VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGE 80 I 109  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Regeste
Das Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung ist im Abschnitt VII unter dem Titel: Schätzung geordnet. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass, falls es einer vorzeitigen Besitzeinweisung bedürfe, sie zur Ermöglichung der sofortigen Inangriffnahme der Arbeiten für das Werk regelmässig schon sofort nach Bewilligung der Enteignung verlangt werde, also in einem Zeitpunkt, wo möglicherweise auch ein Augenschein und eine kontradiktorische Verhandlung der Parteien noch nicht stattgefunden hat. Das wird freilich der Regelfall bleiben. Das vorliegende Enteignungsverfahren weicht hievon insoweit nicht ab, als die Besitzeinweisung mit Bezug auf die bebauten und unbebauten Grundstücke sofort verlangt worden ist. Das Begehren konnte aber mit Bezug auf die erstern abgelehnt werden, weil die Enteignerin ihrer vor der Erstellung der Staumauer und der Ausführung anderer Vorbereitungsarbeiten noch nicht unbedingt bedurfte. Diese Ordnung schliesst jedoch nicht aus, dass die Besitzeinweisung, wenn erst während des Weiterzugsverfahrens die Voraussetzungen dafür eintreten, auch noch jetzt jederzeit verlangt werden kann und, falls die Voraussetzungen von Art. 76 EntG dafür vorliegen, auch bewilligt werden muss. Abs. 3 von Art. 76, wonach die Schätzungskommission über die Begehren im Sinne dieser Vorschrift endgültig entscheidet, besagt danach bloss, dass der von der Kommission ausgehende Entscheid nicht weiterziehbar ist, nicht auch, dass im Weiterzugsverfahren derartige Begehren ausgeschlossen seien. Es wäre nicht einzusehen, aus welchen Gründen zwar der Enteigner während des Verfahrens vor der Schätzungskommission die Besitzeinweisung sollte verlangen können, wenn sonst für das Unternehmen bedeutende Nachteile entstehen müssten, warum ihm aber dieser Rechtsbehelf nicht mehr sollte zur Verfügung stehen, wenn die Kommission über die geschuldete Entschädigung erstinstanzlich bereits entschieden hat und ihr Entscheid beim Bundesgericht angefochten ist. Dass dem so ist, der Enteigner also nicht darauf verwiesen werden kann, bis nach Erlass des Urteils des Bundesgerichtes zuzuwarten, geht insbesondere auch daraus hervor, dass während des Weiterzugsverfahrens sogar die vorläufige Vollstreckung angeordnet werden kann (Art. 86 EntG). Danach kann, wenn der Enteigner im bundesgerichtlichen Verfahren den nach den Parteianträgen nicht mehr streitigen Betrag bezahlt und - sofern nicht der Fall von Art. 117 EntG vorliegt - für den noch streitigen Betrag ausreichende Sicherheit leistet, der Instruktionsrichter auf Begehren des Enteigners verfügen, dass schon mit der Bezahlung der Teilentschädigung die Wirkung der Enteignung eintritt, d.h. der Enteigner bereits das Eigentum erwirbt (Art. 91 EntG). Kann aber danach während des Verfahrens vor dem Bundesgericht bereits eine Anordnung getroffen werden, welche den Eigentumsübergang zur Folge hat, so muss auch die weniger weit gehende Massnahme der Besitzeinweisung zulässig sein. Der Auffassung, als ob die Besitzeinweisung gerade deshalb als unzulässig erscheine, weil vorläufige Vollstreckung verlangt werden könne, könnte nicht beigepflichtet werden. Art. 86 EntG erklärt den Instruktionsrichter bloss als befugt, nicht als verpflichtet, die vorläufige Vollstreckung zu bewilligen, während die Besitzeinweisung zu bewilligen ist, nicht verweigert werden kann, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die vorläufige Vollstreckung aber wird dann abgelehnt werden, wenn der Enteigner offenbar zu geringe Entschädigungen anerkennt. Da er zur Anerkennung von mehr nicht gezwungen werden könnte, muss ihm das Recht zugestanden werden, die Besitzeinweisung zu verlangen, wenn die vorläufige Vollstreckung nicht bewilligt würde. Auf Besitzeinweisung hat er in jedem Falle Anspruch, und sie kann von der Behörde an die Zahlung einer von ihr zu bestimmenden Teilleistung geknüpft werden.
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
19. Auszug aus der Verfügung des Instruktionsrichters vom 24. März 1954 i.S. Stadt Zürich gegen Erbengemeinschaft Duri Dora und Konsorten.
 
 
Regeste
 
Art. 76, 86 EntG.  
 
