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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: Rainer M. Christmann, A. Tschentscher | |||
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GG Art. 2 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1; StPO §§ 100a, 100b, 136a |
2. Strafsenat |
Urteil |
vom 8. Oktober 1993 g.S.u.a. |
- 2 StR 400/93 - |
Landgericht Frankfurt/Main |
Aus den Gründen: | |
Das Landgericht hat im wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt:
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Am Abend des 25. Februar 1992 erschienen die beiden Angeklagten S. und E. bei F. und begehrten Einlaß. Als dieser die Tür ![]() ![]() | 2 |
Die Beschwerdeführer beanstanden, daß sich das Landgericht die Überzeugung von ihrer Täterschaft und vom Tathergang unter Verwertung eines Telefongespräches verschafft hat das von der Zeugin G. mit S. geführt und ohne dessen Wissen von einem Kriminalbeamten mitgehört worden ist.
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Dem liegt folgender Vorgang zugrunde: Der Zeuge F. hatte nach der Tat stark verängstigt bei der Zeugin G. angerufen und ihr von dem Vorfall berichtet. Tags darauf rief er auch bei der Kriminalpolizei an, fragte nach der Bearbeitung einer früheren Anzeige, bei deren Erstattung er und die Zeugin G. vergeblich um Personenschutz gebeten hatten, und schilderte sodann das Geschehen vom Vortag. Daraufhin wurde er zusammen mit der Zeugin G. für den folgenden Tag zur Vernehmung bestellt, die an diesem Tage, dem 27. Februar 1992, auch stattfand. Etwa zeitgleich wurde die Zeugin G. von dem Kriminalbeamten M. zu dem früheren Vorfall gehört. Im Anschluß an diese Vernehmung forderte der Kriminalbeamte M. die Zeugin G. auf, bei S. anzurufen und ihn auf den Überfall anzusprechen. Die Zeugin erklärte sich dazu bereit und war auch damit einverstanden, daß M. das Telefonat über einen Zweithörer mitverfolgte. Sie rief S. an und fragte ihn, wieso er von F. 20.000 DM fordere. S. erklärte ![]() ![]() | 4 |
Der Kriminalbeamte M. fertigte über das mitgehörte Gespräch einen Vermerk. F. hielt sich in den folgenden Wochen nicht in seiner Wohnung auf. An dem Tag, an dem er zahlen sollte, gingen auf seinem Anrufbeantworter drei Anrufe ein, mit denen die Angeklagten ihn unter Drohungen und Beschimpfungen aufforderten, sich zu melden. Daraufhin erließ das Amtsgericht Haftbefehl gegen die Angeklagten. F., der bis zur Tat - ebenso wie die Angeklagten - im Frankfurter Bordellmilleu gelebt hatte, gab aus Angst seine bisherige Wohnung auf und zog in einen anderen Stadtteil.
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Das Landgericht hat in der Hauptverhandlung den Kriminalbeamten M. als Zeugen gehört; es mißt dem von ihm geschilderten Telefongespräch bei der Beweiswürdigung entscheidende Bedeutung bei. Der Verwertung des Telefonats - so führt es in den Gründen des Urteils aus - stehe ein Verbot nicht entgegen; der Kriminalbeamte M. habe mit Zustimmung der Zeugin G. im Zuge der Ermittlungen wegen einer noch andauernden (versuchten) Erpressung gehandelt, ohne an der Rechtmäßigkeit seines Tuns zu zweifeln.
