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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Sabiha Akagündüz, A. Tschentscher | |||
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6. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung |
vom 28. März 2001 |
i.S. X. gegen Gemeinde Maladers und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden |
(staatsrechtliche Beschwerde) | |
Regeste |
Art. 8 Abs. 1 BV; Art. 19 Abs. 2 RPG; kommunales Bau- und Planungsrecht, Anschluss an das öffentliche Elektrizitätsnetz, Praxisänderung der kommunalen Behörden. |
Es ist mit dem kommunalen Bau- und Elektrizitätsrecht sowie Art. 19 Abs. 2 RPG vereinbar, wenn ein Ferienhaus, das ausserhalb der Bauzone liegt, nicht an das öffentliche Elektrizitätsnetz angeschlossen wird (E. 3a und b). Die Verweigerung des Anschlusses an das elektrische Verteilnetz verletzt auch das Gleichbehandlungsgebot nicht. Die neue Praxis der kommunalen Behörden beruht auf ernsthaften und sachlichen Gründen (E. 3c und d). | |
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X. ist Eigentümer eines ganzjährig bewohnten Ferienhauses in der Gemeinde Maladers. Seine Liegenschaft liegt oberhalb des Dorfes im übrigen Gemeindegebiet. Im März 1999 stellte er zusammen mit ![]() ![]() | 1 |
X. hat gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts eine staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids.
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Auszug aus den Erwägungen: | |
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 3 | |
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Der Beschwerdeführer geht ebenfalls von dieser Rechtslage aus, stellt sich aber auf den Standpunkt, aus Art. 5 des EW-Reglements ergebe sich ein Anspruch auf Lieferung von Elektrizität und damit auch auf einen Anschluss an das Verteilnetz. Bei der zuletzt genannten Bestimmung handle es sich um eine Spezialnorm, die der allgemeinen erschliessungsrechtlichen Regelung von Art. 19 Abs. 2 RPG und Art. 57 Abs. 2 BauG vorgehe. Jedenfalls vermöge Art. 57 Abs. 2 ![]() ![]() | 6 |
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Die erwähnte umfassende Belieferungspflicht setzt jedoch einen Anschluss an das Verteilnetz voraus und verleiht dem Grundeigentümer dort, wo ein solcher fehlt, nicht zugleich einen Anspruch auf Erstellung einer entsprechenden Zuleitung. Die Erschliessung mit elektrischen Leitungen richtet sich nach dem Generellen Erschliessungsplan und allfälligen weiteren besonderen Planungen (Art. 32 ff. des Bündner Raumplanungsgesetzes [KRG] und Art. 70 BauG). Dabei sind nicht die gleichen Gesichtspunkte massgebend wie bei der Umschreibung der Lieferungspflicht von elektrischer Energie. Art. 5 des EW-Reglements regelt dementsprechend nicht den Anschluss an das öffentliche Elektrizitätsnetz und stellt daher im Verhältnis zu Art. 57 Abs. 2 BauG keine Spezialnorm dar. Der Beschwerdeführer verkennt, dass der Anspruch auf einen Anschluss an die Energieleitungen von jenem auf Belieferung mit Energie auseinander zu halten ist (vgl. PETER RÜEGGER, Rechtsprobleme der Verteilung elektrischer Energie durch öffentlichrechtliche Anstalten, Diss. Zürich 1992, S. 100).
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Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, aus Art. 5 des EW-Reglements lasse sich kein Anspruch auf elektrische Erschliessung ableiten, ist somit sachlich ohne weiteres vertretbar und demzufolge nicht willkürlich. Unter diesen Umständen entbehrt auch der in diesem Zusammenhang erhobene weitere Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Grundlage. Da eine Anschlusspflicht gestützt auf Art. 5 des EW-Reglements ohne Willkür verneint werden durfte, brauchte das Verwaltungsgericht auch die weiteren in dieser Norm genannten Voraussetzungen nicht zu prüfen.
