BVerfGE 111, 382 - Drei-Länder-Quorum | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 05.04.2022, durch: A. Tschentscher, Dominika Blonski | |||
1. Das Recht der Parteienfinanzierung darf das Entstehen neuer Parteien nicht über Gebühr erschweren und die Betätigung kleiner Parteien nicht unangemessen beeinträchtigen. |
2. § 18 Abs. 4 Satz 3 PartG erschwert das Entstehen kleiner Parteien und ihre Behauptung im politischen Wettbewerb. Die Regelung birgt die Gefahr eines Verlusts der politischen Vielfalt und damit der Einschränkung des Parteienwettbewerbs. |
3. Das "Drei-Länder-Quorum" setzt politische Parteien, deren Programm in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG auf ein einzelnes Land ausgerichtet ist, im politischen Wettbewerb gegenüber länderübergreifend agierenden Mitbewerbern gleichheitswidrig zurück. |
4. Die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG, innerhalb deren eine Maßnahme des Gesetzgebers zulässigerweise angegriffen werden kann, beginnt unter bestimmten Voraussetzungen neu zu laufen, obwohl der Gesetzgeber bei der Änderung des Gesetzes seinen Wortlaut unverändert gelassen hat. |
Urteil |
des Zweiten Senats vom 26. Oktober 2004 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2004 |
-- 2 BvE 1, 2/02 -- |
Entscheidungsformel: |
1. Die Anträge werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. |
2. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben die Rechte der Antragstellerinnen aus Artikel 21 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes durch § 18 Absatz 4 Satz 3 des Parteiengesetzes in der Fassung des Artikels 3 des Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 2268) verletzt, soweit danach Parteien, die bei der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl weniger als 0,5 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erzielt haben, Anspruch auf staatliche Mittel gemäß § 18 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 des Parteiengesetzes nur dann haben, wenn sie bei mindestens drei der jeweils letzten Landtagswahlen 1,0 vom Hundert oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen 5,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben. |
3. Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zu 1. zurückgewiesen. |
Gründe: | |
A. | |
Der Organstreit betrifft im Wesentlichen die durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I S. 2268) mit Wirkung vom 1. Januar 2005 in das Parteiengesetz -- PartG -- aufgenommene Regelung, wonach eine politische Partei, die bei der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl weniger als 0,5 v.H. der abgegebenen gültigen Stimmen erzielt hat, staatliche Zuschüsse zu den eingenommenen Beiträgen und Spenden nur dann erhält, wenn sie bei mindestens drei der jeweils letzten Landtagswahlen 1,0 v.H. oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen 5,0 v.H. der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat.
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Darüber hinaus wendet sich die Antragstellerin zu 1. gegen § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG, der das Erreichen des Mindeststimmenquorums bei einer Wahl zur Voraussetzung für die Bezuschussung der jeweils errungenen Wählerstimmen erhebt.
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I. | |
1. Nachdem das Parteiengesetz in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2615), das staatliche Leistungen an politische Parteien in Form der Wahlkampfkostenerstattung und eines sogenannten Sockelbetrags vorgesehen hatte, vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 9. April 1992 (BVerfGE 85, 264) in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig erklärt worden war, wurde das Recht der Parteienfinanzierung mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I S. 142) neu geordnet. Seither ist an die Stelle der Wahlkampfkostenerstattung ein System der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien getreten. Eine Partei kann daran nur teilnehmen, wenn sie bei der letzten Europawahl oder bei der letzten Bundestagswahl jeweils mindestens 0,5 v.H. oder bei einer der letzten Landtagswahlen mindestens 1,0 v.H. der abgegebenen gültigen Listenstimmen erzielt hat. Gewährt werden zum einen Leistungen nach Maßgabe des Erfolges bei den genannten Wahlen (Wählerstimmenanteil) und zum anderen Zuschüsse zu den eingenommenen Beiträgen und Spenden natürlicher Personen (Zuwendungsanteil).
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Die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien ist in doppelter Weise begrenzt: Zum einen darf die Summe der allen Parteien gezahlten Beträge eine absolute Obergrenze nicht übersteigen (§ 18 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 2 PartG); zum anderen dürfen die staatlichen Leistungen an die jeweilige Partei für ein Jahr nicht höher liegen als die Summe der von ihr in diesem Jahr selbst erwirtschafteten Einnahmen (relative Obergrenze; § 18 Abs. 5 Satz 1 PartG).
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2. Die im Jahr 1995 vom Bundespräsidenten berufene Kommission unabhängiger Sachverständiger, die die Berechnungsgrundlagen und die Auswirkungen der beschriebenen Neuregelung zu überprüfen hatte (vgl. § 18 Abs. 6 und Abs. 7 PartG in der Fassung des Sechsten Änderungsgesetzes), enthielt sich einer konkreten Empfehlung für die Vorschrift des § 18 PartG. Sie stellte in ihrem Bericht (BTDrucks 14/637, S. 21 und 25 f.) aber ein Ungleichgewicht zwischen Wählerstimmenanteil und Zuwendungsanteil fest, das der weiteren Beobachtung bedürfe. Der Zuwendungsanteil habe in den Jahren 1995 bis 1998 regelmäßig etwa 60 v.H. der Summe aus Wähler- und Zuwendungsanteil ausgemacht. Sollte sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren bestätigen, wären nach Auffassung der Kommission die Berechnungsgrundlagen so umzugestalten, dass die staatlichen Leistungen nicht weitgehend schon durch einen hohen Zuwendungsanteil ausgeschöpft werden könnten.
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3. Vor dem Hintergrund von Fehlverhalten im Umgang mit Parteispenden, das im Winter 1999/2000 bekannt geworden war, erteilte der Bundespräsident der Kommission unabhängiger Sachverständiger den Auftrag zu einer umfassenden Prüfung des geltenden Rechts der Parteienfinanzierung. Die Kommission legte mit ihrem Bericht (BTDrucks 14/6710) einen 80 Punkte umfassenden Katalog von Empfehlungen für das Recht der Parteienfinanzierung vor.
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b) Hinsichtlich § 18 Abs. 4 PartG empfahl die Kommission, von Änderungen am Wählerstimmenquorum zur Teilnahme an der staatlichen Teilfinanzierung abzusehen. Zwar werde nicht zu Unrecht beklagt, dass einer kleinen Partei je nach Land schon eine äußerst geringe Zahl von Wählerstimmen ausreiche, um auf alle im Bundesgebiet erzielten Zuwendungen Leistungen nach § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PartG zu erhalten. Gleichwohl werde vorgeschlagen, die geltende Quorumsregelung beizubehalten. Denn einer Verschärfung der Voraussetzungen für den Zugang der Parteien zu staatlichen Leistungen seien enge verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt, weil es um einen Eingriff in die politische Chancengleichheit gehe.
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4. Am 16. April 2002 legten die Bundestagsfraktionen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), der Christlich Demokratischen Union (CDU) und der Christlich-Sozialen Union in Bayern e.V. (CSU), von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Freien Demokratischen Partei (FDP) den Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes vor (BTDrucks 14/8778).
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a) Er sah mehrere Änderungen des § 18 PartG ab dem 1. Juli 2002 vor:
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Die Bezuschussung jeder Wählerstimme sollte künftig von 0,51 Euro auf 0,70 Euro erhöht und die jedes Zuwendungs-Euro von 0,51 Euro auf 0,38 Euro abgesenkt werden. Damit sollte der Forderung der Kommission unabhängiger Sachverständiger nach Gleichgewichtigkeit der beiden Verwurzelungskriterien -- Wählerstimmen einerseits und Zuwendungen andererseits -- nachgekommen werden. Der Wahlbeteiligung und der Entscheidung der Wähler für oder gegen eine Partei sollte auf diese Weise für die Zukunft ein stärkeres Gewicht an der staatlichen Teilfinanzierung gesichert werden.
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Weiterhin sollte die Erstattung für die ersten vier Millionen Wählerstimmen von 0,66 Euro auf 0,85 Euro je Stimme angehoben werden, um dem Bedürfnis nach einem erhöhten Finanzbedarf für die Öffentlichkeitsarbeit der Parteien Rechnung zu tragen, die zwar über einen nicht unerheblichen Zuspruch bei den Wählern verfügten, dennoch aber wegen der 5 v.H.-Sperrklausel keinen Parlamentssitz erringen könnten.
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b) Schließlich sah der Entwurf in § 18 Abs. 4 PartG die Einführung eines "Drei-Länder-Quorums" zum 1. Januar 2005 vor. Danach sollten die Parteien bei Landtagswahlen nur dann noch an der vollen staatlichen Teilfinanzierung unter Berücksichtigung ihres Zuwendungsanteils teilnehmen können, wenn sie das Stimmenquorum von 1,0 v.H. bei mindestens drei Landtagswahlen erfüllen oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen 5,0 v.H. der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreichen.
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In der Begründung zum Gesetzentwurf wurde ausgeführt, diese Regelung vereinheitliche die staatliche Teilfinanzierung unter bundespolitischen Aspekten. Nach der derzeitigen Rechtslage führe das Quorum bei Landtagswahlen zu unterschiedlichen Anforderungen an die Zahl der Wählerstimmen in kleinen und großen Ländern. Die bisherige Regelung verleite kleine, radikale Parteien, sich für Wahlen bewusst die Stadtstaaten auszusuchen, um mit möglichst geringem Aufwand an der staatlichen Teilfinanzierung teilnehmen zu können. Weil die Parteien damit unabhängig vom Land, in dem sie sich an der Wahl beteiligen, den gleichen Vorteil aus der bundesweiten Abrechnung des Zuwendungsanteils zögen, sei eine dauerhafte Privilegierung dieses Verhaltens untragbar. Das "Drei-Länder-Quorum" stelle künftig sicher, dass Parteien, die an der vollen staatlichen Teilfinanzierung unter Berücksichtigung ihrer bundesweit erlangten Zuwendungen teilnähmen, auch auf Grund ihrer bundespolitischen Bedeutung wahrnehmbar blieben. Parteien, die nur in einem Land verwurzelt seien, würden -- wenn auch mit Einschränkungen -- gleichwohl weiterhin in die staatliche Teilfinanzierung einbezogen, weil der Wählerstimmenanteil von der Neuregelung nicht berührt werde.
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5. a) Der Gesetzentwurf blieb im Gesetzgebungsverfahren im Wesentlichen unverändert. § 18 PartG erhielt durch Art. 1 Nr. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes (8. PartGÄndG, BGBl. 2002 I S. 2268) folgende Fassung, die am 1. Juli 2002 in Kraft trat:
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(1) Die Parteien erhalten Mittel als Teilfinanzierung der allgemein ihnen nach dem Grundgesetz obliegenden Tätigkeit. Maßstäbe für die Verteilung der staatlichen Mittel bilden der Erfolg, den eine Partei bei den Wählern bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen erzielt, die Summe ihrer Mitgliedsbeiträge sowie der Umfang der von ihr eingeworbenen Spenden.
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(2) Das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel, das allen Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, beträgt 133 Millionen Euro (absolute Obergrenze).
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(3) Die Parteien erhalten jährlich im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung
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1. 0,70 Euro für jede für ihre jeweilige Liste abgegebene gültige Stimme oder
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2. 0,70 Euro für jede für sie in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebene gültige Stimme, wenn in einem Land eine Liste für diese Partei nicht zugelassen war, und
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3. 0,38 Euro für jeden Euro, den sie als Zuwendung (eingezahlter Mitglieds- oder Mandatsträgerbeitrag oder rechtmäßig erlangte Spende) erhalten haben; dabei werden nur Zuwendungen bis zu 3 300 Euro je natürliche Person berücksichtigt.
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Die Parteien erhalten abweichend von den Nummern 1 und 2 für die von ihnen jeweils erzielten bis zu 4 Millionen gültigen Stimmen 0,85 Euro je Stimme.
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(4) Anspruch auf staatliche Mittel gemäß Absatz 3 Nr. 1 und 3 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert oder einer Landtagswahl 1,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben; für Zahlungen nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 muss die Partei diese Voraussetzungen bei der jeweiligen Wahl erfüllen. Anspruch auf die staatlichen Mittel gemäß Absatz 3 Nr. 2 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis 10 vom Hundert der in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben. (...)
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(5) Die Höhe der staatlichen Teilfinanzierung darf bei einer Partei die Summe der Einnahmen (...) nicht überschreiten (relative Obergrenze). Die Summe der Finanzierung aller Parteien darf die absolute Obergrenze nicht überschreiten.
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(6) bis (8)...
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b) Gemäß Art. 3 und Art. 6 Abs. 3 des 8. PartGÄndG ist § 18 Abs. 4 PartG ab dem 1. Januar 2005 in folgender Fassung anzuwenden:
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Anspruch auf staatliche Mittel gemäß Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert oder einer Landtagswahl 1,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben; für Zahlungen nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 muss die Partei die Voraussetzungen bei der jeweiligen Wahl erfüllen. Anspruch auf die staatlichen Mittel gemäß Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis 10 vom Hundert der in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben. Anspruch auf staatliche Mittel gemäß Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 haben Parteien, die nach dem endgültigen Wahlergebnis der jeweils letzten Europa- oder Bundestagswahl mindestens 0,5 vom Hundert oder bei mindestens drei der jeweils letzten Landtagswahlen 1,0 vom Hundert oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen 5,0 vom Hundert der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben (...).
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II. | |
1. a) Die Antragstellerin zu 1. hat nach ihrer Gründung am 12. Juli 1989 erstmals im Jahr 1990 und nachfolgend an allen weiteren Wahlen zum Deutschen Bundestag teilgenommen. Hierbei erzielte sie 0,8 v.H. (1990), 0,5 v.H. (1994), 0,3 v.H. (1998) und 0,2 v.H. (2002) der Zweitstimmen. Bei den Europawahlen kam sie auf einen Stimmenanteil von 0,8 v.H. (1994), 0,4 v.H. (1999) und 1,2 v.H. (2004).
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b) Die Antragstellerin zu 2. wurde am 10./11. Oktober 1981 gegründet und nahm seit 1990 bundesweit an den Wahlen zum Deutschen Bundestag teil. Dabei errang sie 0,4 v.H. (1990 und 1994), 0,2 v.H. (1998) und 0,1 v.H. (2002) der Zweitstimmen. Bei den Europawahlen erhielt sie einen Stimmenanteil von 0,8 v.H. (1994), 0,4 v.H. (1999) und 0,6 v.H. (2004).
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c) Bei den Wahlen zu den Landtagen in den zurückliegenden zehn Jahren errangen die Antragstellerinnen folgende Zweitstimmenanteile (s. Tabelle S. 390):
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[Die Tabelle wird in der DFR-Ausgabe nicht angezeigt.]
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2. Beide Antragstellerinnen nehmen am System der staatlichen Teilfinanzierung der politischen Parteien teil.
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a) Bei der letzten Festsetzung für das Jahr 2003 (Stand: 2. Februar 2004) entfielen auf die Antragstellerin zu 1. rechnerisch ein Wählerstimmenanteil von 18.779,05 Euro und ein Zuwendungsanteil von 563.768,37 Euro. Unter Berücksichtigung der absoluten und der relativen Obergrenze erhielt sie insgesamt 464.000,09 Euro (Bericht der Verwaltung des Deutschen Bundestages über die staatliche Parteienfinanzierung sowie die endgültige Festsetzung der Mittel für das Jahr 2003 -- Anlage 2 --; http://www.bundestag.de/bic/finanz/index.html).
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b) Für die Antragstellerin zu 2. errechnete sich für das Festsetzungsjahr 2003 ein Wählerstimmenanteil von 85.044,20 Euro und ein Zuwendungsanteil von 544.531,84 Euro. Unter Berücksichtigung der absoluten und der relativen Obergrenze ergab sich hieraus ein Zahlungsbetrag von 501.458,47 Euro (Bericht der Verwaltung des Deutschen Bundestages, a.a.O.).
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III. | |
1. Am 1. Juli 2002 hat die Antragstellerin zu 1. mit den im Rubrum wiedergegebenen Anträgen Organklage erhoben. Sie rügt eine Verletzung von Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
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a) Das mit dem Antrag zu 1. angegriffene "Drei-Länder-Quorum" stelle ihre Existenz in Frage. Da sie den Einzug in ein Parlament bisher nicht erreicht habe, sei sie zu ihrer Finanzierung in besonderem Maße auf Beiträge und Spenden angewiesen. Entsprechend entfielen die ihr zugeflossenen staatlichen Mittel überwiegend auf den Zuwendungsanteil. Im Falle vergleichbarer Wahlerfolge müsse sie künftig unter der Geltung des "Drei-Länder-Quorums" finanzielle Einschnitte befürchten, die sich nicht mehr verkraften ließen.
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Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, der es rechtfertigen könnte, eine Partei vom Zuwendungsanteil auszuschließen, wenn sie durch einen Wahlerfolg von 1,0 v.H. auf Landesebene oder von 0,5 v.H. auf Bundesebene ihre politische Ernsthaftigkeit bewiesen habe.
