausel als Rechtens erachtet im Falle einer betagten Frau, die als Chronischkranke hospitalisiert war (RSKV 1980 Nr. 428 S. 243 und 249 f.), ferner bei Dauerpatienten in psychiatrischen Kliniken (RKUV 1985 Nr. K 624 S. 108 und 111 Erw. 3a sowie RSKV 1983 Nr. 552 S. 229 und 231; vgl. auch RKUV 1986 Nr. K 674 S. 194 und 197 Erw. 2). Zur Frage, nach wievielen Tagen der Leistungsgewährung aus einer Spitalzusatzversicherung eine Kasse befugt ist, in Anwendung der Bedarfsklausel die Kosten für Unterkunft und Verpflegung dem Versicherten zu überbinden, musste sich das Eidg. Versicherungsgericht bislang nicht ausdrücklich äussern. Immerhin hat es aber keinen Anlass zur Beanstandung erblickt in der Praxis der Krankenkasse X, welche - nach Gewährung vollen Versicherungsschutzes im Rahmen der versicherten Leistungen während der Akutphase einer Erkrankung - die Bedarfsklausel ab dem 181. Hospitalisationstag anwendet (RSKV 1983 Nr. 552 S. 236 Erw. 3c, 1980 Nr. 428 S. 243 und 249 f.). Was schliesslich noch die Ermittlung des Bedarfs anbelangt, d.h. die Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange ein chronischkranker Versicherter die Kosten für den Aufenthalt im Spital selber tragen muss, hat das Eidg. Versicherungsgericht folgende Grundsätze aufgestellt. Zunächst kommt angesichts von Sinn und Zweck der Bedarfsklauseln von vornherein bloss eine Überwälzung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Betracht; auf keinen Fall dürfen dem Versicherten hingegen Krankenpflegeleistungen vorenthalten werden, welche den Ansatz gemäss Art. 24 Abs. 1 Vo III übersteigen (RKUV 1985 Nr. K 624 S. 112 f. Erw. 3b und 4a). Sodann ist für die Ermittlung des Bedarfs ein Vergleich der Einkünfte und Ausgaben des Versicherten vorzunehmen. Dabei dürfen beim Einkommen allfällige Ergänzungsleistungen gemäss ELG nicht berücksichtigt werden (RKUV 1986 Nr. K 674

BGE 115 V 38 (44):

S. 198 Erw. 3). Anderseits müssen bei den Ausgaben nebst der Freiquote von 15% Abzüge für unerlässliche Unterhaltsaufwendungen wie Krankenkassenbeiträge, Steuern, besondere krankheitsbedingte Auslagen zugelassen werden (RKUV 1986 Nr. K 674 S. 198 Erw. 2; vgl. auch RSKV 1983 Nr. 552 S. 238 Erw. 5). Denn die Deckung solcher Aufwendungen des ordentlichen Unterhalts und mithin des Existenzbedarfs ist primär der Zweck insbesondere der AHV- und IV-Renten (RKUV 1985 Nr. K 624 S. 113 oben; vgl. in diesem Zusammenhang auch Art. 34 Abs. 2 BV), weshalb dem Versicherten dafür der entsprechende Einkommensbetrag zur Verfügung belassen bleiben muss.
Nach der Rechtsprechung unterliegt das Verwaltungsverfahren der Krankenkassen dem Untersuchungsgrundsatz (vgl. RKUV 1985 Nr. K 646 S. 237 Erw. 2b mit Hinweisen). Er besagt, dass die Verwaltung und - im Beschwerdefall - der Richter von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhalts zu sorgen haben, was allerdings den Versicherten nicht davon entbindet, im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht seinerseits zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen (BGE 110 V 52 Erw. 4a). Verwaltung und Richter dürfen dabei eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind. Sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, haben sie beim Fehlen klarer Beweise nach dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit darüber zu befinden, ob eine Tatsache als bewiesen oder unbewiesen zu gelten hat. Dabei genügt die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts den Beweisanforderungen nicht. Beizufügen bleibt, dass der Untersuchungsgrundsatz die Beweislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwendig ausschliesst. Die Parteien tragen mithin in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zuungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten will (RKUV 1985 Nr. K 646 S. 238 f. Erw. 2c und 2e mit zahlreichen weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung). Nach diesen Grundsätzen ist es Sache der Krankenkassen, von Amtes wegen abzuklären, ob die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, die Leistungen aus einer Spitalzusatzversicherung in Anwendung der Bedarfsklausel ganz oder teilweise einzustellen. Soweit sich dem Urteil D. vom 4. Dezember 1985 (RKUV 1986 Nr. K 674 S. 197 Erw. 2) eine Abweichung vom Untersuchungsgrundsatz entnehmen lässt, indem es ausführt, es

