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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Brian Valerius, A. Tschentscher | |||
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StPO §§ 33 a, 304, 311 a, 359 ff. |
2. Strafsenat |
Beschluss |
vom 19. März 1999 g.F. |
- 2 ARs 109/99 - |
Oberlandesgericht Stuttgart |
Aus den Gründen: | |
Der Angeklagte ist durch das Landgericht Mannheim wegen Betrugs und anderer Delikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Seine Revision hat der Bundesgerichtshof verworfen. Sein erster Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde vom Landgericht Stuttgart als unzulässig und seine sofortige Beschwerde vom Oberlandesgericht Stuttgart als unbegründet verworfen. Auch sein zweiter Wiederaufnahmeantrag wurde ![]() ![]() | 1 |
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2. Das Rechtsmittel ist auch nicht als sogenannte außerordentliche Beschwerde zulässig.
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Die für das Zivilprozeßrecht (vgl. hierzu u.a. BGHZ 109, 41, 43; BGH NJW 1993, 135 und 1865 jeweils m.w.N.) entwickelte Rechtsprechung zur Zulässigkeit eines außerordentlichen Rechtsmittels wegen "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" der angefochtenen (rechtskräftigen) Entscheidung (kritisch hierzu Lotz NJW 1996, 2130 m.w.N.) ist nicht auf das Strafprozeßrecht zu übertragen.
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Im Strafverfahren ist eine außerordentliche Beschwerde nicht anzuerkennen.
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Formelle Rechtskraft dient der Rechtssicherheit. Diese kann in Widerspruch zur Gerechtigkeit im Einzelfall geraten. Beide Prinzipien werden aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet (vgl. hierzu auch BVerfG MDR 1975, 468, 469) und haben daher Verfassungsrang. Zwischen der Rechtskraft, die Rechtsfrieden und Rechtssicherheit garantiert, und dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit bedarf es eines Ausgleichs. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, daß der Gesetzgeber nicht willkürlich handelt, wenn er dem Grundsatz der Rechtssicherheit den Vorrang gibt (vgl. BVerfGE 19, 150, 166). Denn die Gewährleistung der Rechtssicherheit bildet einen wesentlichen Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (BVerfG a.a.O.). Beständigkeit und Rechtskraft ist die Regel, ihre Beschränkung zugunsten der Gerechtigkeit die Ausnahme (vgl. Schmidt in KK 4. Aufl. Rdn. 4 vor § 359). Durchbrechungen des Grundsatzes der Rechtssicherheit bedürfen daher besonderer Rechtfertigung. ![]() | 6 |
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Hierbei ist zunächst das Wiederaufnahmeverfahren zu sehen, das in Ausnahmefällen auch für Entscheidungen durch Beschluß entsprechende Anwendung finden kann (vgl. BGH MDR 1985, 447, 448; Schmidt a.a.O. Rdn. 14 vor § 359). Im vorliegenden Fall wurde gerade ein Wiederaufnahmeverfahren durchgeführt. Beim Wiederaufnahmeverfahren handelt es sich bereits um einen außerordentlichen Rechtsbehelf, dessen Anwendungsbereich im Interesse der Rechtssicherheit auf solche Fälle beschränkt bleiben muß, in denen die Fehlerhaftigkeit des Urteils ein unerträgliches Maß erreicht. Eine Erweiterung der Überprüfungsmöglichkeit ist nicht geboten. Hierbei ist zu sehen, daß nach der Strafprozeßordnung die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens erheblich leichter erreicht werden kann als im Zivilprozeß. Das belegt ein Vergleich von § 359 Nr. 5 StPO und § 362 Nr. 4 StPO mit § 580 Nr. 7 ZPO. Der Restitutionsklage kommt auch nur Hilfsnatur zu (§ 582 ZPO), wohingegen Tatsachen "neu" im Sinne des § 359 Abs. 5 StPO selbst dann sind, wenn sie der Verurteilte gekannt hat (vgl. u.a. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. Rdn. 30 zu § 359). Darüber hinaus können offensichtliche Unbilligkeiten im Gnadenrecht berücksichtigt werden.
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Auch für das hier gegebene Beschlußverfahren gilt, daß die Möglichkeiten der Überprüfung rechtskräftiger Entscheidungen im Gesetz abschließend und anders als im Zivilrecht geregelt sind. Für das Nachholen des rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren sieht § 311 a StPO ein Nachverfahren vor.
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Im übrigen können offensichtliche Versehen im Rahmen des § 33 a StPO oder in entsprechender Anwendung von § 33 a StPO (vgl. hierzu BGHR StPO § 33 a Satz 1 Anhörung 4 und Senatsbeschluß vom 29. Oktober 1997 - 2 StR 532/97) korrigiert werden. Dies gilt nicht nur für die Nachholung des rechtlichen Gehörs und die Form der Entscheidung (vgl. ![]() ![]() ![]() | 10 |
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