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Informationen zum Dokument  BGE 90 I 121  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Art. 44 Abs. 1 WRG bestimmt: "Wird der Beliehene in der Ausnut ...
3. Die Kläranlage ist im öffentlichen Interesse erricht ...
4. Art. 45 WRG bestimmt, dass durch die Verleihung die Privatrech ...
5. Das Nutzungsrecht der Klägerin war vor der Verleihung vom ...
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19. Auszug aus dem Urteil vom 6. März 1964 i.S. Hans Stüdli & Cie. gegen Stadtgemeinde Winterthur.
 
 
Regeste
 
Entschädigungsanspruch des Beliehenen, der in der Ausnutzung seines Wasserrechtes durch öffentliche, den Wasserlauf verändernde Arbeiten bleibend beeinträchtigt wird (Art. 44 Abs. 1 WRG).  
2. Öffentliche, den Wasserlauf verändernde Arbeit: Umleitung des im Gebiet einer Gemeinde anfallenden Abwassers (Erw. 3).  
3. Recht des Beliehenen auf Nutzung des Abwassers (Erw. 4).  
4. Auslegung eines Verleihungsaktes, durch den das Maximum der nutzbaren Wassermenge erhöht wurde, obwohl bereits feststand, dass das Abwasser umgeleitet werden würde (Erw. 5).  
 
Sachverhalt
 
BGE 90 I, 121 (122)Aus dem Tatbestand:
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A.- Die Firma Hans Stüdli & Cie. betreibt im Hard bei Wülflingen (Winterthur), an der Töss unterhalb der Einmündung der Eulach, ein Presswerk mit einer Wasserkraftanlage, in welcher sie aus der Töss mittels eines Wehrs und eines Kanals Wasser auf zwei Turbinen leitet, um elektrische Energie zu gewinnen.
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Das Wasserrecht, das sie besitzt, geht aufeine Bewilligung zurück, die ihren Rechtsvorgängern im Jahre 1801 von der Verwaltungskammer des Kantons Zürich erteilt wurde. In der Folge erweiterte der Regierungsrat des Kantons Zürich die Berechtigung. Im Jahre 1926 setzte er den Wasserzins auf Grund eines nutzbaren Wasserzuflusses von 2500 l/sec neu fest. In diesem Umfang ist das Wasserrecht unbefristet. Mit Eingaben vom 11. Mai und 8. September 1938 ersuchte Hans Stüdli um die Bewilligung, die Wasserkraftanlage weiter auszubauen, insbesondere durch Erhöhung der Schluckfähigkeit auf 3520 l/sec. Der Regierungsrat entsprach dem Gesuch mit Beschluss vom 23. Oktober 1941, durch den er die früheren Wasserrechtsverleihungen bereinigte. Die Bewilligung, eine zusätzliche Wassermenge von 1020 l/sec zu nutzen, wurde bis Ende 1991 befristet.
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B.- Am 4. Oktober 1938 genehmigte die Baudirektion des Kantons Zürich das Projekt der Stadtgemeinde Winterthur, das im Stadtgebiet anfallende Abwasser einer unterhalb des Wasserwerks der Firma Hans Stüdli & Cie. zu errichtenden zentralen Kläranlage zuzuführen und von dort in die Töss zu leiten. Mit Beschluss vom 10. November 1938 sicherte der Regierungsrat der Stadt einen Beitrag des Staates an die Kosten des Baues der Kläranlage zu. Er ordnete an, dass die Kläranlage bis Ende 1940 zu erstellen BGE 90 I, 121 (123)sei. In Gemeindeabstimmungen vom 21. Mai und 29. Oktober 1939 wurden die erforderlichen Kredite bewilligt. Infolge des Weltkrieges verzögerte sich die Ausführung des Projektes; die Kläranlage wurde erst am 12. Mai 1950 in Betrieb genommen. Seither werden die Abwasser der Stadt Winterthur, die bis dahin oberhalb des Wehrs der Firma Hans Stüdli & Cie. in die Eulach und die Töss geflossen waren, durch einen Sammelkanal am Wehr und an der Fabrik der Firma vorbei zur Kläranlage und von da in die Töss geleitet.
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C.- Mit der vorliegenden Klage, die sich auf Art. 44 Abs. 1 des BG über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 (WRG) stützt, beantragt die Firma Hans Stüdli & Cie. dem Bundesgericht, die Stadtgemeinde Winterthur sei zu verpflichten, ihr den durch die Umleitung des Abwassers verursachten Schaden zu ersetzen.
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D.- Die Stadtgemeinde Winterthur beantragt Abweisung der Klage.
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Das Bundesgericht heisst die Klage teilweise gut.
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Aus den Erwägungen:
 
