Beschluss | |
des Ersten Senats vom 3. April 2001
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-- 1 BvL 32/97 -- | |
in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung, ob § 10 Abs. 1 Satz 1 des Bundesurlaubsgesetzes vom 8. Januar 1963 (BGBl I S. 2), neugefasst mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 durch das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1476), insoweit verfassungswidrig ist, als er bestimmt, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, von je fünf Tagen, an denen der Arbeitnehmer infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation (§ 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes) an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, die ersten zwei Tage auf den -- vorliegend -- tarifvertraglichen Erholungsurlaub anzurechnen, -- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 26. September 1997 (3 Ca 489/97).
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Entscheidungsformel:
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§ 10 Absatz 1 Satz 1 des Bundesurlaubsgesetzes in der Fassung des Arbeitsrechtlichen Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) vom 25. September 1996 (Bundesgesetzblatt I Seite 1476) war für die Dauer seiner Geltung mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Gründe: | |
A. | |
Das Verfahren betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung des Bundesurlaubsgesetzes (im Folgenden: BUrlG), nach der bestimmte Kuren in begrenztem Umfang auf den Erholungsurlaub angerechnet werden konnten. Das vorlegende Gericht hält die Regelung für unvereinbar mit Art. 9 Abs. 3 GG, weil sie in bestehende Tarifverträge eingreife. Die Norm hat von 1996 bis 1998 gegolten.
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I.
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1. Nach § 10 BUrlG in der vor dem Jahre 1996 geltenden Fassung durften Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation nicht auf den Urlaub angerechnet werden, soweit ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall [Entgeltfortzahlungsgesetz] vom 26. Mai 1994,BGBl I S. 1014, 1065 ; im Folgenden: EFZG) bestand. Diese Regelung wurde durch Art. 2 Nr. 1 des Arbeitsrechtlichen Gesetzes zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1476); (im Folgenden: ArbBeschFG) mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 geändert. Danach konnten von je fünf Tagen bestimmter Kuren zwei auf den Erholungsurlaub angerechnet werden, allerdings nur bis zur Grenze des gesetzlichen Mindesturlaubs. § 10 BUrlG lautete nach der Änderung:
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(1) Der Arbeitgeber ist berechtigt, von je fünf Tagen, an denen der Arbeitnehmer infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation (§ 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes) an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, die ersten zwei Tage auf den Erholungsurlaub anzurechnen. Die angerechneten Tage gelten als Urlaubstage; insoweit besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Satz 1 gilt nicht
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1. bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nach § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes,
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2. für Maßnahmen, deren unmittelbarer Anschluß an eine Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig ist (Anschlußrehabilitation); als unmittelbar gilt auch, wenn die Maßnahme innerhalb von 14 Tagen beginnt,
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3. für Vorsorgekuren für Mütter nach § 24 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie für Müttergenesungskuren nach § 41 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch,
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4. für Kuren von Beschädigten nach § 11 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes.
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(2) Durch die Anrechnung nach Absatz 1 dürfen der gesetzliche Jahresurlaub nach § 3 Abs. 1, § 19 des Jugendarbeitsschutzgesetzes und den §§ 53, 54 des Seemannsgesetzes sowie der Zusatzurlaub nach § 47 des Schwerbehindertengesetzes nicht unterschritten werden.
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(3) Soweit eine Anrechnung auf den Erholungsurlaub nach Absatz 1 nicht oder nur teilweise möglich ist, weil der Arbeitnehmer den für die Anrechnungsmöglichkeit des Arbeitgebers zur Verfügung stehenden Urlaub ganz oder teilweise bereits erhalten hat, darf der Arbeitgeber eine Anrechnung auf den Urlaub des nächsten Kalenderjahres vornehmen. Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend.
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Diese Regelung ging zurück auf einen Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. (BTDrucks 13/4612). Zur Begründung hieß es unter anderem (a.a.O., S. 1 ff.):
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A. Problem
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Die Arbeitslosigkeit in Deutschland hat mit über vier Millionen Arbeitslosen ein Ausmaß erreicht, das inakzeptabel ist. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, mehr Wachstumsdynamik zu ermöglichen und zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen...
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E. Sonstige Kosten
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...