BGE 115 V 38 (45):

sei Sache des Versicherten, den Bedarf nach ungekürzten Leistungen darzutun ("l'assuré doit, pour bénéficier des prestations de l'assurance complémentaire, en justifier la nécessité économique"), kann daran nicht festgehalten werden.
c) Mit Bezug auf die Vorschriften der Beschwerdegegnerin ist vorweg festzuhalten, dass Art. 2 lit. m ihres Reglementes über die Spitalkostenzusatzversicherung E sich insofern als unzulässig erweist, als diese Bestimmung in die Bedarfsberechnung auch allfällige Ergänzungsleistungen mit einbezieht. In diesem Sinne ist dem BSV beizupflichten. Allerdings ist dieser Punkt im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da die Beschwerdeführerin keine Ergänzungsleistungen bezieht (gemäss Postabschnitt über die AHV-Rente). Im übrigen lässt sich die erwähnte Reglementsbestimmung im Lichte der dargestellten Rechtsprechung nicht beanstanden, insoweit sie allein auf in einem Spital befindliche chronischkranke Versicherte ohne Unterstützungspflichten anwendbar ist, für persönliche Bedürfnisse einen Freibetrag von 15% anerkennt und die Überwälzung bloss der Kosten für Unterkunft und Verpflegung vorsieht. Ob es Rechtens ist, die Kürzung bereits nach einer Spitalaufenthaltsdauer von 120 Tagen vorzunehmen, braucht hier nicht entschieden zu werden.
Im Vergleich zu den entsprechenden Vorschriften der Krankenkassen X und Y fällt sodann auf, dass Art. 2 lit. m des Reglements auf der Einkommensseite bloss die Rente der AHV oder Invalidenversicherung erwähnt. Mithin hat die Beschwerdegegnerin keine statutarische Grundlage dafür, bei der Bedarfsberechnung noch weitere Einkünfte wie Pensionskassenleistungen oder Vermögenserträge zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Ausführungen in Erw. 2b und ungeachtet des Wortlauts von Art. 2 lit. m des Reglements sind hingegen auf der Ausgabenseite über den Freibetrag hinaus auch noch Abzüge für unerlässliche Unterhaltsaufwendungen zuzulassen.
d) Aufgrund der vorstehenden Ausführungen sind im vorliegenden Fall die folgenden Schlüsse zu ziehen. Laut den vorhandenen Akten darf davon ausgegangen werden, dass die seit dem 1. September 1984 hospitalisierte Beschwerdeführerin für die Zeit ab 1. Februar 1985 als chronischkrank bezeichnet werden muss. Ferner befand sie sich damals in Spitalbehandlung. Auch wird nicht geltend gemacht bzw. sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sie Unterstützungspflichten trägt. Insofern erfüllt die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die grundsätzliche

BGE 115 V 38 (46):