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Die Klägerin ist Beliehene im Sinne dieser Bestimmung. Sie ist Inhaberin einer vom verfügungsberechtigten Kanton Zürich erteilten Verleihung, welche ihr das Recht gibt, die Wasserkraft eines öffentlichen Gewässers, der Töss, durch Betrieb eines Wasserwerks im Hard bei Wülflingen in einem bestimmten Umfange zu nutzen.
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Die Klägerin macht geltend, sie werde in der Ausnutzung ihrer Wasserkraft durch öffentliche, den Wasserlauf verändernde BGE 90 I, 121 (124)Arbeiten, nämlich durch die Erstellung der Abwasserkläranlage der Stadt Winterthur unterhalb jenes Wasserwerks, bleibend beeinträchtigt. Die Klage ist daher gegen die Stadtgemeinde Winterthur gerichtet. In der Tat ist die neue Kläranlage von der Beklagten erstellt worden. Der Kanton Zürich hat die Anlage nicht selbst gebaut; er hat lediglich die erforderliche polizeiliche Bewilligung für den Bau erteilt und einen Beitrag an die Kosten geleistet. Die beklagte Stadtgemeinde ist passiv legitimiert.
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Durch diese Arbeit ist im Sinne der gleichen Bestimmung der Wasserlauf verändert worden. Die Beklagte bestreitet dies mit der Begründung, durch den Bau der Kläranlage sei das Bett der Töss nicht berührt worden. Indessen verkennt sie die Tragweite des in Art. 44 Abs. 1 WRG verwendeten Begriffs des Wasserlaufs. Unter dem Wasserlauf sind dort die Faktoren verstanden, welche den Umfang der nutzbaren Wasserkraft bestimmen, d.h. die Menge des in der betreffenden Gewässerstrecke durchlaufenden Wassers und sein Gefälle. Eine Verringerung der durchlaufenden Wassermenge ist eine Veränderung des Wasserlaufs im Sinne des Art. 44 Abs. 1 WRG, auch dann, wenn die topographische Gestaltung der Gewässerstrecke - insbesondere das Gefälle - gleich bleibt. Eine solche Verringerung hat der Bau der Kläranlage der Stadt Winterthur bewirkt; denn seither werden die im Stadtgebiet anfallenden Abwasser, die bis dahin oberhalb des Wehrs der Klägerin in die Eulach und die Töss geflossen waren, durch einen Sammelkanal am Wehr und an der Fabrik der Klägerin vorbei zur Kläranlage und erst von da in die Töss geleitet.
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Wenn und soweit die Klägerin durch die genannte öffentliche, den Wasserlauf verändernde Arbeit in der Ausnutzung der ihr verliehenen Wasserkraft bleibend beeinträchtigt wird, hat sie nach Art. 44 Abs. 1 WRG Anspruch BGE 90 I, 121 (125)auf Entschädigung. Es ist nicht bestritten, dass sie die dauernde Einbusse - vorausgesetzt, sie erleide eine solche - nicht durch Anpassung ihres Werkes an die veränderten Verhältnisse vermeiden kann.
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Zu diesem Wasser hat im vorliegenden Fall auch das im Gebiet der Stadt Winterthur anfallende Abwasser gehört, bevor es in die neue Kläranlage umgeleitet worden ist; denn es ist bis dahin oberhalb des Wasserwerkes der Klägerin - zum Teil direkt, zum Teil über die Eulach - in die Töss geflossen. Die Klägerin hat nach Art. 44 Abs. 1 WRG Anspruch auf Entschädigung für eine infolge der Umleitung des Abwassers entstehende bleibende Beeinträchtigung des ihr verliehenen Nutzungsrechts, soweit diesem nicht Rechte Dritter vorgehen (Art. 45 WRG).
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Die Beklagte macht geltend, das Abwasser sei vor dem Austritt in den Fluss ihr Eigentum, so dass sie berechtigt sei, nach ihrem Ermessen zu bestimmen, in welcher Weise es abzuleiten sei. Dieses private Recht habe nach Art. 45 WRG durch die Verleihung eines Wasserrechtes an die Klägerin nicht berührt werden können; also habe der Kanton der Klägerin auch kein Recht auf die Zuleitung des Abwassers oberhalb ihrer Anlage verleihen können. Dieser Betrachtungsweise kann nicht zugestimmt werden. Es kommt nicht darauf an, ob das Wasser, das schliesslich von der Stadt Winterthur als Abwasser abgeleitet wird, vor dem Ausfluss in das als Vorfluter dienende öffentliche Gewässer in jemandes Eigentum gestanden hat oder nicht.
