![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server, A. Tschentscher | |||
![]() | ![]() |
32. Beschluss der I. Zivilabteilung |
vom 26. März 1985 |
i.S. X. gegen Kanton Zürich |
(Direktprozess) | |
Regeste |
Staatshaftung für spitalärztliche Tätigkeit (Art. 61 OR; Haftungsgesetz des Kantons Zürich vom 14. September 1969). |
1. Krankenbetreuung in öffentlichen Spitälern, die von Ärzten in amtlicher Eigenschaft ausgeübt wird, gilt als hoheitliche, nicht als gewerbliche Tätigkeit im Sinn von Art. 61 Abs. 2 OR; Bestätigung der Rechtsprechung (E. 3a). |
2. Anwendbarkeit des kantonalen Haftungsgesetzes auf die amtliche Tätigkeit der Spitalärzte (E. 4). |
3. Behandlung von Privatpatienten; Abgrenzung zwischen amtsärztlicher Spitaltätigkeit und privatärztlicher Tätigkeit des Chefarztes (E. 5). | |
![]() | |
A. | |
X., geb. 1929, dipl. Ingenieur, wohnhaft in Neapel, kam am 16. November 1982 wie schon in den beiden Vorjahren zu ![]() ![]() | 1 |
X. macht geltend, infolge krasser Verletzung der ärztlichen Kunst durch Dr. Z. sei es zu schweren inneren Verletzungen gekommen; deswegen hätten praktisch die ganze Bauchspeicheldrüse und Teile des Magens entfernt werden müssen. Heute sei er nicht mehr in der Lage, beruflichen Verpflichtungen auch nur im bescheidensten Rahmen nachzukommen.
| 2 |
B. | |
Am 9. Dezember 1983 erhob X. gegen den Kanton Zürich Klage auf Zahlung von Fr. 3'075'145.10 zuzüglich 5% Verzugszins ab 18. November 1982 auf Fr. 2'990'775.-- und ab 1. Mai 1983 auf Fr. 84'370.10. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage, weil kein Kunstfehler vorliege und weil allenfalls für einen solchen nicht der Kanton, sondern der privatärztlich tätige Prof. Y haften würde; sodann bestritt er weitgehend den behaupteten Schaden.
| 3 |
Replik und Duplik wurden auf die Frage beschränkt, welches Recht anwendbar sei und inwiefern danach der Beklagte oder nur Prof. Y. haftbar gemacht werden könne.
| 4 |
Im Einvernehmen der Parteien wurde einstweilen auf eine Vorbereitungsverhandlung verzichtet (Art. 35 Abs. 4 BZP) und eine Beschränkung der Hauptverhandlung auf die genannten Rechtsfragen in Aussicht genommen (Art. 66 Abs. 3 BZP).
| 5 |
Auszug aus den Erwägungen: | |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
| 6 |
Erwägung 1 | |
7 | |
![]() | |
8 | |
Erwägung 3 | |
9 | |
10 | |
11 | |
Erwägung 4 | |
12 | |
![]() | 13 |
14 | |
Der Wortlaut des Haftungsgesetzes ist umfassend und deckt grundsätzlich auch die Tätigkeit in öffentlichen Spitälern. Die Zürcher Kantonalbank und die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich wurden ausdrücklich von der Unterstellung unter das Gesetz ausgenommen (§ 3 Abs. 2), und zwar mit der Begründung, sie übten grundsätzlich gewerbliche Verrichtungen aus und unterstünden daher primär dem Bundesrecht (Beleuchtender Bericht des Kantonsrats für die Volksabstimmung (verfasst vom Regierungsrat), S. 28); warum für öffentliche Spitäler dasselbe gelten sollte, ohne dass es ausdrücklich gesagt wurde, ist nicht ersichtlich.
| 15 |
16 | |
Dass der Präsident der vorberatenden Kommission in seinem Eintretensreferat im Kantonsrat auch die Tätigkeit der Ärzte an öffentlichen Spitälern zu den gewerblichen Verrichtungen zählte, ist ebenfalls nicht schlüssig, zumal in der Beratung auch das Gegenteil angenommen und vom Kommissionspräsidenten selber in Betracht gezogen worden ist. Hingegen hiess es in der Tat im Antrag des Regierungsrats an ![]() ![]() | 17 |
18 | |
Auf die amtliche Tätigkeit der Spitalärzte ist deshalb das Haftungsgesetz anwendbar.
| 19 |
Erwägung 5 | |
20 | |
![]() | 21 |
22 | |
Es ist nicht bestritten, dass Prof. Y. vom Regierungsrat die Führung einer Privatpraxis an drei Nachmittagen pro Woche bewilligt worden ist und dass der Kläger ihn in diesem Rahmen aufgesucht hat.
| 23 |
b) Die Privatarztbewilligung gilt ausdrücklich nur "für persönliche Verrichtungen des Bewilligungsinhabers" (§ 30 Abs. 2). Abweichende Anordnungen sind vorbehalten, werden hier aber nicht behauptet. Die Bewilligung kann sodann bei Abwesenheit des Chefarztes auf einen Stellvertreter übertragen werden; dass Dr. Z. ![]() ![]() | 24 |
25 | |
d) Die massgebende Tätigkeit von Dr. Z. beruht demnach nicht auf der privaten Beziehung zwischen Chefarzt und Privatpatient gemäss § 36 Abs. 3 der Krankenhausverordnung. Sie fällt deshalb in den Anwendungsbereich des Haftungsgesetzes, ohne dass zu prüfen ist, wieweit im übrigen die Behandlung der Privatpatienten nach der kantonalen Ordnung als amtliche (vgl. BGE 102 II 50 f. E. 2 für das Kantonsspital Olten) oder als private (vgl. BGE 82 II 325 ff. für das Kantonsspital Aarau) ärztliche Tätigkeit einzustufen ist.
| 26 |
Entscheid: | |
Demnach beschliesst das Bundesgericht:
| 27 |
Auf die Streitsache wird das kantonale Haftungsgesetz angewendet. ![]() | 28 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |