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Informationen zum Dokument  BGE 118 Ib 289  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
aus folgenden Erwägungen:
2. a) Als Beamter gilt, wer als solcher vom Bundesrat, einer ihm  ...
3. a) Nach Art. 4 AngO wird der nichtständige Angestellte, s ...
4. a) Wegen der zukünftigen Geschäftsentwicklung in den ...
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36. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Juli 1992 i.S. gegen Eidgenössisches Militärdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 4 Abs. 3 BtG; Art. 4 und Art. 3 Abs. 2 AngO; Wahl vom ständigen Angestellten- in das Beamtenverhältnis.  
2. Tragweite von Art. 4 AngO (E. 2b und 3).  
3. Im vorliegenden Fall erscheint die "dauernde Verwendung" des Beschwerdeführers (Art. 4 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 AngO) noch nicht sichergestellt, weshalb er zu Recht nicht zum Beamten gewählt worden ist (E. 4).  
 
Sachverhalt
 
BGE 118 Ib, 289 (289)X. ist am 3. Januar 1988 in den Dienst des Eidgenössischen Flugzeugwerks Emmen eingetreten. Er arbeitet dort als ständiger BGE 118 Ib, 289 (290)Angestellter (Handwerkmeister) in der "Kunststoff- und Modellbauwerkstatt" der Abteilung "Aerodynamik/Flugmechanik".
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Am 3. Dezember 1990 informierte der Direktor des Flugzeugwerkes X. darüber, dass dieser auf 1. Januar 1991 nicht zum Beamten gewählt werde. Das Flugzeugwerk Emmen wolle, obwohl die "Beschäftigungslage momentan und bis auf weiteres gut" sei, "den Weg der Annäherung an die privatwirtschaftlichen Gepflogenheiten weiterverfolgen" und sich in der Frage der Verbeamtung "äusserste Zurückhaltung" auferlegen. Diese Massnahme stehe in "keinem Zusammenhang" mit einem allfälligen Personalabbau in den Rüstungsbetrieben, sondern diene dazu, dank grösserer Flexibilität Arbeitsplätze langfristig zu sichern.
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Mit Schreiben vom 17. Dezember 1990 bestätigte der Direktor des Flugzeugwerkes Emmen diese Massnahme, begründete sie aber - nach Intervention seiner vorgesetzten Behörde - mit der wachsenden "Unsicherheit über das künftige Beschaffungsvolumen sowie über die den Rüstungsbetrieben daraus zukommenden Aufträge". Eine Wahl zum Beamten müsse unterbleiben, wenn und weil - wie im vorliegenden Fall - eine "dauernde Verwendung" des Angestellten nicht gewährleistet erscheine.
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Am 1. Februar 1991 verlangte X. formell, er sei rückwirkend auf 1. Januar 1991 zum Beamten zu wählen, was das Eidgenössische Militärdepartement am 9. August 1991 ablehnte.
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Das Bundesgericht weist die gegen diesen Entscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab
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aus folgenden Erwägungen:
 
2. a) Als Beamter gilt, wer als solcher vom Bundesrat, einer ihm nachgeordneten Amtsstelle oder einem eidgenössischen Gericht in ein Amt gewählt wird, das im Bundesratsbeschluss vom 18. Oktober 1972 über das Ämterverzeichnis (SR 172.221.111) aufgeführt ist (Art. 1 des Beamtengesetzes vom 30. Juni 1927 [BtG, SR 172.221.10]; Art. 1 des Bundesratsbeschlusses). Der Bewerber hat über die Wahlfähigkeit (Art. 2 BtG) und die besonderen Wahlerfordernisse (Art. 4 BtG) zu verfügen; seine dauernde Beschäftigung im Amt muss sichergestellt erscheinen (Art. 4 Abs. 3 BtG). Das Beamtengesetz sieht indessen, selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, keinen Anspruch auf eine Wahl zum Beamten vor: Nach dem Wortlaut des Gesetzes "kann" sie unter diesen Umständen erfolgen BGE 118 Ib, 289 (291)(Art. 4 Abs. 3 BtG), muss es aber nicht. Der Entscheid liegt im Ermessen der Wahlbehörde, was sich auch aus Art. 1 des Bundesratsbeschlusses über das Ämterverzeichnis ergibt, wonach den Trägern der dort genannten Funktionen die Eigenschaft von Beamten zukommt, wenn - d.h. unter der Bedingung, dass - sie als solche gewählt worden sind.
