Es verstößt nicht gegen das Willkürverbot, daß nach § 186 c Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes nur solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts von der Pflicht zur Zahlung einer Umlage für die Konkursausfallgeldversicherung ausgenommen sind, bei denen der Konkurs rechtlich nicht zulässig ist oder bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft eines Gesetzes im materiellen und formellen Sinn die Zahlungsfähigkeit sichert.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 5. Oktober 1993
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– 1 BvL 34/81 – | |
in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung, ob § 186c Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes über das Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl. I S. 1481) mit dem Grundgesetz vereinbar ist, – Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Bundessozialgerichts vom 17. September 1981 (10/8b/12 RAr 17/79) –.
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Entscheidungsformel: | |
§ 186 c Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit § 186 c Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes, eingefügt durch das Gesetz über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 1481), ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit danach nur solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, und solche, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert, von der Pflicht zur Zahlung einer anteiligen Umlage für die Konkursausfallgeldversicherung ausgenommen sind.
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Gründe: | |
A. | |
Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 186 c Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als danach nur solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist oder bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert, von der Pflicht zur Zahlung einer Umlage für die Konkursausfallgeldversicherung ausgenommen sind, die anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts dagegen nicht.
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I.
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1. Durch das Gesetz über Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl. I S. 1481) sind in das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582) – AFG – Vorschriften über eine Konkursausfallgeldversicherung eingefügt worden. Danach haben Arbeitnehmer, denen bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers für die vorangegangenen drei Monate noch Arbeitsentgelt zusteht, einen Anspruch auf Konkursausfallgeld. Dieses wird von der Bundesanstalt für Arbeit gezahlt. Wie die dafür erforderlichen Mittel aufgebracht werden, regelt § 186 c AFG:
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(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die See-Berufsgenossenschaft bringen die Mittel für das Konkursausfallgeld auf, soweit diese nicht von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (§ 186 d) aufgebracht werden. Sie zahlen ihre Anteile bis zum 30. Juni eines jeden Jahres an die Bundesanstalt. (2) Der Anteil jeder Berufsgenossenschaft an den aufzubringenden Mitteln entspricht dem Verhältnis ihrer Lohnsumme zu der Gesamtlohnsumme der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft. Unberücksichtigt bleiben die Lohnsummen des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie der Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, und solcher juristischer Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert. (3) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die See-Berufsgenossenschaft legen den von ihnen aufzubringenden Anteil nach dem Entgelt der Versicherten in den Unternehmen auf ihre Mitglieder um; hierbei bleiben die in Absatz 2 Satz 2 genannten Mitglieder unberücksichtigt. Die Satzung kann bestimmen, 1. daß der Anteil nach der Zahl der Versicherten statt nach Entgelten umgelegt wird, 2. daß die durch die Umlage auf die Mitglieder entstehenden Verwaltungskosten mit umgelegt werden, 3. daß von einer besonderen Umlage abgesehen wird. Im übrigen gelten die Vorschriften über den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend. (4) ... | |
2. Für betriebliche Ruhegeldansprüche ist durch das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) – BetrAVG – eine besondere Insolvenzsicherung geschaffen worden. Träger der Insolvenzsicherung ist der von den Arbeitgebern gegründete Pensions-Sicherungs-Verein. Die Mittel für die Durchführung der Insolvenzsicherung werden durch Beiträge derjenigen Arbeitgeber aufgebracht, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt haben. Für die Beitragsfreiheit enthält § 17 Abs. 2 BetrAVG eine § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG entsprechende Regelung. Danach unterliegen keiner Beitragspflicht der Bund, die Länder, die Gemeinden sowie die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, und solche juristische Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.
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3. In der Freien und Hansestadt Hamburg ist inzwischen das Gesetz über die Konkursunfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts vom 25. April 1988 (Hamburgisches GVBl. I S. 49) erlassen worden, das am 4. Mai 1988 in Kraft getreten ist. Der einzige Paragraph des Gesetzes lautet:
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Ein Konkursverfahren über das Vermögen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der unmittelbaren Aufsicht durch die Freie und Hansestadt Hamburg unterliegen, findet nicht statt. Dies gilt nicht für die Hamburger Mobiliarfeuerkasse.
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In dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum bestand eine derartige landesgesetzliche Regelung nicht.
