Beschluß | |
des Ersten Senats vom 2. Oktober 1973
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– 1 BvR 459, 477/72 – | |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Landwirts Ludwig L..., 2. des Landwirts Georg H... – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Benno Thomas, Bielefeld, Friedrich-Verleger-Straße 16 – 1 BvR 459/72 –; 3. des Kaufmanns Günter B..., 4. der Firma Edmund M.. , Inhaber Hubert St..., 5. der Firma Samen-E..., vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter Josef C..., – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Hugo Thielmann, Köln 1, Breite Straße 106 – 1 BvR 477/72 – gegen § 3 Nr. 9 des Tierschutzgesetzes vom 24. Juli 1972 (BGBl. I S. 1277).
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Entscheidungsformel: | |
1. § 3 Nummer 9 des Tierschutzgesetzes vom 24. Juli 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 1277) verstößt gegen Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist nichtig.
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2. § 3 Nummer 9 des Tierschutzgesetzes vom 24. Juli 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 1277) verletzt das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes.
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3. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen das Verbot der Nachnahmeversendung von Tieren.
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I.
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1. Das Tierschutzgesetz – im folgenden TierSchG – vom 24. Juli 1972 (BGBl. I S. 1277) spricht in § 1 den Grundsatz aus, daß niemand "einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen" darf. Im einzelnen enthält das Gesetz Vorschriften über Haltung, Betreuung und Tötung von Tieren, über Eingriffe und Versuche an Tieren sowie über den Tierhandel. Im Abschnitt über die Tierhaltung werden in § 3 verschiedene Verbotstatbestände aufgestellt, deren Übertretung gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 4 als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Die von den Beschwerdeführern angegriffene Bestimmung lautet:
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§ 3
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Es ist verboten, ... 9. ein Tier mit Nachnahme zu versenden. | |
2. Zur Regelung des Tiertransportes wird der zuständige Bundesminister in § 13 Abs. 3 TierSchG ermächtigt, "im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zum Schutz der Tiere bei der Beförderung im Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Luftverkehr zu erlassen, insbesondere Vorschriften über die Verladung, Entladung, Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Tiere". Zuwiderhandlungen gegen diese Rechtsverordnung gelten gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 16 ebenfalls als Ordnungswidrigkeit, soweit die Verordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
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Von dieser Ermächtigung hat der zuständige Minister bisher noch keinen Gebrauch gemacht. Nach seinen Angaben werfen die den Durchführungsverordnungen zugrunde zu legenden Mindestanforderungen des Tierschutzes zahlreiche wissenschaftliche und fachtechnische Fragen auf, mit denen sich gegenwärtig spezielle Gruppen von Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis befassen (StenBer. über die 46. Sitzung des Deutschen Bundestages – 7. Wahlperiode – vom 20. Juni 1973, S. 2724 ff.).
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Für die Beförderung von Tieren mit der Eisenbahn enthalten die §§ 48 bis 52 der Eisenbahn-Verkehrsordnung in Verbindung mit der Anlage B ("Nähere Bestimmungen über die Verladung und Beförderung von lebenden Tieren") einige Vorschriften, die eine Beschleunigung der Beförderung und Auslieferung sowie Schutz und Pflege der Tiere bezwecken oder ermöglichen. Für den Postverkehr bestimmt § 14 der Postordnung, daß lebende Tiere nur befördert werden dürfen, wenn ihre Verpackung der Empfindlichkeit des Inhalts entspricht; Paketsendungen mit lebenden Tieren sind als Schnellpakete zu versenden.
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3. Anders als das Tierschutzgesetz enthält das am 13. Dezember 1968 unterzeichnete Europäische Übereinkommen über den Schutz von Tieren beim internationalen Transport, dem der Bundestag durch Gesetz vom 12. Juli 1973 (BGBl. II S. 721) zugestimmt hat, kein Verbot der Nachnahmeversendung. Im einzelnen unterscheidet das Übereinkommen zwischen verschiedenen Tierarten. Über den Transport von Hausgeflügel heißt es in Art. 39 Abs. 3:
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Geeignetes Futter und erforderlichenfalls Wasser müssen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen außer a) bei einer Transportdauer von weniger als 12 Stunden, b) bei Küken aller Art, deren Transport weniger als 24 Stunden dauert, sofern er innerhalb von 72 Stunden nach dem Schlupf beendet ist. | |
Entsprechend bestimmt Art. 41 zum Transport von Haushunden u.a.:
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Auf dem Transport befindliche Tiere sind in Abständen von nicht mehr als 24 Stunden zu füttern und in Abständen von nicht mehr als 12 Stunden zu tränken. Klare schriftliche Anweisungen über Fütterung und Tränkung müssen beigegeben sein.
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Für die genannten und für eine Reihe anderer Tierarten schreibt das Übereinkommen generell vor, daß die Tiere so schnell wie möglich zum Bestimmungsort zu transportieren sind; Verzögerungen, besonders bei der Umladung und auf Verschiebebahnhöfen, sind auf ein Mindestmaß zu beschränken (Art. 14 in Verbindung mit Art. 38 und Art. 40 Abs. 2). Für den Transport kaltblütiger Tiere enthält das Übereinkommen lediglich folgende Regelung in Art. 46:
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Kaltblütige Tiere sind in Behältnissen und unter Bedingungen, insbesondere hinsichtlich Raum, Belüftung und Temperatur, sowie erforderlichenfalls mit so viel Wasser und Sauerstoff zu transportieren, wie für die jeweilige Art als notwendig erachtet werden. Sie sind sobald wie möglich an ihren Bestimmungsort zu transportieren.
