BGE 144 V 280
 
32. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
9C_446/2017 vom 20. Juli 2018
 
Regeste
Art. 25a, Art. 39 Abs. 3 und Art. 50 KVG; Art. 33 lit. i KVV; Art. 7 ff. KLV; Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 und 2 sowie Art. 9 Abs. 1bis des Gesetzes des Kantons St. Gallen vom 13. Februar 2011 über die Pflegefinanzierung; Art. 2 der Verordnung des Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2010 über die Pflegefinanzierung; Restfinanzierung der Pflegeleistungen bei Krankheit.
 
Sachverhalt


BGE 144 V 280 (281):

A.
A.a Die 1916 geborene B. lebte vom 10. Juni 2010 bis zu ihrem Tod am 20. Januar 2015 im Alterszentrum C. Am 13. Februar und 8. März 2012 liess sie sich bei der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen zum Bezug von Leistungen aus der kantonalen Pflegefinanzierung anmelden. Mit Verfügung vom 10. April 2012 sprach ihr die Ausgleichskasse ab dem 19. Januar 2012 bei einer zugrunde gelegten Pflegetaxe von Fr. 100.-, einem Krankenkassenanteil von Fr. 45.- und einem Selbstbehalt von Fr. 21.60 Restfinanzierungsleistungen in der Höhe von Fr. 33.40 pro Tag zu, woraus eine Nachzahlung in der Höhe von insgesamt Fr. 3'440.20 resultierte. Daran wurde mit Einspracheentscheid vom 13. Juli 2012 festgehalten. Das in der Folge angerufene Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die Beschwerde teilweise gut, hob den angefochtenen Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 17. Dezember 2012). Auf die dagegen sowohl von der Ausgleichskasse als auch vom Departement des Innern des Kantons St. Gallen erhobenen Beschwerden trat das Bundesgericht mit Urteilen 9C_92/2013 und 9C_115/2013 vom 15. Februar 2013 nicht ein.
A.b In Umsetzung verschiedener Korrekturmassnahmen verfügte die Ausgleichskasse am 27. Mai 2014 die Ausrichtung folgender

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Leistungen aus der Restfinanzierung des Kantons bzw. der Gemeinde St. Gallen pro Tag an B.: 19. Januar 2012 bis 13. Juni 2013: Fr. 33.40; 14. Juni bis 7. Juli 2013: Fr. 46.40; 8. bis 31. Juli 2013: Fr. 72.40; 1. August 2013 bis 31. März 2014: Fr. 59.40; ab 1. April 2014: Fr. 85.40. Die dagegen gerichtete Einsprache wurde abgewiesen (Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2014).
B. Im Rahmen des daraufhin angehobenen Beschwerdeverfahrens veranlasste das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen eine pflegeökonomische Aktenbegutachtung durch Dr. rer. cur. D. (Gutachten vom 16. Januar 2017 samt Ergänzung vom 6. April 2017). Nachdem B. am 20. Januar 2015 verstorben war, führte der bisherige Rechtsvertreter, A., als Willensvollstrecker im Nachlass der Verstorbenen den Prozess weiter. Mit Entscheid vom 2. Mai 2017 hiess das Gericht die Beschwerde teilweise gut, hob den angefochtenen Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2014 auf und wies die Sache zur Festsetzung und Ausrichtung der Leistungen im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurück. Die Kosten des Gerichtsgutachtens wurden der Ausgleichskasse auferlegt.
C. Die Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2014 zu bestätigen.
Während A. auf Abweisung der Beschwerde schliesst, soweit darauf einzutreten sei, ersucht das Bundesamt für Gesundheit (BAG) um teilweise Gutheissung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
 
Aus den Erwägungen:
1.2 Gemäss Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Gegen einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid, der nicht die Zuständigkeit oder den Ausstand betrifft (vgl. Art. 92 BGG), ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Ist die Beschwerde nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG).
Entscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 140 V 282 E. 2 S. 283 f. mit Hinweisen). Anders verhält es sich, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung lediglich noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE 135 V 141 E. 1.1 S. 143). Diesfalls liegt ein ohne weiteres selbstständig anfechtbarer Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vor (BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127; Urteil 9C_684/2007 vom 27. Dezember 2007 E. 1.1, in: SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131).
1.2.2 Ob es sich dabei um einen End- oder einen Zwischenentscheid handelt, kann offenbleiben. Er enthält Anordnungen, die den Beurteilungsspielraum der Beschwerdeführerin zumindest wesentlich einschränken. Sie wird damit gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen. Die Eintretensvoraussetzung des nicht