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Durch die Neuregelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und die Änderung des Urlaubsrechts treten bei den Arbeitgebern bereits ohne Änderung der geltenden Tarifverträge Entlastungen in Höhe von rund 3,6 Mrd. DM ein. Demgegenüber entstehen Mindereinnahmen der Sozialversicherungsträger durch geringere Beiträge in Höhe von rund 1 Mrd. DM. Die zu erwartenden Mehreinnahmen der Sozialversicherungsträger durch zusätzliche Beschäftigung können nicht quantifiziert werden...
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Im Allgemeinen Teil der Begründung (a.a.O., S. 8) betonten die Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. ihre Entschlossenheit, zusätzliche und attraktive Arbeitsplätze zu schaffen und hierzu mit leistungs- und beschäftigungsfreundlicheren Rahmenbedingungen ihren Beitrag zu leisten. Sie verbanden damit die Erwartung, dass die Tarifvertragsparteien die hieraus entstehenden Freiräume für ein am Vorrang für Beschäftigung orientiertes Verhalten nutzten. Weiter hieß es (a.a.O., S. 11):
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Die Neuregelung dient als Flankierung der Bestrebungen in der Sozialversicherung, den Umfang der Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Durch das Anrechnen von Urlaubstagen wird eine stärkere Selbstbeteiligung des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme dieser Maßnahmen erreicht. Eine solche Anrechnung ist in Anbetracht der durchschnittlichen Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs vertretbar. Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers ist in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen. Er betrug im Jahr 1973 durchschnittlich 21 Tage; zur Zeit beträgt er in den alten Bundesländern durchschnittlich 29,5 und in den neuen Bundesländern durchschnittlich 27,5 Arbeitstage. Durch den Einsatz von Urlaubstagen wird zudem das Bewußtsein des Arbeitnehmers für die Kostenträchtigkeit von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation gestärkt.
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2. Von § 10 BUrlG betroffen war nur der Arbeitnehmer in einer Vorsorge- oder Rehabilitationskur, der nicht arbeitsunfähig war und einen tariflichen oder einzelvertraglichen Anspruch auf Erholungsurlaub von mehr als 24 Werktagen hatte. Dies beruhte auf der Absicherung des gesetzlichen Mindesturlaubs nach § 3 Abs. 1 BUrlG und den in § 10 Abs. 1 Satz 3 BUrlG bestimmten Ausnahmen. Sonderbestimmungen gab es auch für Jugendliche, deren Mindesturlaub nach § 19 JArbSchG länger ist als der Mindesturlaub für Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 BUrlG, und bezüglich des Zusatzurlaubs nach § 47 SchwbG (vgl. § 10 Abs. 2 BUrlG). Der Arbeitnehmer musste auf Grund sozialrechtlicher Vorschriften von der Arbeitspflicht befreit und der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet gewesen sein. Bei Anrechnung hatte der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, sondern einen Anspruch auf ein nach § 11 Abs. 1 BUrlG zu bemessendes Urlaubsentgelt. Gegenstand der Anrechnung war der Erholungsurlaub. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG konnte von den vorstehenden Vorschriften in Tarifverträgen abgewichen werden.
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3. Durch Art. 8 Nr. 1, Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl I S. 3843) ist mit Wirkung vom 1. Januar 1999 die ursprüngliche Fassung des § 10 BUrlG wieder hergestellt worden. Für Kuren, die nach dem 9. Dezember 1998 angetreten wurden, bestimmt Art. 8 Nr. 2, dass grundsätzlich die seit dem 1. Januar 1999 geltenden Vorschriften maßgebend sind.
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II.
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Die Parteien des Ausgangsverfahrens streiten darüber, ob die beklagte Stadt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG berechtigt war, Tage einer vom Kläger in Anspruch genommenen medizinischen Rehabilitationsmaßnahme auf seinen tariflichen Erholungsurlaub für 1997 anzurechnen. Dem Kläger steht ein tariflicher Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen zu. Darüber hinaus hat er als Schwerbehinderter nach § 47 SchwbG einen Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr.
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Vom 10. Juni 1997 bis zum 30. Juni 1997 befand sich der Kläger, ohne arbeitsunfähig krank zu sein, in einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Dabei handelte es sich weder um eine Anschlussrehabilitation noch um eine Kur nach § 11 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes. Die Beklagte rechnete ihm für die 15 Arbeitstage dauernde Kur nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sechs Urlaubstage auf seinen tariflichen Erholungsurlaub für 1997 an.
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Mit seiner Klage will der Kläger festgestellt wissen, dass ihm für das Urlaubsjahr 1997 diese sechs Tage als Erholungsurlaub zustehen.
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Das Arbeitsgericht hat das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
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ob § 10 Abs. 1 Satz 1 des Bundesurlaubsgesetzes vom 8. Januar 1963 (BGBl I S. 2), neugefasst mit Wirkung vom 1. Oktober 1996 durch das Arbeitsrechtliche Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (Arbeitsrechtliches Beschäftigungsförderungsgesetz) vom 25. September 1996 (BGBl I S. 1476), insoweit verfassungswidrig ist, als er bestimmt, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, von je fünf Tagen, an denen der Arbeitnehmer infolge einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation (§ 9 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes) an seiner Arbeitsleistung verhindert ist, die ersten zwei Tage auf den -- vorliegend -- tarifvertraglichen Erholungsurlaub anzurechnen.
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Das Arbeitsgericht ist überzeugt, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG in unzumutbarer Weise in Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG eingreift.
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Die zulässige Klage sei bei Unwirksamkeit des § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG begründet, weil die Beklagte dann zu Unrecht sechs Tage Erholungsurlaub auf den tarifvertraglichen Erholungsurlaub des Klägers für 1997 angerechnet habe, bei Wirksamkeit der Vorschrift aber unbegründet. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finde der Bundes-Manteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG Anwendung. Der BMT-G II enthalte weder ein ausdrückliches noch ein konkludentes Anrechnungsverbot, das notwendig sei, um die nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG tarifdispositiv ausgestaltete gesetzliche Anrechnungsbefugnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zu verdrängen.
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§ 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sei mit Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren. Das Grundrecht enthalte ein Freiheitsrecht der Koalitionen selbst und schütze den Bestand und die organisatorische Ausgestaltung sowie solche Betätigungen der Koalitionen, die darauf gerichtet seien, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern. Dieser Schutz erstrecke sich auf das Aushandeln von Tarifverträgen. Der Staat überlasse den Koalitionen die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Zu diesem Bereich gehörten auch Regelungen des Urlaubs. Hieran gemessen greife § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG in das Grundrecht ein. Die tarifvertragliche Festlegung der Dauer des Erholungsurlaubs werde als Ergebnis koalitionsmäßiger Betätigung durch die gesetzliche Anrechnungsbefugnis einseitig zur Disposition des Arbeitgebers gestellt. Das stehe im Widerspruch zu dem die Tarifautonomie ausgestaltenden § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Die Unabdingbarkeit der Tarifnormen gehöre zum Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Anrechnungsbefugnis bewirke eine teilweise inhaltliche Änderung des Tarifvertragsgesetzes mit der Konsequenz, dass die Änderung des Ausgestaltungsbereichs des Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG gleichfalls einen Eingriff in den Schutzbereich der Tarifautonomie darstelle.
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Der Eingriff in Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG sei nicht gerechtfertigt. Die mit dem ArbBeschFG und namentlich mit § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verfolgten Ziele hätten zwar Verfassungsrang. Vorrangiges Ziel sei der vom Sozialstaatsprinzip und durch Art. 109 Abs. 2 GG gebotene Abbau von Arbeitslosigkeit. Daneben solle die finanzielle Stabilität der Träger der Sozialversicherung gesichert werden. Auch dies sei ein verfassungsrechtlich geschützter Gemeinwohlbelang. § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sei unter Berücksichtigung des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers auch nicht schlechthin ungeeignet, diese Ziele zu fördern. Ebenso sei § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG erforderlich, um die gesetzgeberischen Ziele zu erreichen. Die Möglichkeit und Realisierung der beschäftigungspolitischen Zielsetzung sei durch eine Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers im Vergleich zur Alternative der Zuzahlung der Versicherten bei Kurmaßnahmen eher zu erreichen, weil der einzelne Arbeitgeber unmittelbaren Einfluss auf die Senkung der Kosten der Arbeit nur bei einer zu seinen Gunsten ausgestalteten Anrechnungsbefugnis habe. Daraus folge, dass von einer eindeutig gleichwertigen Alternative zur umstrittenen Anrechnungsbefugnis nicht gesprochen werden könne.