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Ob ein Transport dem Übereinkommen entspricht, entscheiden gemäß Art. 1 Abs. 3 die zuständigen Behörden des Versandlandes. Das Bestimmungsland oder die Durchfuhrländer können aber bestreiten, daß ein bestimmter Transport dem Übereinkommen entspricht; ein solcher Transport darf jedoch nur dann aufgehalten werden, wenn dies für das Wohlbefinden der Tiere unbedingt erforderlich ist.
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II.
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1. Die Beschwerdeführer zu 1) und 2) sind Kleinbauern in Westfalen, die nach ihren Angaben ausschließlich von der Zucht von Geflügel leben, das sie per Nachnahme an andere bäuerliche Kleinbetriebe im gesamten Bundesgebiet versenden. Die Beschwerdeführer zu 3) bis 5) betreiben den Import, Export und Großhandel mit exotischen und heimischen Kleintieren, insbesondere mit Vögeln aller Art, Reptilien, Schildkröten sowie mit kleinen Säugetieren (z.B. Nasenbären, Streifenhörnchen, Meerschweinchen, Goldhamstern u.a.).
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2. Nach Meinung der Beschwerdeführer verletzt das Verbot der seit langem üblichen Nachnahmeversendung ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG. Um partiellen Mißständen im Nachnahmeversand von Hunden durch Versandhäuser an Endabnehmer abzuhelfen, habe der Gesetzgeber völlig überraschend, ohne Übergangsregelung, auf Grund unzutreffender Annahmen ohne ausreichende Feststellungen über die jahrzehntelange Praxis, ohne jede Differenzierung nach Transportfähigkeit der verschiedenen Tierarten und ohne Prüfung, ob nicht weniger einschneidende Maßnahmen genügten, ein generelles Verbot erlassen, durch das die Beschwerdeführer in ihrer beruflichen Betätigung empfindlich beeinträchtigt würden. Nach Ansicht der Beschwerdeführer zu 1) und 2) wird ferner Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil Transporte aus dem Ausland zum Nachteil der inländischen Geflügelzüchter auch weiterhin ungehindert mit Nachnahme belastet werden dürften, obgleich hier der Transport wesentlich länger dauere.
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a) Im einzelnen tragen die Beschwerdeführer zu 1) und 2) vor, der Nachnahmeversand von Geflügel habe entgegen den Unterstellungen im Gesetzgebungsverfahren zu keinen Unzuträglichkeiten geführt. Das hätten auch die zuständigen Güterabfertigungen bestätigt. Bei 2000 bis 3000 Nachnahmeversendungen, die jeder von ihnen jährlich vornehme, beliefen sich die Annahmeverweigerungen auf 0,1 bis 0,2 %. Diese beruhten darauf, daß der Kunde nicht angetroffen werde, die Anschrift nicht stimme, der Kunde sich anderweitig eingedeckt habe oder daß ihm die Tiere nicht gefielen. Aus den gleichen Gründen werde es aber auch bei einer Versendung ohne Nachnahme zu Annahmeverweigerungen kommen.
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Sämtliches Geflügel aus dem ostwestfälischen Raum werde als Expreßgut aufgegeben. Bei einem Versand am Abend könnten die Tiere bereits am nächsten Vormittag in den Empfangsgebieten sein. Der schon bei Absendung schriftlich unterrichtete Empfänger werde von der Bundesbahn meist telefonisch benachrichtigt und hole alsbald die Tiere ab. Nehme der Empfänger die Tiere nicht binnen weniger Stunden ab, werde der Versender von der Bundesbahn unverzüglich verständigt. Nach den bisherigen Erfahrungen arbeite die Bundesbahn so korrekt und schnell, daß die Tiere im zuletzt genannten Fall spätestens 48 Stunden nach Versandbeginn wieder beim Versender seien. Auf Grund der Angaben im Frachtbrief und mit dem beigegebenen Futter könnten die Tiere im Notfall von den Bediensteten der Bundesbahn versorgt werden. Im übrigen sei die Widerstandsfähigkeit des Geflügels beim Transport anerkanntermaßen gut. Es komme ohne weiteres zwei Tage lang ohne Futter und Tränkung aus; dies treffe selbst für Eintagsküken zu.
