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Bearbeitung, zuletzt am 29.05.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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44. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 3. Mai 1989 |
i.S. B. gegen Kanton Basel-Landschaft |
(staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 4, 22 bis BV und Art. 2 ÜbBest. BV, persönliche Freiheit; Dienstpflicht für Medizinalpersonal im Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes. |
Dem Bunde steht auf dem Gebiete der Gesamtverteidigung, insbesondere im Bereich des Koordinierten Sanitätsdienstes, keine ausschliessliche Gesetzgebungsbefugnis zu (E. 4). |
Die Einführung einer Dienstpflicht für männliche und weibliche Medizinalpersonen für den Katastrophen- und Kriegsfall durch den Kanton als Verantwortlichen für das öffentliche Gesundheitswesen und Partner des Koordinierten Sanitätsdienstes verstösst weder gegen Art. 22bis Abs. 1 und 5 BV (E. 5) noch gegen das Rechtsgleichheitsgebot (E. 6). |
Im vorliegenden Fall hätte jedoch der wesentliche Inhalt der Dienstpflicht, soweit es um die Ausbildung geht, in einem formellen Gesetz umschrieben werden müssen (E. 7). |
Die Schaffung eines Dienstobligatoriums ist nicht unverhältnismässig und verletzt das verfassungsmässige Recht auf persönliche Freiheit nicht, wenn vorauszusehen ist, dass der Kanton im Katastrophen- oder Kriegsfall den Bedarf an medizinisch ausgebildetem Personal nicht durch freiwillig Dienstleistende decken kann (E. 8). | |
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A.- Am 6. Dezember 1987 stimmte das Volk des Kantons Basel-Landschaft dem Gesetz über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter vom 17. Juni 1987 (ZKG) zu. In den §§ 1-3 wird der Zweck des Gesetzes wie folgt umschrieben:
| 1 |
"§ 1 Zweck
| 2 |
1 Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Bundesgesetzgebung über den Zivilschutz, die wirtschaftliche Landesversorgung und den Kulturgüterschutz sowie die Durchführung von Bundesaufgaben für den Schutz der Bevölkerung im Katastrophenfall und bei kriegerischen Ereignissen.
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2 Es bildet die Rechtsgrundlage für die Vorbereitung und Durchführung von Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung in den in Absatz i genannten Fällen. Es regelt insbesondere:
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a. die Sicherstellung der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit,
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b. die Information und Alarmierung von Bevölkerung und Behörden,
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c. die Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit,
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d. die Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitswesens und Koordination mit anderen Sanitätsdiensten,
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e. die Verlegung von Bevölkerungsteilen,
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f. die Sicherstellung und Unterstützung der sozialen Institutionen,
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g. die Aufnahme und Betreuung von Obdachlosen und Flüchtlingen,
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h. die Instandhaltung der Verkehrswege und öffentlichen Einrichtungen,
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i. die Zusammenarbeit mit der Armee,
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k. die Sicherstellung der personellen und materiellen Mittel.
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§ 2 Katastrophenfall
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Als Katastrophenfall im Sinne dieses Gesetzes gilt ein Sonderereignis, dessen Auswirkungen oder mögliche Bedrohung die Mittel der vorhandenen Rettungsorganisationen übersteigen.
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§ 3 Kriegerische Ereignisse
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Der Begriff kriegerischer Ereignisse umfasst den von der Bundesbehörde erklärten Neutralitätsschutz oder den Verteidigungsfall sowie den Besetzungsfall."
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"§ 26 Grundsatz
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1 Der Koordinierte Sanitätsdienst hat zum Ziel, die Behandlung und Pflege aller Patienten im Falle kriegerischer Ereignisse sicherzustellen.
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2 Der Koordinierte Sanitätsdienst kann auch zur Hilfeleistung im Katastrophenfall beigezogen werden.
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3 Partner im Koordinierten Sanitätsdienst sind:
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a. das öffentliche Gesundheitswesen des Kantons;
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b. der Sanitätsdienst des Zivilschutzes, wenn dieser aufgeboten ist;
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c. der Sanitätsdienst der Armee, wenn dieser aufgeboten ist;
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d. die privaten sanitätsdienstlichen Organisationen.
