BGE 142 V 368
 
41. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Gesundheit gegen A. SA (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
9C_739/2015 vom 20. Juni 2016
 
Regeste
Art. 65e KVV (in der von 1. Oktober 2009 bis 31. Mai 2015 in Kraft gestandenen Fassung); Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf.
 
Sachverhalt


BGE 142 V 368 (369):

A. Die A. SA als Zulassungsinhaberin des Arzneimittels B., welches in verschiedenen galenischen Formen und Dosisstärken in der Liste der pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel mit Preisen (Spezialitätenliste; fortan: SL) aufgeführt ist, übermittelte dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) am 20. Dezember 2011 Unterlagen zwecks Überprüfung der Aufnahmebedingungen von B. nach Patentablauf (Art. 65e KVV [SR 832.102]; in der von 1. Oktober 2009 bis 31. Mai 2015 in Kraft gestandenen Fassung [AS 2009 4245; 2015 1255]). Das BAG informierte mit Schreiben vom 17. April 2012, gestützt auf einen Auslandpreisvergleich (fortan: APV) beabsichtige es, die Preise über alle Packungen von B. um 21,24 % zu senken. Mit Stellungnahmen vom 8. Mai und 12. Juni 2012 vertrat die A. SA den Standpunkt, bei der Preisfestsetzung sei eine Toleranzmarge von 5 % zum durchschnittlichen Fabrikabgabepreis der Referenzländer hinzuzurechnen. Das BAG setzte mit Verfügung vom 21. Juni 2012 die SL-Preise für B. - ausschliesslich auf der Grundlage eines APV und ohne Berücksichtigung einer Toleranzmarge - mit Wirkung ab 1. August 2012 fest.
Gleichzeitig entzog es einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung.
B. Eine hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht - nachdem es mit Zwischenverfügung vom 20. Februar 2013 die Publikumspreise von B. für die Dauer des Beschwerdeverfahrens neu festlegte - mit Entscheid vom 1. September 2015 dahingehend gut, dass es die angefochtene Verfügung aufhob und die Sache an das BAG zurückwies, damit dieses nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen (Vornahme einer umfassenden Wirtschaftlichkeitsprüfung anhand eines APV und eines therapeutischen Quervergleichs [fortan: TQV]) über die Preissenkung neu verfüge. Im Übrigen (Gewährung der Toleranzmarge) wies es die Beschwerde ab.


BGE 142 V 368 (370):

C. Das BAG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2015 sei aufzuheben und die Verfügung des BAG vom 21. Juni 2012 zu bestätigen.
Die Beschwerdegegnerin trägt auf Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des angefochtenen Entscheids an, soweit die Verfügung des BAG vom 21. Juni 2012 aufgehoben und die Sache zu weiteren Abklärungen im Sinne der Erwägungen und neuer Verfügung an das BAG zurückgewiesen werde.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
Aus den Erwägungen:
 
Erwägung 3
3.1 Wie im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt wird, übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung gemäss Art. 25 KVG die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Abs. 1). Diese Leistungen umfassen u.a. die ärztlich verordneten Arzneimittel (Abs. 2 lit. b). Die Leistungen nach Art. 25 KVG müssen gemäss Art. 32 Abs. 1 KVG wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein (Satz 1), wobei die Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein muss (Satz 2). Die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Leistungen werden periodisch überprüft (Art. 32 Abs. 2 KVG). Das BAG erstellt laut Art. 52 Abs. 1 lit. b Satz 1 KVG (i.V.m. Art. 34, Art. 37a lit. c und Art. 37e Abs. 1 KVV) nach Anhören der Eidgenössischen Arzneimittelkommission und unter Berücksichtigung der Grundsätze nach Art. 32 Abs. 1 sowie Art. 43 Abs. 6 KVG eine Liste der pharmazeutischen Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel mit Preisen (Spezialitätenliste).
    Art. 65 Allgemeine Aufnahmebedingungen
    1 Ein Arzneimittel kann in die Spezialitätenliste aufgenommen werden, wenn es über eine gültige Zulassung des Instituts verfügt.
    (...)