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Der Nachnahmeversand habe sich in der Geflügelbranche seit Jahrzehnten eingebürgert und sei in die Satzungen der Verbände aufgenommen worden. Sein Verbot werde den seit Generationen eigenständig gewachsenen Beruf des Geflügelversenders, zu dessen Berufsbild notwendig der Nachnahmeversand gehöre, zum Erliegen bringen. Benachteiligt würden lediglich kleinere Betriebe. Während die Großbetriebe das Geflügel mit Käfigen in die Hauptabnehmergebiete führen und dort auf Märkten und in Dörfern feilböten, ohne durch Vorschriften des Tierschutzgesetzes behindert zu werden, handele es sich bei der Kundschaft der Beschwerdeführer zumeist um verstreut gelegene kleinbäuerliche Betriebe, die von den großen Fahrversendern nicht erreicht würden. Bei dieser Kundschaft sei eine andere Versendungsart als die mit Nachnahme wirtschaftlich ausgeschlossen. Diese Kunden seien zu einer bei Tierkäufen ohnehin unüblichen Vorauszahlung nicht bereit, die zudem auch wegen der ständigen Preisschwankungen nicht in Betracht komme. Zahlreiche Bestellungen erfolgten telefonisch zu den täglich an den Geflügelbörsen notierten Preisen, namentlich dann, wenn beschleunigt Eintagsküken bei Brutausfall benötigt würden. Ein Verkauf gegen Rechnung sei schon deshalb untragbar, weil dann die kleinen Abnehmer vielfach erst nach Abschluß der Ernte zahlen würden. Die Beschwerdeführer verfügten aber nicht über entsprechende finanzielle Reserven. Zudem seien sie in ihren Kleinbetrieben, die weitgehend von Buchführungspflichten freigestellt seien, nicht in der Lage, eine kaufmännische Kraft zur Erledigung der mit einem Rechnungsversand verbundenen umfangreichen zusätzlichen Arbeiten einzustellen.
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b) Die beschwerdeführenden Großhändler zu 3) bis 5) tragen vor, sie belieferten ausschließlich Händlerkunden und zoologische Garten. Ein wesentlicher Teil des Verkaufs sei immer schon als Nachnahmeversand erfolgt, der sich zum Handelsbrauch entwickelt habe. Einzelne Mißstände hätten sich lediglich bei dem erst seit einiger Zeit begonnenen Tierversand an private Endabnehmer ergeben, nicht jedoch auf der Ebene von Groß- und Einzelhandel. Der Beschwerdeführer zu 3) habe in den Jahren 1970, 1971 und im ersten Halbjahr 1972 mehr als 10000 Nachnahmesendungen verschickt, der Beschwerdeführer zu 4) von 1971 bis Ende Juli 1972 etwa 6000 und die Beschwerdeführerin zu 5) von 1970 bis Mitte 1972 über 7000 Sendungen. Bei den Beschwerdeführern zu 3) und 4) sei es dabei nur zu je einer Rücksendung wegen Annahmeverweigerung gekommen. Die Beschwerdeführerin zu 5) könne nicht angeben, ob es überhaupt eine solche Rücksendung gegeben habe; der seit 20 Jahren auf dem Abfertigungsbahnhof tätige Beamte könne sich an einen solchen Fall nicht erinnern. In vereinzelten Fällen sei auf einen Anruf des Empfängers hin die Nachnahme aufgehoben worden. Einige Rücksendungen seien durch falsche Adressierung verursacht worden.
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Die reibungslose Abwicklung beruhe auf der besonderen Versandmethode, die bisher den Anforderungen von seiten des Tierschutzes in jeder Hinsicht gerecht geworden sei. Der Versand erfolge in auffallend gekennzeichneten Kisten mit dem Hinweis, daß sie lebende Tiere enthielten. Es werde reichlich Futter und Wasser beigegeben. Am Wochenende würden Sendungen nur auf ausdrücklichen und dringenden Wunsch der Empfänger aufgegeben, nachdem zuvor die Zugverbindung genau abgestimmt und mitgeteilt sowie außerdem geklärt worden sei, daß am Empfangsort auch an Wochenendtagen abgefertigt werde. Bei telefonischen Bestellungen werde den Kunden genau mitgeteilt, wann die Sendungen zum Versand kämen. Könnten schriftliche Bestellungen nicht unverzüglich ausgeführt werden, erhielten die Kunden telefonische oder schriftliche Nachricht und vor Absendung eine Mitteilung, so daß die Sendung den Kunden nicht unvorbereitet antreffe. Sendungen würden morgens oder mittags nur aufgegeben, wenn sie den Empfänger mit Sicherheit abends erreichten; überwiegend würden die Tiere abends verschickt und erreichten den Kunden am nächsten Morgen. Die Versandpapiere bei Nachnahme-Expreßgutsendungen enthielten darüber hinaus den Vermerk, daß bei Annahmeverweigerung und Unzustellbarkeit die Sendung sofort zurückzuschicken sei. Ein Telefonanschluß des Kunden werde auf den Versandpapieren angegeben.
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Das Nachnahmeverbot bringe für die Beschwerdeführer erhebliche wirtschaftliche Nachteile mit sich. Es sei ihnen zwar möglich, etwa Vogelarten der gehobenen Tierklasse bei zahlungskräftigen Händlern gegen Vorkasse zu liefern. Dagegen könnten sie z.B. die billigeren Vogelsorten, die sie bei den Importen stets mitbeziehen müßten, zum größten Teil nur an solche Kunden absetzen, denen die Mittel fehlten, bei den verschiedenen Großhändlern Guthaben zu unterhalten. Zudem verfügten die Beschwerdeführer über ein rasch wechselndes Angebot und hätten überwiegend kurzfristige Bestellungen auszuführen. In einem derartigen Geschäftsgang voller Zufälle und nicht vorhersehbarer Entwicklungen lasse sich eine Umstellung des jahrzehntelang bewährten Nachnahmesystems auf Vorkasse allenfalls bei Einsatz eines unverhältnismäßigen Aufwandes durchführen, den aber die Wettbewerbslage auf dem Markt nicht zulasse. Bei einem Verkauf gegen Rechnung seien in vielen Fällen Geldeinbußen zu befürchten. Auf jeden Fall sei das Verbot nach der Transporttauglichkeit der Tiere zu differenzieren; wirbellose Tiere seien ganz unempfindlich.