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c) Der Beschwerdeführer sieht in der Verweigerung des Anschlusses an das elektrische Verteilnetz indessen auch einen Verstoss gegen ![]() ![]() | 10 |
Da die Gemeinde grundsätzlich nicht verpflichtet ist, Liegenschaften ausserhalb der Bauzonen zu erschliessen, verfügt sie bei der Behandlung entsprechender Anschlussgesuche über ein relativ grosses Ermessen (RÜEGGER, a.a.O., S. 102). Die Pflicht zum Erlass eines Erschliessungsprogramms, das eine geordnete und zeitgerechte Erstellung der erforderlichen Anlagen gewährleistet, besteht lediglich für die Bauzonen (URS EYMANN, Erschliessungsrecht und Erschliessungsprogramm, hrsg. EJPD/BRP, Bern 1999, S. 10). Das bedeutet indessen nicht, dass sich das Gemeinwesen um die Erschliessung von ausserhalb der Bauzonen gelegenen Gebäuden überhaupt nicht zu kümmern brauchte und es diese von vornherein nicht an die öffentlichen Leitungsnetze anschliessen dürfte. Vielmehr schreibt Art. 10 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer vom 24. Januar 1991 (GSchG; SR 814.20) ausdrücklich vor, dass auch bestehende Gebäudegruppen ausserhalb der Bauzonen an die öffentliche Kanalisation anzuschliessen sind, wenn die besonderen Verfahren der Abwasserbeseitigung keinen ausreichenden Schutz der Gewässer gewährleisten oder nicht wirtschaftlich sind. Die öffentliche Hand ist zudem bei der Erschliessung von Liegenschaften ausserhalb der Bauzonen an den Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV) gebunden (vgl. auch RÜEGGER, a.a.O., S. 101 ff.). Anschlussgesuche, die in den massgeblichen Punkten übereinstimmen, dürfen nicht ungleich behandelt werden (vgl. BGE 125 I 166 E. 2 S. 168). Allerdings ist es den Behörden nicht verwehrt, eine bisher geübte Praxis zu ändern, wenn sie zur Einsicht gelangen, dass eine andere Rechtsanwendung oder Ermessensbetätigung dem Sinn des Gesetzes oder veränderten Verhältnissen besser entspricht. Eine solche Praxisänderung muss sich jedoch auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die umso gewichtiger sein müssen, je länger die als nicht mehr richtig erkannte bisherige Praxis befolgt wurde (BGE 125 II 152 E. 4c/aa S. 162 f.).
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d) Es ist unbestritten, dass sich die im Jahre 1995 an das elektrische Verteilnetz angeschlossene Liegenschaft von A. unter erschliessungsmässigen Gesichtspunkten in einer vergleichbaren Lage befindet wie jene des Beschwerdeführers. Das würde grundsätzlich eine Gleichbehandlung und damit eine positive Beantwortung seines ![]() ![]() | 12 |
Diese Erwägungen, welche die Gemeinde zu einer Verschärfung der gegenüber der Liegenschaft von A. geübten Praxis bewogen haben, sind nicht unsachlich und rechtfertigen nach der angeführten Rechtsprechung eine andere Behandlung des Anschlussgesuchs des Beschwerdeführers. Es ist der Gemeinde nicht verwehrt, zur Bewahrung des Nichtbaugebiets vor zivilisatorischen Einflüssen den Bau zusätzlicher Erschliessungsanlagen nur sehr zurückhaltend zuzulassen. Von einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung kann unter diesen Umständen nicht gesprochen werden. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer in Zukunft ein Anschluss nicht verwehrt werden könnte, wenn die Gemeinde von ihrer neuen Praxis wieder abrücken und Liegenschaften an das elektrische Verteilnetz anschliessen sollte, die sich in vergleichbarer Lage befinden wie jene des Beschwerdeführers. Einem solchen Anschluss würde zudem grundsätzlich weder das eidgenössische noch das kantonale Recht von vornherein entgegenstehen.
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