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Der Eingriff stehe aber außer Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung von Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG. Das ergebe die Gesamtabwägung zwischen den durch den Eingriff betroffenen Interessen einerseits und den rechtfertigenden Gründen andererseits. Der Eingriff in laufende Tarifverträge stelle die schwerste Form eines Eingriffs in die Tarifautonomie dar. Denn bereits entstandene tarifliche Ansprüche würden damit kraft Gesetzes zur einseitigen Disposition des Arbeitgebers gestellt. Das hebe nicht nur die Ordnungs-, sondern auch die Schutzfunktion des Tarifvertrags faktisch auf. Ob dadurch die Ziele der Förderung von Wachstum und Beschäftigung und der Konsolidierung der Sozialversicherung mit Hilfe der Anrechnungsvorschrift erreicht werden können, scheine mehr als fraglich. An der Schwere des Eingriffs ändere nichts, dass die gesetzliche Vorschrift nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG in Tarifverträgen abbedungen werden könne. Um das zu erreichen, würden die Gewerkschaften der Arbeitgeberseite in anderen Bereichen der Arbeitsbedingungen entgegenkommen müssen. Daraus folge auch, dass das durch die Anrechnungsbefugnis herabgesetzte Verhandlungsgleichgewicht im Ergebnis zu einer Perpetuierung des Eingriffs führe. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sei nicht möglich. Eine Auslegung der tarifdispositiven gesetzlichen Anrechnungsbefugnis dahin, dass sie im Verhältnis zum Tarifvertrag nur dann zur Anwendung komme, wenn tarifvertraglich ausdrücklich eine Anrechnungsbefugnis vorgesehen sei, würde mit dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten.
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IV.
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Zu der Vorlage Stellung genommen haben der Erste und der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts, die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands sowie die Parteien des Ausgangsverfahrens.
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1. Beide Senate des Bundesarbeitsgerichts halten § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG für unvereinbar mit Art. 9 Abs. 3 GG. § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG stehe im Widerspruch zu § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Damit bewirke das jüngere Gesetz eine Umgestaltung der durch § 4 Abs. 1 TVG geschützten Tarifautonomie. Dem Arbeitgeber werde durch die Neuregelung das Recht eingeräumt, entstandene tarifliche Ansprüche zu mindern. § 10 BUrlG greife in die von den Tarifvertragsparteien für die Laufzeit des Tarifvertrags ausgehandelten Festlegungen über die Dauer des Jahresurlaubs und in weitere tarifvertragliche Regelungen, etwa über Urlaubsgeld, Arbeitszeit und Sonderzuwendung, ein. Damit werde das ausgewogene Gefüge des im Wege des Nehmens und Gebens ausgehandelten Tarifvertrags gestört. Zwar verleihe Art. 9 Abs. 3 GG den Tarifvertragsparteien kein Normsetzungsmonopol, aber ein Normsetzungsrecht für die Urlaubsdauer und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen. Gehöre das Aushandeln von Tarifverträgen zu den wesentlichen Zwecken der Koalition, bedürften Tarifverträge, die als Verhandlungsergebnis typischerweise im Wege von "Paketlösungen" zustande kämen, eines besonderen Bestandsschutzes.
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Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie stehe nicht unter Gesetzesvorbehalt. Sie könne durch Gesetz eingeschränkt werden, wenn der Gesetzgeber sich dabei auf Grundrechte Dritter oder andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechte stützen könne und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahre. Angesichts der vorliegenden Unbestimmtheit der Mittel zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels verdiene die Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit besondere Aufmerksamkeit. Die Regelung möge nicht schlechthin ungeeignet sein, über eine Senkung der Lohnzusatzkosten das Ziel der Beschäftigungsförderung zu verfolgen. § 10 BUrlG sei aber nicht erforderlich. Das über die Verringerung von Lohnnebenkosten angestrebte Ziel der Schaffung von mehr Arbeitsplätzen hätte ohne Eingriff in die Tarifautonomie durch Absenken oder teilweise Aufhebung der gesetzlichen Entgeltfortzahlung für Maßnahmen im Sinne des § 9 EFZG sachnäher verfolgt werden können. Dabei hätte auch durch Erhöhung der Zuzahlung, differenziert nach medizinischer Notwendigkeit, die Absicht des Gesetzgebers, das Bewusstsein der Arbeitnehmer für die Kostenträchtigkeit zu stärken und zugleich die finanzielle Stabilität der Sozialversicherungsträger zu erhöhen, umgesetzt werden können.