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b) Gemäss Art. 62 Abs. 1 BtG regelt der Bundesrat das Dienstverhältnis jener Arbeitskräfte des Bundes, die nicht als Beamte seiner Dienstgewalt unterstehen. Er hat gestützt hierauf die Angestelltenordnung vom 10. November 1959 (AngO; SR 172.221.104) erlassen, nach deren Art. 2 als Angestellter gilt, "wer ausdrücklich als solcher von einer Bundesstelle in Dienst genommen wird". Inhaltlich definiert die Angestelltenordnung den "ständigen Angestellten" als einen Bediensteten, "dessen dauernde Verwendung feststeht, der aber aus einem persönlichen oder organisatorischen Grund nicht oder nicht mehr zum Beamten gewählt werden kann" (Art. 3 Abs. 2 AngO). Der Bundesrat hat damit auf Verordnungsstufe die Ausübung des Entschliessungsermessens, welches das Beamtengesetz der Verwaltung bei der Wahl der Anstellungsform einräumt, näher umschrieben; nur beim Vorliegen von "persönlichen" oder "organisatorischen" Gründen, welche einer Ernennung zum Beamten entgegenstehen, ist ein Bediensteter, statt zum Beamten zu wählen, ständig anzustellen. Bei der Auslegung der beiden unbestimmten Rechtsbegriffe steht der Wahlbehörde, die für ein möglichst reibungsloses Funktionieren der Verwaltung und den bestmöglichen Einsatz des Personals verantwortlich ist (vgl. BGE 108 Ib 421 E. 2b), indessen ein weiter Beurteilungsspielraum zu.
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3. a) Nach Art. 4 AngO wird der nichtständige Angestellte, sofern er das 20. Altersjahr vollendet hat, seine dauernde Verwendung feststeht und Leistungen sowie Verhalten zu befriedigen vermögen, spätestens nach drei Jahren ununterbrochener Dienstleistung zum ständigen Angestellten ernannt oder zum Beamten gewählt, falls hiergegen keine persönlichen oder organisatorischen Gründe sprechen (vgl. Art. 3 Abs. 2 AngO). Dem Wortlaut und der Systematik nach gilt diese Bestimmung nur für den nichtständigen (Art. 3 Abs. 3 AngO), nicht aber auch für den ständigen Angestellten. Die ursprüngliche Fassung von Art. 4 AngO sah dementsprechend lediglich einen Wechsel vom nichtständigen in das ständige Anstellungsverhältnis vor; die Möglichkeit der Wahl zum Beamten nahm der Bundesrat erst mit der Änderung vom 27. Dezember 1967 in den Text auf (AS 1959, 1182/83; AS 1968, 131/132). Indessen BGE 118 Ib, 289 (292)besteht kein sachlicher Grund, die beiden Angestelltenkategorien in diesem Zusammenhang ungleich zu behandeln. Über seinen Wortlaut hinaus regelt Art. 4 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 AngO deshalb auch die Wahl des ständigen Angestellten zum Beamten; beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ist auch der ständige Angestellte in das Beamtenverhältnis zu wählen (HERMANN SCHROFF/DAVID GERBER, Die Beendigung der Dienstverhältnisse in Bund und Kantonen, St. Gallen 1985, S. 37, Rz. 21). Diese Auffassung scheint der Praxis der Bundesverwaltung bereits zugrunde zu liegen, spricht die angefochtene Verfügung doch davon, dass der Beschwerdeführer "im Normalfall ... per 1.1.1991" hätte "verbeamtet werden können".