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§ 30 Aufgaben der Krankenanstalten
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1 Öffentliche und private Krankenanstalten sind verpflichtet, die ihnen zugewiesenen Patienten aufzunehmen und zu pflegen.
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2 In allen Krankenanstalten sind für den Katastrophenfall und für kriegerische Ereignisse Notfallorganisationen mit entsprechendem Personal vorzubereiten.
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3 Die Krankenanstalten sind verpflichtet, nach Vorschrift des Regierungsrates Vorräte an Sanitätsmaterial und Medikamenten anzulegen und zu unterhalten.
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§ 31 Medizinal- und weitere Personen
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1 Der Regierungsrat kann im Katastrophenfall und bei kriegerischen Ereignissen die in Krankenanstalten, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie in Apotheken und andern Instituten tätigen Medizinal- sowie weitere Personen aufbieten, soweit sie nicht für die Bedürfnisse der Gemeinden benötigt werden. Ebenso kann nicht mehr berufstätiges, medizinisches Fachpersonal zur Hilfeleistung verpflichtet werden.
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2 Das für den Koordinierten Sanitätsdienst benötigte Medizinal-, Pflege- und Hilfspersonal sowie das administrative und technische Personal ist verpflichtet, sich für den Einsatz im Koordinierten Sanitätsdienst ausbilden zu lassen."
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§ 44 der Schlussbestimmungen lautet:
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"1 Der Landrat erlässt Vollzugsbestimmungen insbesondere betreffend Vergütung, Lohnausfall, Spesenersatz und Versicherung.
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2 Der Regierungsrat erlässt die dazu erforderlichen Ausführungsbestimmungen."
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In § 2 Abs. 1 des landrätlichen Dekretes über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter vom 18. Juni 1987 wird ausgeführt, die Ordnung betreffend Vergütung, Erwerbsausfall, Spesenersatz, Materialentschädigung und allfällige Versicherungen habe grundsätzlich jener zu entsprechen, die im Zivilschutz gilt. ![]() | 38 |
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 3 | |
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Erwägung 4 | |
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a) Die Idee der Gesamtverteidigung wurde im wesentlichen im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg entwickelt und beruht auf der Erkenntnis, dass sich zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen ![]() ![]() | 43 |
Diese Koordinationsaufgabe sowie die Leitung der Gesamtverteidigung überhaupt sind durch das Bundesgesetz über die Leitungsorganisation und den Rat für Gesamtverteidigung vom 27. Juni 1969 (SR 501.1) dem Bundesrat übertragen worden (Art. 1). Ihm zur Seite steht einerseits der Rat für Gesamtverteidigung, der als konsultatives Organ aus Vertretern der Kantone und der verschiedenen Bereiche des nationalen Lebens besteht (Art. 7 und 8). Andererseits wird der Bundesrat bei der Planung, Koordination, Vorbereitung und beim Vollzug der Massnahmen durch den Stab und die Zentralstelle für Gesamtverteidigung unterstützt (Art. 3-6). Der Zentralstelle obliegt zudem die Beratung der Kantone auf dem Gebiet der Gesamtverteidigung (Art. 4 Abs. 2).