    BGE 142 V 368 (371):

    3 Arzneimittel müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein.
    (...)
    Art. 65b Beurteilung der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen
    1 Ein Arzneimittel gilt als wirtschaftlich, wenn es die indizierte Heilwirkung mit möglichst geringem finanziellen Aufwand gewährleistet.
    2 Die Wirtschaftlichkeit wird aufgrund eines Vergleichs mit anderen Arzneimitteln und der Preisgestaltung im Ausland beurteilt.
    3 Der Auslandspreisvergleich erfolgt summarisch, wenn er mangels Zulassung in den Vergleichsländern zum Zeitpunkt des Gesuchs um Aufnahme nicht oder nur unvollständig vorgenommen werden kann.
    4 Die Kosten für Forschung und Entwicklung sind bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Originalpräparates angemessen zu berücksichtigen. Zur Abgeltung dieser Kosten wird im Preis ein Innovationszuschlag berücksichtigt, wenn das Arzneimittel in der medizinischen Behandlung einen Fortschritt bedeutet.
    Art. 65d Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre
    1 Das BAG überprüft sämtliche Arzneimittel, die in der Spezialitätenliste aufgeführt sind, alle drei Jahre daraufhin, ob sie die Aufnahmebedingungen noch erfüllen.
    1bis Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wird der Vergleich mit anderen Arzneimitteln nur durchgeführt, wenn der Vergleich mit der Preisgestaltung im Ausland nicht möglich ist.
    1ter Das Departement kann beim Auslandpreisvergleich eine Toleranzmarge vorsehen, mit der Wechselkursschwankungen berücksichtigt werden.
    2 Ergibt die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit aufgrund der umsatzstärksten Packung, dass der geltende Höchstpreis zu hoch ist, so verfügt das BAG auf den 1. November des Überprüfungsjahres eine angemessene Preissenkung.
    Art. 65e Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf
    1 Das BAG überprüft Originalpräparate unmittelbar nach Ablauf des Patentschutzes daraufhin, ob sie die Aufnahmebedingungen noch erfüllen. Verfahrenspatente werden bei der Überprüfung nicht berücksichtigt.
    2 Bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit werden die Kosten für Forschung und Entwicklung nicht mehr berücksichtigt.
    3 Ergibt die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit, dass der geltende Höchstpreis zu hoch ist, so verfügt das BAG eine Preissenkung.


    BGE 142 V 368 (372):

    Art. 34 Wirtschaftlichkeit
    1 ...
    2 Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels werden berücksichtigt:
    a) dessen Fabrikabgabepreise im Ausland;
    b) dessen Wirksamkeit im Verhältnis zu anderen Arzneimitteln gleicher Indikation oder ähnlicher Wirkungsweise;
    c) dessen Kosten pro Tag oder Kur im Verhältnis zu den Kosten von Arzneimitteln gleicher Indikation oder ähnlicher Wirkungsweise
    d) bei einem Arzneimittel im Sinne von Artikel 31 Absatz 2 Buchstaben a und b ein Innovationszuschlag für die Dauer von höchstens 15 Jahren; in diesem Zuschlag sind die Kosten für Forschung und Entwicklung angemessen zu berücksichtigen.
    Art. 37 Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf
    Für die Überprüfung eines Originalpräparates nach Artikel 65e KVV muss die Zulassungsinhaberin dem BAG spätestens sechs Monate vor Ablauf des Patentschutzes unaufgefordert die Preise in allen Vergleichsländern nach Artikel 35 Absatz 2 und die Umsatzzahlen der letzten vier Jahre vor Patentablauf nach Artikel 65c Absätze 2-4 KVV angeben. Die Durchschnittspreise der Vergleichsländer werden auf der Homepage des BAG publiziert.
4.1 Das Bundesverwaltungsgericht verwies einleitend auf seinen Grundsatzentscheid (C-5912/2013 vom 30. April 2015) zur dreijährlichen Überprüfung der Aufnahmebedingungen, wonach der TQV ein wesensnotwendiger Bestandteil der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei. Es stellte fest, das BAG nehme bei der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung nach Patentablauf keinen TQV vor. Diese Auslegung von Art. 65e KVV komme in Ziff. F.1.3 des vom BAG herausgegebenen Handbuchs betreffend die SL vom 1. September 2011 (Stand: 1. Januar 2012; fortan: SL-Handbuch) zum Ausdruck, wonach bei der Überprüfung nach Patentablauf ein TQV nur in begründeten Fällen durchgeführt werde. Einen Ausschluss oder eine Einschränkung der Anwendung des TQV im Rahmen der

BGE 142 V 368 (373):

Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Patentablauf sähen indes weder die Bestimmungen der KVV noch der KLV vor. Mangels einer speziellen Regelung und angesichts des Wortlauts von Art. 65e KVV sei die Wirtschaftlichkeit anhand der in allgemeiner Weise in Art. 65b KVV festgelegten und in Art. 34 KLV konkretisierten Kriterien zu beurteilen. Mithin habe die Wirtschaftlichkeitsprüfung unter Anwendung von APV und TQV zu erfolgen, ausser ein TQV sei im Einzelfall nicht möglich. Gegenteiliges lasse sich weder den Materialien zu Art. 65e KVV entnehmen noch aus dem Sinn und Zweck der Überprüfung nach Patentablauf ableiten. Im Ergebnis fehle - im Gegensatz zur dreijährlichen Überprüfung (Art. 65d KVV) - eine rechtliche Grundlage für eine eingeschränkte Anwendung des TQV bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Patentablauf. Die im SL-Handbuch - wobei es sich um eine Verwaltungsverordnung handle - kodifizierte Praxis des BAG sei somit nicht durch eine entsprechende Gesetzes- oder Verordnungsgrundlage gedeckt. Nicht einzugehen sei auf die Frage, ob die per 1. Juni 2015 in Kraft getretene Fassung von Art. 65e Abs. 2 KVV gesetzeskonform sei. Dasselbe gelte für die Frage, wie der TQV in casu konkret auszugestalten und wie die Vergleichsgruppe zu bestimmen sei. Betreffend TQV sei der Sachverhalt nicht abgeklärt worden, weshalb die Sache an das BAG zur Vornahme einer umfassenden Wirtschaftlichkeitsprüfung zurückzuweisen sei.
4.2 Der Beschwerdeführer rügt eine fehlerhafte Auslegung von Art. 65e KVV i.V.m. Art. 37 KLV und macht geltend, die eingeschränkte Anwendung des TQV bei der Überprüfung nach Patentablauf sei in den Verordnungen zwar nicht explizit festgehalten. Indes könne durch Auslegung ermittelt werden, dass die Grundlage für die eingeschränkte Anwendung des TQV in Art. 65e KVV i.V.m. Art. 37 KLV angelegt sei. Während in Art. 65b KVV die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit "im Allgemeinen" geregelt werde, stelle Art. 65e KVV eine lex specialis dar, gemäss welcher bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Patentablauf nur der APV massgebend sei. Die Details zum Vollzug der Überprüfung seien in Ziff. F.1.3 des SL-Handbuchs geregelt. Die Gründe für den Vorrang des APV lägen in der Schwierigkeit, bei einem Arzneimittel, dessen Patent ablaufe, einen sachgerechten TQV durchzuführen: Ein Vergleich von B. mit patentgeschützten Originalpräparaten oder Generika würde das Gleichbehandlungsgebot verletzen. Die Überprüfung (einzig) mittels APV entspreche dem Willen des Verordnungsgebers, stehe im Einklang mit Sinn und Zweck der Überprüfung nach

BGE 142 V 368 (374):

Patentablauf (Ziel der möglichst günstigen Kosten) und decke sich mit der Systematik der KVV. Somit sei Ziff. F.1.3 des SL-Handbuchs mit Art. 65e KVV i.V.m. Art. 37 KLV durch eine ausreichende rechtssatzmässige Regelung gedeckt.
4.3 Die Beschwerdegegnerin wendet ein, auch bei der Überprüfung nach Patentablauf gehe es um die Überprüfung der Aufnahmebedingungen, wobei die Wirtschaftlichkeit gemäss ständiger und jüngst bestätigter Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 142 V 26) anhand von APV und TQV zu beurteilen sei. Nicht der Wille des Verordnungsgebers sei entscheidend, sondern das übergeordnete Gesetz und der Wille des Gesetzgebers. Der Bundesrat habe nicht die Kompetenz, die Wirtschaftlichkeit anders zu definieren, als dies im Gesetz vorgesehen sei. Dieses enthalte keine Hinweise auf unterschiedliche Wirtschaftlichkeitsbegriffe. Schliesslich könne die vom BAG erwähnte Schwierigkeit eines rechtsgleichen TQV gleichermassen beim APV auftreten, weil der Patentschutz nicht in allen Ländern gleichzeitig ablaufe. Mit diesem Argument könne der Verzicht auf den TQV daher nicht gerechtfertigt werden.
 
Erwägung 5
5.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Norm. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrunde liegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Entstehungsgeschichte ist zwar nicht unmittelbar entscheidend, dient aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Namentlich zur Auslegung neuerer Texte, die noch auf wenig veränderte Umstände und ein kaum gewandeltes Rechtsverständnis treffen, kommt den Materialien eine besondere Bedeutung zu. Vom Wortlaut darf abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Regelung wiedergibt. Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die der Verfassung am besten entspricht. Allerdings findet auch eine verfassungskonforme Auslegung ihre Grenzen im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung (BGE 140 V 449 E. 4.2 S. 455 mit Hinweisen).
Verordnungsrecht ist gesetzeskonform auszulegen. Es sind die gesetzgeberischen Anordnungen, Wertungen und der in der

BGE 142 V 368 (375):

Delegationsnorm eröffnete Gestaltungsspielraum mit seinen Grenzen zu berücksichtigen (BGE 140 V 538 E. 4.3 S. 540 f.; BGE 139 V 537 E. 5.1 S. 545; je mit Hinweis).
 
Erwägung 5.2
5.2.1 Gemäss Sachüberschrift von Art. 65e KVV sowie Abs. 1 dieser Bestimmung ist bei Ablauf des Patentschutzes zu prüfen, ob das Originalpräparat die Aufnahmebedingungen noch erfüllt. Die Aufnahmebedingungen werden in Art. 65 KVV umschrieben, wonach ein Arzneimittel u.a. wirtschaftlich sein muss (Abs. 3). Wie die Wirtschaftlichkeit zu beurteilen ist, regelt Art. 65b KVV ("Beurteilung der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen"). Abs. 2 dieses Artikels (i.V.m. Art. 34 Abs. 2 KLV; vgl. E. 3.2 und 3.3 hiervor) statuiert als Elemente der Wirtschaftlichkeitsbeurteilung einerseits den "Vergleich mit anderen Arzneimitteln" und andererseits die "Preisgestaltung im Ausland", mithin den TQV und den APV (vgl. GÄCHTER/MEIENBERGER, Rechtsgutachten zuhanden der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 8. Februar 2013, in: Evaluation der Zulassung und Überprüfung von Medikamenten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung vom 13. Juni 2013 - Materialien zum Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates, S. 31 Rz. 41; GIGER/SAXER/WILDI/FRITZ, Arzneimittelrecht, 2013, S. 128). Ferner regelt Abs. 4 von Art. 65b KVV die Berücksichtigung der Kosten für Forschung und Entwicklung in Form eines Innovationszuschlags. Als Abweichung von dieser allgemeinen Wirtschaftlichkeitsbeurteilung bestimmt Art. 65e KVV (einzig), dass die Kosten für Forschung und Entwicklung nicht mehr berücksichtigt werden (Abs. 2). Weitergehende Abweichungen namentlich dergestalt, dass die Wirtschaftlichkeit nur anhand eines APV zu beurteilen wäre, enthält Art. 65e KVV - anders als Art. 65d Abs. 1bis KVV (E. 3.2 hiervor) - gerade nicht, was derBeschwerdeführer explizit einräumt. Der Wortlaut von Art. 65e KVV (i.V.m. Art. 65 Abs. 3 und Art. 65b KVV) spricht somit für eine umfassende, auch den TQV beinhaltende Wirtschaftlichkeitsbeurteilung.
5.2.2 Entstehungsgeschichtlich ist festzuhalten, dass die von Art. 32 Abs. 2 KVG geforderte periodische Überprüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen (E. 3.1 hiervor) in der ursprünglichen, ab 1. Januar 1996 in Kraft gestandenen Fassung der KVV (AS 1995 3867) noch nicht bzw. erst ansatzweise umgesetzt war. So wurden die auf der SL aufgeführten

BGE 142 V 368 (376):