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wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist vor diesem Hintergrund erfüllt, weshalb sich die Beschwerde so oder anders als zulässig erweist (BGE 140 V 282 E. 4.2 S. 285 f.; u.a. Urteile 9C_592/2015 vom 2. Mai 2016 E. 1.2 und 9C_265/2015 vom 12. Oktober 2015 E. 1.1, in: SVR 2016 EL Nr. 1 S. 1).
(...)
3.1 Seit Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung am 1. Januar 2011 leistet einerseits die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) einen Beitrag an die Pflegeleistungen, welche auf Grund einer ärztlichen Anordnung und eines ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tages- oder Nachtstrukturen, oder im Pflegeheim erbracht werden (Art. 25a Abs. 1 KVG). Der Bundesrat bezeichnet gemäss Abs. 3 der Bestimmung die Pflegeleistungen und regelt das Verfahren der Bedarfsermittlung. Er setzt - so Abs. 4 der Norm - die Beiträge differenziert nach dem Pflegebedarf in Franken fest. Massgebend ist dabei der Aufwand nach Pflegebedarf für Pflegeleistungen, die in der notwendigen Qualität, effizient und kostengünstig erbracht werden. Die Pflegeleistungen werden einer Qualitätskontrolle unterzogen. Der Bundesrat legt die Modalitäten fest. Anderseits haben sich auch die öffentliche Hand und die Versicherten an den Pflegekosten zu beteiligen, wobei Letzteren nach Art. 25a Abs. 5 Satz 1 KVG von den nicht von Sozialversicherungen gedeckten Pflegekosten höchstens 20 Prozent des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrags überwälzt werden dürfen. Die Kantone regeln gemäss Satz 2 der Bestimmung die Restfinanzierung.
Die dritte Finanzierungsquelle - neben OKP und Beteiligung der Versicherten -, die Restfinanzierung durch die öffentliche Hand, steht vorliegend im Fokus. Die kantonale Zuständigkeit ändert indessen nichts daran, dass der grundsätzliche Anspruch auf Übernahme ungedeckter Pflegekosten durch die öffentliche Hand (Kanton oder Gemeinden) bundesrechtlicher Natur ist. Leistungserbringer sind - je nach kantonaler Regelung - Kantone oder Gemeinden, also Personen öffentlichen Rechts, die grundsätzlich nicht dem KVG unterstellt sind, zumal sie ihre Leistungen nicht zu Lasten der OKP abrechnen (BGE 142 V 94 E. 3.1 S. 98 f.; BGE 140 V 58 E. 4.1 S. 61 f., BGE 140 V 563 E. 2.2 am Ende S. 566; BGE 138 I 410; BGE 138 V 377 E. 5.2 S. 381 f.;

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Urteil 9C_176/2016 vom 21. Februar 2017 E. 3.1, in: SVR 2017 KV Nr. 13 S. 59).
Nach Art. 33 lit. i KVV (SR 832.102) bezeichnet das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) den nach Art. 25a Abs. 1 und 4 KVG vorgesehenen und nach Pflegebedarf differenzierten Beitrag an die Pflegeleistungen. Gestützt darauf hat das EDI in Art. 7 Abs. 2 KLV (SR 832.112.31) u.a. den von Pflegeheimen zu erbringenden Leistungsbereich neu umschrieben (so in lit. c Ziff. 1 die Massnahmen der Allgemeinen Grundpflege), in Art. 8 KLV die Regelung des Verfahrens der Bedarfsermittlung ergänzt und in Art. 7a KLV die Beiträge der OKP an die Pflegeleistungen konkretisiert.
 
Erwägung 3.2
- Einen vom Bundesrat festzulegenden Beitrag trägt die OKP (festgelegt gestaffelt nach Pflegebedarf auf Fr. 9.- bis Fr. 108.- pro Tag [Art. 33 lit. i KVV in Verbindung mit Art. 7a Abs. 3 KLV]);
- Maximal 20 Prozent des höchsten dieser Beiträge, also maximal 20 Prozent von Fr. 108.- bzw. Fr. 21.60 pro Tag, dürfen den Versicherten überwälzt werden (Art. 25a Abs. 5 Satz 1 KVG);
- Der verbleibende Teil wird schliesslich gemäss der von den Kantonen zu treffenden Regelung finanziert (sog. Restfinanzierung im Sinne eines kantonalen Pflegebeitrags [Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG]).


BGE 144 V 280 (286):

3.3 Damit sollte einerseits die bisherige sozialpolitisch schwierige Situation vieler pflegebedürftiger Personen entschärft, zugleich aber eine zusätzliche Belastung der OKP verhindert werden. Deshalb wurde zum einen im Gesetz ausdrücklich festgelegt, dass die Krankenversicherung nicht die gesamten Pflegekosten übernimmt, sondern nur einen Beitrag daran leistet (Art. 25a Abs. 1 KVG). Anderseits begrenzte der Gesetzgeber aus sozialpolitischen Gründen die von den Heimbewohnern zu leistenden Pflegekosten betragsmässig (Art. 25a Abs. 5 Satz 1 KVG) und erleichterte zugleich für bedürftige Heimbewohner die Bezahlung dieser Pflegekosten durch eine Erhöhung der Ergänzungsleistungen (vgl. die durch Ziff. 12 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008 über die Neuordnung der Pflegefinanzierung revidierte Fassung von Art. 10 und 11 ELG [SR 831.30]). Der verbleibende Betrag, der weder von der Krankenversicherung noch von den Bewohnern bezahlt wird, ist von der öffentlichen Hand (Kanton oder Gemeinden) zu übernehmen, was im Gesetz nicht klar gesagt, aber gemeint ist. Für die Regelung der Restfinanzierung sind die Kantone zuständig (Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG; BGE 140 V 563 E. 2.2 S. 565 f.; BGE 138 V 377 E. 5.1 S. 381; Urteile 2C_228/2011 vom 23. Juni 2012 E. 3.2.2 und 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2 mit zahlreichen Hinweisen; ferner GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 763 Rz. 1191).
3.4 Gemäss Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons St. Gallen vom 13. Februar 2011 über die Pflegefinanzierung (PFG; sGS 331.2, in Kraft ab 1. Januar 2011) legt die Regierung nach Anhörung der politischen Gemeinden durch Verordnung die Höchstansätze der Pflegekosten in Franken je Pflegebedarf und Tag fest. In Nachachtung dieser Bestimmung wurden in Art. 2 der Verordnung des Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2010 über die Pflegefinanzierung (sGS 331.21; nachfolgend: PFV) die Höchstansätze der zu entgeltenden Pflegekosten je Pflegestufe pro Tag festgelegt (Fr. 12.-bis Fr. 254.-). Art. 8 Abs. 1 PFG sieht sodann vor, dass die versicherte Person einen Beitrag an die nicht durch die OKP gedeckten Pflegekosten leistet. Der Beitrag darf indessen 20 Prozent des höchsten nach Massgabe des Bundesrechts von der Versicherung zu übernehmenden Pflegebeitrags nicht übersteigen (d.h. 20 Prozent von Fr. 108.- [gemäss Art. 7a Abs. 3 lit. l KLV], woraus ein maximaler Selbstbehalt von Fr. 21.60 resultiert; vgl. E. 3.2.2 hiervor). Nach Art. 9 Abs. 1 bis PFG trägt die zuständige politische Gemeinde die

