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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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45. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 5. Dezember 1995 |
i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich |
(staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 22ter und 31 BV; nebenberufliche Erwerbstätigkeit eines Beamten. |
Wird gegen einen kantonalen Entscheid ein Wiedererwägungsgesuch und zugleich staatsrechtliche Beschwerde erhoben und wird das Wiedererwägungsgesuch abgelehnt, so muss der Wiedererwägungsentscheid nicht erneut mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (E. 1a). |
Der Beamte kann sich für die Ausübung einer nebenberuflichen privatwirtschaftlichen Tätigkeit auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen (Präzisierung der Rechtsprechung). Eine Einschränkung derselben ist zulässig, um das Ansehen der Beamten und das öffentliche Vertrauen in ihre Unparteilichkeit sicherzustellen. Es ist nicht verfassungswidrig, einem Bezirksanwalt für Wirtschaftsdelikte die Übernahme eines Verwaltungsratsmandats zu untersagen (E. 2). |
Aufgrund der Eigentumsgarantie darf der Beamte sein Vermögen verwalten. Die Ausübung eines Verwaltungsratsmandats geht über die Vermögensverwaltung hinaus (E. 3). | |
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A. - X. ist ausserordentlicher Bezirksanwalt für Wirtschaftsdelikte bei der Bezirksanwaltschaft für den Kanton Zürich. Mit Eingabe vom 10. Januar 1994 ersuchte er um die Bewilligung, im Nebenamt die Tätigkeit eines Verwaltungsrates bei der Firma F. AG in A. auszuüben. Mit Beschluss vom 1. Juni 1994 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich das Gesuch ab.
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- X. stellte am 11. Juli 1994 ein Wiedererwägungsgesuch an den Regierungsrat. Gleichzeitig erhob er beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
aus folgenden Erwägungen:
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Erwägung 1 | |
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Erwägung 2 | |
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a) Zunächst stellt sich die Frage, ob sich Beamte überhaupt auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen können, wenn ihnen eine private Berufsausübung untersagt wird. Das Bundesgericht hat diese Frage in früheren Entscheiden verneint (BGE 113 Ia 97 E. 4b S. 101; 100 Ia 312 E. 4 S. 318). Dabei ging es jedoch um Tätigkeiten, die in engem Zusammenhang mit der öffentlichrechtlichen Aufgabe der Beamten standen. Diese Praxis kann nicht, wie das in der Lehre zum Teil getan wurde (vgl. PETER BELLWALD, Die ![]() ![]() | 8 |
b) Ein Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit bedarf einer gesetzlichen Grundlage, muss im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und die Grundsätze der Verhältnismässigkeit sowie der Rechtsgleichheit wahren (BGE 121 I 129 E. 3b S. 131). Die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht unter dem Gesichtspunkt der Willkür, wenn - wie vorliegend - kein besonders schwerer Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit in Frage steht; frei prüft das Bundesgericht, ob ein vor dem Willkürverbot standhaltendes Auslegungsergebnis mit dem Grundrecht vereinbar ist (BGE 116 Ia 345 E. 4b/5a S. 348 f., mit Hinweisen). ![]() | 9 |
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aa) Der Regierungsrat stützt seinen Entscheid auf § 15 der Beamtenverordnung vom 15. Mai 1991 (BVO), wonach vollamtlichen Beamten die Ausübung einer bezahlten oder zeitraubenden Nebenbeschäftigung untersagt ist, vorbehältlich von zeitlich begrenzten Ausnahmebewilligungen. Zusätzlich verweist der Regierungsrat auf § 24 der Vollziehungsbestimmungen vom 17. April 1991 zur Beamtenverordnung, wonach Nebenbeschäftigungen bewilligt werden können, sofern sich keine Nachteile für die Amtstätigkeit ergeben (Abs. 1). Die Mitwirkung in der Verwaltung einer juristischen Person mit wirtschaftlichen Interessen bedarf gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung der Bewilligung des Regierungsrates.