Arzneimittel gemäss Art. 65 Abs. 7 KVV (in der von 1. Januar 1996 bis Ende 2000 gültig gewesenen Fassung; AS 1995 3887) erstmals 15 Jahre nach ihrer Aufnahme einer (einmaligen) Überprüfung unterzogen. Mit Änderung der KVV vom 2. Oktober 2000 (AS 2000 2835; in Kraft getreten am 1. Januar 2001) wurde Art. 65 Abs. 7 KVV dergestalt modifiziert, dass die Überprüfung der Arzneimittel bereits nach Patentablauf stattfand (spätestens jedoch 15 Jahre nach der SL-Aufnahme), d.h. auch wenn die Arzneimittel noch keine 15 Jahre in der SL aufgenommen waren (vgl. vorbereitende Arbeiten zur Änderung der KVV vom 2. Oktober 2000, Erläuterung zu Art. 65 Abs. 7 KVV; vgl. auch DOMINIQUE MARCUARD, Preisbildung bei Arzneimitteln, in: Soziale Sicherheit [CHSS] 2/2001 S. 70). Mit Änderung der KVV vom 26. April 2006 (AS 2006 1717; in Kraft getreten am 10. Mai 2006) wurde die Überprüfung nach Patentablauf sodann in eine eigene Bestimmung (Art. 65b KVV) überführt und mit dem Wort "unmittelbar" (nach Ablauf des Patentschutzes) ergänzt, wodurch das Ziel der möglichst raschen Überprüfung und Entlastung der "OKP durch früher erfolgende Preissenkungen" hervorgehoben wurde (S. 4 und 6 der Publikation "Kommentar" des BAG vom April 2006 zu den Änderungen der KVV vorgesehen für 1. Mai 2006 [abrufbar unter www.bag.admin.ch]). Per 1. Oktober 2009 - gleichzeitig mit der Etablierung der dreijährlichen Überprüfung der Aufnahmebedingungen - trat schliesslich der hier massgebliche Art. 65e KVV (vgl. E. 3.2 hiervor) in Kraft (Änderung der KVV vom 1. Juli 2009; AS 2009 4245), wobei im Vergleich zur Vorgängerbestimmung im Wesentlichen der alternative Überprüfungszeitpunkt (15 Jahre nach der SL-Aufnahme) wegfiel.
Mit Blick auf die Entstehungsgeschichte sind zweierlei Ziele der Überprüfung der Arzneimittel nach Ablauf des Patentschutzes auszumachen. Zum einen das Ziel, die Preise der Arzneimittel unmittelbar nach und wegen dem Ablauf des Patentschutzes (u.a. Wegfall des Innovationszuschlags) zu senken. Zum anderen jenes der Überprüfung der Aufnahmebedingungen (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit) gemäss Art. 32 Abs. 2 KVG (vgl. auch Ziff. 2.1 der Antwort des Bundesrates vom 25. Mai 2005 auf die Interpellation Nr. 05.3010 von Ruth Humbel betreffend "Preisgestaltung von neuen patentgeschützten Medikamenten" [abrufbar unter www.parlament.ch], wonach eine "generelle Überprüfung der WZW-Kriterien" u.a. nach Ablauf des Patentschutzes bzw. nach 15 Jahren erfolge).


BGE 142 V 368 (377):

Das Bundesgericht hat in Bezug auf die dreijährliche Überprüfung der Aufnahmebedingungen (Art. 65d Abs. 1bis KVV; in der von 1. Juni 2013 bis 31. Mai 2015 in Kraft gestandenen Fassung) erkannt, diese habe nach dem Willen des Gesetzgebers umfassend zu erfolgen, d.h. unter Einschluss einer Kosten-Nutzen-Analyse, wie sie im Rahmen des TQV stattfinde. Denn nur eine umfassende Überprüfung der Kriterien von Art. 32 Abs. 1 KVG ermögliche es, "überholte Leistungen auszumustern" (oder deren Preise zu senken) bzw. sicherzustellen, dass die im Rahmen der Aufnahme eines Arzneimittels in die SL gestellten Anforderungen während der gesamten Verweildauer auf der SL erfüllt sind (BGE 142 V 26 E. 5.2.3-5.4 S. 36 ff.; in diesem Sinne auch GEBHARD EUGSTER, Die obligatorische Krankenpflegeversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 626 Rz. 713, laut welchem für eine Wirtschaftlichkeitsbeurteilung nebst dem APV "zwingend" zusätzlich ein TQV durchzuführen sei). Dies hat - weil die Überprüfung nach Patentablauf nach dem Dargelegten ebenso wie die dreijährliche Überprüfung (Art. 65d KVV) die Zielsetzung von Art. 32 Abs. 2 KVG verfolgt - ohne Weiteres auch für die Überprüfung nach Patentablauf zu gelten. Folglich steht der Einbezug des TQV im Einklang mit Sinn und Zweck der Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf.
5.2.3 Soweit der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, die Einschränkung auf den APV orientiere sich am Ziel der möglichst günstigen Kosten nach Art. 43 Abs. 6 KVG, "wobei der APV geeignet" sei, dieses Ziel zu erreichen, vermag dies nicht zu überzeugen. Zum einen wird in der Beschwerde nicht dargetan und ist auch (anderweitig) nicht ersichtlich, weshalb die alleinige Anwendung des APV und damit eine ausschliesslich preisbezogene Überprüfung der Wirtschaftlichkeit geeignet sein sollte, das in Art. 43 Abs. 6 KVG stipulierte Ziel der qualitativ hoch stehenden und zweckmässigen (Arzneimittel-)Versorgung zu möglichst günstigen Kosten zu erreichen. De facto vermag die ausschliesslich preisbezogene Überprüfung lediglich zu verhindern, dass die Preisdifferenz zu den Vergleichsländern nicht zunimmt (eingehend zu den Unzulänglichkeiten der Wirtschaftlichkeitsprüfung ausschliesslich anhand des APV: BGE 142 V 26 E. 5.4 S. 38 f. mit Hinweisen auf den Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 13. Juni 2013, in: Evaluation der Zulassung und Überprüfung von Medikamenten in der obligatorischen