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Pflegekosten, soweit diese nicht von Sozialversicherungen und dem Beitrag der versicherten Person gedeckt sind. Die Kosten der nicht-pflegerischen Leistungen (sog. Pensions- und Betreuungsleistungen) werden demgegenüber vollständig der versicherten Person auferlegt (Art. 8 Abs. 2 PFG).
5. Das kantonale Gericht erwog zunächst in grundsätzlicher Hinsicht - unter Bezugnahme auch auf seine Ausführungen im Rückweisungsentscheid vom 17. Dezember 2012 -, dass für die Restfinanzierung der Pflegekosten gemäss Art. 25a Abs. 5 KVG die tatsächlichen ungedeckt gebliebenen Pflegekosten massgebend seien. Wenn die tatsächlich erbrachten, im konkreten Fall als wirtschaftlich einzustufenden KVG-Pflegeleistungen somit höhere Kosten verursachten als die in Art. 6 Abs. 1 PFG in Verbindung mit Art. 2 PFV vorgesehenen kantonalen Ansätze, habe nach Art. 25a Abs. 5 KVG der kantonale bzw. kommunale Pflegebeitrag die höheren tatsächlichen KVG-Pflegekosten zu decken. Die in Art. 2 PFV festgehaltenen Höchstansätze erwiesen sich diesfalls als bundesrechtswidrig. Im Weiteren kam die Vorinstanz zum Ergebnis, das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eingeholte pflegeökonomische Gutachten des Dr. rer. cur. D. vom 16. Januar 2017 (samt Ergänzung vom 6. April 2017) erfülle sämtliche Anforderungen an eine beweiskräftige Gerichtsexpertise, weshalb auf dessen Schlussfolgerungen abgestellt werden könne. Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass die Pflegekosten der verstorbenen Versicherten pro Tag je nach Pflegebedarf zwischen mindestens Fr. 112.52 bis maximal Fr. 256.08 betragen hätten. Die vom Kanton St. Gallen in Art. 2 PFV festgelegten Höchstansätze seien damit um 11 bis 12 Prozent überschritten worden. Der Gerichtsgutachter habe zudem Pflegeleistungen identifiziert, die zu Unrecht unter die Betreuungsleistungen subsumiert worden seien. Die Sache sei daher an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit sie "in Nachachtung der gerichtsgutachterlichen Beurteilung" die - nach Abzug des Selbstbehalts von Fr. 21.60 - tatsächlich ungedeckten Pflegekosten ermittle und vollumfänglich entschädige.
 


BGE 144 V 280 (288):

Erwägung 6
6.1 Dagegen wendet die beschwerdeführende Ausgleichskasse zum einen ein, dass mit der Feststellung des kantonalen Gerichts, wonach im Rahmen der Restfinanzierung der Pflegekosten nach Art. 25a Abs. 5 KVG stets die tatsächlich ungedeckten Pflegekosten im Einzelfall massgebend seien, die weitgefasste bundesrechtliche Vorgabe eingeschränkt werde. Somit werde zu Unrecht eine Abgeltung der individuell festgestellten und ausgewiesenen Pflegeminuten gefordert. Im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben seien auch Pauschalisierungen möglich. Die Vorinstanz ignoriere zudem die 12-stufige Abrechnungssystematik gemäss Art. 7a KLV. Überdies könnten die Kantonsregierungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung Betriebsvergleiche zwischen verschiedenen Leistungserbringern (sog. Benchmarking) durchführen. Die St. Galler Höchstansätze seien denn auch anhand systematischer Kostenvergleiche und Prüfung durch die Regierung festgelegt worden. Ob die strittigen kantonalen Höchstansätze zulässig seien, hänge entscheidend davon ab, ob Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG dafür Raum lasse. Nach dessen Wortlaut räume dieser Artikel den Kantonen einen weiteren Gestaltungsspielraum ein, in welchem die in vielen Kantonen gefestigte Praxis der Höchst- oder Normansätze ohne Weiteres Platz habe. Der Gesetzgeber habe bewusst diese weite Formulierung gewählt. Ein früherer Alternativvorschlag, wonach für die restlichen Kosten die öffentliche Hand aufkomme oder "die darüber hinausgehenden Pflegekosten" vom Kanton übernommen würden, hätten sich im Parlament nicht durchgesetzt.
6.2 Der Beschwerdeführerin (und dem BAG gemäss dessen letztinstanzlicher Vernehmlassung) ist in dem Sinne beizupflichten, als die Aussage im angefochtenen Entscheid, die ungedeckten tatsächlichen Pflegekosten seien zu ermitteln und vollumfänglich zu entschädigen, nicht bedeuten kann, dass die Entschädigung nicht stufengerecht nach Pflegebedarfsstufe zu erfolgen hat. Die Beiträge der OKP nach Art. 7a KLV beziehen sich auf den Pflegebedarf der versicherten Person, der im Rahmen der Bedarfsabklärung nach Art. 8 KLV ermittelt und ärztlich bestätigt wird. Sie haben sich daher auf eine der zwölf Pflegebedarfsstufen nach Art. 7a Abs. 3 KLV zu beziehen. Art. 9 Abs. 2 KLV präzisiert sodann, dass die Leistungen nach dem Pflegebedarf in Rechnung gestellt werden müssen. Dies gilt nicht nur für die Rechnungen zuhanden der OKP, sondern auch für diejenigen an die Kantone bzw. Gemeinden zwecks Restfinanzierung.