Anwendung von Art. 2 lit. m des Reglements. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt der vorangegangenen Mindestspitalaufenthaltsdauer; nachdem die Phase akuter Erkrankung jedenfalls vor Februar 1985 als (vorderhand; vgl. Erw. 3b/bb in fine) abgeschlossen angesehen werden kann, lässt sich die Anwendung der fraglichen Kassenvorschriften ab dem 154. Spitaltag an sich nicht beanstanden. Hingegen muss das Vorgehen der Krankenkasse aus andern Gründen bemängelt werden. Mit Schreiben vom 30. Januar 1985 teilte sie dem Bezirksspital und der Beschwerdeführerin mit, dass sie den Pensionszuschlag in Höhe von Fr. 40.-- täglich ab 1. Februar 1985 nicht mehr übernehme; gleichzeitig sandte sie der Beschwerdeführerin ein Formular "Gesuch um Übernahme des Pensionszuschlags". Somit überliess sie es der Beschwerdeführerin, durch Einreichen eines entsprechenden Gesuchs sich darum zu bemühen, dass die Krankenkasse ihre Leistungen aus der Spitalkostenzusatzversicherung auch über Ende Januar 1985 hinaus erbringe. Wiewohl die Voraussetzungen für volle Leistungen aus der Spitalkostenzusatzversicherung (Spitalaufenthalt, Spitalbehandlungsbedürftigkeit, Vollpauschale durch Krankenpflegeversicherung A nicht voll gedeckt) an sich nach wie vor erfüllt waren, stellte die Krankenkasse ihre Leistungen aus dieser Zusatzversicherung ein, ohne zuvor von Amtes wegen abgeklärt zu haben, ob die Voraussetzungen im Sinne der Bedarfsklausel überhaupt erfüllt waren. Damit verletzte sie einerseits den Untersuchungsgrundsatz; und indem sie einen bloss möglichen Sachverhalt (nämlich, dass die Beschwerdeführerin imstande sei, die Kosten für Unterkunft und Verpflegung aus eigenen Mitteln zu bestreiten) als gegeben unterstellte, verstiess sie anderseits auch gegen grundlegende Beweisregeln. Richtigerweise hätte die Krankenkasse zunächst Abklärungen über die Höhe der AHV-Rente und der unerlässlichen Aufwendungen für den ordentlichen Unterhalt vornehmen und sich zu diesem Zwecke mit entsprechenden Fragen an die Beschwerdeführerin bzw. - angesichts ihres hohen Alters und des prekären Gesundheitszustandes - an Angehörige wenden müssen, um hernach aufgrund der erhaltenen Angaben bzw. - bei allfälliger Verletzung der Mitwirkungspflicht - aufgrund einer Einschätzung der finanziellen Verhältnisse (vgl. in diesem Zusammenhang RSKV 1983 Nr. 552 S. 238 Erw. 5) darüber zu befinden, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass die Kosten für Unterkunft und Verpflegung auf die Beschwerdeführerin überwälzt werden könnten. Nachdem die Krankenkasse nicht

BGE 115 V 38 (47):

in diesem Sinne vorgegangen ist, hat sie die entsprechenden Abklärungen noch nachzuholen und hernach unter Berücksichtigung der AHV-Rente, welche gemäss den im letztinstanzlichen Verfahren eingereichten Unterlagen 1985 Fr. 925.-- im Monat betrug, über den Anspruch auf Leistungen aus der Spitalkostenzusatzversicherung neu zu verfügen. Zu diesem Zweck ist die Sache an die Krankenkasse zurückzuweisen.
 
Erwägung 3
Dem hält die Beschwerdeführerin entgegen, die Krankenkasse habe nicht rechtsgenüglich angezeigt, dass sich eine Heimplazierung aufdränge und welches die Folgen der Unterlassung eines solchen Wechsels seien. So habe die Krankenkasse ihre Aufforderung vom 5. März 1985 zur Umplazierung nur an das Spital gerichtet. Ferner sei die Kündigung der Spitalgarantie mit Schreiben vom 29. März 1985 und Wirkung ab 16. April 1985 viel zu kurzfristig erfolgt. Die Beschwerdeführerin macht darum geltend, die Krankenkasse habe jedenfalls bis zum Spitalaustritt am 28. August 1985 Leistungen für Spitalbehandlung zu erbringen, einschliesslich Leistungen aus der Zusatzversicherung.
Das BSV weist in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde darauf hin, dass zwar die Behandlungsbedürftigkeit in einem Akutspital zu verneinen sei; hingegen stelle sich die Frage der Behandlungsbedürftigkeit in einer geriatrischen Abteilung eines Spitals, was von der Vorinstanz nicht geprüft worden sei. Ferner hält das BSV dafür, angesichts der Übernahme der Spitalbehandlungskosten durch die Krankenkasse während mehr als vier Monaten (ab 1. September 1984) habe die Beschwerdeführerin in guten Treuen auf weiterhin andauernde Kostenübernahme vertrauen dürfen. Im Hinblick auf die bei einer Umplazierung zu treffenden Dispositionen erweise sich die von der Krankenkasse angesetzte Übergangsfrist von rund zwei Wochen darum als unangemessen kurz.


