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Informationen zum Dokument  BGE 123 I 78  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
aus folgenden Erwägungen:
2. a) Die Beschwerdeführer begründen ihren Hauptantrag  ...
3. a) Das Zürcher Haushaltrecht beruht, wie dasjenige der me ...
4. a) Die Zürcher Beamtenversicherungskasse ist eine unselbs ...
5. Nach der oben im Wortlaut zitierten Weisung des Regierungsrate ...
6. a) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die dauerhafte Nutz ...
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10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. März 1997 i.S. Werner Scherrer, Kurt Schreiber und Ruth Genner gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 85 lit. a OG. Unterstellung des Kreditbeschlusses für den Umbau einer Geschäftsliegenschaft des Finanzvermögens in ein Gerichtsgebäude unter das Finanzreferendum. Zürcher Finanzhaushaltgesetz vom 2. September 1979 (FHG) und -verordnung (FHV) vom 10. März 1982.  
Die Unterscheidung von Finanz- und Verwaltungsvermögen sowie von Anlage und Ausgabe (E. 3).  
"Zürcher Praxis" der "Vermietung" von Liegenschaften des Finanzvermögens an die Verwaltung zur unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben; Zulässigkeit offengelassen (E. 4).  
Der mit erheblichem Aufwand verbundene Umbau der Liegenschaft Wengistrasse 28 in ein Gerichtsgebäude und deren dauerhafte Nutzung als solches durch das Bezirksgericht erfordert - auch nach der "Zürcher Praxis" - deren Überführung ins Verwaltungsvermögen; freie Realisierbarkeit verneint (E. 5).  
Zusammenfassung und Konsequenzen (E. 6).  
 
Sachverhalt
 
BGE 123 I, 78 (79)Anfangs 1992 erwarb der Regierungsrat des Kantons Zürich die in der Stadt Zürich gelegene Geschäftsliegenschaft Wengistrasse 28 zum Preis von 30 Millionen Franken als Vermögensanlage für die Beamtenversicherungskasse. Die Liegenschaft wurde zunächst an die Verkäuferin - eine private Aktiengesellschaft - vermietet. Dieses Mietverhältnis wurde in der Folge durch den vorzeitigen Auszug der Mieterin per Ende Januar 1996 aufgelöst. Der Regierungsrat stimmte dieser Auflösung am 11. Oktober 1995 zu und nahm gleichzeitig davon Vormerk, dass die Liegenschaft künftig den Raumbedürfnissen des Bezirksgerichts Zürich dienen sollte.
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Am 6. November 1996 bewilligte der Regierungsrat einen Objektkredit von 11,6 Mio. Franken "für den Aus- und Umbau der Mietliegenschaft Wengistrasse 28, Zürich, für Büronutzungen und Haftrichterorganisation des Bezirksgerichts Zürich."
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Nach den Erwägungen dieses Beschlusses soll die Liegenschaft Wengistrasse 28 "künftig durch das Einzelrichteramt für Zivil- und Strafsachen, die Rechtshilfe sowie die Haftrichterorganisation, welche sich jetzt alle im Kasernenprovisorium befinden, dauerhaft mietweise genutzt werden." Das Umbauprojekt, für das bereits eine Baubewilligung vorliegt, sieht im wesentlichen folgendes Raumprogramm vor: Lager, Autoeinstellplätze und Sicherheitsschleusen in den drei Untergeschossen; Windfang mit Vorplatz, Eingangshalle mit Portierloge, fünf Gerichtssäle mit Wartezonen sowie eine Gefangenenvorfahrt für Zuführungen der Polizei im Erdgeschoss; BGE 123 I, 78 (80)Gerichtskanzleien mit Archiv, Bibliothek, Verhandlungs- und Sitzungszimmer, Sekretariatsräume, Kanzlei- und Aufenthaltsraum für die Polizei sowie Abstandszellen und Büros in den ersten beiden Obergeschossen; Büros, Bibliothek, Aufenthaltsraum und Archivräume in den weiteren Obergeschossen und im Dachgeschoss.