BGE 144 V 280 (289):

Damit wird die Wirtschaftlichkeit der Leistungen sichergestellt. Das BAG umschreibt die bundesrechtlichen Vorgaben betreffend die Modalitäten der Abrechnungspflicht von Pflegeheimen zutreffend. Demgemäss sind diese (nach einer Übergangsfrist) verpflichtet, eine Kostenrechnung und eine Leistungsstatistik gemäss der Verordnung vom 3. Juli 2002 über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversicherung (VKL; SR 832.104; vgl. Art. 9, 11, 12, 14, 15 VKL) zu führen. Im Rahmen der Kostenrechnung ist eine Zeiterfassung vorzunehmen, damit die Kosten der Betreuung und der Pension ausgeschieden und diejenigen der KVG-pflichtigen Pflege ermittelt werden können. Die damit transparent ausgewiesenen Kosten für die eigentlichen Pflegeleistungen dienen als Grundlage auch für die Restfinanzierung der Kantone bzw. Gemeinden. Da die Anzahl der für die verschiedenen Pflegebedarfsstufen geleisteten Pflegetage im Rahmen der Leistungsstatistik bekannt sind, wird die Summe der ausgewiesenen KVG-Pflegekosten so gewichtet, dass das Total der von der OKP, den Patienten und den Kantonen bzw. Gemeinden zu vergütenden Kosten nach Pflegestufe berechnet werden kann. Kohärent mit diesem System und den Vorgaben des KVG stellen die Leistungserbringer denn auch ihre Leistungen nach Pflegebedarfsstufen sowohl der OKP als auch den Kantonen bzw. Gemeinden in Rechnung.
 
Erwägung 7
7.1 In der Beschwerde wird ferner moniert, im Rahmen der Restfinanzierung der Pflegekosten nach Art. 25a Abs. 5 KVG seien für den Kanton St. Gallen allein die gestützt auf Art. 6 Abs. 1 PFG in Art. 2 PFV normierten Höchstansätze massgebend. Indem die Vorinstanz sich nicht an die betreffenden Vorgaben halte, sondern die Vergütung auch der darüber liegenden Pflegekosten fordere, verletze sie das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Leistungen (Art. 32 Abs. 1 KVG), das mittels der Höchstansätze auf kantonaler Ebene konkretisiert worden sei, und damit die den Kantonen in diesem Bereich zustehende Autonomie. Pflegekosten, welche die Höchstansätze gemäss Art. 2 PFV überstiegen, dürften von den Pflegeheimen nicht in Rechnung gestellt werden bzw. seien von diesen selber - im Sinne unwirtschaftlich erbrachter Leistungen - im Rahmen des unternehmerischen Risikos zu tragen (in diesem Sinne auch die Stellungnahme des Departements des Innern des Kantons St. Gallen vom 11. September 2014).


BGE 144 V 280 (290):

7.2 Die bestehende bundesrechtliche Regelung der Restfinanzierung der Pflegekosten äussert sich nicht zur hier strittigen Frage des Verhältnisses zwischen kantonalen Höchstansätzen und ungedeckt gebliebenen tatsächlichen pflegerischen Kosten. Art. 25a Abs. 5 KVG in der neuen Fassung gemäss Änderung des KVG vom 29. September 2017 (Ablauf der Referendumsfrist am 18. Januar 2018, BBl 2017 6243) wird zwar punkto örtlicher Zuständigkeit eine Präzisierung erfahren, für die vorliegende Thematik lässt sich daraus indessen nichts Weiterführendes ableiten.
Das Bundesgericht hat in mehreren Urteilen zur noch geltenden Rechtslage präzisiert, den Kantonen komme in der konkreten Ausgestaltung der Restfinanzierung ein weiter Ermessensspielraum zu. So steht Art. 25a Abs. 5 KVG beispielsweise einer die Globalkosten deckenden pauschalen Tarifierung nicht entgegen. Diese kann somit einer per Pflegeheim individualisierten Kostenübernahme vorgezogen werden. Der den Kantonen obliegende Anteil muss mithin nicht danach finanziert werden, welche Restkosten jede einzelne Person konkret generiert (BGE 138 I 410 E. 4.2 und 4.3 S. 418 f.; Urteile 2C_228/2011 vom 23. Juni 2012 E. 3.2.1, 2C_727/2011 vom 19. April 2012 E. 6.3.1, nicht publ. in: BGE 138 II 191, und 2C_728/ 2011 vom 23. Dezember 2011 E. 3.5 f.). Eine Abstufung der Pauschaltarifierung nach Massgabe des Pflegebedarfs wird damit nicht verunmöglicht (Urteil 2C_728/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 4.1). Eine solche sieht Art. 25a Abs. 5 KVG nicht vor, verbietet sie aber auch nicht (Urteil 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 3.1). Art. 25a Abs. 5 KVG verlangt anderseits keine Abstufung des Kostenanteils nach Pflegebedarf. Die Selbstkosten müssen daher nicht proportional zum Pflegeaufwand sein. Eine kantonale Regelung, welche die stärker Pflegebedürftigen überproportional mehr subventioniert als die weniger Pflegebedürftigen, ist nicht bundesrechtswidrig (Urteil 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 3.1 und 4.3; zum Ganzen auch: EUGSTER, a.a.O., S. 763 Rz. 1191). Die Kantone haben in Ausübung der ihnen übertragenen Kompetenzen die Restfinanzierung der ungedeckten Pflegekosten denn auch unterschiedlich umgesetzt. In vielen Kantonen wurde - wie auch im Kanton St. Gallen - eine Höchstgrenze für die Beiträge der öffentlichen Hand an die Pflegekosten festgelegt (häufig unter dem Stichwort "Normkosten" oder "Normdefizit"). Damit sollen die Pflegeheime motiviert werden, den Betrieb wirtschaftlich zu führen und die Kosten für die Pflege einzugrenzen (vgl. etwa ROSENKRANZ/MEIERHANS, Defizite bei der

BGE 144 V 280 (291):

Umsetzung der Pflegekostengrenze, Pflegerecht 2/2013 S. 76 ff., 77; ferner BGE 142 V 94 E. 3.2 S. 99 f.; BGE 138 I 410 E. 4.3 S. 418 f. mit Hinweisen; Urteile 9C_176/2016 vom 21. Februar 2017 E. 3.2, in: SVR 2017 KV Nr. 13 S. 59, und 2C_728/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 3.6).
 
Erwägung 7.3
Fraglich ist, wer die Kosten zu tragen hat, die über diesen Ansätzen liegen (nachfolgend ungedeckte Restkosten). Die Rechtsordnung des Kantons St. Gallen enthält hierzu keine Regelung.


BGE 144 V 280 (292):

Als Finanzierer der ungedeckten Pflegekosten können somit entweder die Kantone und die Gemeinden oder die Pflegeheime bzw. deren Trägerschaft in Fragen kommen (in diesem Sinne auch ROSENKRANZ/MEIERHANS, a.a.O., S. 78).
7.4.2 In seinem erläuternden Bericht vom 6. Dezember 2010 über die Verordnung über die Pflegefinanzierung (nachfolgend: Erläuterungsbericht) führte das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen aus (vgl. auch Kurzbericht des Departements des Innern, Amt für Soziales, vom 8. September 2014), aus der Botschaft zum PFG gehe hervor, dass die öffentliche Hand zwar gemäss Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG den nicht durch Beiträge der OKP und der versicherten Personen gedeckten Rest der Pflegekosten zu finanzieren habe. Eine unbegrenzte Anerkennung dieser Restkosten sei indessen aus unterschiedlichen Gründen nicht angezeigt. Damit hätte der Kanton beispielsweise keine Möglichkeit sicherzustellen, dass die öffentliche Hand nur für Kosten aufkomme, die aus der Erbringung von Pflegeleistungen im Sinne von Art. 7 Abs. 2 KLV entstanden seien, die zudem vor dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach Art. 32 KVG standhielten. Die finanziellen Auswirkungen für die öffentliche Hand wären nicht absehbar und eine Kostensteuerung gänzlich verunmöglicht. Analog zur Regelung bei den Ergänzungsleistungen sehe das PFG deshalb die Festlegung von Höchstansätzen vor. Damit würden die effektiven individuellen Pflegekosten bis zu einem festgelegten maximalen Kostendach vergütet. Die individuellen Pflegekosten der Einrichtungen und Organisationen hingen von unterschiedlichen betriebsspezifischen Kostenfaktoren ab, wobei die Personalkosten den grössten Anteil ausmachten. Die Leistungserbringer hätten es in der Hand, auf die betriebseigenen Kosten erheblich Einfluss zu nehmen. Höchstgrenzen könnten nicht nach wirtschaftlichen Kalkulationsmethoden allgemein gültig berechnet, sondern lediglich aus einem Vergleich unterschiedlicher Betriebszahlen abgeleitet werden. Die Höchstansätze wurden, wie dem Bericht weiter zu entnehmen ist, wie folgt ermittelt:
- Kostenrechnung aus dem Jahr 2008 von 83 zugelassenen Pflegeheimen (74,6 Prozent der zugelassenen Plätze);
- Errechnung der für jedes Heim individuellen Pflegekosten je BESA (Bewohnerinnen-Einstufungs- und Abrechnungssystem)-Punkt auf Grund der gesamten Pflegekosten je Einrichtung und der von jeder Einrichtung verrechneten BESA-Punkte;


BGE 144 V 280 (293):

- Teuerungsbereinigte Umrechnung auf die 12-stufige Einteilung nach Pflegeminuten gemäss KVG für die Jahre 2009, 2010 und 2011.
Nach dem Erläuterungsbericht differierten die Pflegekosten in den einzelnen Pflegeheimen teuerungsbedingt für das Jahr 2011 zwischen Fr. 1.68 und Fr. 4.39 je BESA-Punkt. Mit dem Durchschnittswert von Fr. 2.92 könnten - so der Bericht im Weiteren - nur 47 Prozent der zugelassenen Heime ihre Pflegekosten decken. Ziel müsse es jedoch sein, Höchstansätze festzulegen, welche einerseits eine wirtschaftliche Leistungserbringung im Jahr 2011 garantierten, anderseits aber weder die geforderte Pflegequalität beeinträchtigten noch einen unerwünschten Druck auf den Personalaufwand (Lohndumping, erhöhter Leistungsdruck) auslösten. Dies bedeute, dass es für eine überwiegende Mehrheit der Einrichtungen möglich sein müsse, ihre Pflegeleistungen in konstanter Qualität und zu gleichen Preisen wie bis anhin zu erbringen. Eine Ausrichtung des Höchstansatzes am tiefsten ermittelten Punktewert wäre deshalb für fast alle Heime wirtschaftlich untragbar. Gleiches gälte auch bei einem Kostendach in der Höhe der durchschnittlichen Pflegekosten für noch die Hälfte der Heime. Eine Ausrichtung am höchsten Punktewert könne demgegenüber von Kanton und Gemeinden nicht finanziert werden und würde sich zudem stark kostentreibend auswirken. Des Weitern sei aktuell nicht nachvollziehbar, worin die enormen Kostenunterschiede bzw. die Kosten der teuersten Einrichtungen begründet seien. Der Totalbetrag der künftigen Restfinanzierung sei stark davon abhängig, in welchem Mass vermieden werden könne, dass sich bisher günstigere Heime bei der Leistungserbringung verstärkt an den Höchsttarifen orientierten. Die Entwicklung sei daher genau zu verfolgen und es seien, falls nötig, Anpassungen vorzunehmen.
Die in der Verordnung festgelegten Höchstansätze lägen über den Durchschnittsansätzen und ermöglichten für 75 Prozent der Pflegeheime eine kostendeckende Leistungserbringung. Auf Grund ihrer Überdurchschnittlichkeit hätten sie ferner zugunsten der Leistungserbringer mit hohen Tarifen bereits den Charakter einer Übergangslösung und seien daher direkt anwendbar. Es müsse mittelfristig möglich sein, die Kosten in den Pflegeheimen mit derzeit besonders hohen Tarifen nachhaltig zu senken. Leistungserbringer, die nicht bei den Höchstansätzen anstünden, hätten ausreichend Spielraum, um die Kostenentwicklungen zu berücksichtigen. Deshalb werde auf

BGE 144 V 280 (294):

eine Regelung bezüglich Anpassung der Höchstansätze verzichtet. Die Regierung könne eine solche bei Bedarf in einem Nachtrag zur Verordnung vornehmen. Mit dem Aufbau des Controllings bestehe künftig eine sichere Datenlage, wodurch eine Anpassung an die Teuerung besser beurteilt und gewährleistet werden könne. Das Controlling, welches durch das Amt für Soziales, Departement des Innern, wahrgenommen werde, solle, neben der Kostensteuerung und -überwachung, auch ermöglichen, den Leistungserbringern (Heimen) und Kostenträgern (Kanton, Gemeinden, Krankenversicherungen und versicherten Personen) sinnvolle betriebswirtschaftliche Vergleichswerte (Benchmarks) zur Verfügung zu stellen. Es müsse sich auf die nach einheitlichem Standard zu führenden Kostenrechnungen der Einrichtungen stützen. Damit könne gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Pflegefinanzierung in sämtlichen Einrichtungen nach identischen Be- und Abrechnungsmethoden ermittelt und umgesetzt werde. Einer speziellen Überprüfung durch den Kanton bedürften die Kostenstrukturen jener Pflegeheime, welche den Höchsttarif in Rechnung stellten oder deren Tarife ein überdurchschnittliches Wachstum aufwiesen.
7.4.3 Wie hiervor dargelegt (vgl. E. 6.2), muss sich der Kanton bei der Regelung der Restfinanzierung gemäss Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG auf die für die Erbringung der KVG-Pflege transparent ausgewiesenen Kosten stützen (können). Das BAG hat in einem an die Kantone und Verbände der Pflegeheime gerichteten Schreiben vom 23. Juni 2015 denn auch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kosten der Pflegeleistungen auf Grund der Vorgaben der VKL zu ermitteln seien und die Zuteilung der Kosten an die Pflege, Betreuung und Hotellerie anhand einer Zeiterfassung zu erfolgen habe. Erst auf dieser Basis kann das Instrument der Betriebsvergleiche angewendet werden und ist der Kanton überdies in der Lage zu überprüfen, ob die Leistungen wirtschaftlich im Sinne von Art. 32 KVG erbracht worden sind. Dieselbe Stossrichtung ergibt sich aus dem erwähnten kantonalen Erläuterungsbericht.
Es ist mithin die Aufgabe der Kantone, welchen die Restfinanzierung für die Pflegekosten obliegt, die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben sicherzustellen, allenfalls in Form von Tarifvorschriften, sowie - auch im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht - bei Bedarf einzugreifen und die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten. Als ultima ratio ist die Streichung einer Einrichtung aus der gestützt auf

BGE 144 V 280 (295):