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Maßgeblich für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit sei nicht der einzelne Arbeitnehmer, sondern die Partei des Tarifvertrags, in deren Verhandlungsergebnis eingegriffen werde. Hier werde die Gewerkschaft besonders empfindlich dadurch getroffen, dass ihr Verhandlungsergebnis, das durch Nachgeben in vielen Punkten erreicht sei, nachträglich entwertet werde. Die Attraktivität, Gewerkschaftmitglied zu werden oder zu bleiben, sei beeinträchtigt. Angesichts der nur unbestimmten Hoffnung des Gesetzgebers auf die Erreichung seiner Ziele, für die es bislang keine empirischen Grundlagen gebe, sei der Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie insgesamt unangemessen.
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2. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist der Auffassung, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG mit Art. 9 Abs. 3 GG in Einklang steht. Durch die Vorschrift habe der Gesetzgeber seine Auffassung zur Zweckidentität oder zumindest Zweckähnlichkeit von Erholungsurlaub und bestimmten Kurmaßnahmen festgeschrieben. Kuren und Urlaub näherten sich hinsichtlich des Erholungswerts und des Auffrischens der Kräfte einander an.
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Ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG liege nicht vor. Die Länge des tariflichen Urlaubsanspruchs bleibe von § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG unangetastet. Die Koalitionen würden durch Art. 9 Abs. 3 GG nicht davor geschützt, dass tarifliche Normen, die dem Arbeitnehmerschutz dienten, an Bedeutung verlören, weil deren Tatbestandsvoraussetzungen durch eine Gesetzesänderung teilweise hinfällig geworden seien. Selbst wenn man einen Eingriff in die Tarifautonomie bejahen wolle, sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Der Gesetzgeber hätte Kuren erheblich einschränken oder zumindest eine rein sozialversicherungsrechtliche Lösung unter unbezahlter Freistellung durch den Arbeitgeber einführen können. Dann hätte der Arbeitnehmer für jeden Tag einer Kur ohne Arbeitsunfähigkeit einen vollen Urlaubstag aufwenden müssen, um in den Genuss der Entgeltfortzahlung zu kommen. Das hätte wirtschaftlich einer vollen Anrechnung entsprochen. Wenn aber schon diese Möglichkeit wegen des Rechts des Gesetzgebers zur Rückholung der Regelungsmaterie in das Sozialversicherungsrecht nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG verstoße, könne das erst recht nicht für die mildere Regelung gelten.
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4. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG für verfassungswidrig. Arbeitnehmer, denen nur der gesetzliche Jahresurlaub zustehe, seien nicht betroffen. Gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmern würden so unzulässige Sonderopfer abverlangt. Tarifvertragliche Urlaubsregelungen seien nichts anderes als gewendete tarifliche Lohnerhöhungen. § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG enthalte deshalb eine gesetzliche Umwertung der in der Tarifverhandlung erreichten Einigung. Unter Durchbrechung von Bestandsschutz und Missachtung der staatlichen Neutralitätspflicht würden die Tarifverträge durch die ersatzlose Vernichtung von Urlaub gestört. Weder das Sozialstaatsprinzip noch Art. 109 Abs. 2 GG könnten als kollidierendes Verfassungsrecht den Eingriff in die Tarifautonomie rechtfertigen. Würde jede Entlastung der Arbeitgeber von Lohnkosten als Staatspflicht zur Arbeitsplatzbeschaffung ausreichen, ließe sich auch ein staatliches Lohndiktat rechtfertigen. Im Übrigen scheitere § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Vorschrift sei nicht geeignet, die Ziele des Gesetzgebers zu fördern. Der Eingriff durch § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sei auch nicht erforderlich, da es andere Möglichkeiten zur Einsparung gegeben hätte. Ferner sei der Eingriff unzumutbar.
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5. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft teilt die Auffassung des vorlegenden Arbeitsgerichts. Die Anrechnung auf den Erholungsurlaub sei ein schwerwiegender Eingriff in die Tarifautonomie und verstoße gegen Art. 9 Abs. 3 GG. Der tarifliche Urlaubsanspruch werde durch die Neuregelung faktisch in Höhe der Anrechnung gestrichen. In die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie werde insofern eingegriffen, als durch die Anrechnungsbefugnis auf das Verhandlungsgleichgewicht der Tarifpartner Einfluss genommen werde. Zwar sei es den Tarifpartnern nach § 13 Abs. 1 BUrlG möglich, von der Anrechnungsbefugnis abzuweichen. Zugunsten der Arbeitnehmer abweichende tarifliche Regelungen würden jedoch nur um den Preis anderer Zugeständnisse der Gewerkschaften möglich sein.