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Diese weitgehend bloss organisatorischen Bestimmungen des Gesetzes über die Leitungsorganisation und den Rat für Gesamtverteidigung sind - abgesehen von den Ausführungsbestimmungen des Bundesrates - bis heute die einzigen bundesrechtlichen Vorschriften geblieben, die sich mit der Gesamtverteidigung als solche befassen. Weitere grundsätzliche Normen sind nicht geschaffen worden. Das heisst allerdings nicht, dass auf diesem Gebiet keine Schritte mehr unternommen worden wären. Insbesondere liess der Bundesrat eine Konzeption der Gesamtverteidigung erarbeiten, welche er am 27. Juni 1973 im Rahmen des Berichtes über die Sicherheitspolitik den Räten vorgelegt hat und die in zustimmendem Sinne zur Kenntnis genommen worden ist (BBl 1973 II S. 112 ff.; Amtl. Bull. 1973 S 725, 1974 N 802). Im ![]() ![]() | 45 |
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Erwägung 5 | |
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Nach Art. 22bis Abs. 7 BV kann der Zivilschutz auch "zur Nothilfe", das heisst sowohl in Zeiten aktiven Dienstes wie auch in Friedenszeiten für Hilfeleistungen bei Katastrophen eingesetzt werden (Art. 1 Abs. 3 ZSG). Beim Einsatz im Falle von Natur- oder sog. Zivilisationskatastrophen handelt es sich jedoch nur um eine Nebenaufgabe des vorwiegend auf die Landesverteidigung ausgerichteten Zivilschutzes zur Unterstützung der Kantone und Gemeinden (vgl. BBl 1961 III S. 362; GIORGIO MALINVERNI, a.a.O. N 9 und 10; BERNHARD STADLIN, Die rechtlichen Probleme des Einsatzes der Schweizer Armee und des Zivilschutzes zur Katastrophenhilfe, Diss. Basel 1982 S. 18, 85 f.). Dementsprechend können die Zivilschutzorganisationen für die Katastrophenhilfe direkt von den Kantonen und Gemeinden aufgeboten werden (Art. 4 Abs. 3 und 4 ZSG). ![]() | 49 |
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b) Ausgehend vom Gedanken, dass sich bei kriegerischen Ereignissen verschiedene militärische und zivile Organisationen in die ärztliche Versorgung von Kranken, Verwundeten und Pflegebedürftigen zu teilen hätten und diese sanitätsdienstlichen Mittel aufeinander abgestimmt werden müssten (BBl 1973 II S. 141), ist im Rahmen der Gesamtverteidigung der sog. Koordinierte ![]() ![]() | 51 |
c) Aus diesem Konzept, auf das sich der basellandschaftliche Gesetzgeber bei der Schaffung der §§ 26-32 ZKG offensichtlich gestützt hat, geht klar hervor, dass keineswegs jede medizinische Betreuung, ![]() ![]() | 52 |
Damit erweist sich die Rüge, § 31 ZKG lasse sich nicht mit den Verfassungsbestimmungen über den Zivilschutz vereinbaren, als unbegründet.
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Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit Art. 4 Abs. 1 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen (BGE 114 Ia 2, 12 E. 3a, 323 E. 3a). Es kann jedoch keine Rede davon sein, dass kein vernünftiger Grund für eine Dienstverpflichtung von Männern oder Frauen mit Medizinalberufen gegeben sei. Nach dem Konzept des Koordinierten Sanitätsdienstes muss damit gerechnet werden, dass sich in Kriegszeiten die Zahl der Spitalpflege benötigenden Patienten gegenüber den Normalzeiten innerhalb von 24 Stunden um das Dreifache erhöht, die Zahl der chirurgisch zu behandelnden Patienten um das Fünffache und die Zahl der Notfälle um das Zehnfache (Konzept S. 6). Auch bei Katastrophen können Massen von Verletzten anfallen. Dass die rasche und richtige Behandlung dieser Patienten nur gewährleistet werden kann, wenn zusätzliches Fachpersonal eingesetzt werden kann, ist offensichtlich (vgl. auch hinten E. 8).
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Allerdings ist einzuräumen, dass in Notzeiten auch auf anderen für die Gesamtverteidigung wichtigen Gebieten - so etwa im Transport-, Übermittlungs- oder Versorgungswesen - Bedarf nach zusätzlichen Fachleuten entstehen kann, welcher durch die Verpflichtung noch nicht eingesetzter, allenfalls nicht mehr berufstätiger Spezialisten und Spezialistinnen gedeckt werden könnte. Indessen kommt im Kriegs- und Katastrophenfall den Massnahmen zur Lebensrettung und Heilung eine derart vorrangige Bedeutung zu, dass es sich rechtfertigt, eine obligatorische Dienstpflicht vorweg nur für medizinisches Fachpersonal vorzusehen. Übrigens machen die Beschwerdeführerinnen selbst nicht geltend, dass die Dienstverpflichtung auf weitere Berufskategorien ausgedehnt werden müsse.