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III.
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1. Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der sich namens der Bundesregierung zu den Verfassungsbeschwerden geäußert und dabei über die innerbetrieblichen Maßnahmen der Bundesbahn und Bundespost sowie über deren Erfahrungen beim Tiertransport berichtet hat, hält das Verbot der Nachnahmeversendung für sachgerecht; es stelle lediglich eine Berufsausübungsregelung dar, die sich wirtschaftlich nicht derartig einschneidend auswirke, daß sie die Freiheit der Berufswahl beschränke.
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§ 3 Nr. 9 TierSchG diene dem wirksamen Schutz der Tiere gegen vermeidbare Beeinträchtigungen und sei damit hinreichend gerechtfertigt. Der Nachnahmeversand berge stets die Gefahr der Rücksendung in sich. Jede Transportverlängerung sei mit zusätzlichen Belastungen der Tiere verbunden. Die Transporttauglichkeit sei insbesondere bei Wirbeltieren auf Grund ihres hochentwickelten Schmerzleitungs- und -empfindungsvermögens begrenzt. Für Geflügel seien die im Europäischen Übereinkommen vom 13. Dezember 1968 genannten Richtwerte maßgebend; demnach treffe es nicht zu, daß Geflügel generell bei einem Transport 48 Stunden ohne entsprechende Versorgung auskomme. Ähnliche Richtwerte gälten für andere Wirbeltierarten. Vögel seien transportempfindlich, weil sie über ein sehr begrenztes Wärmeregulationsvermögen verfügten und zugleich die höchste Menge an Sauerstoff pro Zeiteinheit benötigten. Zierfische müßten sauerstoffangereichertes Wasser zur Verfügung haben; sie würden in Plastikbeuteln versandt, die nur eine begrenzte Menge Wasser faßten, so daß auch hier der Transport so schnell wie möglich durchzuführen sei. Dagegen könnten wirbellose Tiere, wie z.B. Mehlwürmer und Bienenköniginnen, ohne Bedenken auch mit Nachnahme versandt werden.
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Die den Beschwerdeführern zugemuteten Einschränkungen und die Umstellung auf ein weniger bequemes Einzugsverfahren als das der Nachnahme belasteten sie nicht übermäßig. Sowohl ein Versand gegen Vorkasse, der ebenso wie eine Nachnahme auf einer Vorleistungspflicht des Empfängers beruhe, als auch ein Verkauf gegen Rechnung sei möglich. Rechnungen müßten auch bei Nachnahmesendungen ausgestellt, die Eingänge ebenfalls kontrolliert werden. Immer mehr bäuerliche Betriebe unterlägen heute der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Die Annahme der Beschwerdeführer, ihre Abnehmer seien durchweg säumige Zahler, sei stark übertrieben. Ein auf einem solchen Kundenkreis aufgebauter Betrieb könne kaum existenzfähig sein.
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Eine Differenzierung des Nachnahmeverbotes nach Tiergruppen, wie etwa Geflügel, und betroffenen Personenkreisen lasse sich nur schwer durchführen. Eine Ausnahme für den Versand an Händlerkunden sei nicht zu rechtfertigen; gerade bei Händlern könne man grundsätzlich mit Zahlung rechnen, so daß die finanzielle Abrechnung hier sicher noch leichter auf Vorkasse oder Rechnung umzustellen sei als bei Endabnehmern.
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Art. 3 GG werde nicht dadurch verletzt, daß mit Nachnahme belastete Transporte aus dem Ausland weiterhin möglich blieben. Das Verbot des § 3 Nr. 9 TierSchG sei auch für Sendungen aus dem Ausland relevant, da der "Erfolg" der Versendung (nämlich die Auslieferung erst nach Zahlung) im Inland eintrete. Wegen des Tierschutzes sei es allerdings nicht zu verantworten, die Weiterbeförderung derartiger Sendungen abzulehnen.
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2. Der Deutsche Tierschutzbund, der ebenfalls Gelegenheit zur Äußerung erhalten hat, betont die Notwendigkeit des bestmöglichen Schutzes der Tiere bei der Beförderung. Werde der Nachnahmeversand zugelassen, so erhöhe sich die Gefahr der Tierquälerei und die des Betruges insbesondere dann, wenn nichtbestellte Tiere mit Nachnahme zugesandt würden; die Käufer behielten aus Mitleid die Tiere, um ihnen die Strapazen der Rücksendung zu ersparen. Jede Annahmeverweigerung bringe das Problem des nicht einkalkulierten verlängerten Versandweges mit sich. Es sei ausgeschlossen, daß z.B. Geflügel zwei Tage ohne Nahrungsaufnahme auskommen und so einen Rücktransport ohne Schaden überstehen könne. Bei sachgerechter Fütterung sei zwar gegen einen zweitägigen Transport des Geflügels nichts einzuwenden. Beim Nachnahmeversand bestehe aber stets die Gefahr einer wesentlich längeren Gesamttransportdauer. Selbst wenn nur ein einziges Tier auf Grund einer Annahmeverweigerung zu Schaden komme, sei dies für den Gesetzgeber Grund genug, den Nachnahmeversand – zumindest für Wirbeltiere – zu verbieten. Der Tierschutz habe den Vorrang vor dem Interesse der Beschwerdeführer an einer risikolosen, mit den geringsten Unkosten verbundenen Geschäftsabwicklung.