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6. Der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands folgt im Ergebnis dem Arbeitsgericht. Der Eingriff in die Tarifautonomie sei unverhältnismäßig.
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7. Der Kläger des Ausgangsverfahrens schließt sich der Auffassung des Arbeitsgerichts von der Verfassungswidrigkeit des § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG im Ergebnis an, während die Beklagte ausführt, Art. 9 Abs. 3 GG schütze die Koalitionsfreiheit nur in ihrem Kernbereich und sei hier nicht verletzt.
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§ 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG war für die Dauer seiner Geltung mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar.
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1. Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur den Einzelnen in seiner Freiheit, eine Vereinigung zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen (vgl. BVerfGE 50, 290 [373 f.]; 84, 212 [224], 100, 271 [282]). Der Schutz erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen (vgl. BVerfGE 93, 352 [358]) und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen (vgl. BVerfGE 94, 268 [283] m.w.N.). Der Staat enthält sich in diesem Betätigungsfeld grundsätzlich einer Einflussnahme (vgl. BVerfGE 38, 281 [305 f.]) und überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen, die sie autonom durch Vereinbarungen treffen (vgl. BVerfGE 44, 322 [340 f.]). Zu den der Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören insbesondere das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (vgl. BVerfGE 94, 268 [283]; 100, 271 [282]), wie etwa die Dauer von Arbeit und Urlaub.
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2. Dieser Schutzbereich wird durch die zur Prüfung vorgelegte Regelung beeinträchtigt, soweit sie dem Arbeitgeber ermöglicht, auf das tarifvertraglich erzielte Ergebnis zuzugreifen. § 10 Abs. 2 BUrlG ergibt, dass sich die Anrechnung auf den tarifvertraglich oder einzelvertraglich vereinbarten Mehrurlaub beziehen soll. Gerade das war das Ziel des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 13/4612, S. 15). Die Anrechnungserklärung des Arbeitgebers beseitigt die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG zwingende Wirkung der tarifvertraglichen Norm über die Dauer der Arbeitsfreistellung für den Erholungsurlaub. Die tarifvertragliche Festlegung der Dauer des Erholungsurlaubs wird durch die Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers teilweise zu dessen Disposition gestellt.
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Damit wird das von den Tarifparteien erstrittene Verhandlungsergebnis zu Lasten der Gewerkschaften geändert. Das trifft diese empfindlich, da sie ein solches Verhandlungsergebnis regelmäßig durch Nachgeben in anderen Punkten erreichen. Ihr Erfolg in der Auseinandersetzung mit der Arbeitgeberseite wird insofern nachträglich teilweise entwertet. Das kann ihre Verhandlungsposition für die Zukunft ebenso schwächen wie ihre Attraktivität, Mitglieder zu werben oder zu erhalten.
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Die Beeinträchtigung der Tarifautonomie entfällt nicht dadurch, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers als solcher erhalten bleibt und eine Anrechnungsmöglichkeit nur für Tage gilt, in denen er sich entscheidet, eine Kur anzutreten, ohne arbeitsunfähig krank zu sein. Solche Kuren sind gleichwohl kein Urlaub im üblichen Sinne. Inhalt eines Erholungsurlaubs ist die Möglichkeit für den Arbeitnehmer, anstelle der geschuldeten Arbeitsleistung die ihm kraft des Urlaubsanspruchs zustehende Freizeit selbstbestimmt zur Erholung zu nutzen (vgl. BAGE 50, 124 [128]). Aus der Sicht des Arbeitnehmers zählt, dass ihm diese Möglichkeit für die angerechneten Tage genommen wird. Damit hat der von den Gewerkschaften erzielte Verhandlungserfolg für ihn nur noch eine abgeschwächte Bedeutung.
