Regeste | |
Art. 85 lit. a OG; Grossratswahlen nach dem Proporzsystem; Restmandatsverteilung.
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Sachverhalt | |
Am 1. März 1981 fand im Kanton Wallis die Wahl in den Grossen Rat statt. Sie erfolgte bezirksweise. Im Bezirk Östlich Raron waren zwei Grossräte zu wählen. Drei Listen wurden eingereicht, die folgende Ergebnisse erzielten:
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- Liste 1 (CSP) 630 Parteistimmen = 25,57% - Liste 2 (CVP) 1189 Parteistimmen = 48,25% - Liste 3 (FDP) 645 Parteistimmen = 26,18% ------------------- ![]() ![]() Bei einer Wahlzahl (Quotient) von 2464 : 3 = 822 erhielten in der ersten Verteilung: - Liste 1 630 : 822 = 0 Sitze - Liste 2 1189 : 822 = 1 Sitz - Liste 3 645 : 822 = 0 Sitze | |
Da der zweite Sitz in der ersten Verteilung nicht einer Liste zugewiesen werden konnte, kam Art. 67 des Gesetzes über die Wahlen und Abstimmungen vom 17. Mai 1972 (WahlG) zur Anwendung. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
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"Wenn nach dieser Verteilung nicht alle Sitze zugewiesen sind, wird die Gesamtstimmenzahl jeder Liste, die bei der ersten Verteilung einen Sitz erlangt hat, durch die um eins erhöhte Zahl der ihr zugeteilten Sitze geteilt und der erste unverteilte Sitz wird jener Liste zugewiesen, die den grössten Quotienten aufwies. Dieses Vorgehen wird sooft wiederholt, als Sitze zu verteilen verbleiben." | |
Weil nur die Liste 2 ein Vollmandat erreicht hatte, wurde ihr der zweite Sitz zugeteilt.
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Die im Bezirk Östlich Raron wohnhaften Stimmbürger Reinhard Bohnet, Urs Schwery und Peter Bodenmann fochten das Ergebnis der Wahl an, weil ihrer Auffassung nach die Regelung in Art. 67 WahlG dem Grundsatz des Proporzwahlverfahrens widerspricht. Der Grosse Rat des Kantons Wallis wies die Beschwerde am 16. März 1981 ab.
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Die drei Stimmbürger führen staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Grossen Rates aufzuheben und den die grösste Stimmenzahl auf sich vereinigenden Kandidaten der Liste 3 für gewählt zu erklären. Eventuell beantragen sie, den Grossen Rat anzuweisen, die Wahl in diesem Sinne vorzunehmen. Die Beschwerdeführer anerkennen, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes die Liste 3 kein Mandat erhält; sie halten jedoch Art. 67 WahlG mit dem in Art. 84 Abs. 4 KV niedergelegten Grundsatz des Proporzwahlverfahrens für unvereinbar. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich - soweit notwendig - aus den nachstehenden Erwägungen. Der Grosse Rat des Kantons Wallis schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
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Erwägung 1 | |
1. a) Die Beschwerdeführer sind stimm- und wahlberechtigte Bürger mit Wohnsitz im Bezirk Östlich Raron. Sie sind berechtigt, das Ergebnis der Wahl in diesem Bezirk mit Stimmrechtsbeschwerde ![]() ![]() | |
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Erwägung 3 | |
b) Die Wahl in den Grossen Rat erfolgt bezirksweise (Art. 84 Abs. 4 KV). Die heutige Bezirkseinteilung ist weitgehend geschichtlich bedingt. Die Walliser Bezirke entsprechen den früheren "Zenden" (ausser Östlich Raron). Die Einteilung in Wahlkreise ![]() ![]() | |
Eine erste erschränkende Massnahme stellt ein Quorum für die Beteiligung der Listen an der Mandatsverteilung dar, wie es der Kanton Wallis in Art. 65 Abs. 1 WahlG kennt (10% des Parteistimmentotals). Die mit dem Proporzgrundsatz vereinbare Höhe eine Quorums bildete Gegenstand verschiedener früherer Urteile des Bundesgerichtes, namentlich BGE 103 Ia 603 ff. In diesem Entscheid (E. 6c) erachtete das Bundesgericht das im Kanton Wallis geltende Quorum von 10% der Parteistimmen als an der oberen Grenze des Zulässigen liegend.