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Die Verfassungsbeschwerden sind begründet.
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In seiner derzeitigen generellen Fassung verletzt das Verbot des Nachnahmeversandes die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG.
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I.
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Das neue Tierschutzgesetz beruht nach seiner Begründung auf der Grundkonzeption eines ethisch ausgerichteten Tierschutzes im Sinne einer Mitverantwortung des Menschen für das seiner Obhut anheimgegebene Lebewesen. Der Gesetzgeber war erklärtermaßen bestrebt, ethische Forderungen einerseits und wirtschaftliche sowie wissenschaftliche Erfordernisse andererseits, die sich auf dem Gebiet des Tierschutzes häufig gegenüberstehen, miteinander in Einklang zu bringen, wobei mehr gefühlsbetonte Beurteilungsmaßstabe zunehmend durch exakte, wissenschaftliche Feststellungen über tierartgemäße und verhaltensgerechte Normen ersetzt werden sollten (vgl. BTDrucks. VI/2559, Vorblatt und S. 9).
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Im einzelnen lassen sich aus dem Gesetz folgende Grundprinzipien entnehmen: Es strebt nicht an, Tieren jegliche Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens zu ersparen, sondern wird beherrscht von der dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechenden Forderung, Tieren nicht "ohne vernünftigen Grund" "vermeidbare", das "unerläßliche Maß" übersteigende "Schmerzen, Leiden oder Schäden" zuzufügen. Dem entspricht sowohl der Verbotskatalog des § 3 in seinen Nrn. 1 bis 8 als auch der Straftatbestand des § 17 und ebenso die Normierung der Ordnungswidrigkeiten in § 18. Ferner wird in gewissem Umfang zwischen den verschiedenen Tierarten differenziert, wenn auch nicht so weitgehend wie im Europäischen Übereinkommen über den Schutz von Tieren im internationalen Transport. Auch das Tierschutzgesetz unterscheidet in den Bestimmungen über Eingriffe, Tierversuche und Töten, also den notwendig Schmerz oder Schäden verursachenden Handlungen, durchgängig zwischen den schmerzempfindlichen Wirbeltieren und auch den warmblütigen Tieren, die in erster Linie schutzbedürftig sind, einerseits und sonstigen Tieren andererseits. Schließlich wird im Gesetz erkennbar, daß für landwirtschaftliche Nutztierhaltung, für wissenschaftliche Zwecke und aus anderen Gründen (waidgerechte Ausübung der Jagd und Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten) Sonderregelungen in Betracht kommen.
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Die zuvor genannten Entscheidungen zu treffen, obliegt weitgehend der eigenverantwortlichen Entschließung des Gesetzgebers, der dabei ersichtlich in Einklang mit dem Empfinden breitester Bevölkerungskreise gehandelt hat. Verfassungsrechtlich nachprüfbar werden diese Entscheidungen erst, wenn und soweit Maßnahmen im Interesse des Tierschutzes die Handlungsfreiheit der Staatsbürger, insbesondere ihre Berufsfreiheit, berühren. Zu diesen die freie berufliche Betätigung einengenden Maßnahmen gehört vor allem das Verbot des Nachnahmeversandes, das sämtliche Beschwerdeführer dazu zwingt, ein langjährig geübtes Verhalten aufzugeben.
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II.
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1. Das Verbot ist verfassungsrechtlich als eine Regelung der Berufsausübung zu beurteilen, bei der der Gesetzgeber grundsätzlich über größere Gestaltungsfreiheit verfügt als bei Eingriffen in die Freiheit der Berufswahl. Auch solche Berufsausübungsregelungen können freilich auf das Recht zur freien Berufswahl zurückwirken, wenn sie wegen ihrer Folgen die sinnvolle Ausübung eines Berufs faktisch unmöglich machen. Derart weitgehende Auswirkungen behaupten die beschwerdeführenden Großhändler zu 3) bis 5) selbst nicht; sie tragen lediglich vor, das Verbot belaste sie erheblich und veranlasse sie zur Aufgabe einer Sparte ihres breiten Geschäftsbereichs. Demgegenüber würde das strittige Verbot nach Darstellung der beschwerdeführenden Geflügelversender zu 1) und 2) deren Betriebe zum Erliegen bringen. Diese Besorgnis läßt sich angesichts der von den Beschwerdeführern genutzten Marktgegebenheiten und im Blick auf die besondere Struktur ihrer Betriebe nicht von vornherein von der Hand weisen. Im Unterschied zu den Großbetrieben nutzen diese kleineren Familienbetriebe die Marktchance aus, in großer Zahl kleine Geflügellieferungen an die über das Bundesgebiet verstreuten Landwirte zu versenden und dank des Nachnahmeverfahrens gleichwohl die zahlreichen kleinen Rechnungsbeträge ohne nennenswerte Verluste oder Zahlungsverzögerungen und ohne größeren Verwaltungsaufwand einziehen und auf diese Weise rentabel wirtschaften zu können. Daß für derartige Betriebe ein Verkauf gegen Voreinsendung des Kaufpreises schwer realisierbar ist, folgt bereits daraus, daß der Geflügelhandel auf einen raschen Umschlag zu den an den Geflügelbörsen notierten Tagespreisen eingestellt ist; zudem sind die kleinbäuerlichen Abnehmer daran gewöhnt und begreiflicherweise daran interessiert, lebende Tiere nicht vor deren Übergabe zu bezahlen. Schon eher wäre ein Verkauf gegen Rechnung in Betracht zu ziehen. Ob dies aber im Hinblick auf die damit verbundenen finanziellen Nachteile und verwaltungsmäßigen Belastungen für die Beschwerdeführer wirklich tragbar wäre, erscheint nicht zweifelsfrei.