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Die Erwägungen der Antragsgegner aus dem Gesetzgebungsverfahren könnten ihre Benachteiligung verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen: Für eine Partei sei es keineswegs leichter, in einem kleinen Land 1,0 v.H. der Wählerstimmen zu gewinnen als in einem größeren Land. Eine Sonderregelung von der Art des "Drei-Länder-Quorums" sei allenfalls dann zulässig, wenn sich eine Partei in missbräuchlicher Weise nur in einem Land zur Wahl stelle, um Mittel nach § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PartG vereinnahmen zu können. Sie selbst müsse sich ein solches Verhalten indes nicht vorwerfen lassen; denn sie habe in der Vergangenheit auch in bevölkerungsreicheren Ländern und auf Bundesebene mit hohem finanziellen Aufwand an Wahlen teilgenommen.
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Soweit das "Drei-Länder-Quorum" damit begründet worden sei, die derzeitige Regelung bevorzuge eine Partei, die lediglich in einem Land bei einem Prozent der Wähler Zuspruch finde und gleichwohl bundesweit in den Genuss des Zuwendungsanteils komme, überzeuge dies ebenfalls nicht. Eine Partei, die trotz eines regional beschränkten Wahlerfolgs im gesamten Bundesgebiet Zuwendungen in Form von Beiträgen und Spenden erhalte, erweise sich gerade hierdurch als bundespolitisch bedeutsam. In Wahrheit ziele das "Drei-Länder-Quorum" auf "kleine, radikale Parteien". Diese könnten sich indessen gleichfalls auf den Grundsatz der Chancengleichheit berufen, solange sie nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten worden seien.
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b) Die Verfassungswidrigkeit erfasse auch die durch Art. 1 des Achten Änderungsgesetzes neugefasste Vorschrift des § 18 PartG. Nach § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG blieben bei der Berechnung des Wählerstimmenanteils die Stimmen außer Betracht, die eine Partei in Wahlen auf sich vereinige, in denen sie das in § 18 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz PartG bezeichnete Quorum nicht erreiche. Sie selbst erziele den weit überwiegenden Teil der gewonnenen Wählerstimmen bei solchen Wahlen. Zwar sei die Regelung des § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG schon im Jahr 1994 mit der Einführung des neuen Systems der Parteienfinanzierung in das Parteiengesetz aufgenommen worden. Die Ungleichbehandlung habe sich indessen durch die jetzige Erhöhung des für die Berechnung des Wählerstimmenanteils maßgebenden Satzes von 0,51 Euro und 0,66 Euro auf 0,70 Euro und 0,85 Euro je Wählerstimme verschärft. Hinzu komme, dass diese Erhöhung mit einer Verringerung des Zuwendungsanteils von 0,51 Euro auf 0,38 Euro je berücksichtigungsfähigem Beitrags- und Spenden-Euro einhergehe. Hierdurch würden kleinere, noch nicht in den Parlamenten vertretene Parteien geschwächt; denn diese seien bei der Finanzierung durch den Staat in höherem Maße auf den Zuwendungsanteil angewiesen als die etablierten Parteien, die sich verstärkt auf den Wählerstimmenanteil stützen könnten.
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2. Die Antragstellerin zu 2. hat am 3. September 2002 Organklage erhoben. Sie rügt gleichfalls eine Verletzung von Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG:
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a) Das "Drei-Länder-Quorum" gefährde sie ganz erheblich in ihrer Wettbewerbskraft. Da sie nur bei Wahlen zum Bayerischen Landtag regelmäßig mehr als 1,0 v.H. der Stimmen erhalte, entfielen die staatlichen Mittel, die ihr als kleinerer Partei zuflössen, in erster Linie auf den Zuwendungsanteil. Dieser werde voraussichtlich auch künftig mindestens sechs Siebtel der staatlichen Leistungen betragen und damit rund ein Viertel ihrer Gesamteinnahmen ausmachen.
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b) Es sei verfassungsrechtlich bedenklich, die staatliche Bezuschussung der Zuwendungen von einem Mindeststimmenquorum abhängig zu machen. Das in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannte Interesse, die Ernsthaftigkeit der Beteiligung einer Partei am Prozess der politischen Willensbildung zu gewährleisten und eine missbräuchliche Inanspruchnahme staatlicher Mittel zu verhindern, rechtfertige ein Wählerstimmenquorum allenfalls für die Bezuschussung von Wählerstimmen. Mit dem Zuwendungsanteil werde hingegen die Verwurzelung der politischen Parteien im gesellschaftlich-politischen Bereich, die in Mitgliedsbeiträgen und Spenden von Bürgern zum Ausdruck komme, gefördert. Daher sei es widersprüchlich, einer politischen Partei vorzuwerfen, ihr Bemühen um Beiträge und Spenden von Bürgern sei nicht ernsthaft oder gar rechtsmissbräuchlich, weil ihm allein die Absicht zu Grunde liege, Zuschussansprüche zu erwerben, wenn der Erhalt von solchen Zuwendungen zugleich als Anzeichen für die gesellschaftliche Verwurzelung der Partei erachtet werde. An der politischen Ernsthaftigkeit der Antragstellerin könnten mit Blick auf ihre Wahlerfolge ohnehin keine Zweifel bestehen. Im Übrigen werde der Zuspruch, den kleinere Parteien in der Wählerschaft tatsächlich fänden, in den Wahlergebnissen nur unzureichend widergespiegelt. Die wahlrechtlichen Sperrklauseln hielten viele Bürger aus Sorge, sie "verschenkten" ihre Stimme, davon ab, solche Parteien zu wählen.
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c) Das "Drei-Länder-Quorum" verstoße darüber hinaus gegen die Grundsätze der Offenheit des politischen Prozesses und der Chancengleichheit der politischen Parteien. Es erschwere in unangemessener Weise das Aufkommen neuer Parteien, die sich häufig zunächst in einem Land bildeten. Zudem benachteilige es Regionalparteien, die ihren Schwerpunkt in einem oder zwei Ländern hätten. Die "Fünf-Prozent-Klausel" des neuen § 18 Abs. 4 Satz 3 PartG räume diese Einwände nicht aus; man dürfe nicht davon ausgehen, dass eine junge Partei bei einer Landtagswahl bereits im ersten Anlauf 5,0 v.H. der Wähler für sich gewinnen könne.
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d) Weiterhin verstoße die angegriffene Regelung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Zweck der gesetzlichen Neuregelung, "kleine, radikale Parteien" vom Zuwendungsanteil fern zu halten, sei schon als solcher ungeeignet, einen Eingriff in die Chancengleichheit zu rechtfertigen. Die Feststellung, dass eine Partei "radikal" im Sinne des Grundgesetzes sei, obliege allein dem Bundesverfassungsgericht.
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Soweit der Gesetzgeber das Ziel verfolge, nur noch Parteien mit "wahrnehmbarer bundespolitischer Bedeutung" den Zuwendungsanteil zu gewähren und so kleine Parteien, die durch ihre gezielte Wahlteilnahme in Stadtstaaten auf missbräuchliche Weise Zugang zum Zuwendungsanteil der staatlichen Teilfinanzierung suchten, vom Erhalt dieser Mittel auszuschließen, fehle es an der Erforderlichkeit des "Drei-Länder-Quorums". Denn dieses lasse die unterschiedliche Größe der Länder außer Betracht. So habe sie, die Antragstellerin zu 2., bei der 1998 durchgeführten Landtagswahl in Bayern mit einem Zweitstimmenanteil von 1,0 v.H. mehr Wähler für sich gewinnen können als dies mit gleichem Wahlergebnis bei den letzten Landtagswahlen in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen und im Saarland zusammen möglich gewesen wäre. Wenn in den Augen des Gesetzgebers schon ein Wahlerfolg von 1,0 v.H. in drei kleinen Ländern ausreiche, einer Partei bundespolitische Bedeutung beizumessen, müsse diese erst recht einer Partei zuerkannt werden, der es gelungen sei, in einem großen Land 1,0 v.H. der Wählerstimmen auf sich zu vereinigen.
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e) Letztlich verletze die Neuregelung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Die Offenheit des politischen Prozesses und die Wahrung der Chancengleichheit der politischen Parteien seien Belange, die weitaus schwerer wögen als das Interesse, ausschließlich Parteien mit "wahrnehmbarer bundespolitischer Bedeutung" am Zuwendungsanteil der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien zu beteiligen und eine angeblich missbräuchliche Inanspruchnahme dieses Anteils durch kleinere Parteien zu verhüten.
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IV. | |
Gemäß § 65 Abs. 2 BVerfGG ist dem Bundespräsidenten, dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung Gelegenheit gegeben worden, sich zu dem Organstreitverfahren zu äußern.
