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Informationen zum Dokument  BGE 122 I 250  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss Art. 66 Abs. 1 OG hat die kantonale Instanz, an di ...
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33. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Mai 1996 i.S. G. gegen D. und Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
Regeste
 
Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts; Zulässigkeit des nachträglichen Rückzugs einer Appellation.  
 
Sachverhalt
 
BGE 122 I, 250 (250)Auf Klage von D., mit der er Fr. 90'405.20 nebst Zins verlangte, verpflichtete das Kantonsgericht von Appenzell Ausserrhoden G. mit Urteil vom 26. Oktober 1992 zur Zahlung von Fr. 48'720.-- nebst Zins. Dieser Entscheid wurde von G. mit Appellation und von D. mit Anschlussappellation angefochten. Der Hauptantrag von G. lautete auf Abweisung der Klage. D. verlangte mit der Anschlussappellation die Zahlung von Fr. 89'405.20 nebst Zins. Mit Urteil vom 22. Juni 1993 wies das Obergericht von Appenzell Ausserrhoden die Appellation ab und verpflichtete G. in Gutheissung der Anschlussappellation zur Zahlung von Fr. 89'405.20 nebst Zins.
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G. focht das Urteil des Obergerichts mit Berufung und staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht an. Dieses hiess die Beschwerde mit Urteil vom 24. Februar 1994 teilweise gut und hob den Entscheid des Obergerichts BGE 122 I, 250 (251)auf. Die damit gegenstandslos gewordene Berufung wurde mit Beschluss vom gleichen Tag abgeschrieben.
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Nach Vorliegen des bundesgerichtlichen Urteils erklärte G. am 13. Mai 1994 den Rückzug der Appellation. Dem widersetzte sich D. unter Hinweis auf Art. 269 ZPO AR. Während der Fortsetzung des obergerichtlichen Verfahrens reduzierte D. dann die eingeklagte Forderung auf Fr. 77'372.-- nebst Zins.
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Mit Urteil vom 21. Februar 1995 verpflichtete das Obergericht G. zur Zahlung von Fr. 77'372.-- nebst 5% Zins seit 1. März 1991. In der Urteilsbegründung wird festgehalten, dass der Rückzug der Appellation durch G. nach kantonalem (Art. 269 ZPO AR) und bundesrechtlichem (Art. 66 OG) Verfahrensrecht unzulässig sei.
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G. hat den Entscheid des Obergerichts mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten, die vom Bundesgericht abgewiesen wird.
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Aus den Erwägungen:
 
