BGE 137 V 57 |
8. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. M. gegen IV-Stelle Glarus (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_592/2010 vom 23. März 2011 |
Regeste |
Art. 69 Abs. 1bis IVG; Kostentragung bei vollständigem Obsiegen bei Rückweisung. |
Sachverhalt |
A. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2007 setzte die IV-Stelle des Kantons Glarus (nachfolgend: IV-Stelle) die M. seit 1. Mai 2001 ausgerichtete ganze Rente der Invalidenversicherung ab 1. Februar 2008 auf eine Dreiviertelsrente herab. Die dagegen von M. erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit Entscheid vom 25. März 2009 in dem Sinne gut, als es den genannten Verwaltungsentscheid aufhob und die Sache zur ergänzenden medizinischen Abklärung im Sinne der Erwägungen und zur anschliessenden Neubeurteilung des Rentenanspruchs an die IV-Stelle zurückwies (...). Dem "teilweise unterliegenden" M. auferlegte es "eine reduzierte Gerichtsgebühr von pauschal Fr. 400.-" und sprach ihm als "teilweise obsiegenden" und anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer zulasten der IV-Stelle "eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1'000.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer)" zu (...). Auf die hiegegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag auf vollumfängliche Auferlegung der Gerichtsgebühr an die IV-Stelle sowie Zusprache einer ungekürzten Parteientschädigung im kantonalen Verfahren trat das Bundesgericht mit Urteil vom 30. April 2009 nicht ein, da es sich beim Rückweisungsentscheid um einen Zwischenentscheid handle. (...) |
B. Nach ergänzten Abklärungen (...) sprach die IV-Stelle M. mit Verfügung vom 3. Juni 2010 rückwirkend ab 1. Februar 2008 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu, womit er seit 1. Mai 2001 durchgehend und weiterhin Anspruch auf eine ganze Rente hat.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt M. beantragen, in Aufhebung von Ziff. 2 des Entscheides des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 25. März 2009 sei die Gerichtsgebühr für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus vollumfänglich der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. In Aufhebung von Ziff. 3 des Entscheides des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus sei ihm für das vorinstanzliche Verfahren eine ungekürzte Parteientschädigung von Fr. 3'000.- zuzusprechen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: |
Erwägung 1 |
1.3 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Soweit sich der vorinstanzliche Entscheid auf kantonales Recht stützt, kommt als Beschwerdegrund im Wesentlichen die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere von verfassungsmässigen Rechten der Bundesverfassung in Frage (Art. 95 BGG). Die Anwendung des kantonalen Rechts als solchen bildet nicht Beschwerdegrund. Überprüft werden kann insoweit nur, ob der angefochtene Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder ob das Gesetz oder seine Anwendung sonst wie gegen übergeordnetes Recht verstösst (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S. 251 f.; Urteil 8C_123/2009 vom 18. Januar 2010 E. 2 mit Hinweisen). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; BGE 129 I 113 E. 2.1 S. 120; je mit Hinweisen). |
Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Bundesrecht. Nach konstanter Praxis des Bundesgerichts gelte die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu erneuter Abklärung (mit noch offenem Ausgang) für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie überhaupt beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt werde. Die Rechtslage sei nicht anders in vorliegender Sache, wo sich zwar die Kosten- und Entschädigungsverteilung nicht nach Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, sondern nach Art. 61 lit. g ATSG richte. |