BGE 115 V 38 (48):

b) Zunächst fragt sich, ob die Beschwerdeführerin ab 16. April 1985 noch spitalbedürftig war.
aa) Nach der Rechtsprechung begründet der blosse Aufenthalt in einer Heilanstalt noch keinen Anspruch auf die gesetzlichen oder statutarischen Leistungen (BGE 107 V 57 Erw. 3), namentlich dann nicht, wenn eine Hospitalisierung aus sozialen Gründen erfolgt, d.h. wenn der Versicherte nicht im Sinne des KUVG krank ist oder wenn die Gesamtheit der ärztlichen und sonstigen wegen seiner Krankheit erforderlichen Behandlung einen Klinikaufenthalt nicht rechtfertigt. Die Kassen sind jedoch für jeden sachlich notwendigen Heilanstaltsaufenthalt leistungspflichtig, was auch der Fall ist, wenn der Krankheitszustand eines Versicherten nicht unbedingt eine ärztliche Behandlung, sondern lediglich einen Aufenthalt im Spitalmilieu erfordert. Die Intensität der ärztlichen Behandlung, welche die Krankheit eines Versicherten verlangt, ist nicht alleiniges Entscheidungskriterium, ob sein Zustand eine Hospitalisierung rechtfertigt, insbesondere wenn ein Versicherter wegen seines hohen Alters, seiner familiären Verhältnisse oder weil er alleinstehend ist, keine Möglichkeit hat, die seinem Zustand entsprechende Pflege und Beaufsichtigung zu Hause zu erhalten, oder wenn dies der Familie des Versicherten nicht zugemutet werden kann. Folglich ist der Umstand, dass die ärztliche oder aber andere Behandlungen überwiegen, nicht ausschlaggebend dafür, ob die Hospitalisationskosten eines Versicherten zu Lasten der Krankenkasse gehen oder nicht (RKUV 1986 Nr. K 680 S. 231 Erw. 1b, 1984 Nr. K 591 S. 199 Erw. 2b, RSKV 1983 Nr. 534 S. 121, 1982 Nr. 477 S. 41 und Nr. 486 S. 101).
Des weitern hat die Rechtsprechung erkannt, dass der an sich spitalbedürftige Versicherte diejenige Heilanstalt oder Spitalabteilung zu wählen hat, in die er vom medizinischen Standpunkt aus gehört (BGE 108 V 40 Erw. 3, 101 V 72 f. Erw. 2 und 4a; RKUV 1988 Nr. K 754 S. 10 Erw. 1b, 1984 Nr. K 563 S. 16 f. und Nr. K 591 S. 199 f., RSKV 1977 Nr. 298 S. 171). Dies folgt aus dem Grundsatz, dass die Kassen unwirtschaftliche Behandlungen grundsätzlich nicht zu übernehmen haben, wozu u.a. unzweckmässige oder unnötige therapeutische Vorkehren gehören (BGE 108 V 32 Erw. 3a mit Hinweisen). So hat die Kasse aus der Grundversicherung nicht für Mehrkosten aufzukommen, die sich daraus ergeben, dass der Versicherte sich in eine für intensive Pflege und Behandlung spezialisierte und damit teure Klinik begibt, obwohl er einer solchen Betreuung nicht bedarf und ebensogut