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Erwägung 7 | |
7.- Die Beschwerdeführerinnen bringen im weiteren vor, falls die Einführung einer obligatorischen Dienstpflicht auf dem Gebiete des öffentlichen kantonalen Gesundheitswesens verfassungsrechtlich ![]() ![]() | 58 |
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Übrigens stellt auch die basellandschaftliche Kantonsverfassung vom 17. Mai 1984 (KV) Bedingungen für Eingriffe in Freiheitsrechte auf. Gemäss § 15 Abs. 2 KV bedürfen Einschränkungen der Grundrechte einer gesetzlichen Grundlage und müssen schwerwiegende Einschränkungen im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein. ![]() ![]() | 60 |
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Soweit in § 31 Abs. 1 ZSR eine Pflicht zur Dienstleistung im Katastrophen- oder Kriegsfall vorgesehen wird, erscheint das Gesetz als ausreichend bestimmt. Welche Personen von der Dienstpflicht betroffen werden, ist klar umschrieben. Soweit möglich werden in § 31 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 2 und 3 ZKG auch die Voraussetzungen für ein Aufgebot genannt, nämlich, dass ein Sonderereignis eintrete, dessen Auswirkungen oder mögliche Bedrohung die Mittel der vorhandenen Rettungsorganisationen übersteigen, oder dass sich der Neutralitätsschutz-, Verteidigungs- oder Besetzungsfall ergebe. Weitere Angaben über Inhalt und Umfang des Ernstfall-Einsatzes können nicht verlangt werden; dieser richtet sich grundsätzlich nach den Bedürfnissen, die nicht vorhersehbar sind. In Krisen- und Notzeiten, wie sie in §§ 2 und 3 ZKG umschrieben sind, muss der Staat sämtliche zum Über- und Weiterleben erforderlichen materiellen und personellen Mittel grundsätzlich unbeschränkt einsetzen können und ist den Behörden, die den wechselnden Bedrohungen rasch und wirksam entgegenzutreten haben, die nötige Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu belassen. Insoweit kann sich der kantonale Gesetzgeber sinngemäss auf den in § 15 Abs. 2 Satz 2 KV enthaltenen Vorbehalt berufen.
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Anders liegen die Dinge bei der Ausbildungspflicht (§ 31 Abs. 2 ZKG). Welche Belastung sie für die Betroffenen mit sich bringt, kann ohne weiteres vorausgesehen werden und ist, wie dargelegt, in den Grundzügen im Gesetz selber zu umschreiben. Dabei fallen Angaben über Altersgrenzen, Tauglichkeitsanforderungen, Ausbildungsdauer, Befreiungs- und Dispensationsmöglichkeiten usw. in Betracht, ähnlich wie sie etwa im Bundesgesetz über den Zivilschutz enthalten sind (vgl. insbesondere Art. 34 und 43). Jedenfalls sollen sich die Verpflichteten aufgrund des Gesetzes selbst ein grobes Bild darüber machen können, inwieweit ihre persönliche Freiheit eingeschränkt wird. Da § 31 Abs. 2 ZKG, wie die Beschwerdeführerinnen zu Recht beanstanden, nichts über den wesentlichen Inhalt des durch die Ausbildungspflicht begründeten ![]() ![]() | 63 |
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Wie bereits dargelegt, hat gemäss § 63 Abs. 1 KV der Landrat alle grundlegenden und wichtigen Bestimmungen in der Form des Gesetzes zu erlassen und darf nach § 36 Abs. 1 KV die Befugnis zu deren Erlass nicht auf andere Organe übertragen werden. In der Form des Dekretes - das der Volksabstimmung nicht unterliegt - darf der Landrat nur ausführende Bestimmungen erlassen, soweit ein Gesetz ausdrücklich dazu ermächtigt (§ 63 Abs. 3 KV). Dem vom demokratischen Gedanken geprägten Gebot, alles Grundlegende und Wesentliche auf Gesetzesstufe und nicht auf einer anderen Ebene zu regeln, hätte auch bei der Einführung der umstrittenen obligatorischen Ausbildungspflicht nachgelebt werden sollen. Die Existenz einer Delegationsnorm vermag daher nichts daran zu ändern, dass die rudimentäre Bestimmung von § 31 Abs. 2 ZKG für die vorgesehene Beschränkung der persönlichen Freiheit keine genügende gesetzliche Grundlage bildet. Die Beschwerde muss deshalb teilweise gutgeheissen und § 31 Abs. 2 des angefochtenen Gesetzes aufgehoben werden.