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Der auf Fr. 1'739'160 netto festgesetzte Mietpreis (4'341 m2 Bürofläche à 300 Franken, 1'478 m2 Lager/Archiv à 150 Franken für Archiv und 100 Franken für Lager sowie 94 Autoeinstellplätze) entspricht nach den Ausführungen des Regierungsrates den heute üblichen Ansätzen für solche Objekte. Zur haushaltrechtlichen Behandlung des Vorhabens erwog er (u.a.) folgendes:
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"Von den beiden Volumenvermehrungen für die Vergrösserung der Eingangspartie und für die Gefangenenvorfahrt geht die Vergrösserung der Eingangspartie mit Kosten von Fr. 250'000 zu Lasten der Beamtenversicherungskasse, weil die Liegenschaftsverwaltung das Gebäude im Zustand des Rohbaus zuzüglich eines Grundinnenausbaus vermietet. Die vergrösserte Eingangspartie ist wie das bestehende Gebäude eine Mietsache. Die Gefangenenvorfahrt ist nicht Gegenstand des Mietvertrages, weil sie nutzungsspezifisch und für andere Zwecke nicht verwendbar ist. Sie geht ganz zu Lasten des Verwaltungsvermögens. Die Baukosten zu Lasten des Verwaltungsvermögens betragen Fr. 11'350'000. Sie enthalten neue Ausgaben von Fr. 950'000 für die Gefangenenvorfahrt (Mehrvolumen) und für den Einbau der Abstandszellen (Zweckänderung) sowie gebundene Ausgaben von Fr. 10'400'000."
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Diesen Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 6. November 1996 fechten die Kantonsräte Werner Scherrer, Kurt Schreiber und Ruth Genner mit Stimmrechtsbeschwerde vom 28. November 1996 beim Bundesgericht an mit dem Hauptantrag, den Beschluss des Regierungsrates vom 6. November 1996 aufzuheben und den Regierungsrat anzuweisen, diesen dem Kantonsrat zur Zustimmung zu unterbreiten und ihn dem obligatorischen, eventuell dem fakultativen Referendum zu unterstellen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut
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aus folgenden Erwägungen:
 
2. a) Die Beschwerdeführer begründen ihren Hauptantrag damit, die Liegenschaft Wengistrasse 28 werde mit ihrem Umbau für die Bedürfnisse des Bezirksgerichtes Zürich und ihrer dauerhaften Verwendung für diesen Zweck vom Finanz- ins BGE 123 I, 78 (81)Verwaltungsvermögen überführt. Diese Übertragung stelle haushaltrechtlich eine neue Ausgabe dar, welche wegen ihrer Höhe dem obligatorischen Finanzreferendum hätte unterstellt werden müssen.
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b) Der verfassungspolitische Zweck des Finanzreferendums besteht darin, dem Bürger bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die ihn als Steuerzahler mittelbar treffen, ein Mitspracherecht zu sichern. Gegenstand des Finanzreferendums sind daher Aufwendungen, die geeignet sind, die steuerliche Belastung zu beeinflussen (Entscheid des Bundesgerichts vom 5. November 1993 in ZBl 95/1994 228 E. 5; BGE 112 Ia 221 E. 2a).
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c) Nach Art. 30 Abs. 1 Ziff. 2 KV unterstehen der Volksabstimmung "Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als 20 Mio. Franken oder über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Mio. Franken."
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§ 11 Abs. 2 und 3 FHG unterscheidet zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen. Das Finanzvermögen besteht aus "jenen Vermögenswerten, die ohne Beeinträchtigung der öffentlichen Aufgabenerfüllung veräussert werden können" (Abs. 2). Das Verwaltungsvermögen umfasst "jene Vermögenswerte, die unmittelbar der öffentlichen Aufgabenerfüllung dienen. Es sind dies insbesondere die Investitionen und die Investitionsbeiträge" (Abs. 3). Grundstücke, die dauernd für öffentliche Zwecke genutzt werden, gehören zum Verwaltungsvermögen (§ 35 lit. e FHG e contrario).
