BVerwGE 20, 295 (295): 1. Der Anspruch auf Rückerstattung einer zu Unrecht gewährten Subvention richtet sich auch dann gegen die Kennzeichnungsstelle, an die der Subventionsbetrag gezahlt worden ist, wenn die Kennzeichnungsstelle als Treuhänder anzusehen ist.
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2. Der Rückforderungsanspruch ist begründet, wenn der Nachweis erbracht wird, daß die Kennzeichnungsstelle die Behörde über die Voraussetzungen der Subventionierung arglistig getäuscht hat.
BVerwGE 20, 295 (296): Die Behörde trifft dann nicht die Beweislast dafür, daß die materiellen Voraussetzungen für die Subventionierung nicht vorgelegen haben.
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Gesetz zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft
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Urteil
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des VII. Senats vom 26. Februar 1965
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-- BVerwG VII C 71.63 --
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I. Verwaltungsgericht Düsseldorf
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Die Klägerin, eine Eiergroßhandlung, die als amtliche Eierkennzeichnungsstelle zugelassen ist, erhielt auf ihren Antrag für die Monate Januar bis September 1959 Ausgleichsbeträge auf Grund des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft in Höhe von 240 256,41 DM. Auf den Antragsformularen hatte sie die vorgesehene Versicherung abgegeben, daß alle Eier, für die die Ausgleichsbeträge verlangt würden, nämlich 8 008 547 Stück, als "deutsches Frischei" gekennzeichnet seien. Nachdem im Juli 1959 festgestellt worden war, daß im Absatzgebiet der Klägerin lediglich ungekennzeichnete Eier auf dem Markt waren, fand eine Betriebsprüfung statt. Die Überprüfung von wahllos herausgegriffenen Abnehmern der letzten Lieferungen führte zu dem Ergebnis, daß überhaupt keine gekennzeichneten Eier vorgefunden wurden. Fünf der Abnehmer berichteten, daß die Klägerin ihnen stets ungekennzeichnete Eier verkauft habe, obwohl die Rechnungen in allen Fällen auf "gek." deutsche Standardeier gelautet hätten.
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Der Beklagte forderte die gezahlten Ausgleichsbeträge zurück. Deshalb erhob die Klägerin Anfechtungsklage. Sie wurde abgewiesen. Die Sprungrevision war erfolglos.
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Aus den Gründen:
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Die Klägerin ist mit Recht auf Rückerstattung der gewährten Subventionen in Anspruch genommen worden. Der Senat hat bereits in dem Urteil vom 25. Mai 1962 -- BVerwG VII C 59.61 -- (Buchholz BVerwG 451.55, Subventionsrecht Nr. 13) ausgeführt, daß es zweifelhaft sein könne, ob der Subventionsanspruch dem Hühnerhalter zustehe und vom Kennzeichnungsbetrieb nur auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Treuhänderschaft geltend gemacht werden könne oder ob der Kennzeichnungsbetrieb selbst anspruchsberechtigt sei. Auf die Entscheidung dieser Frage kommt es hier nicht an. Selbst wenn der Kennzeichnungsbetrieb lediglich als Treuhänder tätig wird, ändert dies nichts an der Tatsache, daß er die BVerwGE 20, 295 (297):
Subvention im eigenen Namen in Empfang genommen hat. Die Klägerin verkennt ihre Rechtsstellung, wenn sie ausführt, daß sie lediglich als Durchlaufstelle fungiere und ihr nicht zugemutet werden könne, für eine fremde Schuld einzustehen. Die Gegenüberstellung von materieller Anspruchsberechtigung und formeller Rechtsposition berührt nicht den entscheidungserheblichen Umstand, daß die Kennzeichnungsstelle den Subventionsanspruch im eigenen Namen geltend macht, die Subvention erhält und lediglich einer Abführungspflicht unterliegt, soweit die betreffenden Beträge nicht vorweg an den Hühnerhalter gezahlt worden sind. Wie der Kennzeichnungsbetrieb seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, den Subventionsbetrag an den Hühnerhalter abzuführen, nachkommt, läßt sich im einzelnen Fall nur auf Grund der privatrechtlichen Beziehungen entscheiden. Selbst wenn der Kennzeichnungsbetrieb als Treuhänder tätig werden sollte, richtet sich der Erstattungsanspruch gegen ihn als den Empfänger der ohne Rechtsgrund gewährten Subvention. Insofern besteht kein Unterschied gegenüber der Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs bei der privatrechtlichen Treuhänderschaft. Auch im Privatrecht ist in der Regel der Treuhänder und nicht der Treugeber unmittelbar bereichert (vgl. BGH vom 27. April 1961, LM § 812 BGB Nr. 47 = NJW 1961, 1461). Dadurch unterscheidet sich die Treuhänderschaft auch von dem Fall der reinen Empfangsbevollmächtigung (vgl. das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 1964 -- BVerwG IV C 140.63 --, DVBl.1964, 924).