Art. 39 KVG (im Hinblick auf Pflege, medizinische Betreuung und Rehabilitation von Langzeitpatienten) erstellten Pflegeheimliste (hier gemäss Beschluss der Regierung des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2011 [sGS 381.181]) ins Auge zu fassen (vgl. Art. 30a und 34 des Sozialhilfegesetzes des Kantons St. Gallen vom 27. September 1998 [SHG; sGS 381.1] in Verbindung mit Art. 5 der Verordnung der Regierung des Kantons St. Gallen vom 3. Februar 2004 über private Betagten- und Pflegeheime [sGS 381.18; nachfolgend: VBP]). Geschieht dies nicht, hat die öffentliche Hand die daraus resultierenden Mehrkosten zu tragen (so sinngemäss auch das BAG in seiner letztinstanzlichen Vernehmlassung).
Zusammenfassend ist es den Kantonen demnach zwar gestattet, der ihnen auferlegten Restfinanzierungspflicht der Pflegekosten mit der Normierung betraglicher Höchstansätze nachzukommen. Sind diese im Einzelfall jedoch nicht kostendeckend, erweisen sie sich als mit der Regelung von Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG nicht vereinbar.
7.4.3.1 Anzumerken ist, dass der Grund für die weite Formulierung von Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG ("Die Kantone regeln die Restfinanzierung") nicht, wie die Beschwerdeführerin darlegt, in einem Vorbehalt betreffend die Höhe dieser Restkosten zu suchen ist, sondern darin, dass das Parlament es den Kantonen überlassen wollte, wie und wer für die Restkosten aufkommt. Beispielsweise wollte man die Möglichkeit der Finanzierung durch die Gemeinden offenlassen. Dass die Restkosten vollständig durch die öffentliche Hand finanziert werden sollen, geht aus der parlamentarischen Debatte zweifelsfrei hervor (AB S vom 25. September 2007 [Forster-Vannini, Kommissionssprecherin: "... dass die Restkosten, das heisst, die innerkantonalen Restkosten, von den Kantonen in eigener Kompetenz geregelt werden soll. [...]. Wie die Kantone die restlichen Kosten begleichen, soll in ihrer eigenen Kompetenz bleiben"]; so auch AB N vom 4. Dezember 2007, S. 1779 [Humbel, Kommissionssprecherin], 1785 [Schenker, Ruey]).
7.4.3.2 Schliesslich ergeben sich diesbezügliche Hinweise auch aus der bisherigen Rechtsprechung, wonach "... les cantons sont tenus de veiller à une couverture de l'ensemble des coûts des soins effectifs" (Urteil 2C_727/2011 vom 19. April 2012 E. 6.3.1, nicht publ. in: BGE 138 II 191, vgl. auch dessen E. 4.2.3 [S. 199] und 4.2.6 [S. 200]) bzw. "... l'art. 25a al. 5 LAMal garantit que les coûts des soins résiduels, à savoir l'intégralité des frais effectifs que ni

BGE 144 V 280 (296):

l'assurance obligatoire des soins ni l'assuré ne prendraient à leur charge, soit assumée par les collectivités publiques, soit par le canton ou, si ce dernier décide de les mettre (également) à contribution, par les communes" (BGE 138 I 410 E. 4.2 S. 418) und "... et qui, d'après l'art. 25a al. 5 LAMal, ne sont pris en charge ni par les assurances sociales ni par les assurés, soient entièrement couverts par l'Etat" (BGE 138 I 410 E. 4.3 S. 419; in diesem Sinne auch Urteile 2C_228/ 2011 vom 23. Juni 2012 E. 3.2.1, 2C_728/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 3.4 und 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2).
7.4.4 Aus dem kantonalen Erläuterungsbericht vom 6. Dezember 2010 ist zu schliessen, dass der Kanton den Gründen, weshalb die berechneten Kosten pro BESA-Punkt zwischen den Pflegeheimen derart grosse Unterschiede auswiesen, nicht näher nachgegangen ist. Er begnügte sich vielmehr mit der Erhebung und Feststellung des Status quo und ging davon aus, dass sich mittelfristig auch diejenigen Einrichtungen mit den teuersten Strukturen in der Lage sähen, durch Effizienzsteigerung ihre Kosten zu senken. Damit wurde indessen - wie das BAG zutreffend bemerkt - gleichzeitig impliziert, dass 25 Prozent der zugelassenen Pflegeheime zumindest kurzfristig über keine genügende Finanzierung verfügen würden. Damit nahm und nimmt der Kanton in Kauf, dass die betroffenen Institutionen die fehlenden Finanzierungsmittel, jedenfalls über einen gewissen Zeitraum, bei den Heimbewohnern in Form überhöhter Betreuungs- und Pensionstaxen generieren.
7.4.4.1 Entsprechende Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall denn auch erkennbar. So hatte das Alterszentrum C. seinen Bewohnerinnen und Bewohnern im Schreiben vom 21. Januar 2014 mitgeteilt, im Rahmen der per 1. April 2014 vorgesehenen Tariferhöhungen werde der Pensionspreis um zehn Prozent erhöht. Als Gründe hierfür wurden Verbesserungen in Form eines Neubaus (Lift) sowie der "Erweiterung unseres Aktivitätsangebotes" genannt, welche eine "merkliche Kostensteigerung" mit sich brächten. Zudem wurde ein täglicher Kostenbeitrag für Pflege- und Betreuungskosten in der Höhe von neu pauschalisiert Fr. 24.50 angekündigt, unabhängig davon, ob die Betreuungsleistungen im Einzelfall beansprucht würden oder nicht. Ferner ist der Steuerbescheinigung vom 8. Januar 2016 betreffend Pflegekosten der verstorbenen Versicherten im Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 20. Januar 2015 zu entnehmen, die steuerpflichtige Person habe den Selbstbehalt sowie die Kürzung infolge