BGE 115 V 38 (49):

in einer einfacher eingerichteten und daher weniger kostspieligen Heilanstalt sachgerecht hätte behandelt werden können (BGE 101 V 72 Erw. 2; RKUV 1988 Nr. K 754 S. 10 Erw. 1b, RSKV 1980 Nr. 406 S. 90 Erw. 3, 1977 Nr. 298 S. 171). Ebenso hat der spitalbedürftige Versicherte nicht mehr als die gesetzlichen bzw. statutarischen Leistungen zugute, wenn er gezwungenermassen in einer teuren Klinik hospitalisiert werden muss, weil in der Heilanstalt oder in der Spitalabteilung, die vom medizinischen Standpunkt aus genügen würde und billiger wäre, kein Bett frei ist (BGE 101 V 72 Erw. 3 mit Hinweisen). Ferner hat die Kasse nicht dafür aufzukommen, wenn ein Versicherter trotz nicht mehr bestehender Spitalbedürftigkeit weiterhin in einer Heilanstalt untergebracht ist, weil z.B. kein Platz in einem geeigneten und für den Versicherten genügenden Pflegeheim (ohne Spitalcharakter) vorhanden ist und mithin der Spitalaufenthalt nur noch auf sozialen Überlegungen beruht (RKUV 1986 Nr. K 675 S. 201; vgl. auch RSKV 1981 Nr. 466 S. 254 und 1976 Nr. 260 S. 161 Erw. 2).
bb) Für den vorliegenden Fall lässt sich den Akten folgendes entnehmen. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin bis zum 28. August 1985 in der Akutabteilung des Bezirksspitals T. hospitalisiert war; seither befindet sie sich laut vorinstanzlicher Beschwerde im "Pflegeheim des Bezirks T.", wobei unter dieser Bezeichnung die Geriatrie-Abteilung des Bezirksspitals T. verstanden wird (Schreiben der Krankenkasse vom 4. Februar 1986 an das Sanitätsdepartement des Kantons Solothurn). Am 5. März 1985 teilte die Krankenkasse dem Bezirksspital mit, aufgrund der Beurteilung eines spitalärztlichen Berichts durch den Vertrauensarzt der Kasse sowie nach Konsultation auch des Vertrauensarztes des Konkordates (Dr. med. G.) dränge es sich auf, die Beschwerdeführerin demnächst aus dem Spital zu entlassen bzw. in ein Alters-/Pflegeheim oder allenfalls in Hauspflege zu verlegen. In der Folge wandte sich Dr. med. F., Assistenzarzt am Bezirksspital, mit Schreiben vom 26. März 1985 an Dr. G., schloss sich ebenfalls der Auffassung an, dass die Beschwerdeführerin nicht in ein Akutspital gehöre, und führte des weitern aus, dass "unser Alters- und Pflegeheim" jedoch völlig besetzt sei, weshalb man sich genötigt sehe, die Patientin auf der Abteilung (d.h. der Akutabteilung) zu belassen. Dies war, wie erwähnt, bis zum 28. August 1985 der Fall, also bis zur Umplazierung in die Geriatrie-Abteilung. In einem späteren Schreiben vom 15. Oktober 1985 an Dr. med. Z., Chefarzt des Bezirksspitals, nahm Dr. G. davon

BGE 115 V 38 (50):