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b) Nach der dreijährigen Dienstzeit besteht aber kein bedingungsloser Anspruch auf die Wahl zum Beamten. Bei mehreren der in Art. 4 AngO aufgezählten Voraussetzungen handelt es sich - wie bei jenen in der Definition von Art. 3 Abs. 2 AngO, an die sie anknüpfen - um unbestimmte Rechtsbegriffe, welche der Wahlbehörde einen erheblichen Beurteilungsspielraum belassen (vgl. BGE 117 Ib 117 E. 4b); Satz 2 hält zudem fest, dass die Ernennung oder Wahl unterbleiben kann, "wenn es sich um Angestellte von Dienstzweigen handelt, deren Beschäftigungslage und Personalbestand wegen besonderer Aufgaben aussergewöhnlichen Schwankungen unterliegen". Insofern räumt die Angestelltenordnung der Wahlbehörde bei der Beurteilung der "dauernden Verwendung" und des Vorliegens organisatorischer Gründe, welche der Wahl zum Beamten entgegenstehen (Art. 4 Satz 1 und Art. 3 Abs. 2 AngO), Entschliessungsermessen ein (vgl. ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Zürich 1990, N. 348); das Bundesgericht prüft in diesen Fällen nur, ob die Wahlbehörde das ihr eingeräumte Ermessen überschritten, unterschritten oder missbraucht hat (Art. 104 lit. a OG).
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c) Nach Art. 2 der Verordnung vom 24. Oktober 1990 über das Bundesamt für Rüstungsbetriebe (SR 510.521), zu dem das Flugzeugwerk Emmen gehört (vgl. Art. 1 lit. g), ist jenes nach betriebswirtschaftlich industriellen Grundsätzen zu führen (Abs. 1) und so auszugestalten, dass ein am Markt orientiertes Handeln gefördert und der erforderliche unternehmerische Spielraum sichergestellt werden (Abs. 2). Zur wirtschaftlichen Nutzung seines Industriepotentials kann das Bundesamt über seine Tätigkeit für die Landesverteidigung hinaus in angrenzenden Bereichen aktiv werden (Art. 3 Abs. 4); seine Kapazitäten hat es auf den langfristig zu erwartenden Geschäftsgang BGE 118 Ib, 289 (293)auszurichten (Art. 4 Abs. 1). Diesen Zielsetzungen entsprechend sieht Art. 8 Abs. 1 für das Personalwesen vor, dass es "den industriellen Bedürfnissen" Rechnung zu tragen habe, soweit dies im Rahmen des Beamtengesetzes möglich erscheine. Aufgrund der so umschriebenen besonderen Aufgaben, die im Verhältnis zum normalen Verwaltungshandeln naturgemäss "aussergewöhnlichen" Schwankungen unterliegen, wie sie sonst nur in der Privatwirtschaft anzutreffen sind, ist bei der Prüfung der Frage, ob die dauernde Verwendung des Beschwerdeführers sichergestellt erscheint und insofern nicht ein organisatorischer Grund zurzeit gegen seine Wahl spricht, Satz 2 von Art. 4 AngO Rechnung zu tragen. Das Bundesgericht überprüft die entsprechende Beurteilung durch das Militärdepartement deshalb nur auf eine falsche Ermessensausübung hin.
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Anhaltspunkte dafür, dass es dabei rechtsungleich vorgegangen wäre, bestehen nicht; der Beschwerdeführer behauptet dies auch nicht. Er stellt vielmehr das Selektionsmerkmal als solches in Frage, insbesondere macht er geltend, das Departement hätte im Zusammenhang mit der gesicherten Verwendung nur auf den bis zum Abschluss der laufenden Amtsperiode, d.h. Ende 1992, verbleibenden Zeitraum abstellen dürfen. Das Eidgenössische Militärdepartement hielt sich aber im Hinblick auf Art. 4 Abs. 1 der Verordnung über das Bundesamt für Rüstungsbetriebe (wonach die Kapazitäten auf den langfristig zu erwartenden Geschäftsgang auszurichten sind) durchaus im Rahmen seines Beurteilungs- und Ermessensspielraums, wenn es seinem Entscheid die Verwendung über eine Amtsperiode hinaus zugrunde gelegt hat. Diese Auslegung des Begriffs der "dauernden Verwendung" entspricht der in der Verwaltung allgemein üblichen Interpretation (vgl. BBl 1986 II 319 f.); ein Grund, welcher rechtfertigen würde, im vorliegenden Fall hiervon abzuweichen, ist nicht ersichtlich. Rechtsgleichheitsaspekte legen vielmehr die von der Vorinstanz gewählte Auslegung geradezu nahe. Art. 6 BtG, dessen Abs. 2 vorsieht, dass bei einer Wahl während der Amtsdauer das Dienstverhältnis mit ihrem Ablauf endigt, regelt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nur die Amtsdauer als Folge der Wahl zum Beamten, nicht aber auch die Voraussetzungen hierzu; diese ergeben sich - wie bereits dargelegt - BGE 118 Ib, 289 (294)aus Art. 1, 2 und 4 BtG sowie Art. 4 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 AngO.