BGE 80 I, 109 (110)Das Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung ist im Abschnitt VII unter dem Titel: Schätzung geordnet. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass, falls es einer vorzeitigen Besitzeinweisung bedürfe, sie zur Ermöglichung der sofortigen Inangriffnahme der Arbeiten für das Werk regelmässig schon sofort nach Bewilligung der Enteignung verlangt werde, also in einem Zeitpunkt, wo möglicherweise auch ein Augenschein und eine kontradiktorische Verhandlung der Parteien noch nicht stattgefunden hat. Das wird freilich der Regelfall bleiben. Das vorliegende Enteignungsverfahren weicht hievon insoweit nicht ab, als die Besitzeinweisung mit Bezug auf die bebauten und unbebauten Grundstücke sofort verlangt worden ist. Das Begehren konnte aber mit Bezug auf die erstern abgelehnt werden, weil die Enteignerin ihrer vor der Erstellung der Staumauer und der Ausführung anderer Vorbereitungsarbeiten noch nicht unbedingt bedurfte. Diese Ordnung schliesst jedoch nicht aus, dass die Besitzeinweisung, wenn erst während des Weiterzugsverfahrens die Voraussetzungen dafür eintreten, auch noch jetzt jederzeit verlangt werden kann und, falls die Voraussetzungen von Art. 76 EntG dafür vorliegen, auch bewilligt werden muss. Abs. 3 von Art. 76, wonach die Schätzungskommission über die Begehren im Sinne dieser Vorschrift endgültig entscheidet, besagt danach bloss, dass der von der Kommission ausgehende Entscheid nicht weiterziehbar ist, nicht auch, dass im Weiterzugsverfahren derartige Begehren ausgeschlossen seien. Es wäre nicht einzusehen, aus welchen Gründen zwar der Enteigner während des Verfahrens vor der Schätzungskommission die Besitzeinweisung sollte verlangen BGE 80 I, 109 (111)können, wenn sonst für das Unternehmen bedeutende Nachteile entstehen müssten, warum ihm aber dieser Rechtsbehelf nicht mehr sollte zur Verfügung stehen, wenn die Kommission über die geschuldete Entschädigung erstinstanzlich bereits entschieden hat und ihr Entscheid beim Bundesgericht angefochten ist. Dass dem so ist, der Enteigner also nicht darauf verwiesen werden kann, bis nach Erlass des Urteils des Bundesgerichtes zuzuwarten, geht insbesondere auch daraus hervor, dass während des Weiterzugsverfahrens sogar die vorläufige Vollstreckung angeordnet werden kann (Art. 86 EntG). Danach kann, wenn der Enteigner im bundesgerichtlichen Verfahren den nach den Parteianträgen nicht mehr streitigen Betrag bezahlt und - sofern nicht der Fall von Art. 117 EntG vorliegt - für den noch streitigen Betrag ausreichende Sicherheit leistet, der Instruktionsrichter auf Begehren des Enteigners verfügen, dass schon mit der Bezahlung der Teilentschädigung die Wirkung der Enteignung eintritt, d.h. der Enteigner bereits das Eigentum erwirbt (Art. 91 EntG). Kann aber danach während des Verfahrens vor dem Bundesgericht bereits eine Anordnung getroffen werden, welche den Eigentumsübergang zur Folge hat, so muss auch die weniger weit gehende Massnahme der Besitzeinweisung zulässig sein. Der Auffassung, als ob die Besitzeinweisung gerade deshalb als unzulässig erscheine, weil vorläufige Vollstreckung verlangt werden könne, könnte nicht beigepflichtet werden. Art. 86 EntG erklärt den Instruktionsrichter bloss als befugt, nicht als verpflichtet, die vorläufige Vollstreckung zu bewilligen, während die Besitzeinweisung zu bewilligen ist, nicht verweigert werden kann, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Die vorläufige Vollstreckung aber wird dann abgelehnt werden, wenn der Enteigner offenbar zu geringe Entschädigungen anerkennt. Da er zur Anerkennung von mehr nicht gezwungen werden könnte, muss ihm das Recht zugestanden werden, die Besitzeinweisung zu verlangen, wenn die vorläufige Vollstreckung nicht bewilligt würde. Auf Besitzeinweisung BGE 80 I, 109 (112)hat er in jedem Falle Anspruch, und sie kann von der Behörde an die Zahlung einer von ihr zu bestimmenden Teilleistung geknüpft werden.
 
Da hier Begehren im Sinne von Art. 86 EntG von keiner Seite gestellt worden sind, die Enteignerin sich vielmehr auf das Begehren um Einweisung in den Besitz beschränkt hat und die Enteigneten bzw. einzelne von ihnen nur Abschlagszahlungen verlangen, ist daher bloss noch darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine Besitzeinweisung gegeben sind.
1
Zuständig zum Erlass der bezüglichen Verfügung während des Verfahrens vor dem Bundesgericht ist, nachdem er selber und in eigener Kompetenz die noch weitergehende vorläufige Vollstreckung anordnen kann, der Instruktionsrichter.
2
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).