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Klägerin des Ausgangsverfahrens ist die Handelskammer Hamburg (im folgenden: Handelskammer), eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Industrie- und Handelskammern (IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in Verbindung mit § 1 Satz 1 des Gesetzes über die vorläufige Regelung der Rechtsverhältnisse der Handelskammer Hamburg (HambHKG) vom 27. Februar 1956 (Hamburgisches GVBl. I S. 21). Ihr gehören alle Gewerbetreibenden in der Freien und Hansestadt Hamburg kraft Gesetzes an, soweit ihre Tätigkeit in den Aufgabenbereich der Handelskammer fällt. Die Handelskammer ist befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von den Kammerzugehörigen aufgrund einer Satzung Beiträge zu erheben (vgl. § 3 Abs. 2 ff. IHKG, § 12 HambHKG).
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Die Handelskammer ist Mitglied der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Diese forderte von ihr Umlagen für das Konkursausfallgeld für 1974 in Höhe von 1597,20 DM und für 1975 in Höhe von 5690 DM. Dagegen wandte sich die Handelskammer mit der Begründung, sie sei von der Zahlung eines Anteils am Konkursausfallgeld befreit, denn sie sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, bei der ein Konkurs nicht zulässig sei. Der hierauf gestützte Widerspruch blieb erfolglos. Die Klage zum Sozialgericht hatte in erster Instanz ebenfalls keinen Erfolg. Auf die Berufung der Handelskammer hob das Landessozialgericht die Entscheidung der Vorinstanz und die Verwaltungsentscheidungen mit der Begründung auf, die Handelskammer sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, bei der ein Konkursverfahren nicht zulässig sei, weil es an der erforderlichen gesetzlichen Erlaubnis für ein Konkursverfahren fehle. Hiergegen hat die beklagte Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Revision zum Bundessozialgericht eingelegt.
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Das Bundessozialgericht hat das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 186c Abs. 2 Satz 2 AFG mit Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar ist.
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1. Auf die Gültigkeit des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG komme es bei der Entscheidung des Rechtsstreits an. Wäre die Vorschrift verfassungsgemäß, so müßte auf die Revision der Berufsgenossenschaft das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen werden; denn die Handelskammer wäre in diesem Fall von der Umlagepflicht nicht befreit. Da § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG jedoch für verfassungswidrig zu erachten sei, könne das Bundessozialgericht nicht abschließend entscheiden.
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2. § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG könne nicht verfassungskonform dahin ausgelegt werden, daß die Handelskammer von der Umlagepflicht befreit sei. Der Grundsatz der Gewaltenteilung verbiete eine Auslegung, die das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehle oder verfälsche.
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3. a) Ein Konkurs über das Vermögen der Handelskammer sei im maßgeblichen Zeitraum nicht rechtlich unzulässig gewesen. Allein darauf komme es aber bei dieser Alternative der Befreiungsvorschrift an; nicht maßgeblich sei, ob der Konkurs praktisch nicht vorkomme. Schon der Wortlaut des Gesetzes ("zulässig") deute auf ein rechtliches Merkmal hin. Aus den Gesetzesmaterialien gehe dies ebenfalls hervor.
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Bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts sei der Konkurs grundsätzlich zulässig, soweit er nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei. Von diesem Grundsatz sei der Gesetzgeber des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG ausgegangen. Auch wenn wegen der Pfändungsbeschränkung des § 882 a Abs. 2 und 3 ZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 KO bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts eine Konkursmasse in nennenswertem Umfang nicht vorhanden sei, sei der Konkurs nicht rechtlich unzulässig, sondern könne allenfalls mangels Masse nicht stattfinden. Ein Versieherungsfall der Konkursausfallgeldversicherung wäre dann aber gegeben.
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Der Konkurs sei hinsichtlich der Handelskammer im maßgeblichen Zeitraum nicht gesetzlich ausgeschlossen gewesen. Er sei zwar nicht ausdrücklich für zulässig erklärt worden. Hieraus könne jedoch nicht gefolgert werden, er sei bereits deshalb rechtlich unzulässig.
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Die Eröffnung, Abwicklung und Beendigung des Konkurses hätten nicht ohne weiteres die Auflösung der juristischen Person zur Folge. Aus § 89 Abs. 2 BGB gehe hervor, daß die juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht ihre Rechtsfähigkeit verliere. Die Abwicklung und Beendigung des Konkurses ändere an der Existenz der juristischen Person nichts; diese bestehe vielmehr weiter, falls gesetzlich eine Auflösung durch den Konkurs nicht vorgesehen sei. Bei öffentlichrechtlichen Rechtsträgern, die das Recht hätten, Beiträge und Gebühren zu erheben, sei nach beendigtem Konkurs in der Regel auch noch Vermögen vorhanden, denn Beiträge und Gebühren, die nach der Konkurseröffnung für Zeiten danach entrichtet worden seien, fielen nach § 1 Abs. 1 KO nicht in die Konkursmasse. Danach könne die juristische Person ihre öffentlichen Aufgaben weiter wahrnehmen, zumal nach § 1 Abs. 1 KO, § 882 a Abs. 2 und 3 ZPO die Konkursmasse nicht die Sachen umfasse, die für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben unentbehrlich seien oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegenstehe.