BGE 142 V 368 (378):

Krankenpflegeversicherung [fortan: Bericht PVK]). Zum anderen ist in Bezug auf das Kriterium der "möglichst günstigen Kosten" festzustellen, dass der Einbezug des TQV in der Regel sogar zu einem tieferen Vergleichswert als die alleinige Anwendung des APV führt (Bericht PVK, S. 29 Fn. 47). Daher ist eine umfassende Wirtschaftlichkeitsprüfung auch im Sinne des angerufenen Art. 43 Abs. 6 KVG. Dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung mittels APV und TQV zu tieferen Preisen als bei der ausschliesslichen Prüfung mittels APV führen kann, wird beschwerdeweise denn auch eingeräumt: So führt der Beschwerdeführer - indes als systematisches Auslegungsargument gegen die Verwendung des TQV - ins Feld, wenn der TQV zu einem Preis führte, der tiefer als das Auslandpreisniveau minus 10 oder 20 % läge (vgl. Art. 65c Abs. 2 lit. a und b KVV), wären Generika teurer als das Originalpräparat. Die Möglichkeit eines solchen (vom Gesetzgeber wohl nicht beabsichtigten) Ergebnisses (vgl. Art. 52 Abs. 1 lit. b KVG) vermag allenfalls Unzulänglichkeiten der Verordnungsbestimmungen betreffend die Preisfestlegung von Generika aufzuzeigen. Ein Abweichen von der umfassenden Wirtschaftlichkeitsbeurteilung vermag sie nach dem Gesagten indes nicht zu rechtfertigen.
Dieser Einwand verfängt nicht. Zunächst tritt - wie die Beschwerdegegnerin zutreffend bemerkt - die Problematik in Form des Vergleichs von Arzneimitteln mit ablaufendem bzw. abgelaufenem Patentschutz mit solchen mit noch bestehendem Patentschutz nicht nur beim TQV, sondern - mutatis mutandis - auch beim APV auf. Dies deshalb, weil der Patentschutz ein und desselben Originalpräparats in vielen Fällen zuerst in der Schweiz und erst später in den Vergleichsländern des Länderkorbs abläuft, was auf die unterschiedlichen Anmeldezeitpunkte zurückzuführen ist (S. 4 vierter Absatz der Publikation "Kommentar" des BAG vom April 2006 zu den Änderungen der KVV vorgesehen für 1. Mai 2006 [abrufbar unter www.bag.admin.ch]; vgl. zur Schweiz als Hochpreisland und

BGE 142 V 368 (379):

Erstzulassungsstaat: Materialien zum Bericht PVK, S. 70 Ziff. 158). Alsdann ist - auch wenn im vorliegenden Verfahren nicht über die konkrete Ausgestaltung des TQV im Rahmen von Art. 65e KVV zu befinden ist - nicht erkennbar, weshalb eine rechnerische Ausscheidung der Toleranzmarge und eines allfälligen Innovationszuschlags des noch patentgeschützten Arzneimittels, welche preislichen Komponenten gemäss Beschwerdeführer einen rechtsgleichen Vergleich verunmöglichten, nicht möglich sein sollte.