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Die hiergegen erhobene Rüge der Beschwerdeführer ist unbegründet. Mit Recht hat das Landgericht den Kriminalbeamten M. als Zeugen über den Inhalt des Telefongesprächs vernommen und dessen Aussage über die dabei von S. abgegebenen Erklärungen seiner Überzeugungsbildung zugrundegelegt. Das Telefonat, das den Gegenstand der Vernehmung bildete, unterlag keinem Beweisverwertungsverbot. Die gegenteilige Auffassung der Beschwerdeführer beruht auf der Annahme, der Zeuge habe sich die Kenntnis vom Inhalt des Telefonats in rechtswidriger Weise verschafft. Dies trifft indessen nicht zu. ![]() | 7 |
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a) Ein Verstoß gegen die Bestimmungen der §§ 100a, 100b StPO liegt darin nicht.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Frage, ob das bloße Mithören am Telefonhörer eine Überwachung des Fernmeldeverkehrs im Sinne dieser Vorschriften darstellen kann, unentschieden gelassen (BGH bei Holtz MDR 1989, 860 f.). Der erkennende Senat verneint sie für den Fall, daß der Mithörer im Einverständnis mit dem Anschlußbenutzer handelt. Hört ein Polizeibeamter das Telefongespräch mit, so finden die §§ 100a, 100b StPO selbst dann keine Anwendung, wenn dies ohne Wissen des Gesprächspartners geschieht und der Aufklärung einer Straftat dient; einer richterlichen oder staatsanwaltlichen Anordnung bedarf es dazu nicht (so auch OLG Hamm NStZ 1988, 515; Kleinknecht/Meyer, StPO 41. Aufl. § 100a Rn. 1 und Krey, Strafverfahrensrecht II Rn. 472). Dies ist zwar nicht unbestritten (a.A. Amelung NStZ 1988, 515; Krehl StV 1988, 376; Laufhütte in KK 2. Aufl. § 100a Rn. 5; wohl auch Nack in KK 3. Aufl. 100a Rn. 5; G. Schäfer in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. 100a Rn. 9a; Roxin, Strafverfahrensrecht 23. Aufl. S. 249 Rn. 33), ergibt sich aber aus folgenden Überlegungen:
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aa) Die §§ 100a, 100b StPO enthalten auf dem Gebiete des Strafverfahrens die von der Verfassung geforderte Gesetzesgrundlage für Eingriffe der öffentlichen Gewalt in das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1, 2 GG, Art. 3 § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses vom 13. August 1968, BGBl I 949). Sie gelten mithin auch nur für Eingriffe in den Schutzbereich dieses Grundrechts (vgl. BGHSt 34, 39 [50]). Diese Voraussetzung aber fehlt. Ein Polizeibeamter, der mit Erlaubnis des Anschlußbenutzers dessen Telefongespräch mithört, greift damit nicht in das dem anderen Teil ![]() ![]() | 11 |
Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt, insbesondere der Post und anderer staatlicher Stellen (BVerfGE 67, 157 [172]; 85, 386 [395 ff.]; OLG Köln NJW 1970, 1856; Jarass/Pieroth, GG 2. Aufl. Art. 10 Rn. 9; Löwer in v.Münch/Kunig, GG 4. Aufl. Art. 10 Rn. 12) bezieht sich auf den gesamten Fernmeldeverkehr, namentlich auf den Fernsprechverkehr und damit vor allem auf Telefongespräche; soweit dadurch Kommunikationsvorgänge und -inhalte geschützt sind, besteht die Schutzwirkung darin, daß Geheimhaltung gewährleistet, Vertraulichkeit verbürgt und insoweit die Privatsphäre der Beteiligten nach außen hin abgeschirmt wird (BVerfGE 85, 386 [395 ff.]; BVerwG ZBR 1984, 156 f.; vgl. auch Jarass/Pieroth a.a.O. Rn. 5; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG 7. Aufl. Art. 10 Rn. 6 und Schuppert in AK-GG, 2. Aufl. Art. 10 Rn. 24). Gegenstand dieses Schutzes ist die Kommunikation aber stets nur in der Form, die ihr von den Beteiligten selber gegeben wird. Wie sie die Kommunikation einrichten und ausgestalten, bleibt ihnen überlassen. Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses reicht über den von den Beteiligten bestimmten und ihrer Disposition unterliegenden Geheimnisbereich nicht hinaus. Die grundrechtliche Gewährleistung dieses Geheimnisses beschränkt daher keinen der Kommunikationsbeteiligten in seinem Recht, allein zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er die Kommunikation geschlossen halten oder einem Dritten zugänglich machen will. Dessen Beteiligung ist kein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis. Das gilt auch dann, wenn der Dritte ohne Wissen und Wollen des anderen Kommunikationspartners beteiligt wird. Ob und gegebenenfalls wann die dem Partner verheimlichte Einbeziehung eines Dritten unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten unzulässig sein kann, ist in diesem Zusammenhang nicht zu erörtern. Das Fernmeldegeheimnis jedenfalls verwehrt es keinem der Gesprächspartner, auf seiner Seite, auch ohne Einverständnis des Partners, einen Dritten in den Kommunikationsvorgang einzubeziehen, ihn aktiv oder auch passiv daran teilhaben zu lassen, insbesondere ihm die Möglichkeit zu eröffnen, sein Telefongespräch mittels einer der ![]() ![]() | 12 |
Dies folgt daraus, daß - wie allgemein anerkannt ist - das Fernmeldegeheimnis zwischen den Kommunikationspartnern nicht gilt (BVerfG a.a.O.; BVerwG a.a.O.; BayObLGSt 1974, 30 f.; Jarass/Pieroth a.a.O. Rn. 7a). Es begründet in ihrem Verhältnis zueinander keine Ansprüche auf Vertraulichkeit oder Geheimhaltung. Es schützt keinen Beteiligten vor Handlungen, mit denen der andere den sonst geschlossenen Bereich ihrer Kommunikation öffnet. So hindert es keinen der Partner daran, Außenstehende, auch ohne Einverständnis des jeweils anderen Teilnehmers, vom Inhalt der Kommunikation, namentlich eines zwischen ihnen geführten Telefongesprächs zu unterrichten (BVerfG, BayObLG, jeweils a.a.O.; OLG Hamm NStZ 1988, 515). Freilich besteht zwischen der nachträglichen Unterrichtung vom Inhalt eines bereits beendeten Telefonats und der Beteiligung eines Mithörers am Gespräch selbst ein nicht zu leugnender Unterschied. Doch sind die Übergänge fließend. Dabei kann es nicht darauf ankommen, wie der Gesprächsteilnehmer die Äußerungen des Partners dem Dritten zur Kenntnis bringt, ob er sie ihm nach dem Gespräch mitteilt oder noch während des Gesprächs vernehmbar macht, sei es, daß er sie sogleich wörtlich nachspricht oder sinngemäß wiederholt, sei es, daß er einen in das Gerät eingebauten Lautsprecher einschaltet oder den Dritten am selben Hörer, über einen Zweithörer oder eine Nebenstellenanlage mithören läßt. Soweit dadurch Geheimhaltungsinteressen des davon nicht unterrichteten Gesprächspartners berührt werden, gilt dies für alle genannten Fallvarianten in gleicher Weise.
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Steht es hiernach jedem Fernsprechteilnehmer frei, einem Dritten das Mithören seines Gesprächs zu gestatten, ohne daß dadurch das Fernmeldegeheimnis verletzt wird, dann macht es auch keinen Unterschied, ob dieser Dritte eine Privatperson oder ein Polizeibeamter ist. Darf der Teilnehmer eine Privatperson in sein Telefongespräch einbeziehen, so ist er auch berechtigt, einen Polizeibeamten am Gespräch zu beteiligen. Daraus folgt aber, daß ein Polizeibeamter, der von einer Erlaubnis des Fernsprechteilnehmers zum Mithören seines Gespräches ![]() ![]() | 14 |
bb) Der hier vertretenen Auffassung steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erfassung von Fernsprechdaten mittels Fangschaltungen und Zählervergleichseinrichtungen durch die Post (BVerfGE 85, 386; dazu GusyJZ 1992,1015; Schatzschneider NJW 1993, 2029; vgl. zu Zählervergleichseinrichtungen auch BGHSt 35, 32) nicht entgegen. Danach greift eine solche Erfassung in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG ein und bedarf daher einer gesetzlichen Grundlage. Das Bundesverfassungsgericht hat sich dabei auf den Standpunkt gestellt, daß zur Rechtfertigung eines solchen Eingriffs die Einwilligung des Teilnehmers, der ihn beantragt habe, nicht ausreiche (ebenso: Amelung/Pauli MDR 1980, 801; Gusy JuS 1986, 95; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 24. Aufl. § 354 Rn. 12; Samson in SK-StGB 29. Lfg. § 354 Rn. 30; Schuppert in AK-GG 2. Aufl. Art. 10 Rn. 71; Niggl, Deutsches Postrecht ![]() ![]() | 15 |