2. Gemäss Art. 66 Abs. 1 OG hat die kantonale Instanz, an die eine Sache zurückgewiesen wird, der neuen Entscheidung die rechtliche Beurteilung zugrunde zu legen, mit der die Rückweisung begründet worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung gilt dieser Grundsatz auch für das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren. Der Umstand, dass sich das Bundesgericht gemäss der vorwiegend kassatorischen Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde im Urteilsdispositiv mit der Aufhebung des fehlerhaften Urteils begnügt, ändert nichts daran, dass die Urteilsmotive von der kantonalen Instanz zu beachten sind (BGE 100 Ia 28 E. 2 S. 30, BGE 104 Ia 63, BGE 111 II 94 E. 2 S. 95, BGE 112 Ia 353 E. 3a/bb S. 354; POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II, N. 1.3.2 zu Art. 66 OG; KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Auflage, S. 399).
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a) In BGE 83 II 544 (E. 2 S. 550) hat das Bundesgericht einen mit dem vorliegenden vergleichbaren Fall beurteilt. Dort ist es gestützt auf Art. 66 Abs. 1 OG zum Ergebnis gelangt, der Rückzug der Appellation sei unbeachtlich, wenn sich aus den Erwägungen des Rückweisungsentscheides ergebe, dass der rechtliche Standpunkt der appellierenden Partei unbegründet, jener der Gegenpartei, die im kantonalen Verfahren Anschlussappellation erhoben hatte, dagegen begründet sei.
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b) Die Lehre hat diesem Urteil im Ergebnis, nicht aber hinsichtlich der Begründung zugestimmt. KUMMER hat eingewendet, Art. 66 OG könne die BGE 122 I, 250 (252)Dispositionsbefugnis der Parteien, über die Streitsache nach ihrem Willen zu verfügen, nicht einschränken (ZBJV 95/1959 S. 156 ff.). Diese Bestimmung vermöge der kantonalen Instanz nicht vorzuschreiben, sie müsse in jedem Fall ein Urteil in der Sache fällen, gleichviel ob die Parteien das wollten oder nicht; sondern sie verlange nur, dass ein neuerliches Urteil, falls es hiezu komme, den bundesgerichtlichen Weisungen folge. Nach Auffassung KUMMERS hätte in der Begründung des Urteils richtigerweise darauf hingewiesen werden müssen, dass die Zulässigkeit des Rückzugs der Appellation nicht vom zufälligen Umstand abhängen könne, ob das Bundesgericht selbst in der Sache entscheide oder ob es diese mangels hinreichender Abklärung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückweise.
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Es ist zwar richtig, dass ein Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts die Dispositionsfreiheit der Prozessparteien grundsätzlich nicht einschränkt. Dabei handelt es sich aber um eine Frage, die im damals beurteilten Fall nicht entscheiderheblich war, denn die Gegenpartei hatte sich - wie vorliegend - dem Rückzug der Appellation widersetzt (vgl. BGE 83 II 548). Die weiteren Ausführungen KUMMERS sind sodann in der Lehre zu Recht kritisiert worden. POUDRET (a.a.O., N. 1.3.1 zu Art. 66 OG) hat zutreffend darauf hingewiesen, dass das von KUMMER genannte Kriterium nicht massgeblich sein kann. Entscheidend ist vielmehr auf die materielle Tragweite des bundesgerichtlichen Urteils abzustellen und folglich danach zu fragen, ob damit der kantonale Entscheid insgesamt oder nur teilweise aufgehoben wurde. Ergibt sich aus der Urteilsbegründung, dass es sich materiell um eine Teilaufhebung handelt, gilt das kantonale Urteil im übrigen als bestätigt und kann die mit dieser Bestätigung beschwerte Partei ihr eigenes Rechtsmittel nicht mehr zu Ungunsten der Gegenpartei zurückziehen.
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c) Daran ändert die vom Beschwerdeführer angerufene kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde nichts. Die Bindungswirkung eines Rückweisungsurteils hängt nicht davon ab, ob das Bundesgericht damit über ein reformatorisches oder ein kassatorisches Rechtsmittel entscheidet. Massgebend ist in diesem Zusammenhang einzig, dass der kantonale Entscheid vom Bundesgericht aufgehoben wird. Die reformatorische Natur der Berufung ermöglicht zwar, dass das Bundesgericht das angefochtene Urteil nicht nur aufhebt, sondern selbst in der Sache entscheidet, was beim kassatorischen Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde in der Regel nicht möglich ist. Die reformatorische Natur der Berufung schliesst aber nicht aus, dass BGE 122 I, 250 (253)sich das Bundesgericht mit einer Aufhebung begnügt und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückweist. In diesem Fall hat auch die Berufung lediglich kassatorische Wirkung. Kommt es danach zu einem neuen Entscheid, so hat sich das kantonale Gericht an die im Rückweisungsentscheid vorgenommene Beurteilung des Bundesgerichts zu halten. Genau gleich verhält es sich aber auch dann, wenn der Rückweisungsentscheid nicht auf Berufung, sondern auf staatsrechtliche Beschwerde hin ergangen ist. Der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, das Obergericht habe verkannt, dass der vorliegende Fall wesentlich von dem in BGE 83 II 544 ff. beurteilten abweiche, erweist sich somit als unbegründet.
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