Kenntnis, dass die Spitalärzte unter der Unterbringung in einem Pflegeheim die Verlegung in die Geriatrie-Abteilung des Bezirksspitals verstanden hätten. Dr. G. pflichtete bei, dass die bei der Beschwerdeführerin notwendige intensive Pflege, die Verabreichung der Medikamente und die regelmässige ärztliche Kontrolle in der Geriatrie-Abteilung bestens sichergestellt seien, warf aber die Frage auf, ob diese Betreuung nicht auch in einem Pflegeheim erfolgen könnte, wobei Dr. G. in diesem Zusammenhang von Pflegeheimen "mit einer sogenannten Spitalabteilung" sprach, "wo der Patient durch medizinisch geschultes (auch diplomiertes) Personal gepflegt werden kann, wo ihm Medikamente verabreicht werden können und wo ein Arzt die Patienten regelmässig besucht". Abschliessend hielt Dr. G. fest, er sehe keinen Grund, weshalb die Beschwerdeführerin nicht in ein solches Heim verlegt werden könnte, falls ein Platz gefunden werde. Unter Bezugnahme auf diese Stellungnahme, von welcher die Krankenkasse eine Kopie erhalten hatte, führte Chefarzt Dr. Z. im Schreiben vom 13. Dezember 1985 an die Krankenkasse aus, dass es zur Zeit im Bezirk T. kein Pflegeheim, sondern nur eine Geriatrie-Abteilung gebe, weshalb die Beschwerdeführerin notgedrungen dort habe untergebracht werden müssen. Dr. Z. schloss mit der Feststellung, dass angesichts des Zustandes der Beschwerdeführerin eine Behandlung zu Hause durch die Angehörigen nicht mehr möglich und nicht zumutbar sei.
Aus diesen Unterlagen folgt zunächst, dass ab März 1985 kein Anlass mehr dazu bestand, die Beschwerdeführerin in der Akutabteilung des Bezirksspitals zu behandeln. Dies wird denn auch in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht bestritten. Anderseits darf davon ausgegangen werden, dass in diesem Zeitpunkt eine Entlassung nach Hause nicht mehr in Betracht kommen konnte. Somit stellt sich die Frage, ob noch Spitalbedürftigkeit im Rahmen einer Geriatrie-Abteilung vorlag oder blosse Pflegebedürftigkeit ohne die Notwendigkeit eines Aufenthalts im Spitalmilieu. Diesbezüglich erweisen sich die Akten als zu wenig schlüssig. So ist aufgrund der Stellungnahmen des Spitals unklar, ob die Verlegung in das "Pflegeheim", d.h. in die Geriatrie-Abteilung des Bezirksspitals deshalb befürwortet und schliesslich auch vorgenommen wurde, weil diese Lösung sich aufgrund des prekären Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin aufdrängte, oder bloss deshalb, weil die Unterbringung in einem nicht spitalmässigen Pflegeheim mangels eines entsprechenden Platzes nicht möglich war. Auch das

BGE 115 V 38 (51):

Schreiben von Dr. G. vom 15. Oktober 1985 hilft in diesem Punkt nicht weiter, Wenn er darlegt, die Beschwerdeführerin sei in der Geriatrie-Abteilung bestens aufgehoben, so ist damit über die Notwendigkeit des dortigen Aufenthalts aus medizinischen Gründen noch nichts ausgesagt. Anderseits beantwortet auch seine Empfehlung, die Beschwerdeführerin in einem Pflegeheim "mit einer sogenannten Spitalabteilung" unterzubringen, die Frage nicht schlüssig, ob die Beschwerdeführerin an sich noch spitalbedürftig oder bloss noch pflegebedürftig war. Denn es bleibt ungeklärt, ob Dr. G. darunter ein Pflegeheim mit Heilanstaltscharakter meint (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 108 V 54) oder ein Pflegeheim, in welchem zwar eine minimale medizinische Versorgung gewährleistet ist, das aber den Begriff einer Heilanstalt nicht erfüllt. Somit drängen sich auch zu diesem Punkt zusätzliche Abklärungen auf, welche zweckmässigerweise von der Krankenkasse vorzunehmen sind, nachdem die Sache schon aus einem andern Grund an sie zurückzuweisen ist (vgl. Erw. 2d in fine hievor). Dabei wird die Krankenkasse auch der Frage nachzugehen haben, ob die Beschwerdeführerin im Laufe des Sommers 1985 nicht vorübergehend wieder der Behandlung in einem Akutspital bedurfte (mithin damals also in der Akutabteilung an sich noch richtig plaziert war), nachdem aus dem Arztbericht von Dr. Z. vom 8. Oktober 1985 ersichtlich ist, dass im Juli 1985 eine tiefe Beckenvenenthrombose links aufgetreten war.
c) Sollten die Abklärungen zum Ergebnis führen, dass der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ab Mitte April 1985 den Aufenthalt in einer geriatrischen Abteilung erforderte, so hätte die Krankenkasse dementsprechend die gesetzlichen bzw. statutarischen Leistungen zu erbringen, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor und bis Ende August 1985 in der Akutabteilung des Bezirksspitals hospitalisiert war (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 101 V 74 unten und RKUV 1984 Nr. K 563 S. 16 f.). Dabei hätte die Krankenkasse die Leistungen für die Behandlung in der Geriatrie-Abteilung ab dem Zeitpunkt zu erbringen, in welchem die Leistungspflicht für Behandlung in der Akutabteilung erlischt (vgl. dazu Erw. 3d hernach), sowie unter dem Vorbehalt einer allfälligen vorübergehenden erneuten Leistungspflicht für Akutbehandlung im Sommer 1985 (vgl. Erw. 3b in fine hievor).
Sollte sich ergeben, dass - entsprechend der Kassenverfügung - die Unterbringung in einem Pflegeheim ohne spitalmässige