Diese Ausführungen geben zu einer abweichenden Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts keinen Anlaß; denn es handelt sich hier um eine - in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht - wesentlich andere Konstellation. Der entscheidende Unterschied besteht darin, daß die Post durch Anbringung einer Fangschaltung oder Zählervergleichseinrichtung, also eine Maßnahme, die nur sie selbst treffen kann, die Identität des Anrufers und damit einen Umstand aufdeckt, den dieser gerade nicht in die Kommunikation einbringt, sondern vor dem Partner geheimhält. Demgegenüber macht der Mithörer von einer Möglichkeit Gebrauch, die ihm von einem der Kommunikationsbeteiligten eingeräumt wird, und erfährt dadurch nur das, was beide Partner in ihre Kommunikation einbringen. Dieser Unterschied wird nicht etwa - wie der Verteidiger in der Revisionsverhandlung gemeint hat - dadurch ausgeglichen, daß es in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall nur um die Identität des Anrufers, also einen Einzelumstand der Kommunikation, ging, während hier der gesamte Kommunikationsinhalt in Rede steht und der Mithörer, der sich davon Kenntnis verschafft, die Geheimhaltungsinteressen des anderen Gesprächspartners in dementsprechend stärkerem Maße beeinträchtigt. Dieser Erwägung, die - für sich genommen - zutreffend ist, kommt entscheidende Bedeutung deshalb nicht zu, weil die Schutzwirkung, die das Fernmeldegeheimnis für Einzelumstände der Kommunikation und für deren Inhalt entfaltet, die gleiche ist und durch eine rechtswirksame Einwilligung in ihrem gesamten Umfang beseitigt wird. Nach alledem liegt kein Widerspruch darin, einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis bei ![]() ![]() | 16 |
cc) Diese Auffassung seiner Entscheidung zugrundezulegen, sieht sich der Senat auch durch das in BGHSt 31, 304 abgedruckte Urteil des 4. Strafsenats nicht gehindert. Im dort entschiedenen Fall ist der Inhalt eines von der Polizei auf Tonband aufgenommenen Telefonats, das ein V-Mann mit dem Tatverdächtigen geführt hatte, für unverwertbar erklärt worden. Der 4. Strafsenat hat seine Entscheidung darauf gestützt, daß die Gesprächsaufzeichnung gegen § 201 Abs. 1 StGB verstieß. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
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b) Scheidet hiernach eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses aus, so bedarf es der weiteren Prüfung, ob das - darüber hinausreichende - Persönlichkeitsrecht des Angeklagten S. (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) dadurch beeinträchtigt worden ist, daß ein Polizeibeamter sein Telefongespräch mit der Zeugin G. heimlich mitgehört hat. Dies ist jedoch ebenfalls zu verneinen.
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aa) Das Verhalten des Polizeibeamten verstieß insbesondere nicht gegen § 201 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Nach diesem Vergehenstatbestand, der mit der Vertraulichkeit des Wortes einen Ausschnitt des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs schützt, wird bestraft, wer unbefugt das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört. Zu den Abhörgeräten in diesem Sinne zählen übliche und von der Post zugelassene Mithöreinrichtungen nicht. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsauffassung an, die der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vertreten und insbesondere unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift überzeugend begründet hat (BGH NJW 1982, 1397; ebenso: LG Regensburg NStZ 1983, 366; Lackner, StGB 20. Aufl. § 201 Rn. 5; Dreher/Tröndle, StGB 46. Aufl. § 201 Rn. 5; Samson in SK-StGB 24. Lfg. § 201 Rn. 18; Träger in LK 10. Aufl. § 201 Rn. 20; a.A.: LAG Berlin JZ 1982,258; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 24. Aufl. § 201 Rn. 19).