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Von dieser Möglichkeit hat der Deutsche Bundestag Gebrauch gemacht und ausgeführt, er halte die Anträge für unbegründet:
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1. a) Dem Gesetzgeber komme bei der Regelung der allgemeinen staatlichen Teilfinanzierung der Parteien ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu. Er sei von Verfassungs wegen gehalten, vor allem eine am Wahlerfolg orientierte abgestufte Behandlung der Parteien vorzusehen. Folglich sei bei der Umsetzung eine Regelung zu bevorzugen, welche die Parteien stimuliere, ihrer Hauptaufgabe verstärkt nachzukommen, die Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung in den Repräsentationsorganen des Volkes zu vermitteln. Die Parteien besäßen ihre Existenzberechtigung nur und in dem Maße, wie sie für Wähler attraktiv erschienen, und hätten das Risiko des Fehlschlagens ihrer Bemühungen selbst zu tragen. Das Bundesverfassungsgericht habe in diesem Zusammenhang in seiner Rechtsprechung (BVerfGE 73, 40 [86]; 85, 264 [288, 292]) betont, das System der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien dürfe nicht so ausgestaltet sein, dass kleine Splitterparteien, die nach der Erfahrung mehrerer Wahlperioden überhaupt keine realistische Chance hätten, in absehbarer Zukunft die "Fünf-Prozent-Hürde" bei einer der Wahlen im Bund oder in den Ländern zu überwinden, ihre Existenz nur noch dem "Finanztropf des Staates" verdankten.
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b) Die mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 neu geordnete Parteienfinanzierung habe zu teilweise korrekturbedürftigen Verwerfungen und Ungleichheiten geführt. So erwirtschafteten die Splitterparteien durch den ihnen in den Wahlen zuteil gewordenen Zuspruch der Wähler inzwischen weniger als ein Fünftel des gesamten staatlichen Zuschusses. Parteimitglieder, die nur einen Bruchteil der Wählerschaft ausmachten, Sympathisanten als Spender und der Staat finanzierten hingegen eine solche Partei zu mehr als vier Fünfteln. Dies verdeutliche, wie sehr kleine Parteien existentiell vom Leistungswillen des Staates abhingen. Dieser Umstand sei weder mit dem Grundsatz der Staatsfreiheit der politischen Parteien noch mit dem hiervon abgeleiteten Prinzip des Vorrangs der Selbst- vor der Staatsfinanzierung vereinbar.
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Im Falle der Antragstellerin zu 1. übersteige der Zuwendungsanteil den Wählerstimmenanteil für das Jahr 1999 um das 24fache, für das Jahr 2001 gar um mehr als das 46fache. Bei der Antragstellerin zu 2. liege im gleichen Zeitraum der Zuwendungsanteil immerhin noch etwa um den Faktor zehn über dem Wählerstimmenanteil. Ein derartiges Missverhältnis widerspreche den Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung. Diese habe für die Gestaltung der Berechnungsgrundlagen der staatlichen Parteienfinanzierung ein Regelungsmodell gefordert, das möglichst zu einem Gleichgewicht von Wählerstimmen- und Zuwendungsanteil führe.
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2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen sei die angegriffene Neufassung des Parteiengesetzes zur Erreichung der gesetzgeberischen Absichten geeignet und erforderlich; sie schwäche die Offenheit des politischen Prozesses nicht stärker als unvermeidlich.
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a) Der Gesetzgeber verfolge mit dem "Drei-Länder-Quorum" das Ziel, die Kriterien des Wähleranteils und des Zuwendungsanteils für die Zuteilung der staatlichen Zuschüsse gleichermaßen wirksam werden zu lassen. Mit Blick auf die primäre Aufgabe der Parteien, Wählerstimmen zu gewinnen und deren Willen repräsentativ umzusetzen, erweise sich die Absicht, das offenkundige Missverhältnis zwischen bundesweiter Ausnutzung der Zuwendungsbezuschussung und nur lokaler oder regionaler Beteiligung an den Wahlen der Parlamente zu beseitigen, als eine sinnvolle Maßnahme zu einem verfassungsgebotenen Ziel.
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b) Das "Drei-Länder-Quorum" beeinträchtige zudem nicht die Offenheit des politisch-demokratischen Prozesses in einer ins Gewicht fallenden Weise. Der Gesetzgeber differenziere die Quorenregelung nicht nach der Bevölkerungsgröße der Länder, sondern treffe eine einheitliche, typisierende Regelung in der Erwartung einer allmählichen Anpassung der Parteien. Im Übrigen hänge die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Regelung nicht von dem zufälligen Ausmaß des Betroffenseins einer einzigen, möglicherweise ungünstig organisierten Partei ab.
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V. | |
1. Das Bundesverfassungsgericht hat bei den Landeswahlleitern Auskünfte zu der Beteiligung und dem Erfolg der Antragstellerinnen bei den zurückliegenden Wahlen zu den Landesparlamenten eingeholt.
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2. In der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2004 haben die Antragstellerinnen und der Antragsgegner zu 1. ihre Rechtsstandpunkte erläutert und vertieft. Als sachverständiger Dritter gemäß § 27a BVerfGG hat der Bundeswahlleiter zu der Teilhabe der Antragstellerinnen und zur Teilhabe von Regionalparteien und "radikalen" Parteien an der staatlichen Teilfinanzierung Stellung genommen.
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B. -- I. | |
Die Anträge zu 1. a und 2. sind zulässig und begründet.
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Die Antragsgegner haben gegen das Recht der Antragstellerinnen auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb dadurch verstoßen, dass sie in § 18 Abs. 4 Satz 3 PartG in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung ("Drei-Länder-Quorum") bestimmten, einer politischen Partei, die bei der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl weniger als 0,5 v.H. der abgegebenen gültigen Stimmen erzielt hat, stehe ein Anspruch auf staatliche Mittel gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PartG nur dann zu, wenn sie bei mindestens drei der jeweils letzten Landtagswahlen 1,0 v.H. oder bei einer der jeweils letzten Landtagswahlen 5,0 v.H. der für die Listen abgegebenen gültigen Stimmen erreicht hat.
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1. Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb folgt aus Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 85, 264 [296]; 107, 286 [294]). Es steht in engem Zusammenhang mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG), die ihre Prägung durch das Demokratieprinzip erfahren. Aus diesem Grund ist es -- ebenso wie die durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl verbürgte gleiche Behandlung der Wähler -- streng formal (vgl. BVerfGE 104, 14 [20] m.w.N.; stRspr) und führt zu einem grundsätzlichen Differenzierungsverbot, dessen Durchbrechung nur durch einen besonders zwingenden Grund zu rechtfertigen ist. Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit zieht so dem Ermessen des Gesetzgebers besonders enge Grenzen (vgl. BVerfGE 73, 40 [88 f.] m.w.N.; 82, 322 [337 f.]; 85, 264 [297]; stRspr). Der Staat darf vor allem die vorgefundene Wettbewerbslage nicht verfälschen (vgl. BVerfGE 69, 92 [109]; 73, 40 [89]; 85, 264 [297]; 104, 287 [300]; stRspr). Denn der im Mehrparteiensystem angelegte politische Wettbewerb soll Unterschiede hervorbringen -- je nach Zuspruch der Bürger. Diesen darf die öffentliche Gewalt nicht ignorieren oder gar konterkarieren.
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2. Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen des formalisierten Gleichheitssatzes wird § 18 Abs. 4 Satz 3 PartG in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung (8. PartGÄndG Art. 3) nicht gerecht. Er führt zu einer Ungleichbehandlung der Antragstellerinnen (a), die sich verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen lässt (b).
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a) Nach der angegriffenen Regelung werden Zuwendungen an die Antragstellerinnen, sofern diese bei der letzten Europa- und Bundestagswahl die 0,5 v.H.-Grenze verfehlt haben, künftig nur noch dann bezuschusst, wenn sie bei mindestens drei Wahlen zu den Landesparlamenten 1,0 v.H. oder bei einer Wahl 5,0 v.H. der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen errungen haben. Erreichen sie das "Drei-Länder-Quorum" nicht, erhalten sie keinen staatlichen Zuschuss auf ihre Spenden und Beiträge. Dies führt zu einer ungleichen Zuteilung der staatlichen Mittel an Parteien. Parteien wie die Antragstellerinnen, die nur geringe Stimmanteile bei Landtagswahlen erzielen, erfahren künftig eine erhebliche finanzielle Schlechterstellung gegenüber erfolgreicheren Konkurrentinnen, die das "Drei-Länder-Quorum" erreichen.