BGE 144 V 280 (297):

hoher Pflegekosten ("Kosten über den Tarif gemäss St. Galler Verordnung über die Pflegefinanzierung") selber tragen müssen.
7.4.4.2 Nach dem Gesagten hat die Beschwerdeführerin bzw. der Kanton St. Gallen grundsätzlich sämtliche der ungedeckten Restkosten der verstorbenen Versicherten im massgeblichen Zeitraum zu übernehmen. Einer näheren Abklärung der konkret erbrachten massgeblichen Pflegeleistungen und deren Kosten im Sinne des vorinstanzlich veranlassten pflegeökonomischen Gutachtens des Dr. rer. cur. D. vom 16. Januar 2017 samt Ergänzung vom 6. April 2017 bedurfte es im vorliegenden Verfahren nicht.
Das vom kantonalen Gericht in Auftrag gegebene Pflegegutachten kann und darf nämlich nicht als Grundlage für den Rechtsstreit dienen, denn dies würde die Wirtschaftlichkeitsprüfung, so wie sie in der KLV (Art. 8 f.) vorgesehen ist, unterlaufen. Die Pflege ist - wie die Krankheitsbehandlung - im Rahmen von Gesetz und Verordnung kassenpflichtig. Wenn sich zeigt, dass unwirtschaftlich gehandelt wurde, kommt ein Kontroll- und Schlichtungsverfahren (Art. 8a KLV) bzw. - bei der Krankheitsbehandlung - das schiedsgerichtliche Verfahren zum Zug.
Die Abklärung betreffend die Pflegekosten kann daher nicht mittels eines Gutachtens - sozusagen mittels einer Parallelprüfung - erfolgen, sondern das Pflegeheim muss gestützt auf die Vorgaben der Verordnung vom 3. Juli 2002 über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung die Kosten nach Leistungsart bzw. Kostenträger ermitteln (OKP-Leistungen, Hotellerie u.a., vgl. Art. 9 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 VKL).
Die Eckzahlen bezüglich der Pflegeleistungen für die verstorbene Versicherte liegen und lagen auch zur Zeit des ersten kantonalen Entscheids vor, denn das Pflegeheim (oder die verstorbene Versicherte bzw. deren Vertreter) hat während des Heimaufenthalts der Krankenkasse Rechnung gestellt für die Pflegeleistungen, weshalb diese als bekannt vorausgesetzt werden müssen. Auch der Betrag gemäss Art. 25 Abs. 5 Satz 1 KVG (20 Prozent des Höchstbetrags gemäss Art. 7a Abs. 3 lit. l KLV; d.h. Fr. 21.60 pro Tag) sind bekannt wie schliesslich die Hotelleriekosten und die persönlichen Auslagen.
Aus diesen Gründen hat das Gericht die unnötigerweise verursachten Gutachterkosten zu tragen.
Es bleibt damit im Grundsatz - wenn auch ohne Bezugnahme auf die "gerichtsgutachterliche Beurteilung" - beim vorinstanzlichen Rückweisungsentscheid, wonach die Beschwerdeführerin die nach Abzug

BGE 144 V 280 (298):

des Beitrags der OKP sowie des Selbstbehalts der verstorbenen Versicherten ungedeckten tatsächlichen Pflegekosten zu ermitteln und festzusetzen hat. Da das Bundesgericht an die Rechtsbegehren der Parteien gebunden (Art. 107 Abs. 1 BGG) und eine Abänderung des vorinstanzlichen Entscheids zu Lasten der Beschwerdeführerin daher ausgeschlossen ist (reformatio in peius), sind in casu jedoch keine Kosten zu erstatten, die über denjenigen liegen, welche gemäss Gutachten des Dr. rer. cur. D. vom 16. Januar 2017 samt Ergänzung vom 6. April 2017 ausgewiesen und abzugelten wären.
 
Erwägung 8
8.2 Gemäss Art. 68 Abs. 2 BGG wird die unterliegende Partei in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. Nach bundesgerichtlicher Praxis haben obsiegende Parteien grundsätzlich nur dann Anspruch auf eine Parteientschädigung, wenn sie durch eine externe Anwältin oder einen externen Anwalt vertreten sind und deshalb tatsächlich Anwaltskosten anfallen (vgl. Urteil 2C_807/2008 vom 19. Juni 2009 E. 4.3 mit Hinweisen). Wenn eine Anwältin oder ein Anwalt in eigener Sache prozessiert, ist nur ausnahmsweise - beispielsweise bei Vorliegen einer komplizierten Sache mit hohem Streitwert oder bei hohem Arbeitsaufwand, welcher den üblichen Aufwand für die Besorgungen der persönlichen Angelegenheiten übersteigt - eine Parteientschädigung zuzusprechen (u.a. Urteile 4A_76/2014 vom 19. Juni 2014 E. 5, 2C_807/2008 vom 19. Juni 2009 E. 4.3 und 4P.324/2005 vom 27. Februar 2006 E. 7; je mit Hinweisen).
8.2.2 Der als Rechtsanwalt tätige Beschwerdegegner, der den Prozess vor Bundesgericht als Willensvollstrecker zwar in eigenem

BGE 144 V 280 (299):

Namen, aber auf Rechnung des Nachlasses führt, hat grundsätzlich Anspruch auf Parteientschädigung (BGE 129 V 113 E. 4 S. 116 ff.; Urteil 4A_533/2013 vom 27. März 2014 E. 7). Da er jedoch zugleich (Mit-)Erbe der Verstorbenen ist, hat er ein nicht unerhebliches persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens und prozessiert damit auch in eigener Sache. Vor dem Hintergrund, dass die Aktenlage sich als sehr umfangreich erweist und die Angelegenheit als komplex zu bezeichnen ist, rechtfertigt es sich, ihm für das letztinstanzliche Verfahren ebenfalls einen Parteikostenersatz zuzusprechen.