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Auch außerhalb des Straftatbestands ist eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht gegeben. Wie der VIII. Zivilsenat in der zitierten Entscheidung bereits 1982 ausgeführt hat, muß ![]() ![]() | 20 |
Daß im vorliegenden Fall der verwendete Zweithörer nicht zu einem Privatanschluß, sondern zur Fernsprechanlage einer Behörde gehörte, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht. Unerheblich ist auch, daß der Mithörer hier keine Privatperson, sondern ein Polizeibeamter war, der in einer Strafsache zu ermitteln hatte. Denn unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsrechts und des Schutzes der Privatsphäre kommt es lediglich darauf an, daß der Fernsprechteilnehmer überhaupt mit dem Vorhandensein und der Benutzung einer Mithöreinrichtung rechnen muß. Wenn das Mithören eines Telefongesprächs durch eine Privatperson das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners unberührt läßt, dann kann für das gleiche Handeln eines Polizeibeamten, selbst wenn es der Aufklärung einer Straftat zu dienen bestimmt ist, nichts anderes gelten. Aus dem nämlichen Grund liegt darin gegenüber dem Gesprächspartner des Anschlußbenutzers auch kein polizeilicher "Informationsein ![]() ![]() | 21 |
Für die Annahme einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts bleibt hiernach nur Raum, wenn das Verhalten des Teilnehmers, der einen Dritten mithören läßt, auf Täuschung angelegt ist, der Inhalt des Gespräches vertraulichen Charakter hat oder - soweit dies nicht zutrifft - der Gesprächspartner ausdrücklich erklärt, daß er Wert auf Vertraulichkeit lege (BGH a.a.O. BGH WM 1985, 1481 f.; für geschäftliche Gespräche. BGH NJW 1964, 165; OLG Bremen GA 1959, 308 mit Anm. Kretzschmar BB 1959, 829; einen Täuschungsfall betraf BAG BB 1983, 1727 mit zust. Anm. Schlund ebenda; zur Zulässigkeit heimlichen Mithörens allgemein: ders. BB 1976, 1491 und Kretzschmar BB 1959, 1068). So verhielt es sich aber nicht. Die Zeugin G. hat den Angeklagten S. nicht getäuscht, insbesondere auch nicht darüber, daß eine Mithörvorrichtung verwendet werde; auch insoweit hat sie keine Fehlvorstellung bei dem Angeklagten erweckt, sondern lediglich den Umstand ausgenutzt, daß dieser sich der Beteiligung eines Mithörers nicht versah. Ebensowenig war das Gespräch seinem Inhalte nach vertraulich, zumal es die Berechtigung einer Geldforderung gegen eine am Gespräch selbst nicht beteiligte Person zum Gegenstand hatte. Ungeachtet seines persönlichen Hintergrunds diente es aus der Sicht des Angeklagten S. eher der Erörterung einer "geschäftlichen" Angelegenheit. Schließlich hat der Angeklagte S. der Zeugin G. auch nicht etwa zu erkennen gegeben, daß er das Gespräch vertraulich behandelt wissen wollte, was - wenn ihm daran gelegen gewesen wäre -- um so näher gelegen hätte, als er davon ausgehen mußte, daß die Zeugin ihrem Bekannten als dem eigentlichen Betroffenen davon berichten werde.
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bb) Die hier zugrundegelegte Rechtsauffassung, nach der ein vom Anschlußbenutzer gestattetes Mithören des Telefongesprächs den anderen Teilnehmer regelmäßig nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, steht nicht in Widerspruch zu der in BGHSt 34, 39 veröffentlichten Entscheidung des 3. Strafsenats. ![]() ![]() | 23 |
c) Schließlich verstößt es auch nicht gegen die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens, etwa das Gebot des fairen Verfahrens, den Rechtsgedanken des § 136a StPO oder das Schweigerecht des Beschuldigten, daß der Polizeibeamte M. die Zeugin G. zu einem Telefongespräch mit S. veranlaßt und dieses Gespräch in ihrem Einverständnis mitgehört hat.