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b) Diese Ungleichbehandlung der Antragstellerinnen lässt sich nicht mit dem behaupteten Missbrauch der Parteienfinanzierung (1), mit der angestrebten Angleichung des Wählerstimmen- und Zuwendungsanteils (2), mit dem Grundsatz der Staatsfreiheit politischer Parteien (3), mit dem Erfordernis bundespolitischer Bedeutung (4) oder mit dem Ziel der Bekämpfung "radikaler" Parteien (5) verfassungsrechtlich rechtfertigen.
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(1) Nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/8778, S. 13, 20) haben sich in der Vergangenheit kleine Parteien "ausschließlich deshalb" in den Ländern mit wenigen Wahlberechtigten zur Wahl gestellt, um bundesweit den Zuwendungsanteil abrechnen zu können. Derartige Missbrauchstendenzen vor dem Hintergrund der wahltypischen Verhältnisse in den Stadtstaaten finden jedoch in den Ergebnissen der zurückliegenden Wahlen in Berlin, Bremen und Hamburg keine Bestätigung. Die Annahme eines Missbrauchs im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, die an die fehlende Ernsthaftigkeit des politischen Handelns anknüpft (vgl. BVerfGE 24, 300 [340, 342]; 41, 399 [422]; 85, 264 [293 f.]; stRspr), ist daher nicht hinreichend belegt.
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Nach den Feststellungen des Landeswahlleiters für Berlin nahmen an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Jahr 2001 insgesamt 19 Parteien teil, von denen 14 unter der 5 v.H.-Sperrklausel blieben. Davon überschritten nur zwei Parteien -- die Antragstellerin zu 1. (1,4 v.H.) und DIE REPUBLIKANER (REP, 1,3 v.H.) -- den Zweitstimmenanteil von 1,0 v.H. Im Jahr 1999 hatten sich noch 22 Parteien zur Wahl gestellt. Von den 18 an der parlamentarischen Sperrklausel gescheiterten Parteien erreichten nur vier einen Zweitstimmenanteil von mindestens 1,0 v.H.: Die REP mit 2,7 v.H., die FDP mit 2,2 v.H. sowie die Tierschutzpartei und die Antragstellerin zu 1. mit jeweils 1,1 v.H.
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Ein vergleichbares Bild zeigt sich in Bremen. Dort traten im Jahr 2003 13 Parteien zur Wahl der Bremischen Bürgerschaft an, von denen elf an der parlamentarischen Sperrklausel scheiterten. Von ihnen erreichten vier das Mindeststimmenquorum: Die Partei Rechtsstaatliche Offensive (Schill) mit 4,4 v.H., die FDP mit 4,2 v.H., die Deutsche Volksunion (DVU) mit 2,2 v.H. und die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) mit 1,6 v.H. Im Jahr 1999 hatten sich nur neun Parteien dem Entscheid des Bürgers gestellt, sechs davon waren unter dem 5 v.H.-Quorum geblieben. Für wiederum vier Parteien -- die DVU (3,0 v.H.), die PDS (2,8 v.H.), die FDP (2,5 v.H.) und die Partei Arbeit für Bremen und Bremerhaven e.V. -- AFB -- (2,4 v.H.) reichte es zur Teilnahme an der Parteienfinanzierung.
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Zur Wahl für die Hamburger Bürgerschaft stellten sich im Jahr 2004 13 Parteien. Von den zehn an der parlamentarischen Sperrklausel gescheiterten Parteien erreichten vier einen Zweitstimmenanteil von mindestens 1,0 v.H.: Die Partei Pro Deutsche Mitte -- Pro DM/Schill -- (3,1 v.H.), die FDP (2,8 v.H.) sowie die Partei REGENBOGEN und die Antragstellerin zu 1. jeweils mit 1,1 v.H. Von 17 Parteien, die noch 2001 in Hamburg zur Bürgerschaftswahl angetreten waren, scheiterten zwölf an der parlamentarischen Sperrklausel. Von ihnen erreichte allein die Partei REGENBOGEN (1,7 v.H.) den Mindeststimmenanteil.
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Ein Vergleich dieser Zahlen mit denen aus anderen Ländern offenbart keine signifikante Häufung kleiner Parteien in den Stadtstaaten, die dort das Mindeststimmenquorum überschreiten. Er lässt somit auch nicht auf eine bewusste, missbräuchliche Ausnutzung der dort vorherrschenden Wahlverhältnisse schließen: In Sachsen etwa traten bei den Wahlen zum Landtag im Jahr 1999 15 Parteien an, von denen zwölf der Sprung ins Parlament versagt blieb. Davon übertrafen fünf -- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (2,6 v.H.), Pro DM (2,1 v.H.), die REP (1,5 v.H.), die Nationaldemokratische Partei Deutschlands -- NPD -- (1,4 v.H.) sowie die FDP (1,1 v.H.) -- das erforderliche Mindeststimmenquorum.
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Ähnlich stellen sich die Ergebnisse bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Jahr 2000 dar. Von zwölf Parteien schafften vier den Einzug ins Parlament. Daneben erreichten zwei weitere Parteien -- die PDS (1,4 v.H.) und die NPD (1,0 v.H.) -- den notwendigen Mindeststimmenanteil für die staatliche Teilfinanzierung.
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Auch die Wahlergebnisse der großen Länder weichen von diesem Bild nicht wesentlich ab. So hatten sich im Jahr 2003 in Bayern 13 Parteien zur Landtagswahl gestellt, zehn davon blieben unter der 5 v.H.-Sperrklausel. Nur für vier Parteien -- die Freien Wähler Bayern e.V. (4,0 v.H.), die FDP (2,6 v.H.), die REP (2,2 v.H.) und die Antragstellerin zu 2. (2,0 v.H.) -- reichte es zur Teilnahme an der Parteienfinanzierung. Ein vergleichbares Ergebnis hatten die Landtagswahlen im Jahr 1998 erbracht, jedoch waren damals sechs weitere Parteien zur Wahl angetreten. In Nordrhein-Westfalen schließlich traten 28 Parteien zu den Landtagswahlen 2000 an, 24 blieb der Einzug ins Parlament versagt. Von ihnen gelang alleine den REP (1,1 v.H.) der Sprung über die 1 v.H.-Grenze. Zu den Landtagswahlen 1995 hatten sich 20 Parteien dem Bürgervotum gestellt, jedoch partizipierte von den nicht im Parlament vertretenen Parteien nur die FDP (4,0 v.H.) an der staatlichen Teilfinanzierung.
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Vor diesem Hintergrund kann die Feststellung der Gesetzesbegründung, wonach sich kleine Parteien "bewusst" die Stadtstaaten für Wahlen ausgesucht haben, nicht überzeugen. Denn die Zahl der kleinen Parteien, die seit In-Kraft-Treten der neu ausgestalteten Parteienfinanzierung dort zu den Landtagswahlen angetreten sind, unterscheidet sich nicht wesentlich von der in anderen Ländern.
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Gleiches gilt hinsichtlich der Anzahl der Parteien, die nach einer Wahl an der Parteienfinanzierung teilnehmen konnten. Dies verdeutlicht, dass jedes Land einen politischen Raum mit ihm eigenen Rahmenbedingungen darstellt, ohne dass allein seine Größe notwendigerweise Auswirkungen auf den Wahlerfolg hat. Auch die Antragstellerinnen sind bereits, zum Teil mehrfach, in allen Stadtstaaten und dem Saarland zur Wahl angetreten. Gleichwohl blieben beide dort weitgehend erfolglos, mit Ausnahme der Antragstellerin zu 1. in ihrem "Stammland" Berlin. Darüber hinaus ergeben sich aus den Wahlergebnissen in den Stadtstaaten keine Anhaltspunkte dafür, dass das bislang geltende Mindeststimmenquorum -- selbst im Falle unterstellter Missbrauchstendenzen -- unzureichend wäre, um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme staatlicher Zuwendungen von Parteien wirksam begegnen zu können.
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(2) Auch die Absicht, den Wählerstimmen- und den Zuwendungsanteil bei der Ausgestaltung der staatlichen Teilfinanzierung einander anzugleichen, vermag die Ungleichbehandlung durch das "Drei-Länder-Quorum" verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.
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(a) Der Antragsgegner zu 1. betont im Rahmen seiner Antragserwiderung das Ungleichgewicht von Wählerstimmen- und Zuwendungsanteil, das die staatliche Teilfinanzierung der Antragstellerinnen präge. Angesichts der Empfehlungen der Sachverständigen zur Parteienfinanzierung (vgl. BTDrucks 14/637, S. 21, 25 f.), nach denen Wählerstimmen- und Zuwendungsanteil in ein möglichst ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden sollten, habe der Gesetzgeber dringenden Handlungsbedarf gesehen. Das "Drei-Länder-Quorum" verfolge, so der Antragsgegner zu 1., das legitime Ziel, die Kriterien des Wählerstimmenanteils und des Zuwendungsanteils für die Zuteilung der staatlichen Zuschüsse gleichermaßen wirksam werden zu lassen.