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Der Beschwerdeführer erachtet § 15 der Beamtenverordnung als gesetzwidrig. § 57 des Gesetzes vom 26. Februar 1899 betreffend die Organisation und Geschäftsordnung des Regierungsrates und seiner Direktionen bestimme lediglich, dass Beamte und Angestellte der kantonalen Verwaltung ohne Bewilligung des Regierungsrates weder eine andere besoldete oder zeitraubende Stelle bekleiden noch einen Nebenberuf betreiben dürften. Damit sei ein Verbot auf Gesetzesstufe nicht vorgesehen, und ein solches wäre auch nicht haltbar, weil es einen unverhältnismässig starken Eingriff bedeuten würde. Eine Bewilligung müsse erteilt werden, wenn sich daraus keine Nachteile für die Amtstätigkeit ergeben. Die Argumentation des Regierungsrates, die gestützt auf § 15 der Beamtenverordnung von einem generellen Verbot von Nebenbeschäftigungen ausgehe und daraus auf die Zulässigkeit einer restriktiven Bewilligungspraxis schliesse, sei deshalb verfehlt. Die gesetzlich statuierte Bewilligungspflicht habe primär den Sinn, dass der Kanton von nebenberuflichen Tätigkeiten der Beamten Kenntnis habe. Einschränkungen solcher Tätigkeiten auf Verordnungsstufe könnten nicht weiter gehen, als das bundesrechtliche Arbeitsvertragsrecht solche vorsehe.
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bb) Wenn das Gesetz die Ausübung einer Nebenbeschäftigung bewilligungspflichtig erklärt, ist diese verboten, solange eine entsprechende Bewilligung nicht erteilt ist. Die Behauptung des Beschwerdeführers, das Gesetz sehe kein generelles Verbot vor, geht daher fehl, zumal das Gesetz keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung einräumt. Daraus, dass das Gesetz selber keine Kriterien für die Bewilligungserteilung enthält, kann nicht abgeleitet werden, die Bewilligungspflicht diene primär dazu, dem Kanton Kenntnis von ![]() ![]() | 13 |
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aa) Der Regierungsrat behauptet nicht, dass durch die Annahme des Verwaltungsratsmandats die Arbeitskraft des Beschwerdeführers ![]() ![]() | 15 |
bb) Dagegen vermögen die privaten Interessen des Beschwerdeführers nicht durchzudringen. Es ist zwar verständlich, dass dieser sich dem von seinen Vorfahren gegründeten Unternehmen, welches nach seiner Darstellung mit Nachfolgeproblemen für den Verwaltungsrat konfrontiert ist, verbunden fühlt. Doch sind nach seinen eigenen Angaben nur noch 21 der 100 Aktien im Familienbesitz; er selber besitzt lediglich deren zwei. Er macht auch sonst nicht geltend, ein spezifisches, schutzwürdiges wirtschaftliches Interesse an der Ausübung des Verwaltungsratsmandats zu haben. Es kann somit nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer durch die Verweigerung der Bewilligung in einer erheblichen Komponente seiner wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigt würde. Die Verweigerung der Bewilligung kann somit nicht als unverhältnismässig betrachtet werden. ![]() | 16 |
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3.- Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Eigentumsgarantie, indem durch den angefochtenen Beschluss in seine Aktionärsrechte eingegriffen werde. Aufgrund der Eigentumsgarantie ist der Beamte befugt, sein privates Vermögen ordnungsgemäss zu verwalten, wozu auch die Wahrnehmung der mit einer Aktie verbundenen Rechte gehört. Indessen geht die Ausübung eines Verwaltungsratsmandats in einer Erwerbsunternehmung über die blosse Vermögensverwaltung und Wahrnehmung von Aktionärsrechten hinaus und stellt eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Die Beeinträchtigung des aus der Aktionärseigenschaft fliessenden Rechts, als Verwaltungsrat gewählt zu werden, hat deshalb neben der Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit vorliegend keine eigenständige Bedeutung. Die übrigen Aktionärsrechte werden durch den angefochtenen Entscheid nicht berührt. ![]() | 17 |
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