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Allerdings wirkt das Gesetz auf den tariflich vereinbarten Urlaubsanspruch nicht automatisch ein. Vorausgesetzt ist zum einen die Entscheidung des Arbeitnehmers, eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation in Anspruch zu nehmen, und zum anderen die des Arbeitgebers, von der Anrechnungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Werden diese Entscheidungen aber getroffen, treten die beeinträchtigenden Wirkungen ein. Dies ist mit Blick auf die Tarifautonomie von schwerwiegender Bedeutung, da das Gesetz dem Arbeitgeber eine Dispositionsbefugnis über den tariflichen Urlaubsanspruch einräumt. Der Arbeitgeber kann also eine mit der Gewerkschaft ausgehandelte Tarifposition einseitig verändern. Die darin liegende Beeinträchtigung der Tarifautonomie entfällt nicht dadurch, dass der Gesetzgeber möglicherweise vergleichbare Ergebnisse mit anderen -- arbeits- oder sozialrechtlichen -- Regelungen hätte erreichen können, die Art. 9 Abs. 3 GG unberührt gelassen hätten. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber eine Konstruktion gewählt hat, die einseitige Einwirkungsmöglichkeiten auf das Tarifergebnis einräumt.
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3. Die Regelung ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
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Die in Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Koalitionsfreiheit kann, obwohl sie ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, jedenfalls zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eingeschränkt werden, denen gleichermaßen verfassungsrechtlicher Rang gebührt (vgl. BVerfGE 84, 212 [228]; 100, 271 [283]). Dem Gesetzgeber ist es, wenn solche Gründe vorliegen, grundsätzlich nicht verwehrt, Fragen zu regeln, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können (vgl. BVerfGE 94, 268 [284]; 100, 271 [283]). Art. 9 Abs. 3 GG verleiht den Tarifvertragsparteien in dem für tarifvertragliche Regelungen offen stehenden Bereich zwar ein Normsetzungsrecht, aber kein Normsetzungsmonopol. Der Gesetzgeber bleibt befugt, das Arbeitsrecht zu regeln (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG). Damit verbundene Beeinträchtigungen der Tarifautonomie sind verfassungsgemäß, wenn der Gesetzgeber mit ihnen den Schutz der Grundrechte Dritter oder anderer mit Verfassungsrang ausgestatteter Belange bezweckt und wenn sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.
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Diese Voraussetzungen sind hier beachtet.
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a) § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG dient verfassungsrechtlich legitimierten Gemeinwohlbelangen. Die Vorschrift soll zu einem hohen Beschäftigungsstand und zur finanziellen Stabilität der Sozialversicherung beitragen. Das Ziel, Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen, hat auf Grund des Sozialstaatsprinzips Verfassungsrang (vgl. Art. 20 Abs. 1 GG). Der Abbau von Arbeitslosigkeit ermöglicht den zuvor Arbeitslosen, das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu verwirklichen, sich durch Arbeit in ihrer Persönlichkeit zu entfalten und darüber Achtung und Selbstachtung zu erfahren. Insofern wird das gesetzliche Ziel auch von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG getragen (vgl. BVerfGE 100, 271 [284]). Darüber hinaus ist die finanzielle Stabilität des Systems der sozialen Sicherung ein Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung (vgl. BVerfGE 70, 1 [26, 30]; 77, 84 [107]; 82, 209 [230]).
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b) § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist geeignet, einen Beitrag zu einem hohen Beschäftigungsstand und zur finanziellen Stabilität der Sozialversicherung zu leisten. Ein Mittel ist bereits dann im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 63, 88 [115]; 67, 157 [175]; 96, 10 [23]). Auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Wirtschaftsordnung gebührt dem Gesetzgeber ein besonders weitgehender Einschätzungs- und Prognosevorrang (vgl. BVerfGE 25, 1 [17, 19 f.]; 37, 1 [20]; 50, 290 [338]; 51, 193 [208]; 77, 84 [106 f.]; 87, 363 [383]). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will.
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Hieran gemessen erscheint § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht grundsätzlich ungeeignet, die gesetzgeberischen Zwecke zu erreichen. Durch die Anrechnung werden die Arbeitgeber von Kosten entlastet, die sie für nicht geleistete Arbeit bisher zu tragen hatten. Vertretbar sind die Einschätzungen des Gesetzgebers, dass durch verringerte Lohnkosten ein höherer Beschäftigungsstand erreicht werden und die Anrechnung zur Verringerung der Kostenbelastung von Sozialversicherungsträgern beitragen kann. Denn die Regelung wirkt auf eine Zurückhaltung der Arbeitnehmer hin, Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation in Anspruch zu nehmen. Der Verlust von Urlaubstagen kommt einer relativ hohen Kostenbeteiligung gleich. Zwar erhöht sich durch die Anrechnung das jährliche Gesamtvolumen der Arbeitszeit und kann die verringerte Nachfrage nach Kuren den Beschäftigungsstand in Kureinrichtungen reduzieren, dies schließt aber angesichts des weiten Beurteilungsspielraums des Gesetzgebers die Eignung der Regelung nicht aus.