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(b) Die Annahme, der Gesetzgeber habe sich für die Einführung des "Drei-Länder-Quorums" aus Gründen der Kompensation eines bestehenden Ungleichgewichts zwischen Wählerstimmen- und Zuwendungsanteil entschieden, findet in der Gesetzesbegründung keine Bestätigung. Zwar mag die vom Antragsgegner zu 1. angeführte Textstelle auf dem Vorblatt des Gesetzentwurfs für sich ein Verständnis in seinem Sinne zulassen. Im Allgemeinen Teil (vgl. BTDrucks 14/8778, S. 13 unter Ziff. 4) und im Besonderen Teil (vgl. BTDrucks 14/8778, S. 14, zu Absatz 3) der Gesetzesvorlage wird jedoch ausgeführt, das von den Sachverständigen kritisierte Ungleichgewicht der Berechnungskriterien werde durch die Verringerung der Zuschüsse auf Zuwendungen um etwa ein Drittel behoben. Die Einführung des "Drei-Länder-Quorums" als Steuerungsinstrument zur Auflösung der Disparität von Wählerstimmen- und Zuwendungsanteil sieht die nähere Begründung des Gesetzentwurfs an keiner Stelle vor. Die Erläuterungen zur gesetzgeberischen Intention und zum Erfordernis des "Drei-Länder-Quorums" (vgl. BTDrucks 14/8778, S. 13 unter Ziff. 6; S. 20, zu Artikel 3) greifen allein die Missbrauchsgefahr bei der staatlichen Teilfinanzierung und die bundespolitische Bedeutung einer Partei als Voraussetzung für die staatliche Bezuschussung ihrer Eigenmittel auf.
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(c) Das "Drei-Länder-Quorum" ist auf Grund seiner normierten Rechtsfolge auch nicht geeignet, einen unterschiedlich hohen Wählerstimmen- und Zuwendungsanteil anzugleichen.
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Während im Falle eines Scheiterns am "Drei-Länder-Quorum" der Anspruch auf den gesamten Zuwendungsanteil entfällt, werden die Wählerstimmen einer Partei aus den Ländern, in denen sie das 1 v.H.-Quorum bei der Landtagswahl erreicht hat, weiterhin bezuschusst. Das "Drei-Länder-Quorum" führt demnach im Sinne eines "Alles-oder-Nichts-Prinzips" dazu, dass eine Partei, wenn sie an ihm scheitert, überhaupt keinen Zuwendungsanteil mehr erhält, andernfalls aber die Zuwendungen des gesamten Bundesgebiets abrechnen kann. Mit dieser Wirkungsweise ist das "Drei-Länder-Quorum" schon konzeptionell nicht in der Lage, ein bestehendes Missverhältnis zwischen dem Wählerstimmen- und dem Zuwendungsanteil im Einzelfall angemessen auszugleichen. Das "Drei-Länder-Quorum" erweist sich zudem -- nicht anders als das "5 v.H.-Quorum" in einem Land -- auch dann als untaugliches Steuerungsinstrument für eine ausgleichende Justierung, wenn es unter der insoweit zu seiner Begründung herangezogenen Prämisse zum Tragen kommt. Auch in diesem Fall verbessert sich das Verhältnis von Wählerstimmenanteil zu Zuwendungsanteil nicht entscheidend.
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(d) Schließlich beschränkt das "Drei-Länder-Quorum" die grundgesetzlich gewährleistete Offenheit des politischen Prozesses (vgl. BVerfGE 91, 276 [284 ff.]) in verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigender Weise.
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(aa) Die grundgesetzliche Demokratie ist nach der verfassungspolitischen Entscheidung des Verfassunggebers als Mehrparteiendemokratie angelegt. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG bestimmt, dass die Parteien bei der politischen Willensbildung mitwirken. Erst die in Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG niedergelegte Gründungsfreiheit und der freie Wettbewerb der Parteien machen Demokratie letztlich möglich (vgl. BVerfGE 85, 264 [285]; 91, 276 [286]). Bei Wahlen und Abstimmungen sowie bei der Vermittlung und Formung des politischen Willens des Volkes sollen die Parteien Träger des von der demokratischen Ordnung des Grundgesetzes intendierten freien und offenen politischen Prozesses sein.
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Die Verfassung geht hierbei von der Unterschiedlichkeit der individuellen und gesellschaftlichen Meinungen, Interessen und Bedürfnisse aus. Sie gewährleistet die Freiheit der Organisation in miteinander konkurrierenden politischen Vereinigungen. Diese Offenheit des politischen Prozesses hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung wiederholt als einen zentralen Grundsatz der Demokratie betont und gestärkt (vgl. BVerfGE 14, 121 [133]; 73, 40 [86] m.w.N.; 85, 264 [288, 293]; 91, 276 [285 f.]). Sie ist durch die Möglichkeit gekennzeichnet, jederzeit neue Parteien zu gründen, um neuen politischen Vorstellungen die Chance zu eröffnen, im Prozess der politischen Willensbildung des Volkes wirksam zu werden. Die von Art. 20 GG gebotene Offenheit des demokratischen Prozesses beugt auch einer Erstarrung des Parteiwesens vor (vgl. BVerfGE 91, 276 [286]).
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Damit sich der in der Verfassung angelegte politische Wettbewerb tatsächlich einstellen kann, bedarf es chancengleicher Bedingungen, vor allem eines für alle offenen Zugangs zum "politischen Markt".
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(bb) Auch kleine Parteien sind für den politischen Prozess und die politische Landschaft von Bedeutung.
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Das institutionalisierte politische System, das auf politische Parteien und effektiven Wettbewerb zwischen ihnen setzt, braucht die Mitwirkung neuer Konkurrenten, aber auch der bestehenden kleinen Parteien. Der Wettbewerb zwischen den Parteien kann auf Dauer nur wirken, wenn er nicht auf die Konkurrenz zwischen den bereits existierenden und erfolgreichen beschränkt bleibt, sondern durch das Hinzutreten neuer Wettbewerber und die anhaltende Herausforderung durch die kleinen Parteien erweitert, intensiviert und gefördert wird.
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Kleine Parteien können die Lernfähigkeit des politischen Systems eher stärken, wenn sie eine realistische Chance haben, selbst politische Erfolge zu erzielen. Für das Mehrparteiensystem politisch bedeutsam und für den Wettbewerb förderlich erweisen sich vor allem auch die Resonanzen bei den Parlamentsparteien, die im Hinblick auf Wahlerfolge der kleinen Konkurrenten häufig gezwungen werden, sich mit den von diesen Parteien in den Mittelpunkt gestellten Themen auseinanderzusetzen.
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Aber auch schon die potentielle Konkurrenz, also die Chance neuer und kleiner Wettbewerber, für überzeugende Lösungskonzepte bei Wahlen belohnt zu werden, zwingt die etablierten Parteien zu einer Rückkopplung mit dem Volk, um dem Aufkommen neuer Konkurrenten und einem Erfolg kleiner Wettbewerber nach Möglichkeit entgegenzutreten.
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(cc) Das Recht der Parteienfinanzierung darf das Entstehen neuer Parteien und deren Zutritt zum politischen Wettbewerb nicht über Gebühr erschweren und die Betätigung kleiner Parteien nicht unangemessen beeinträchtigen. Insbesondere darf das Quorum nicht für Zwecke des Schutzes vor Konkurrenz missbraucht werden.
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§ 18 Abs. 4 Satz 3 PartG erschwert das Entstehen kleiner Parteien und ihre Behauptung im politischen Wettbewerb. Die Regelung birgt die Gefahr eines Verlusts der politischen Vielfalt und damit einer Einschränkung des Parteienwettbewerbs.
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(α) Das "Drei-Länder-Quorum" verlangt von neu gegründeten Parteien, in drei Ländern gleichzeitig politisch aktiv und bei Wahlen erfolgreich zu werden. Der Aufbau einer Partei, das Werben um Parteimitglieder, das Besetzen von politischen Themen und das Erschließen von Wählerschichten erfährt damit eine nicht unbedeutende Erschwerung, müssen doch die Anstrengungen auf mehrere Länder verteilt und die finanziellen Aufwendungen zunächst allein oder ganz überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden bestritten werden. Der anfängliche Wahlerfolg in einem Land, der über dem Mindeststimmenanteil liegt, lässt die kleinen Parteien -- anders als bisher -- zunächst nur über den Wählerstimmenanteil an der staatlichen Parteienfinanzierung teilhaben. Dieser Anteil erreicht aber gerade bei neuen Parteien regelmäßig keine Größe, die zu einer nennenswerten finanziellen Unterstützung führt.