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Freilich handelte es sich dabei um ein "verdecktes" polizeiliches Vorgehen, das darauf angelegt war, die Beteiligung der Polizei dem Tatverdächtigen gegenüber zu verheimlichen, um damit ein Beweismittel gegen ihn zu schaffen. Die Heimlichkeit polizeilicher Initiative und Mitwirkung ist jedoch kein Umstand, der für sich allein schon die Unzulässigkeit eines solchen Verfahrens begründet. Weder rechtsstaatliche Grundsätze noch strafprozessuale Bestimmungen schließen es aus, im Rahmen der Aufklärung von Straftaten Methoden und Mittel anzuwenden, deren Gebrauch für den Tatverdächtigen nicht als polizeiliches Handeln erkennbar ist (ähnlich Rogall JZ 1987, 850). Ob es - wie das Schrifttum teilweise annimmt (Weßlau a.a.O. S. 204 ff. m.w.N.) - einen "Grundsatz der Offenheit staatlichen Handelns" gibt, kann dahingestellt bleiben, da er jedenfalls für diesen Bereich ![]() ![]() | 25 |
Dies war jedoch hier nicht der Fall. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil das heimliche Vorgehen der Polizei im vorliegenden Fall einer Beschuldigtenvernehmung (§§ 136, 163a StPO) insoweit ähnelte, als auch dabei ein Tatverdächtiger - freilich durch eine Privatperson im Rahmen eines privaten Gesprächs - zum Tatvorwurf befragt worden ist und ein polizeilicher Ermittlungsbeamter seine Äußerungen unmittelbar zur Kenntnis genommen hat. Die Freiheit des Beschuldigten, sich zum Vorwurf zu äußern oder zu schweigen (nemo-tenetur-Grundsatz, vgl. § 136 Abs. 1 Satz 2, § 163a Abs. 3 Satz 2 StPO), wurde dadurch nicht berührt. Wer sich einer Privatperson gegenüber zum Tatvorwurf äußert, kann über die Freiwilligkeit dieses Tuns nicht im Zweifel sein, ebensowenig darüber, daß alles, was er dieser berichtet, verwertet werden darf, falls es zu einem Strafverfahren gegen ihn kommt und der andere in diesem Verfahren als Zeuge aussagen muß. Bei dem hier in Rede stehenden Vorgang ist auch die freie Willensentschließung und -betätigung des tatverdächtigen S. nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt worden; denn die Äußerungen S.s sind nicht unter Verwendung verbotener Mittel herbeigeführt worden. ![]() ![]() | 26 |
Der Polizeibeamte ist S. gegenüber nicht in Erscheinung getreten. Der Anruf der Zeugin G. enthielt auch nicht etwa die konkludente Erklärung, das Gespräch werde nicht, insbesondere nicht durch einen Polizeibeamten mitverfolgt. Vielmehr hat sie diesen Umstand lediglich verschwiegen. Das bloße Verschweigen einer Tatsache steht jedoch - soweit keine Rechtspflicht zur Offenbarung gegeben ist - einer bewußt wahrheitswidrigen Behauptung nicht gleich (Kleinknecht/Meyer, StPO 41. Aufl. § 136a Rn. 16; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 136a Rn. 36 f.); eine Täuschung liegt nicht schon darin, daß der Betroffene über einen Umstand im unklaren gelassen wird (BGHR StPO § 136a Abs. 1 Täuschung 4). Das gilt auch insoweit, als bei einer "verdeckten" Ermittlungsmaßnahme die Tatsache der polizeilichen Initiative und Beteiligung verschwiegen wird (vgl. BGHSt 33, 217 [223]; Rogall in SK-StPO 2. Aufbau-Lfg. § 136a Rn. 57; so wohl auch Weßlau a.a.O. S. 220). Die Zeugen M. und G. haben einen Irrtum des S. hierüber nicht erst hervorgerufen ("erregt") oder seine Aufklärung unterbunden ("unterhalten"), sondern sich lediglich den unabhängig von ihrem Tun gegebenen Umstand zunutze gemacht, daß S. allgemein die Möglichkeit eines polizeilichen Mithörens bei privaten Telefongesprächen nicht in Betracht zog und daher auch bei dem hier in Rede stehenden Telefonat keinen entsprechenden Argwohn hegte. Die Ausnutzung eines bereits bestehenden Irrtums stellt jedoch keine Täuschung im Sinne des § 136a StPO dar (Hanack a.a.O. Rn. 38), sondern unterfällt dem Begriff der auch nach dieser Bestimmung erlaubten List (vgl. BGHSt 35, 328 f.; BGHR StPO § 136a Abs. 1 Täuschung 5).
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Der im Schrifttum vertretenen Auffassung, daß die Verwendung einer "Hörfalle" stets (also nicht nur unter den Voraussetzungen einer Täuschung) unzulässig sei (vgl. dazu Kleinknecht/Meyer a.a.O. Rn. 4; Boujong in KK 3. Aufl. § 136a Rn. 6; ![]() ![]() ![]() | 28 |
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