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2. Zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden bedarf es indessen keiner weiteren Ermittlungen darüber, ob das Nachnahmeverbot sich derart einschneidend auswirkt, daß es bei den beschwerdeführenden Geflügelversendern sogar die Freiheit der Berufswahl beeinträchtigt. Vielmehr kann unterstellt werden, daß es sich im Rahmen einer bloßen Berufsausübungsregelung hält, die sämtliche Beschwerdeführer zwar in der Ausübung ihres Gewerbes nicht unerheblich behindert, nicht aber zur Aufgabe dieses Gewerbes nötigt.
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Auch derartige Regelungen der Berufsausübung sind an die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebunden (vgl. BVerfGE 7, 377 [405 ff.]). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 30, 292 [316 ff.]) darf die freie Berufsausübung nur im Interesse des Gemeinwohls beschränkt werden; die Regelung muß ferner geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen; schließlich muß bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein. Je empfindlicher der einzelne in seiner freien Berufsbetätigung beeinträchtigt wird, desto gewichtiger müssen die Interessen des Gemeinwohls sein, denen diese Regelung zu dienen bestimmt ist.
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Diesen Anforderungen hält § 3 Nr. 9 TierSchG nicht stand.
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a) Das Verbot scheint auf den ersten Blick im Interesse eines effektiven Tierschutzes einzuleuchten und hat daher auch in Kreisen des Tierschutzes alsbald Zustimmung gefunden. Bei näherer Prüfung ergeben sich jedoch bereits Zweifel darüber, ob es sich in seiner vorliegenden Form hinreichend mit sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls begründen läßt.
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Das Verbot war weder in der um einen wirksamen Tierschutz bemühten Regierungsvorlage (BTDrucks. VI/2559) für erforderlich gehalten noch in das schon vorher unterzeichnete Europäische Übereinkommen über den Schutz von Tieren beim internationalen Transport aufgenommen worden. Nach den Gesetzgebungsmaterialien wurde es ausgelöst durch Klagen über Mißstände im Nachnahmeversand speziell von Hunden (vgl. das Protokoll über die gemeinsame Sitzung des BTAusschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – 64. Sitzung – und des BTInnenausschusses – 78. Sitzung – vom 8. Februar 1972 mit den Ausführungen des Vizepräsidenten der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierschutz, S. 6, und des Hauptgeschäftsführers des Verbandes für das Deutsche Hundewesen, S. 25 f.); es ist dann ohne Anhörung der dadurch betroffenen Berufsgruppen erst im letzten Monat vor der Verabschiedung in das Gesetz eingefügt worden (vgl. die Kurzprotokolle der 70. und 72. Sitzung des BTAusschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 9. und 15. Juni 1972 sowie Kurzprotokoll der 86. Sitzung des mitberatenden BTInnenausschusses vom 8. Juni 1972). Als generalisierender und abstrakter Gefährdungstatbestand durchbricht es die eingangs genannten Grundprinzipien des Gesetzes in mehrfacher Richtung. Denn es greift selbst bei solchen Sendungen ein, die für die Tiere keine oder keine nennenswerten Schmerzen, Leiden oder Schäden verursachen; es gilt ferner unterschiedslos für sämtliche Tiere, auch für schmerzunempfindliche, und es nimmt schließlich keine Rücksicht darauf, aus welchem Grund der Versand erfolgt, z.B. zu landwirtschaftlichen, letztlich der Ernährung dienenden Zwecken oder aber zur bloßen Befriedigung privater Bedürfnisse.
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Für die Prüfung, ob die Erschwerung der Berufsausübung durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt wird, erscheint vor allem wesentlich, daß die Regelung nach dem schriftlichen Bericht des zuständigen Ausschusses und den Ausführungen der beiden Berichterstatter im Bundestag mit Annahmen begründet wurde, die sich bei nachträglicher Prüfung nicht bestätigt haben. Denn die Angabe bei der zweiten und dritten Lesung des Tierschutzgesetzes im Bundestag am 21. Juni 1972, der Nachnahmeversand von Tieren sei "seit einiger Zeit" aufgekommen und es würden "jetzt" viele Eintagsküken per Nachnahme versandt (Prot. der 194. Sitzung des Bundestages vom 21. Juni 1972, 6. Wahlperiode, S. 11 391 und 11 395), trifft nicht zu, da der Nachnahmeversand von Geflügel bereits seit Jahrzehnten üblich war. Auch die folgende im schriftlichen Ausschußbericht vom 16. Juni 1972 gegebene Verbotsbegründung hat sich für den Bereich des Geflügelversandes und das Verhältnis zwischen Groß- und Einzelhandel nicht erhärten lassen (zu BTDrucks. VI/3556, S. 2):
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Durch Nummer 9 ist ein Verbot des Nachnahmeversandes von Tieren angefügt worden, weil es bei dieser Versendungsart häufig zur Annahmeverweigerung durch den Besteller und durch die damit eintretende Verlängerung der Transportdauer zu erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden bei einem solchen Tier kommt. Ihm fehlt dabei über Tage hinweg die notwendige Pflege nach einem Transport oder es kommt, vor allem bei jungen Tieren, durch den meist notwendig werdenden Rücktransport zu schweren gesundheitlichen Schäden, die nicht selten zum Tode des Tieres führen.
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Demgegenüber hat der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im vorliegenden Verfahren auf Anfrage mitgeteilt, daß über tierschutzrelevante Vorkommnisse beim Bahntransport von Tieren bislang überhaupt keine aussagefähigen statistischen Unterlagen vorhanden seien, daß aber eine kurzfristige Erhebung für den Monat September 1972 folgendes ergeben habe: Bei den 13 204 Nachnahmesendungen von Tieren im Expreßgutverkehr seien in 31 Fällen Ablieferungshindernisse aufgetreten, davon in 22 Fällen wegen Annahmeverweigerung. Nach Beseitigung dieser Hindernisse seien 12 Sendungen den Empfängern übergeben und 6 an einen anderen Bestimmungsort weitergeleitet worden; 10 Sendungen seien an den Absender zurückgegangen. Lediglich 3 Sendungen mit verdorbenem Fischfutter seien vernichtet worden und ferner aus einer Sendung 9 Fische sowie aus einer anderen Sendung ein Huhn verendet. Durch die Bundespost seien im Jahre 1972 rund 61 000 Paketsendungen und 11 000 Briefsendungen mit lebenden Tieren versandt worden, davon annähernd die Hälfte mit Nachnahme belastet. Davon seien als unzustellbar an den Absender zurückgegangen 242 Sendungen mit Nachnahme und 191 ohne solche Belastung. Verluste durch Tod seien auf dem Weg zum Empfänger – soweit feststellbar – bei 88 Sendungen mit und bei 68 Sendungen ohne Nachnahme eingetreten und auf dem Rückweg zum Absender in 9 und in 4 Fällen; dabei habe es sich überwiegend um Ziervögel und Zierfische gehandelt.
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Diese Angaben mögen nicht hinreichend repräsentativ und in verschiedener Hinsicht unzulänglich sein. Immerhin bekräftigen sie die übereinstimmenden und durch weitere Unterlagen belegten Angaben der Beschwerdeführer, daß sich – anders als beim Hundeversand – beim Nachnahmeversand von Geflügel und an den gewerblichen Einzelhandel bisher keine Mißstände haben nachweisen lassen und daß es hier keineswegs häufig zu Annahmeverweigerungen oder zu Tierverlusten gekommen ist. Auch der Deutsche Tierschutzbund hat nur über einzelne konkrete Mißstände namentlich beim Hundeversand berichten können. Dieses Ergebnis wird nicht allein auf das Interesse der gewerblichen Versender an einem schadensfreien Versand und auf ihre zumeist langjährigen Erfahrungen zurückzuführen sein, sondern auch auf die innerbetrieblichen Maßnahmen von Bundesbahn und Bundespost, wobei nicht unwichtig ist, daß der Tierversand durchgängig per Expreß erfolgt.
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b) Ob das strittige Verbot allein schon aus den bisherigen Erwägungen verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls hält es in seiner vorliegenden Form nicht den weiteren Anforderungen stand, die an derartige, die freie Berufsausübung einengende Maßnahmen zu stellen sind.
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Das Verbot erscheint schon wenig geeignet, um den gewünschten Erfolg spürbar zu fördern. Es bietet keine Gewähr dafür, daß eine Verlängerung der Beförderungsdauer durch Rücktransporte künftig vermieden oder wesentlich vermindert wird. Fehlerhafte Adressenangaben, Abwesenheit der Empfänger oder Annahmeverweigerungen aus den verschiedensten Gründen können auch beim Versand ohne Nachnahmebelastung Rücktransporte verursachen. Nach dem Bericht der Bundespost lag jedenfalls im Jahre 1972 die Zahl der Rücksendungen bei Nachnahmebelastung nicht wesentlich höher als in anderen Fällen.