BGE 115 V 38 (52):

Einrichtung durchaus genügt hätte, so stellt sich die Frage, ob die Krankenkasse ihre Leistungen für diesen Fall zutreffend festlegte, indem sie an die Kosten des Aufenthalts einen täglichen Beitrag von Fr. 9.-- und für die ambulanten Kosten (Arzt und Arznei) einen Pauschalbetrag von Fr. 6.-- im Tag zusprach. Was den Betrag von Fr. 9.-- anbelangt, so handelt es sich hier weder um eine gesetzliche noch um eine statutarische Pflichtleistung. Daran ändert die Berufung der Krankenkasse auf Art. 24 Vo III nichts, da diese Bestimmung die Pflichtleistungen bei Heilanstaltsbehandlung betrifft. Vielmehr geht es beim Betrag von Fr. 9.-- anscheinend um eine freiwillige Leistung, über welche der Richter nicht zu befinden hat (Art. 129 Abs. 1 lit. c OG; vgl. auch Art. 30bis Abs. 1 KUVG; EVGE 1967 S. 193 Erw. 4c; RKUV 1987 Nr. K 721 S. 110 Erw. 2b in fine mit Hinweis). Mit Bezug auf die Pauschale von Fr. 6.-- ist festzuhalten, dass die Kassen die Leistungen bei ambulanter Behandlung im Rahmen des Gesetzes (insbesondere Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1, Art. 14bis Abs. 1 und Art. 23 KUVG) in vollem Umfange zu erbringen haben. Soweit die Kosten für die ambulante Behandlung der Beschwerdeführerin mit dem Pauschalbetrag von täglich Fr. 6.-- nicht abgegolten werden, hat die Krankenkasse darum auch für die über diesen Betrag hinausgehenden Kosten aufzukommen (vgl. BGE 108 V 41 f.). Dass die Krankenkasse in ihrer Verfügung auch mit Bezug auf diese Pauschale auf die Verordnung III verweist, ist unbehelflich.
d) Ferner ist zu prüfen, ob die Krankenkasse die Leistungen für die Behandlung in der Akutabteilung zu Recht auf die Zeit bis zum 15. April 1985 beschränkte, wovon sie dem Bezirksspital mit Schreiben vom 29. März 1985 und der Beschwerdeführerin mit einer gleichentags bei der Post aufgegebenen Kopie dieses Schreibens Mitteilung machte. Wie bereits erwähnt, bringt das BSV dazu vor, eine Übergangszeit von bloss rund zwei Wochen erweise sich als unangemessen kurz, in welchem Sinne sich auch die Beschwerdeführerin äussert. In diesem Zusammenhang beruft sich das Bundesamt einerseits auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes und verweist anderseits auf die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts zur Einstellung von Krankengeldzahlungen bei zumutbarer anderweitiger Verwertung der Restarbeitsfähigkeit, in welchem Falle dem Versicherten eine nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles zu bemessende Anpassungszeit einzuräumen ist (drei bis fünf Monate; vgl. BGE 111 V 239 Erw. 2a in fine mit Hinweisen).