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Diese Feststellung ergibt sich nicht nur aus den von den Antragstellerinnen unterbreiteten Finanzierungsverhältnissen. Auch das beim Bundestagspräsidenten geführte Wählerstimmenkonto verdeutlicht, in welchem Rahmen sich die staatliche Bezuschussung des Zweitstimmenanteils bewegt, wenn eine Partei bei einer Landtagswahl das Mindeststimmenquorum nur knapp erreicht: Ausgehend von einem erhöhten Wählerstimmenanteil gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 PartG (0,85 Euro pro Stimme), wurden für die FDP für ihre 20.472 Wählerstimmen (1,8 v.H.), die sie bei der Landtagswahl 1999 in Brandenburg erringen konnte, für das Anspruchsjahr 2002 rechnerisch nur 17.401 Euro festgesetzt. Der tatsächlich ausgeschüttete Betrag für diese Wählerstimmen lag im Jahr 2002 jedoch noch einmal um etwa 23 v.H. darunter, weil auf Grund der überschrittenen absoluten Obergrenze (§ 18 Abs. 2 PartG) alle abrechnungsfähigen Anteile proportional gekürzt werden mussten (§ 19a Abs. 5 Satz 2 PartG; diese am 1. Juli 2002 in Kraft getretene Vorschrift ist fast wortgleich mit der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung des § 19 Abs. 6 Satz 2 PartG).
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In ähnlicher Größenordnung bewegt sich auch die Bezuschussung der Wählerstimmenanteile der Antragstellerin zu 1. mit ihren im Jahr 2001 in Berlin errungenen 22.093 Stimmen (1,4 v.H.), der PDS mit ihren im Jahr 2000 bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein gewonnenen 20.066 Stimmen (1,4 v.H.), der FDP, die 1999 bei den Landtagswahlen in Sachsen 23.369 Wählerstimmen (1,1 v.H.) erzielen konnte, und der Schill-Partei (PRO), die im Jahr 2002 in Mecklenburg-Vorpommern 16.483 Stimmen (1,7 v.H.) erreichte.
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Diese Zahlen veranschaulichen, wie gering der auf die Wählerstimmen entfallende Erstattungsanteil der Parteien an der staatlichen Parteienfinanzierung sein kann, wenn sie zwar das Mindeststimmenquorum erreichen, ihnen aber gleichwohl der Einzug in das Landesparlament versagt bleibt. Der Wegfall des Zuwendungsanteils wiegt bei neuen Parteien gerade deshalb besonders schwer, weil sie ihre politische Arbeit in der Regel zunächst ausschließlich aus Beiträgen und Spenden ihrer Mitglieder und Unterstützer finanzieren müssen und die eingeworbenen Eigenmittel deshalb zwangsläufig einen Großteil ihres Einkommens ausmachen. Anders als schon erfolgreiche Parteien, die außer über Zuwendungen der Anhängerschaft auch über einen gewichtigen Wählerzuspruch verfügen, der über den Wählerstimmenanteil finanzielle Früchte trägt, müssen sich neue politische Kräfte den Erfolg beim Wähler erst erarbeiten. Daher wird der Zuwendungsanteil, sollte eine Partei den Sprung über das Mindeststimmenquorum -- selbst in drei Ländern -- nur knapp geschafft haben, den Wählerstimmenanteil regelmäßig überwiegen.
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Die angegriffene Regelung enthält demnach künftig neuen Parteien den staatlichen Zuschuss auf die Eigenmittel überwiegend vor und schließt damit alle politischen Kräfte, die in den Wettbewerb treten wollen, von einer nennenswerten staatlichen Teilfinanzierung weitgehend aus.
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(β) Auch die bestehende Parteienlandschaft würde durch die angegriffene Regelung sichtbaren Veränderungen unterworfen, wie die Ausführungen des Bundeswahlleiters in der mündlichen Verhandlung unterstrichen haben. Trotz Erhöhung des Wählerstimmenanteils zum 1. Juli 2002 durch die Neufassung des § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 PartG sind bei den bestehenden kleinen Parteien mit dem In-Kraft-Treten des "Drei-Länder-Quorums" ebensolche finanzielle Einbußen zu erwarten wie bei solchen Parteien, die sich neu an Wahlen beteiligen (vgl. unter [a]). Diese Entwicklung hätte auf ihre Wettbewerbsfähigkeit gewichtige Auswirkungen.
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(dd) Das zum "Drei-Länder-Quorum" Gesagte gilt entsprechend für das "5 v.H.-Quorum" in einem Land. Der Zugang zum politischen Geschehen in einem Land wird einer neu gegründeten Partei unverhältnismäßig erschwert, wenn sie erst mit einem Wahlerfolg, der eine Überwindung der 5 v.H.-Sperrklausel und damit den Einzug in das Landesparlament ermöglicht, in den Genuss der auf den Zuwendungsanteil entfallenden staatlichen Teilfinanzierung kommt (vgl. BVerfGE 85, 264 [293 f.]).
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(3) Auch der Grundsatz der Staatsfreiheit politischer Parteien vermag die Regelung in § 18 Abs. 4 Satz 3 PartG verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.
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Parteien müssen nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich und organisatorisch auf die Zustimmung und Unterstützung der Bürger angewiesen bleiben. Sie dürfen des Risikos eines Fehlschlagens ihrer Bemühungen um eine hinreichende Unterstützung in der Wählerschaft nicht durch die Gewährung staatlicher Mittel enthoben werden (vgl. BVerfGE 73, 40 [86] m.w.N.; 85, 264 [287]). Neben dem Wahlerfolg ist auch der Erfolg der Parteien beim Werben um Mitgliedsbeiträge und Spenden ein gewichtiges Kriterium für ihre Verwurzelung in der Bevölkerung (vgl. BVerfGE 104, 287 [302]). Folglich begegnet die Anknüpfung an die Höhe der eingeworbenen Eigenmittel als ein Maßstab für die staatliche Bezuschussung -- neben dem der errungenen Stimmanteile -- keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfGE 85, 264 [292 f.]).
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Eine vom Antragsgegner zu 1. aus dem starken Ungleichgewicht von Zuwendungs- und Wählerstimmenanteil hergeleitete große Staatsnähe der kleinen Parteien liegt nicht vor und vermag daher den gleichheitswidrigen Eingriff nicht zu rechtfertigen. Denn der Gesetzgeber hat in § 18 Abs. 5 Satz 1 PartG die relative Obergrenze festgelegt, die die staatlichen Zuwendungen auf die Höhe der selbst erwirtschafteten Einnahmen beschränkt und so sicherstellt, dass eine politische Partei sich immer mindestens hälftig staatsfrei finanziert.
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Die Besorgnis, kleine Parteien hingen in verfassungsrechtlich nicht mehr vertretbarer Weise von finanziellen Zuwendungen des Staates ab, findet auch in den Angaben des Deutschen Bundestages zur Höhe des staatlichen Finanzierungsanteils an den Gesamteinnahmen der Parteien keine Bestätigung. Bei der Antragstellerin zu 1. lag der Anteil der staatlichen Bezuschussung an ihren Gesamteinnahmen von 1998 bis 2003 zwischen 21 und 34 v.H. Bei der Antragstellerin zu 2. machte er im gleichen Zeitraum 25 bis 32 v.H. aus, bei der NPD 19 bis 25 v.H., bei der DVU 12 bis 34 v.H., bei der Partei Pro DM 2 bis 21 v.H. und bei den REP 40 bis 43 v.H. Damit unterscheidet sich die Anteilshöhe nicht signifikant von der bei den Parlamentsparteien im vergleichbaren Zeitraum: SPD (30 bis 36 v.H.), CDU (15 bis 33 v.H.), CSU (27 bis 32 v.H.), GRÜNE (32 bis 35 v.H.), FDP (26 bis 31 v.H.) und PDS (33 bis 39 v.H.).
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(4) Der gleichheitswidrige Eingriff des "Drei-Länder-Quorums" lässt sich ferner nicht durch die Forderung des Gesetzgebers nach einer "bundespolitischen Bedeutung" jener politischen Parteien verfassungsrechtlich legitimieren, die zur Teilnahme an der staatlichen Teilfinanzierung berechtigt sein sollen.