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c) Auch gegen die Erforderlichkeit der Regelung bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Ein Teil der Ziele des Gesetzes hätte zwar möglicherweise ohne Beeinträchtigung bestehender Tarifverträge durch eine Absenkung oder teilweise Aufhebung der gesetzlichen Entgeltfortzahlung für Rehabilitationsmaßnahmen im Sinne des § 9 EFZG oder durch eine Erhöhung der Zuzahlungen erreicht werden können. Es ist jedoch nicht von Verfassungs wegen zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Gesamtheit der von ihm angestrebten Entlastungseffekte durch solche Maßnahmen geringer eingeschätzt hat als die einer Anrechnung von Kurtagen auf den Erholungsurlaub.
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d) Die Regelung ist noch verhältnismäßig im engeren Sinne.
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Allerdings ist die Tarifautonomie in einem Bereich betroffen, in dem Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG eine besonders große Wirkkraft zukommt. In fast allen Branchen und Tarifgebieten gibt es tarifvertragliche Regelungen zu Urlaubsfragen, die durchweg über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen. In Bezug auf solche Regelungen genießt die Tarifautonomie grundsätzlich einen stärkeren Schutz als in Bereichen, die die Koalitionen üblicherweise ungeregelt lassen. Das stellt erhöhte Anforderungen an das Gewicht der Gründe, die die Beeinträchtigung rechtfertigen sollen (vgl. BVerfGE 94, 268 [284 f.]). Maßgeblich für die Beurteilung ist die Position der Partei des Tarifvertrages, zu deren Lasten das Verhandlungsergebnis verändert wird. Auch wenn das Verhandlungsergebnis formal nicht in Frage gestellt wird, werden die Gewerkschaften dennoch dadurch getroffen, dass dessen positive Wirkungen durch Entscheidungen des Arbeitgebers abgeschwächt werden können.
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Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung können allerdings die konkreten Auswirkungen der Regelung auf die Arbeitnehmer nicht außer Betracht bleiben, weil für die Einschätzung eines tarifvertraglichen Verhandlungserfolges und seiner nachträglichen Beeinträchtigung auch die Betroffenheit der Arbeitnehmer von Bedeutung ist. Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich die praktische Bedeutung des § 10 Abs. 1 Satz 1 BUrlG auf Grund des Ausnahmekatalogs in § 10 Abs. 1 Satz 3 BUrlG und der Mindestsicherung des Urlaubs in § 10 Abs. 2 BUrlG auf einen eingeschränkten Anwendungsbereich bezogen hat. Darüber hinaus wären die Folgen anderer dem Gesetzgeber zur Verfügung stehender Regelungen zur Beschäftigungsförderung und finanziellen Sicherung der Sozialversicherung, wie eine Absenkung oder teilweise Aufhebung der gesetzlichen Entgeltfortzahlung für Rehabilitationsmaßnahmen im Sinne des § 9 EFZG oder eine Erhöhung der Zuzahlungen, für die Arbeitnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit stärker belastend gewesen. Die Schwere der Beeinträchtigung wird schließlich dadurch gemindert, dass die Regelung tarifdispositiv war, die Materie daher nicht auf Dauer der Regelung der Tarifparteien entzogen worden ist.
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Demgegenüber stellt die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Verbindung mit der Gewährleistung der finanziellen Stabilität des Systems der sozialen Sicherung ein besonders wichtiges Ziel dar, bei dessen Verwirklichung dem Gesetzgeber gerade unter den gegebenen schwierigen arbeitsmarktpolitischen und haushaltspolitischen Bedingungen ein relativ großer Entscheidungsspielraum zugestanden hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Regelung ein in den praktischen Auswirkungen eher geringfügiger Teil eines verhältnismäßig umfassenden Maßnahmekatalogs gewesen ist und der Gesetzgeber sie schon nach kurzer Zeit wieder aufgehoben hat.
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