BGE 115 V 38 (53):

Die Berufung des BSV auf die Rechtsprechung im Krankengeldbereich erweist sich als nicht stichhaltig. Ganz allgemein gesprochen haben die Krankenkassen Leistungen nur zu erbringen, wenn und solange das versicherte Risiko verwirklicht ist (BGE 101 V 71 Erw. 2; vgl. auch MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. I, S. 268 ff.). Im Falle der vom BSV erwähnten Rechtsprechung verhält es sich nun aber so, dass das versicherte Risiko, nämlich die krankheits- oder allenfalls unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit im bisherigen Tätigkeitsbereich (vgl. BGE 111 V 239 Erw. 1b mit Hinweisen) an sich nach wie vor verwirklicht bleibt, weshalb sich die Frage einer Einstellung der Krankengeldzahlungen allein unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht des Versicherten stellen kann (BGE 114 V 281, 111 V 239 Erw. 2a; vgl. in diesem Zusammenhang auch BGE 105 V 176, in welchem Falle die fragliche Operation allerdings als nicht zumutbarer Beitrag zur Schadenminderung betrachtet wurde mit der Folge, dass die Kasse entsprechend dem nach wie vor verwirklichten versicherten Risiko zu weiteren Krankengeldzahlungen verpflichtet wurde). Rechtlich anders ist die Lage hingegen, wenn ein Versicherter - wie hier - nicht mehr der Behandlung in einem Akutspital bedarf. In diesem Falle ist das versicherte Risiko (der krankheitsbedingten Akutspitalbedürftigkeit) nicht mehr verwirklicht; die Leistungspflicht der Kasse für Akutbehandlung erlischt dabei schon aus diesem Grunde und nicht erst im Hinblick auf die Verpflichtung des Versicherten zu schadenminderndem Verhalten. Daraus wäre konsequenterweise an sich der Schluss zu ziehen, dass - mangels anderslautender ausdrücklicher Vorschriften (vgl. etwa Art. 44 Abs. 2 AHVG, Art. 88bis Abs. 2 lit. a IVV) - der Leistungsanspruch mit sofortiger Wirkung und ohne Übergangsfrist erlischt. Dies liefe jedoch dem berechtigten Interesse von Versicherten zuwider, die nicht mehr der bisherigen Spitalbehandlung bedürfen, aber anderweitig stationär untergebracht werden müssen und für die im Hinblick auf die Umplazierung erst noch entsprechende Dispositionen getroffen werden müssen. Darum drängt sich in solchen Fällen die Einräumung einer kurzen Anpassungszeit auf, welche einerseits dem erwähnten Interesse der Versicherten Rechnung trägt und anderseits den Umstand berücksichtigt, dass die Kassen für ein nicht (mehr) versichertes Risiko nicht aufkommen müssen und insbesondere nicht dafür einzustehen haben, wenn eine Umplazierung mangels adäquater Unterbringungsmöglichkeiten scheitert oder sich hinauszögert (RKUV 1986 Nr. K 675

BGE 115 V 38 (54):

S. 205 oben; vgl. auch RSKV 1983 Nr. 534 S. 123). Aus diesem Grunde hat das Eidg. Versicherungsgericht wiederholt eine Übergangszeit von einem Monat als Rechtens erachtet (BGE 101 V 75 f. Erw. 5 in fine und Erw. 6; RKUV 1986 Nr. K 675 S. 205 unten, in welchem Falle das kantonale Versicherungsgericht die von der Kasse eingeräumte Übergangsfrist von zwei Wochen auf einen Monat ausgedehnt hat). In Anwendung dieser Grundsätze rechtfertigt es sich im Falle der Beschwerdeführerin, die Krankenkasse dazu zu verpflichten, die Leistungen für Akutbehandlung im Spital bis Ende April 1985 zu erbringen.