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Auch die Grösse der Wahlkreise wirkt gegebenenfalls als beschränkende Massnahme gegen die Zersplitterung der politischen Kräfte; denn in kleinen Wahlkreisen macht die Wahlzahl, die für die Zuteilung eines Vollmandates notwendig ist, einen höheren Prozentsatz der Gesamtstimmenzahl aus als in einem bevölkerungsstarken Wahlkreis. In den bevölkerungsstarken Wahlkreisen mit zahlreichen Mandaten erreicht unter Umständen eine Liste die Wahlzahl, obwohl sie nicht auf 10% der Wählerstimmen kommt; in den kleineren Wahlkreisen erreicht sie dagegen oft mehr als 10% der Wählerstimmen, kommt aber nicht auf die ![]() ![]() | |
Auf den ganzen Kanton Wallis bezogen, ist die Bedeutung dieses Ausschlusses zwar eher gering. Anlässlich der Grossratswahlen 1981 wäre ohne die fragliche Bestimmung in Art. 67 WahlG einzig in den beiden Bezirken Östlich Raron und Leuk je ein Restmandat einer anderen Liste zugefallen. Doch umfasst der Kanton Wallis immerhin sieben Bezirke, in denen der Ausschluss aktuell werden könnte, weil der Quotient (Wahlzahl) - d.h. die Gesamtstimmenzahl geteilt durch die Zahl der Mandate plus 1 - mehr als 10% der Gesamtstimmenzahl ausmacht, nämlich einen Bezirk mit 2 Mandaten (Östlich Raron, für ein Vollmandat benötigte Wahlzahl 33,3% der Gesamtstimmenzahl), einen Bezirk mit drei Mandaten (Goms, 25%), einen Bezirk mit vier Mandaten (Westlich Raron, 20%), drei Bezirke mit sechs Mandaten (Hérens, Entremont und Saint-Maurice, 14,3%) und einen Bezirk mit sieben Mandaten (Leuk, 12,5%). In allen diesen sieben Bezirken wird die Bevorteilung der grossen Parteien, die durch die kleinen Wahlkreise und die Restmandatsverteilung nach dem grössten Quotienten ohnehin schon ausgeprägt ist (Reformbericht S. 27, 28 und 40/1; B. Schmid, a.a.O., S. 32), durch den Ausschluss der kleineren Parteien von der Restmandatsverteilung noch wesentlich verstärkt.
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Vor dem Grossen Rat wurde dieses sogenannte "natürliche Quorum" mit dem Kampf gegen die Parteienzersplitterung begründet (vgl. die seinerzeitige Begründung vor dem Grossen Rat ![]() ![]() | |
e) Der Ausschluss von der Restmandatsverteilung trifft im Bezirk Östlich Raron nach Art. 67 Abs. 1 WahlG jede Partei, die nicht mehr als 33,3% aller Parteistimmen erzielt. Er kann zur Folge haben, dass eine Partei mit nur 33,4% der Parteistimmen beide Sitze des Bezirkes erhält, sofern keine andere Partei ebenfalls ![]() ![]() | |
f) Das Bundesgericht hielt in BGE 103 Ia 563 ff. den Ausschluss einer Liste von der Restmandatsverteilung für zulässig, welche weniger als ein Sechstel der Parteistimmen für die Wahl des fünfköpfigen Gemeinderates Grächen (VS) erzielt hatte. Die Wahl in einen Gemeinderat unterscheidet sich aber grundsätzlich von derjenigen in den Grossen Rat, und dies nicht nur aus den von den Beschwerdeführern genannten Gründen. Vor allem sind bei der Grossratswahl im einzelnen Wahlkreis nur ein Bruchteil aller Ratsmitglieder zu wählen. Eine Minderheit in einem Wahlkreis braucht nicht eine im ganzen Kanton unbedeutende Kraft zu sein. Einzelne Restmandate in kleinen Wahlkreisen sind daher für die proportionale Vertretung der Parteien im Grossen Rat von Bedeutung (Urteil i.S. Geissbühler in JdT 110/1962 I S. 271 ff., E. 4a). Soweit das Bundesgericht im Urteil i.S. Mauris betreffend die Grossratswahlen im Bezirk Hérens den Ausschluss von der Restmandatsverteilung, der damals nicht als verfassungswidrig angefochten war, unter Hinweis auf BGE 103 Ia 563 ff. als verfassungsmässig bezeichnete, kann an jener Auffassung zumindest in der dort verwendeten allgemeinen Form nicht festgehalten werden.
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Die Gutheissung der Beschwerde im vorliegenden Falle, wo die nicht berücksichtigten Minderheiten mehr als ein Viertel der Wähler ausmachten, heisst nicht, dass das sogenannte natürliche Quorum ![]() ![]() | |
g) Das verfassungswidrige Ergebnis der Anwendung von Art. 67 WahlG im vorliegenden Falle muss zur Aufhebung des Beschlusses des Grossen Rates betreffend die Verteilung der Sitze im Bezirke Östlich Raron führen; es wird Sache des Grossen Rates sein, die Verteilung der Sitze im Bezirk Östlich Raron im Lichte der Erwägungen dieses Urteiles neu vorzunehmen, ohne die strittige Vorschrift des Art. 67 WahlG anzuwenden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht: | |