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b) Die Zahlungsfähigkeit der Handelskammer sei auch nicht kraft Gesetzes durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde gesichert. Ein Gesetz im materiellen und formellen Sinne, das die Zahlungsfähigkeit sichere, sei nicht vorhanden. Nur unter dieser Voraussetzung sei aber eine juristische Person des öffentlichen Rechts von der Umlagepflicht befreit, wie aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes und seinem Zweck klar zu erkennen sei. Es genüge nicht, daß die Zahlungsfähigkeit faktisch durch andere Absicherungen gewährleistet sei, etwa durch die staatliche Rechtsaufsicht im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung, durch das Recht, Beiträge, Gebühren oder Steuern zu erheben, durch eine staatliche Gewährträgerschaft in einer Satzung oder durch gewohnheitsrechtliche Grundsätze.
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4. Die Freistellungsregelung sei verfassungswidrig, weil sie gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG verstoße.
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Es sei sachlich nicht gerechtfertigt und daher willkürlich im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, nur die in § 186c Abs. 2 Satz 2 AFG genannten öffentlichrechtlichen Arbeitgeber von der Zahlung der Umlage zum Konkursausfallgeld auszunehmen und alle übrigen öffentlichrechtlichen Rechtsträger hieran zu beteiligen. Ein sachgerechter Grund für diese Differenzierung sei nicht zu erkennen. Das Gesetz bezeichne die von der Umlage befreiten öffentlichrechtlichen Arbeitgeber ausschließlich nach formalen Kriterien. Der Gesetzgeber hätte jedoch auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellen müssen. Bei öffentlichrechtlichen Arbeitgebern sei ein Konkursverfahren generell nicht vorstellbar. Dies werde durch eine Auskunft des Statistischen Bundesamtes bestätigt, nach der jedenfalls innerhalb der letzten fünf bis zehn Jahre keine Fälle festgestellt worden seien, bei denen ein Konkursverfahren gegen eine Anstalt, Körperschaft oder Stiftung des öffentlichen Rechts eröffnet worden sei. Diesem Umstand hätte der Gesetzgeber dadurch Rechnung tragen müssen, daß er alle öffentlichrechtlichen Arbeitgeber von der Umlagepflicht befreite. Deren Arbeitnehmer liefen nämlich nicht Gefahr, durch Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers mit Lohnansprüchen auszufallen.
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Bei der Bestimmung der Gruppe der Umlagepflichtigen habe sich der Gesetzgeber ferner nicht an die Grundsätze gehalten, nach denen er den Kreis der Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung des Zwecks der Konkursausfallgeldversicherung begrenzt habe. Hierdurch habe er es unterlassen, auch für die Beitragspflicht eine homogene Gruppe zu bilden, die eine besondere Sachnähe zu dem mit der Sozialversicherungseinrichtung verfolgten Zweck aufweise.
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Zu dem Vorlagebeschluß haben der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung namens der Bundesregierung, der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts und die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft als Beklagte des Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
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1. Nach Auffassung des Bundesministers verstößt die gesetzliche Regelung nicht gegen das Grundgesetz.
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Von der Umlagepflicht befreit seien danach nur die Arbeitgeber, bei denen der Konkurs rechtlich ausgeschlossen sei und die deshalb nicht zahlungsunfähig im Sinne der Konkursausfallgeldversicherung werden könnten. Bei den Beschäftigten dieser Arbeitgeber könne der Versicherungsfall aus Rechtsgründen nicht eintreten. Es wäre deshalb nicht gerechtfertigt, auch diese Arbeitgeber zur Aufbringung der Mittel für die Konkursausfallgeldversicherung mit heranzuziehen. Der Gesetzgeber habe sich für eine formale Abgrenzung entschieden und zugleich jede Differenzierung nach dem – in der Praxis auch nicht feststellbaren – Grad der Wahrscheinlichkeit eines Insolvenzeintritts vermieden. Folglich gebe es für die gesetzliche Regelung, nach der nur die konkursunfähigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts von der Umlage für das Konkursausfallgeld befreit seien, einleuchtende Gründe.
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2. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Stellungnahme des 3. Senats vorgelegt. Dieser weist darauf hin, daß er die mit § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG teilweise wortgleiche Vorschrift des § 17 Abs. 2 BetrAVG für verfassungsmäßig erachtet hat (BVerwGE 64,248).