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Dem Beklagten steht gegen die Klägerin ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der Ausgleichsbeträge zu, die die Klägerin für die Monate Januar bis September 1959 erhalten hat. Der Erstattungsanspruch ist ein Rechtsinstitut des allgemeinen Verwaltungsrechts und stellt die Kehrseite des Leistungsanspruchs dar (vgl. BVerwGE 4, 215; 6, 1). Zu Unrecht meint die Klägerin daher, daß es sich bei diesem Begriff lediglich um eine Sammelbezeichnung handele. Die in § 5 der Ersten Durchführungsverordnung vom 10. April 1956 (Bundesanz. Nr. 70) auf Grund der Ermächtigung in § 4 Nr. 5 des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eierwirtschaft vom 31. März 1956 (BGBl. I S. 239) getroffene Regelung stellt lediglich die gesetzliche Ausprägung des allgemeinen Erstattungsanspruchs dar. Ist eine Subvention gewährt worden, ohne daß BVerwGE 20, 295 (298):
die Voraussetzungen hierfür vorlagen, so besteht ein Erstattungsanspruch, ohne daß es insoweit auf die in der Durchführungsverordnung getroffene Regelung weiter ankommt. Sind die Voraussetzungen des § 1 des Gesetzes vom 31. März 1956 erfüllt, so wird der Ausgleichsbetrag "gewährt". Daraus ergibt sich, daß in diesem Falle dem Subventionsempfänger ein Rechtsanspruch auf die Subvention zusteht. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. Mai 1962 -- BVerwG VII C 59.61 -- entschieden. Aus diesem Subventionsverhältnis hat der Anspruchsberechtigte unmittelbar einen Anspruch auf Leistung der Subvention (vgl. die Urteile des Senats vom 7. März 1958 [BVerwGE 6, 244]; Urteil vom 19. Dezember 1958 -- BVerwG VII C 204.57 --, Buchholz a.a.O. Nr. 6). Ebenso kann unmittelbar auf Rückerstattung der gewährten Leistung geklagt werden. Doch kann sich die Verwaltungsbehörde darauf beschränken, zunächst einen diesen Erstattungsanspruch feststellenden Verwaltungsakt zu erlassen, wie es hier geschehen ist. Diesen Verwaltungsakt kann der auf Rückzahlung in Anspruch Genommene dann mit der Anfechtungsklage angreifen.
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Der Beklagte war berechtigt, die Gewährung der Subvention zu widerrufen, denn die Voraussetzungen für die Zahlung dieser Ausgleichsbeträge lagen nicht vor. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, daß sie jedenfalls teilweise - ohne den genauen Umfang angeben zu können - die in den Verkehr gebrachten Eier gekennzeichnet habe. Die Beweislast dafür, daß die Voraussetzungen für die Rücknahme der Gewährung der Subvention, also eines begünstigenden Verwaltungsaktes, vorliegen, trägt zwar grundsätzlich die Verwaltungsbehörde (vgl. das Urteil des Senats vom 14. Juli 1961 [BVerwGE 12, 353, 359] sowie das Urteil des VI. Senats vom 25. März 1964 -- BVerwG VI C 150.62 -- [DÖV 1964, 675]). Nicht anders wäre es zu beurteilen, wenn der Beklagte unmittelbar auf Rückzahlung geklagt hätte. Der Beklagte müßte dann beweisen, daß die Leistung des rechtfertigenden Grundes, also der in der Subventionsregelung festgelegten Voraussetzungen für die Entstehung des Subventionsanspruchs entbehrt. Der Subventionsberechtigte trägt zwar, wenn er die Subvention verlangt, (objektiv) die Beweislast dafür, daß die Voraussetzungen für das Bestehen seines Anspruchs vorliegen. Ist die Leistung jedoch erfolgt und verlangt die Behörde den gezahlten Betrag zurück, so muß sie beweisen, BVerwGE 20, 295 (299):
daß der die Leistung rechtfertigende Grund fehlt. Die Subventionierung ist im vorliegenden Falle auf Grund der Versicherung der Klägerin in ihrem Antrage gewährt worden, daß die in den Verkehr gebrachten Eier gekennzeichnet gewesen seien. Bei der Regelung der Eiersubvention ist der Verordnungsgeber davon ausgegangen, daß die von einem ordentlichen und gewissenhaften Kaufmann abgegebenen Erklärungen im Geschäftsleben Vertrauen genießen und daher auch bei der Gewährung von Subventionen ein hinreichendes Beweismittel darstellen. In Anbetracht der getroffenen Feststellungen, wonach in keinem der der Nachprüfung unterzogenen Fälle eine Kennzeichnung erfolgt war, scheidet eine Versicherung der Klägerin als geeignetes Beweismittel aus. Die Subventionen sind somit unter der unrichtigen Voraussetzung gewährt worden, daß der Nachweis über die Anzahl der in den Verkehr gebrachten gekennzeichneten Eier erbracht worden sei. Es kommt also nicht nur auf die materiellrechtlichen Voraussetzungen, sondern auch auf den Nachweis dieser Voraussetzungen in geeigneter Form an. An diesem Nachweis fehlt es infolge der arglistigen Täuschung, die die Klägerin begangen hat. Das arglistige Verhalten der Klägerin ist vom Verwaltungsgericht mit Recht bejaht worden. Auf Grund der Feststellung, daß bei den letzten Lieferungen an eine Reihe von Abnehmern keine Kennzeichnung der Eier vorgenommen worden war, sowie der Angabe von fünf Abnehmern, sie hätten von der Klägerin stets nur ungekennzeichnete Eier bezogen, obwohl die Rechnungen anders gelautet hätten, kann es nicht beanstandet werden, daß die Behörde eine arglistige Erschleichung der Subvention angenommen hat. Die Klägerin muß es sich entgegenhalten lassen, daß ihre Versicherungen in Anbetracht ihres arglistigen Verhaltens für die Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen der Subventionierung vorliegen, nicht Verwendung finden können. Die Klage könnte daher nur dann Erfolg haben, wenn die Klägerin auf anderem Wege den Nachweis erbracht hätte, daß sie für eine bestimmte Anzahl von Eiern die Voraussetzungen für die Gewährung der Subvention erfüllt hat. Dies ist jedoch nicht geschehen.
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Selbst wenn die Stellung der Klägerin bei dem Empfang der Subvention als eine treuhänderische aufzufassen wäre, würde es grundsätzlich nicht ausgeschlossen sein, daß sie sich auf den Wegfall der Bereicherung in entsprechender Anwendung des § 818 Abs. 3 BGB berufen kann. Dieser BVerwGE 20, 295 (300):
Vorschrift liegt der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zugrunde, der auch für den Erstattungsanspruch maßgeblich ist. Das vom Verwaltungsgericht angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Mai 1958 -- BVerwG III C 42.57 -- (NJW 1958, 1506) steht damit nicht in Widerspruch. Der III. Senat hat in diesem Urteil die Anwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB jedenfalls insoweit bejaht, als sich jemand darauf beruft, daß er die gezahlten Gelder in gutem Glauben empfangen und verbraucht habe. Auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt kommt es aber im vorliegenden Fall allein an. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts fehlt es bei der Klägerin in Anbetracht ihres arglistigen Verhaltens gerade an diesem guten Glauben, so daß der Einwand des Wegfalls der Bereicherung schon daran scheitert.
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