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(a) Das Kriterium einer "bundespolitischen Bedeutung" widerspricht schon der föderalen Struktur des Grundgesetzes, die auch für die inhaltliche Bestimmung des Parteienbegriffs und die finanzielle Förderung der politischen Parteien durch den Staat Gewicht hat. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG, der den Parteienbegriff des Art. 21 Abs. 1 GG auf der Grundlage von Art. 21 Abs. 3 GG in verfassungsgemäßer Weise konkretisiert (vgl. BVerfGE 89, 266 [269 f.] m.w.N.; 91, 276 [284]; stRspr), erstrecken sich der verfassungsrechtliche Status und die damit einhergehenden Rechte auf alle politischen Parteien gleichermaßen -- unabhängig davon, ob sie sich die Einflussnahme auf die politische Willensbildung im Bund oder in einem Land und ihre Vertretung im Bundestag oder in einem Landtag zum Ziel gesetzt haben.
| 101 |
Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG statuiert für politische Parteien die Gründungs- und Betätigungsfreiheit, die sich auch auf die Organisations- und Programmfreiheit erstreckt. Eine politische Partei ist damit frei in der Wahl ihrer identitätsbestimmenden Merkmale, in der Gestaltung ihrer politischen Ziele, in der Ausrichtung ihrer Programmatik und in der Wahl ihrer Themen. Erhebt sie gesellschaftliche Themen, die ausschließlich in einem Land wurzeln, zum politischen Programm und beschränkt sie sich in der politischen Auseinandersetzung auf die Einflussnahme auf die politische Willensbildung der Bevölkerung eines Landes mit dem Ziel, sich in deren Volksvertretung mit "ihren" Themen Geltung zu verschaffen, so ist dies nach Art. 21 Abs. 1 GG in gleicher Weise förderungswürdig und schützenswert wie die politische Tätigkeit einer Partei, die Vorgänge mit länderüberschreitendem Interesse aufgreift und im politischen Wettstreit bundesweit thematisiert. Es steht einer Partei im Übrigen auch ganz unabhängig von einem speziellen räumlichen Bezug ihrer politischen Themen frei, sich auf ein einzelnes Land zu konzentrieren. Die Unterstützung durch Bürgerinnen und Bürger in anderen Ländern mit Spenden und Parteibeiträgen kann in solchen Fällen zu einer späteren Ausweitung dieser Partei auch auf andere Länder führen. Derartige Entwicklungen durch die staatliche Parteienfinanzierung zu beeinflussen, ist mit Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu vereinbaren.
| 102 |
Die Festlegung eines "Drei-Länder-Quorums" in § 18 Abs. 4 Satz 3 PartG verlangt von Parteien, die an der Bezuschussung ihres Zuwendungsanteils teilnehmen wollen, künftig -- als Ausdruck einer "bundespolitischen Bedeutung" -- ein politisches Engagement in mindestens drei Ländern. Sie setzt damit politische Parteien, deren Programm in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 PartG auf ein einzelnes Land ausgerichtet ist, im politischen Wettbewerb gegenüber länderübergreifend agierenden Mitbewerbern gleichheitswidrig zurück.
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(b) Lässt sich die Benachteiligung kleiner Parteien bereits im Ansatz nicht unter dem Gesichtspunkt einer "bundespolitischen Bedeutung" rechtfertigen, erweist sich auch die Erwägung des Antragsgegners zu 1. als nicht tragfähig, das "5 v.H.-Quorum" in einem Land darauf zu stützen, dass erst mit dem Einzug in ein Landesparlament die Möglichkeit entstehe, über den Bundesrat auf die Bundespolitik Einfluss zu nehmen.
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(5) Weiterhin ist die angegriffene Regelung auch nicht mit der Bekämpfung "radikaler" Parteien zu rechtfertigen, was der Bevollmächtigte des Antragsgegners zu 1. in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat. Die Sperrwirkung des Art. 21 Abs. 2 GG verbietet jede staatliche Bekämpfung einer politischen Partei, solange das Bundesverfassungsgericht sie nicht durch Urteil für verfassungswidrig erklärt und aufgelöst hat, und gewährleistet ihr das Recht zur freien Betätigung (stRspr; vgl. zuletzt BVerfGE 107, 339 [362]). Zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung im Parteienrecht kann daher auch dann nicht auf die Einschätzung von Parteien als "radikal" abgestellt werden, wenn damit ihre Verfassungswidrigkeit gemeint sein sollte.
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II. | |
Der Antrag zu 1. b ist zulässig, aber unbegründet.
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107 | |
1. Der Antrag entspricht den Erfordernissen des § 64 BVerfGG und ist damit zulässig. Er wahrt insbesondere die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG, obwohl die angegriffene Vorschrift des § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG bereits im Jahr 1994 in das Parteiengesetz eingefügt und durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes in ihrem Wortlaut nicht geändert wurde.
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a) Das Bundesverfassungsgericht hat bislang nur für das Verfassungsbeschwerdeverfahren entschieden, dass die Frist, innerhalb deren eine Rechtsnorm zulässigerweise angegriffen werden kann (vgl. § 93 Abs. 3 BVerfGG), unter bestimmten Voraussetzungen neu zu laufen beginnt, obwohl der Gesetzgeber bei der Änderung des Gesetzes ihren Wortlaut unverändert gelassen hat. Das Gericht hat dies für Fälle angenommen, in denen die Gesetzesänderung die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Norm erst begründet oder aber verstärkt (vgl. BVerfGE 11, 351 [359 f.]; 12, 10 [24]; 26, 100 [109]; 45, 104 [119] m.w.N.; 78, 350 [356]; stRspr).
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Diese zu § 93 Abs. 3 BVerfGG entwickelten Grundsätze sind wegen des vergleichbaren Normzwecks der Fristbestimmungen (vgl. BVerfGE 11, 255 [260]; 24, 252 [257]; 80, 188 [210]; 103, 164 [170 f.]) auf § 64 Abs. 3 BVerfGG jedenfalls dann übertragbar, wenn der Angriff auf eine Maßnahme des Gesetzgebers zielt. Verfassungsbeschwerde und Organstreit bezwecken dann übereinstimmend, eine gesetzliche Regelung zu Fall zu bringen, deren Bedeutung eine Änderung erfahren hat und die dadurch den Träger einer subjektiven Rechtsposition erstmals oder in gesteigertem Maße beschwert.
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b) Die Verkündung des Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes am 29. Juni 2002 hat die Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG auch für den im Wortlaut unverändert gebliebenen § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG neu in Gang gesetzt. Denn diese Vorschrift steht in einem systematischen Regelungsgefüge, das durch den vorausgehenden 1. Halbsatz und die darin ausdrücklich in Bezug genommenen Berechnungsgrundlagen für den Wählerstimmenanteil (§ 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 PartG) geprägt wird. Art. 1 Nr. 1 des 8. PartGÄndG erhöht den staatlichen Zuschuss auf die errungenen Wählerstimmen und wirkt sich daher auf die Rechtsfolgen der "Jeweiligkeitsklausel" des § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG aus. Die Erhöhung führt zu einem größeren finanziellen Abstand zwischen den politischen Konkurrenten, die stets oder häufig das Mindeststimmenquorum des § 18 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz PartG bei einer Wahl erreichen, und denjenigen, die es nur selten überwinden. Damit erfährt § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG durch Art. 1 Nr. 1 des 8. PartGÄndG eine Veränderung seiner Regelungswirkung.
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2. Die gegen § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG gerichtete Organklage ist jedoch unbegründet. Diese gesetzliche Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
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Die grundsätzliche verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer gesetzlichen Regelung, die im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung das Erreichen eines Mindeststimmenanteils bei der jeweiligen Wahl zur Voraussetzung erhebt, ist -- mit Gründen, die auch für das zwischenzeitlich umgestellte System der Parteienfinanzierung ihre Gültigkeit behalten -- in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Der Gesetzgeber kann daher in Einklang mit der Verfassung seine finanzielle Unterstützung davon abhängig machen, ob eine Partei einen Mindestanteil an Wählerstimmen erreicht (vgl. BVerfGE 20, 56 [117 f.]; 24, 300 [340, 342]; 41, 399 [422]; 85, 264 [292 ff.]; stRspr).
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Ist damit schon der Regelungsinhalt des § 18 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz PartG mit der Verfassung vereinbar, so verletzen auch die in dessen erstem Halbsatz in Bezug genommenen Maßstabsgrößen des § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 PartG für die Berechnung der Höhe staatlicher Zuwendungen, die durch Art. 1 des 8. PartGÄndG eine Änderung erfahren haben, die Antragstellerin zu 1. nicht in ihrem Recht auf politische Chancengleichheit.
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