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3. Nach Ansicht der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft verstößt die zur Prüfung gestellte Regelung nicht gegen das Grundgesetz. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zeige, daß der Gesetzgeber aus sachbezogenen Gründen seine Entscheidung getroffen habe. Er habe für das Konkursausfallgeld den Konkurs zum prinzipiellen Versicherungsfall gemacht. Insoweit habe er im Rahmen seiner Freiheit festgelegt, welche Risiken er mit dem neuen Versicherungsfall abdecken wollte. Die Anknüpfung an den Konkursfall sei praktikabel. Es sei daher nur folgerichtig, wenn auch die Umlage an das Konkursrisiko anknüpfe. Ein solches sei aber nur dann nicht vorhanden, wenn der Konkurs rechtlich ausgeschlossen oder die Zahlungsfähigkeit kraft Gesetzes gesichert sei.
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Auch im Hinblick auf die Industrie- und Handelskammern sei die in § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG getroffene Abgrenzung nicht zu beanstanden. Weder Landes- noch Bundesrecht schützten sie vor Insolvenz. Den Kammern seien vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt worden, die zu erheblichen Aufwendungen führen könnten. Deren Deckung sei nicht immer gesichert. Es könnten Risiken entstehen, die schwer überschaubar seien und jedenfalls bei einer unglücklichen Kombination von Umständen eine Insolvenz nicht ausschlössen.
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Die Vorlage ist zulässig.
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I.
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Das Bundessozialgericht hat die Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Norm hinreichend dargelegt. Die Entscheidungserheblichkeit hängt hier anders als im Verfahren 1 BvL 35/81 (vgl. den Beschluß des Senats vom heutigen Tage) nicht von einer verfassungsrechtlichen Vorfrage ab. Damit ist für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Norm die Rechtsansicht des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2,181 [190 f.]; 67, 26 [35] m.w.N.). Letzteres ist nicht der Fall. Die Ausführungen des Bundessozialgerichts zur Auslegung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG sind nachvollziehbar. Seine Auffassung, daß es für die Anwendung der ersten Alternative dieser Vorschrift auf die rechtliche Unzulässigkeit des Konkurses ankommt und daß die zweite Alternative ein Gesetz im materiellen und formellen Sinne voraussetzt, entspricht den bei den Beratungen des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Ausdruck gekommenen Absichten des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks. 7/2260 S. 3 f.). Auch die Feststellung des Bundessozialgerichts, daß die Handelskammer diese Voraussetzungen in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum nicht erfüllt hat, ist nicht offensichtlich unhaltbar. Es ist ferner hinreichend dargelegt, daß sich die Vorlage nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung der zur Prüfung gestellten Norm vermeiden ließe.
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II.
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Die Vorlage bedarf jedoch der Klarstellung. Erstrebt wird nicht eine Beseitigung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG, die zur Folge hätte, daß die Handelskammer von der Umlagepflicht nicht befreit würde. Vielmehr hält das Bundessozialgericht die Regelung der Umlagepflicht, durch welche die Handelskammer beschwert wird, für verfassungswidrig. Prüfungsgegenstand ist also die die Umlagepflicht begründende Vorschrift des § 186 c Abs. 3 Satz 1 AFG in Verbindung mit dem – vom Bundessozialgericht als zu eng angesehenen – Befreiungstatbestand des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG.
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Die zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellte Regelung des § 186 c Abs. 3 Satz 1 AFG in Verbindung mit § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung seinen Gestaltungsfreiraum nicht überschritten. Insbesondere hat er das Willkürverbot nicht verletzt.
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I.
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Das Willkürverbot gilt innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaus, in dem grundsätzlich kein Grundrechtsschutz besteht, jedenfalls aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (vgl. BVerfGE 21, 362 [372]). Es ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 83, 1 [23]; st. Rspr.). Willkür des Gesetzgebers kann nicht schon dann bejaht werden, wenn der Gesetzgeber unter mehreren möglichen Lösungen nicht die zweckmäßigste oder vernünftigste gewählt hat (vgl. BVerfGE 81, 156 [206]), vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für die gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt. Was hierbei sachlich vertretbar oder sachfremd ist, läßt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in bezug auf die Eigenart des konkreten Sachverhalts, der geregelt werden soll (vgl. BVerfGE 17, 122 [133]; 75, 108 [157]). Ein Verstoß gegen das Willkürverbot kann nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (BVerfGE 55, 72 [90]; BVerfG, Beschluß vom 8. Juni 1993 – 1 BvL 20/85 –, WM 1993, S. 1732 [1734]).
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II.