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Keinesfalls aber erscheint das Verbot in seiner ausnahmslos alle Tiergattungen, sämtliche Transportarten und jeden Versender erfassenden Tragweite erforderlich, um dem vom Gesetzgeber erstrebten verbesserten Tierschutz gerecht zu werden. Das Maß der Beeinträchtigung der Tiere hängt von der Tierart, der Transporttauglichkeit, der Transportdauer und den Vorsorgemaßnahmen der Versender ab. Einer Nachnahmeversendung von wirbellosen Tieren stehen aus der Sicht des Tierschutzes auch nach Meinung des zuständigen Bundesministers keine Bedenken entgegen. Ähnliches dürfte – wie das Europäische Übereinkommen erkennen läßt – für kaltblütige Tiere gelten. Zum Schutz der übrigen Tiere hätte es nähergelegen, einen ausnahmslosen Versand als Expreßgut an den ersten Wochentagen vorzuschreiben, der die regelmäßige Transportdauer verkürzt und auch im Falle von Annahmeverweigerungen eine beschleunigte Rücksendung ermöglicht. Jedenfalls erscheint es wenig folgerichtig, das generelle Nachnahmeverbot auch auf Expreßversendungen zu erstrecken, hingegen die nichtbeschleunigte oder sogar die unfreie Frachtgutversendung weiterhin für sämtliche Tiere zuzulassen, obwohl diese länger dauern kann als ein Expreßgutversand selbst in Fällen von Rücktransporten und obwohl auch bei unfreiem Versand die Auslieferung von der vorherigen Einlösung der Frachtkosten abhängig ist. Soweit eine Verpflichtung zum Expreßgutversand nicht ausreicht, könnten – etwa im Verordnungswege – für die verschiedenen Tierarten und Transportmittel Höchstzeiten für den ununterbrochenen Transport festgelegt werden, wobei zu berücksichtigen wäre, daß z.B. auch nach Meinung des Deutschen Tierschutzbundes und der von diesem zugezogenen Sachverständigen die Transportwiderstandsfähigkeit von Geflügel im Vergleich zu anderen Tieren relativ gut ist. Ferner könnten – ähnlich wie im Europäischen Übereinkommen – Einzelheiten über Verpackung, Fütterung und Tränkung oder auch die sofortige Benachrichtigung bei Ablieferungshindernissen auf Kosten des Absenders vorgeschrieben werden.
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Sollten Maßnahmen der genannten Art gleichwohl unzulänglich oder nicht praktikabel sein, dann erscheint jedenfalls die ausnahmslose Geltung des Nachnahmeverbotes nicht gerechtfertigt. Wie bereits ausgeführt, haben sich im Nachnahmeversand per Expreß weder beim gewerblichen Geflügelversand an landwirtschaftliche Abnehmer noch im Verhältnis zwischen Groß- und Einzelhandel Mißstände feststellen lassen. Andererseits werden gerade diese Kreise, zu denen die Beschwerdeführer gehören, in ihrer beruflichen Betätigung durch das Verbot besonders betroffen. Eine Abwägung zwischen diesen verschiedenen Gesichtspunkten einschließlich einer Prüfung schonenderer Maßnahmen konnte im Gesetzgebungsverfahren nicht sachgemäß erfolgen, weil sich der Gesetzgeber – wie ausgeführt – von fehlerhaften Annahmen und unvollständigen Erwägungen hat leiten lassen. Demgemäß ist ungeprüft geblieben, ob nicht die möglichen Schädigungen derart gering oder begrenzbar sind, daß sie ähnlich wie bei den im Gesetz zugelassenen Eingriffen, Tierversuchen und Tötungen aus "vernünftigem Grund" jedenfalls im Geflügelversand und im Verhältnis zwischen Groß- und Einzelhandel zu verantworten und mit Rücksicht auf die Betroffenen hinzunehmen wären. Unter Berücksichtigung der nunmehr vorliegenden Anhaltspunkte muß eine Güterabwägung zu dem Ergebnis führen, daß das ausnahmslose Verbot auch des Nachnahmeversandes per Expreß jedenfalls die Beschwerdeführer unverhältnismäßig in ihrer beruflichen Betätigung belastet. Dem könnte bei Aufrechterhaltung des Verbotes im übrigen dadurch abgeholfen werden, daß Geflügelversender und Großhändler nach Art der Beschwerdeführer eine Ausnahmegenehmigung zur Vorlage bei Bundesbahn und Bundespost erhalten, die von den gemäß § 16 TierSchG ohnehin für die Aufsicht zuständigen Behörden – gegebenenfalls unter Beschränkung auf bestimmte Tierarten – ausgestellt und bei Mißbräuchen wieder eingezogen werden könnte. Gegen eine derartige Regelung ließe sich auch unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und der Rechtsklarheit nichts einwenden.
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III.
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Nach alledem ist den Verfassungsbeschwerden wegen Verletzung der Grundrechte der Beschwerdeführer aus Art. 12 Abs. 1 GG stattzugeben. Dies hat gemäß § 95 Abs. 3 BVerfGG zur Folge, daß die Bestimmung des § 3 Nr. 9 TierSchG für nichtig zu erklären ist. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, bedeutet dies nicht, daß der Nachnahmeversand lebender Tiere unter keinen Umständen verboten werden dürfte. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr erwogen, die Vorschrift nur begrenzt unter Differenzierung zwischen den verschiedenen Tierarten, Versendern und Versandarten zu beanstanden. Für eine geeignete Abgrenzung fehlen indessen ausreichende Unterlagen. Auch im Interesse der Rechtsklarheit erschien es daher geboten, die Vorschrift in ihrer derzeitigen undifferenzierten Fassung insgesamt für nichtig zu erklären und die Abgrenzung einer Neuregelung zu überlassen, bei der zugleich die zur Vorbereitung der Durchführungsverordnungen erarbeiteten Untersuchungsergebnisse ausgewertet werden können.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 Abs. 4 BVerfGG.
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