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BGE 90 I, 121 (126)Dies gilt für alle Stadien, die es bis zur Vereinigung mit dem Fluss durchläuft, auch für das letzte Stadium, den Durchgang durch die Abzugskanäle der Stadt. Das Abwasser ist auf jeden Fall von der Vereinigung mit dem Fluss an Bestandteil dieses öffentlichen Gewässers, auch dann, wenn es vorher Privateigentum gewesen sein sollte. Es konnte bis zu seiner Umleitung in die neue Kläranlage von der Klägerin genutzt werden. Zu dieser Nutzung war die Klägerin im Rahmen des ihr zustehenden Wasserrechtes auch befugt. Rechte, welche diesem Anspruch nach Art. 45 WRG vorgehen würden, bestehen nicht. Insbesondere kann sich die Beklagte nicht auf ein vorgehendes Recht auf Umleitung des Abwassers berufen. Die Umleitung beruht nicht auf einer privaten Berechtigung der Beklagten, sondern ist im öffentlichen Interesse, kraft öffentlichen Rechts, ausgeführt worden. Der Kanton hat dafür auch keine Verleihung erteilt, sondern bloss eine polizeiliche Bewilligung, übrigens erst in einem Zeitpunkt, da die Klägerin schon seit langem Inhaberin eines Wasserrechtes war. Die Umleitung stellt eben, wie ausgeführt, die öffentliche Arbeit dar, welche nach Art. 44 Abs. 1 WRG Voraussetzung der Entschädigungspflicht der Beklagten ist.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch unerheblich, dass der aus dem Grundwasserstrom des Eulachtales stammende Teil des nun durch die neue Kläranlage geleiteten Wassers natürlicherweise - wenn er nicht für die Wasserversorgung der Stadt gefasst worden wäre - erst unterhalb des Wasserwerkes der Klägerin in die Töss geflossen wäre. Die Klägerin hat kraft der Verleihung und in deren Umfang Anspruch auf Nutzung der gesamten Wassermenge, die in ihrem Wasserwerk vor der Inbetriebnahme der neuen städtischen Kläranlage durchgeflossen ist. Dazu gehört auch das gesamte nun in die Kläranlage umgeleitete Abwasser der Stadt Winterthur.
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5. Das Nutzungsrecht der Klägerin war vor der Verleihung vom 23. Oktober 1941 auf eine maximale Wassermenge von 2500 l/sec beschränkt. Im neuen Verleihungsakt von 1941 erhöhte der Regierungsrat das Maximum auf BGE 90 I, 121 (127)3520 l/sec. Nach Auffassung der Klägerin ist der Berechnung der Entschädigung dieses Maximum zugrunde zu legen. Aus dem vom Gericht eingeholten Gutachten ergibt sich, dass die Klägerin in der Ausnutzung ihrer Wasserkraft infolge der Umleitung des Abwassers der Stadt Winterthur in die neue Kläranlage, die seit 12. Mai 1950 in Betrieb steht, auf jeden Fall bleibend beeinträchtigt wird, auch dann, wenn bei der Berechnung auf das Maximum von 2500 l/sec abgestellt wird. Da die Beeinträchtigung grösser ist, wenn das auf 3520 l/sec erhöhte Maximum in Rechnung gestellt werden muss, ist zu prüfen, welches der beiden Maxima massgebend ist.
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Im Jahre 1941 stand bereits fest, dass das Abwasser der Stadt inskünftig nicht mehr oberhalb, sondern unterhalb des Wasserwerkes der Klägerin in die Töss geleitet werden würde. Im Jahre 1938 hatte der Kanton das Umleitungsprojekt der Stadt genehmigt und ihr einen Beitrag an die Baukosten zugesichert, und in Gemeindeabstimmungen vom 21. Mai und 29. Oktober 1939 waren die erforderlichen Kredite bewilligt worden. Im Oktober 1941 wusste zweifellos nicht nur der Regierungsrat, sondern auch die Klägerin, dass die Umleitung beschlossen war und auch demnächst ausgeführt werden würde. Dies muss der Klägerin spätestens anlässlich der erwähnten Gemeindeabstimmungen bekannt geworden sein, die durch Zustellung einlässlicher Weisungen an alle Stimmberechtigten vorbereitet worden waren.
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Im Oktober 1941 musste aber auch damit gerechnet werden, dass die Klägerin die ihr neu konzedierte Wassermenge von 1020 l/sec infolge des zu erwartenden Ausfalls des Abwassers der Stadt jedenfalls bei weitem nicht voll werde ausnutzen können. Dies kann der Verleihungsbehörde und der Klägerin damals nach den gegebenen und ihnen bekannten Verhältnissen nicht entgangen sein.
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Bei dieser Sachlage wäre es widersinnig gewesen, wenn der Regierungsrat der Klägerin im Verleihungsakt von 1941 in dem Umfange, in dem darin die maximale nutzbare Wassermenge erhöht wurde, einen Rechtsanspruch auf Nutzung des umzuleitenden Abwassers, d.h. praktisch auf Entschädigung BGE 90 I, 121 (128)für dessen Ausfall (Art. 44 Abs. 1 WRG), verschafft hätte. Eine solche unvernünftige Regelung kann er nicht gewollt haben. Er muss der Meinung gewesen sein, dass die Beliehene insoweit, als die maximale nutzbare Wassermenge erhöht wurde, gegenüber der Stadt keinen Anspruch auf Entschädigung für den Ausfall der Nutzung des Abwassers haben solle. Nach den Regeln von Treu und Glauben konnte die Klägerin den neuen Verleihungsakt nicht anders verstehen. Er ist in dem Sinne auszulegen, den ihm die Beteiligten vernünftigerweise beilegen mussten (BGE 61 I 74ff.;BGE 78 I 389).
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Die Erhöhung der maximalen nutzbaren Wassermenge um 1020 l/sec ist daher bei der Beurteilung des Entschädigungsanspruches der Klägerin ausser Betracht zu lassen. Massgebend ist das Maximum von 2500 l/sec, das vor der Verleihung von 1941 festgelegt worden war.
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