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Die Regelung des § 186 c Abs. 3 Satz 1 AFG in Verbindung mit § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG ist nach diesen Maßstäben verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Damit die für die Konkursausfallgeldversicherung notwendigen Mittel durch eine möglichst gleichmäßige und gerechte Umlage aufgebracht werden, erschien es dem Gesetzgeber notwendig, alle Arbeitgeber heranzuziehen, bei denen der Konkurs nicht rechtlich ausgeschlossen ist (vgl. Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung; BTDrucks. 7/2260 S. 3). Dem sollte nur der Fall gleichstehen, daß der Bund, ein Land oder eine Gemeinde die Zahlungsfähigkeit der betreffenden juristischen Person des öffentlichen Rechts kraft Gesetzes sichert.
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1. Daß der Gesetzgeber damit auf den rechtlichen Ausschluß des Konkurses und nicht – wie es das Bundessozialgericht für geboten hält – auf die tatsächliche Insolvenzgefahr abgestellt hat, ist nicht sachwidrig. Ob bei einem Arbeitgeber tatsächlich eine Insolvenzgefahr besteht, läßt sich im vorhinein nur schwer ermitteln. Es wäre auch fraglich, ob sich ein solches Abgrenzungskriterium im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG auf die öffentliche Hand hätte beschränken lassen. Machte der Gesetzgeber die Befreiung von der Umlagepflicht aber auch für private Unternehmen davon abhängig, daß eine Insolvenzgefahr tatsächlich nicht besteht, so wäre eine solche Regelung praktisch kaum handhabbar.
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2. Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts müssen – entgegen der im Vorlagebeschluß vertretenen Ansicht – auch nicht ebenso wie der Bund, die Länder und die Gemeinden deshalb generell von der Umlagepflicht zur Konkursausfallgeldversicherung befreit werden, weil ein Konkursverfahren bei ihnen nicht vorstellbar wäre. Bund und Länder können durch Gesetz bestimmen, daß und gegebenenfalls bei welchen juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Konkurs rechtlich nicht zulässig ist (vgl. BVerfGE 60,135 [157 ff.]; 65,359 [373 ff.]). Soweit die Länder inzwischen juristische Personen des öffentlichen Rechts für konkursunfähig erklärt haben, sind hiervon verschiedentlich solche Einrichtungen ausgenommen worden, die zwar – zumeist aus historischen Gründen – die Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts besitzen, sich aber vorwiegend privatwirtschaftlich (etwa als Kredit- oder Versicherungsunternehmen) betätigen. Daß in solchen Fällen das betreffende Land nicht für das Konkursrisiko einstehen will, ist einsichtig. So hat denn auch die Freie und Hansestadt Hamburg mit dem Gesetz vom 25. April 1988 zwar grundsätzlich die juristischen Personen des öffentlichen Rechts für konkursunfähig erklärt, hiervon aber die Hamburger Mobiliarfeuerkasse ausgenommen.
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3. Die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind unterschiedlich. Es liegt daher nahe, daß der Gesetzgeber bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die nicht von vornherein konkursunfähig sind, für die Befreiung von der Umlagepflicht eine ausdrückliche Sicherung der Zahlungsfähigkeit durch ein Gesetz im materiellen und formellen Sinn verlangt. Denn nur so ist sichergestellt, daß es in diesen Fällen nicht zur Insolvenz kommt. Wenn in der zweiten Alternative des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG für die Befreiung von der Umlagepflicht eine Sicherung der Zahlungsfähigkeit "kraft Gesetzes" gefordert wird, so liegt darin folglich ebenfalls keine Willkür des Gesetzgebers.
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Das Bundessozialgericht stützt seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Regelung ferner darauf, daß der Gesetzgeber es unterlassen habe, für die Beitragspflicht eine homogene Gruppe zu bilden, die durch eine besondere Sachnähe zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck gekennzeichnet sei. Es bezieht sich damit auf den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsatz der Unzulässigkeit einer "Sonderabgabe" (vgl. BVerfGE 55, 274). Eine Sonderabgabe liegt jedoch nicht vor. Zum Begriff der Sonderabgabe gehört, daß sie nicht aus einer eigenen Abgabenkompetenz erhoben wird, sondern unter Inanspruchnahme von Kompetenzen zur Regelung bestimmter Sachmaterien, die ihrer Art nach nicht auf Abgaben bezogen sind (vgl. BVerfGE 81,156 [187]). Die Regelung über das Konkursausfallgeld beruht jedoch auf der Bundeskompetenz für die Sozialversicherung nach Art. 74 Nr. 12 GG, die bereits aus sich heraus auch auf die Regelung der Finanzierung gerichtet ist (vgl. BVerfGE 75, 108 [147 f.]).
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