Von Bundesrechts wegen gibt Art. 61 lit. g ATSG der obsiegenden beschwerdeführenden Partei einen Anspruch auf Parteientschädigung; diese wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. Nach der zu aArt. 69 IVG in Verbindung mit dem früheren Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG ergangenen Rechtsprechung gilt es auch im kantonalen Verwaltungsgerichtsverfahren unter dem Gesichtspunkt des (bundesrechtlichen) Anspruchs auf eine Parteientschädigung im Streit um eine Sozialversicherungsleistung bereits als Obsiegen, wenn die versicherte Person ihre Rechtsstellung im Vergleich zu derjenigen nach Abschluss des Administrativverfahrens insoweit verbessert, als sie die Aufhebung einer ablehnenden Verfügung und die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu ergänzender Abklärung und neuer Beurteilung erreicht (BGE 110 V 54 E. 3a S. 57; SVR 1999 IV Nr. 10 S. 27, I 54/98 E. 3; ZAK 1987 S. 266, I 217/86 E. 5; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 199/02 vom 10. Februar 2004). An dieser Gerichtspraxis ist auch im Hinblick auf den seit 1. Januar 2003 in Kraft stehenden Art. 61 lit. g ATSG (hier anwendbar gemäss Art. 1 Abs. 1 IVG) festzuhalten (BGE 132 V 215 E. 6.2 S. 235; so auch UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 117 zu Art. 61 ATSG). Die durch das kantonale Gericht zugesprochene reduzierte Parteientschädigung verletzt damit Bundesrecht und es ist dem Beschwerdeführer eine ungekürzte Parteientschädigung zuzusprechen. Von welcher ungekürzten Parteientschädigung das kantonale Gericht ausging, ist dem angefochtenen Entscheid nicht zu entnehmen; es ist lediglich der bereits reduzierte Betrag von Fr. 1'000.- ersichtlich. Nachdem aber die Vorinstanz bei den Gerichtskosten von einem Unterliegen im Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel ausgegangen ist (siehe E. 2.2 hernach), ist mit dem Beschwerdeführer anzunehmen, dass das kantonale Gericht das gleiche Verhältnis bei der Festsetzung der Parteientschädigung anwenden wollte, sodass dem Beschwerdeführer eine solche von Fr. 3'000.- zuzusprechen ist. |
2.2 Hinsichtlich der Verfahrenskosten sieht Art. 69 Abs. 1bis IVG vor, dass diese nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von 200-1'000 Franken festgelegt werden. Mit dieser Art. 61 lit. a ATSG teilweise derogierenden Bestimmung wurde die Kostenpflicht im Rahmen der Verfahrensstraffung der Invalidenversicherung (sog. "kleine" IV-Revision vom 16. Dezember 2005) eingeführt und zielte darauf ab, Versicherte von aussichtslosen Beschwerden abzuhalten (vgl. Botschaft vom 4. Mai 2005 betreffend die Änderung der Invalidenversicherung [Massnahmen zur Verfahrensstraffung], BBl 2005 3079 ff., insbesondere 3081). Art. 69 Abs. 1bis IVG enthält (anders als Art. 61 lit. g ATSG, vgl. E. 2.1 hievor) keine Kostenverteilungsregeln, also keine Anweisungen an die kantonalen Versicherungsgerichte, nach welchen Grundsätzen sie die Verfahrenskosten auf die Parteien aufzuteilen haben (SZS 2009 S. 133, 9C_672/2008 E. 5.2.1; vgl. auch Urteile 8C_568/2010 vom 3. Dezember 2010 E. 4.2 und 9C_94/2010 vom 26. Mai 2010 E. 4.3). Die Bestimmung schränkt die Kompetenz der Kantone zur Regelung des Verfahrens vor den kantonalen Versicherungsgerichten lediglich, aber immerhin, in Bezug auf den Grundsatz der Kostenpflicht an sich (und den zu beachtenden Kostenrahmen) ein. Dass bei einem vollständigen Obsiegen - und als solches gilt (und galt bereits unter der Herrschaft der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Mindestvorschriften von Art. 85 Abs. 2 AHVG) die Rückweisung zu ergänzenden Abklärungen von Bundesrechts wegen (vgl. E. 2.1 hievor) - der erfolgreichen Partei keine Kosten auferlegt werden können, ist nicht eine Frage des Ausmasses der Kostenpflicht, sondern der grundsätzlichen Kostenpflicht an sich. Damit bleibt auch unter der Herrschaft von Art. 69 Abs. 1bis IVG für eine kantonale Regelung, mit welcher dem obsiegenden Beschwerdeführer ein Teil der Gerichtskosten überbunden wird, kein Raum. Die Vorinstanz hätte deshalb dem Beschwerdeführer keine Gerichtskosten auferlegen dürfen. Ob demgegenüber die IV-Stelle nunmehr die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens zu tragen hat (wozu sie der Entscheid vom 25. März 2009 nicht verpflichtet, auch nicht teilweise), kann nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein, da der Beschwerdeführer hievon nicht berührt ist (Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG; Urteil 9C_22/2008 vom 20. August 2008 E. 6), weshalb der entsprechende Antrag unzulässig ist. |