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Zu untersuchen bleibt unter diesen Umständen noch, ob das Departement im vorliegenden Fall zu Recht davon ausgegangen ist, die dauernde Verwendung über eine Amtsperiode hinaus erscheine fraglich.
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b) Der Beschwerdeführer arbeitet als Handwerkmeister in der Kunststoff- und Modellbauwerkstatt des Bereichs Forschung und Entwicklung, wo Windkanalmodelle und Kunststoffteile für Prototypen der Aufklärungsdrohne 90 hergestellt werden. Eine längerfristige Auslastung dieser Einheit erscheint unsicher, ihre Zusammenlegung mit der Kunststoffwerkstatt im Bereich der Produktion ist geplant. Nach Einschätzung der Vorinstanz wird dies zu einer Überdotierung der personellen Kapazitäten führen: Von fünf Mitarbeitern dürften lediglich noch drei oder vier in der neuen Werkstatt dauernd beschäftigt werden. Drei langjährige Mitarbeiter in diesem Bereich stehen aber bereits heute im Beamtenverhältnis. Unter diesen Umständen scheint die dauernde Verwendung des Beschwerdeführers zurzeit tatsächlich noch nicht sichergestellt.
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Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, überzeugt nicht. Der Direktor des Flugzeugwerkes Emmen sprach in seinem Brief vom 3. Dezember 1990 zwar von einer "momentan" vollen Auslastung des Betriebes, doch zeigt die längerfristige Planung bereits im Laufe der Jahre 1992 und 1993 eine Reduktion der prognostizierten Umsätze, welche mit einem Stellenabbau verbunden sein wird. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer 1988 als ständiger Angestellter in den Bundesdienst eingetreten ist, kann heute nicht geschlossen werden, seine dauernde Verwendung stehe bereits "definitionsgemäss" ein für allemal fest. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet nur die Frage, ob das Departement gestützt auf seine neue, "selektive" Praxis - ohne Bundesrecht zu verletzen - darauf verzichten konnte, den Beschwerdeführer zum Beamten zu wählen. Soweit dieser vorbringt, er sei zu einer Umschulung bereit und die Verwaltung müsse einen Angestellten weiterbeschäftigen, wenn geeignete Aufgaben offenstünden und Leistungen sowie Verhalten befriedigten, gehen seine Einwendungen am Problem vorbei. Es lässt sich daraus insbesondere nicht ableiten, dass eine längerfristige Beschäftigung feststeht, würde doch sonst das Kriterium der "dauernden Verwendung" jeglichen Sinnes entleert. Wie beim nichtständigen ist auch beim ständigen Angestellten darauf abzustellen, ob im Moment, da die Wahl zum Beamten ansteht, die BGE 118 Ib, 289 (295)dauernde Verwendung konkret, d.h. in der bisherigen und nicht in einer fiktiven anderen Stelle, gesichert erscheint.
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Der Beschwerdeführer beruft sich schliesslich vergeblich auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Wenn das Eidgenössische Militärdepartement bisher im Hinblick auf den Geschäftsgang Angestellte der Rüstungsbetriebe gestützt auf Art. 4 AngO grosszügiger zu Beamten gewählt hat, so hindert es dies heute nicht daran, aufgrund neuer Umstände seine Praxis zu überprüfen und von dem ihm in Art. 4 Satz 1 und 2 AngO eingeräumten Beurteilungs- bzw. Ermessensspielraum Gebrauch zu machen. Es erschiene geradezu widersprüchlich, einen Angestellten - wie der Beschwerdeführer vorschlägt - lediglich für ein Jahr in das Beamtenverhältnis zu wählen und ihn dann im Hinblick auf den Beschäftigungseinbruch nach Ablauf der Amtsperiode nur noch unter Vorbehalt oder gar nicht mehr wiederzuwählen.
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