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Erwägung 8 | |
8.- Schliesslich bringen die Beschwerdeführerinnen vor, das durch § 31 ZKG eingeführte Dienst- und Ausbildungsobligatorium sei unverhältnismässig, weil nicht erwiesen sei, dass das ![]() ![]() | 66 |
Zu diesem Vorwurf hat der Regierungsrat in der Vernehmlassung ausgeführt, der Kanton Basel-Landschaft verfüge in den Kantonsspitälern Liestal und Bruderholz über 949 Betten, die beispielsweise im Jahre 1986 durch rund 18 500 Patienten belegt worden seien. Aufgrund vertraglicher Abmachungen nehme zudem der Kanton Basel-Stadt jährlich etwa 4000 Patienten aus dem Kanton Basel-Landschaft auf. Diese Hospitalisationsmöglichkeit im Nachbarkanton könne bei grossen Katastrophen wegfallen. Bei Aufgebot der Armee und des Zivilschutzes reduziere sich die Zahl des noch zur Verfügung stehenden Spitalpersonals auf 60%. Auch sei im Kriegsfall der Einsatz der Ausländer nicht mehr gesichert. Bei kriegerischen Ereignissen habe aber der Kanton zusätzliche geschützte Operationsstellen und Notspitäler für weitere 1500 Patienten zu betreiben und stünde nur Spitalpersonal für 1000 Betten zur Verfügung.
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Aus diesen Zahlen ergibt sich klar, dass im Kanton Basel-Landschaft im Katastrophen- oder Kriegsfall ein zusätzlicher Bedarf an Spitalpersonal entsteht, der nur durch Beizug von nicht bereits dienstpflichtigem Fachpersonal gedeckt werden kann. Diese Notwendigkeit wird von den Beschwerdeführerinnen auch nicht bestritten, doch machen sie geltend, es gebe genügend Freiwillige, die bei Katastrophen zum Einsatz gelangen könnten.
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Es mag sein und ist sogar anzunehmen, dass sich im Katastrophenfall oder bei Hereinbrechen kriegerischer Ereignisse viele Freiwillige, vor allem Frauen, zur Mithilfe im Spitaldienst oder auf anderen Gebieten bereit erklären. Diese Hilfe wird jedoch in vielen Fällen mangels rechtzeitiger Organisation und genügender Ausbildung zu spät kommen oder nur von beschränkter Wirkung sein. Selbst Personen, die bereits in Spitälern arbeiten oder gearbeitet haben, müssen auf ihren Einsatz in Notzeiten vorbereitet werden, da im Kriegsfall andere Arbeitsbedingungen herrschen. So wird in engen, teils unterirdischen Einrichtungen im 24-Stunden-Betrieb mit anderem Material und nur einem beschränkten Angebot an Mitteln gearbeitet werden müssen. Zudem ist, um einer möglichst grossen Zahl von Patienten das Überleben zu gestatten, eine ![]() ![]() | 69 |
Erwägung 9 | |
9.- Zusammenfassend ergibt sich, dass die Schaffung einer Ausbildungs- und Dienstpflicht im genannten Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes im Kanton Basel-Landschaft an sich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Indessen hält § 31 Abs. 2 des angefochtenen Gesetzes mangels jeglicher Umschreibung der Ausbildungspflicht vor dem Legalitätsprinzip nicht stand und muss daher aufgehoben werden. ![]() | 70 |
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