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Dieser Zweiteilung des Staatsvermögens entspricht auch das Begriffspaar Anlagen und Ausgaben.
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b) Jede Umwandlung von Finanz- in Verwaltungsvermögen stellt nach § 16 Abs. 2 FHG eine Ausgabe dar. Ausgaben beeinflussen die steuerliche Belastung insofern, als sie keine frei realisierbaren Werte schaffen. Die Zuständigkeit für neue Ausgaben ist nach der oben dargestellten Ordnung auf Kantonsrat und Volk aufgeteilt. Ist eine Ausgabe dagegen "gebunden", d.h. durch einen Grunderlass so stark vorherbestimmt, dass für ihre Vornahme in sachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht kein erheblicher Entscheidungsspielraum offensteht (BGE 122 I 11 E. 2b; BGE 115 Ia 139 E. 2c), so ist der Regierungsrat als oberste Vollzugsbehörde für sie zuständig.
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BGE 123 I, 78 (82)c) Anlagen dagegen sind Veränderungen innerhalb des Finanzvermögens; dabei wird zur Werterhaltung und Sicherung eines angemessenen Ertrages vorhandenes eigenes Vermögen in eine andere wirtschaftliche Form gebracht. Die Anlagen umfassen nach § 35 FHV "die festverzinslichen Wertpapiere, Darlehen, Beteiligungen, Liegenschaften und Materialien, welche der Staat als Kapitalanlage oder zum Zweck der Vorratshaltung erworben hat und die ohne Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung veräussert werden können. Pflichtlager werden jedoch im Verwaltungsvermögen ausgewiesen." Zuständig für die Verwaltung des Finanzvermögens und damit für dessen Anlage ist nach § 36 lit. i FHG die Finanzdirektion. Ausgenommen davon ist jedoch der Entscheid über "den Erwerb von Grundstücken, die nicht dauernd der Nutzung für öffentliche Zwecke dienen (Finanzvermögen)", welcher dem Regierungsrat vorbehalten ist (§ 35 lit. e FHG).
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d) Das Handbuch des Rechnungswesens der öffentlichen Haushalte (a.a.O., Bd. 1, Rz. 1008, S. 103) führt dazu unter dem Kapitel "Richtlinien zum Haushaltrecht" folgendes aus: "Anlagen des Finanzvermögens sind somit lediglich jene Finanzvorfälle, welche die Zusammensetzung realisierbarer Vermögenswerte (Finanzvermögen), jedoch nicht deren Höhe verändern. Bei einer solchen Umschichtung innerhalb des Finanzvermögens wird das Verwaltungsvermögen und damit auch die Verwaltungsrechnung nicht tangiert. Hingegen muss die Übertragung ins Verwaltungsvermögen auch erfolgen, wenn eine Liegenschaft des Finanzvermögens während längerer Zeit ganz oder teilweise für Verwaltungszwecke genutzt wird. Die Nutzung des Finanzvermögens für Verwaltungszwecke ist kurzfristig zulässig (z.B. als Ausweichräumlichkeiten während eines Baues oder Umbaues), sofern keine verwaltungsspezifischen baulichen Massnahmen erforderlich sind, die nachher eine Vermietung erschweren oder vorgängige Umbauten bedingen."
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BGE 123 I, 78 (83)b) Nach der dargestellten haushaltrechtlichen Regelung hätte die Liegenschaft Wengistrasse 28 grundsätzlich vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen überführt werden müssen, weil der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid beschloss, sie dauerhaft für die Bedürfnisse des Bezirksgerichts Zürich umzunutzen. Nur bei einer bloss kurzfristigen Umnutzung hätte dies unterbleiben können. Das ist insoweit unbestritten. Die Baudirektion beruft sich indessen auf eine abweichende, vom Bundesgericht angeblich anerkannte feste Praxis, wonach der Kanton Zürich Gebäude seines Finanzvermögens an kantonale Amtsstellen vermiete. Diese Praxis sei bereits in der Weisung des Regierungsrates zum Finanzhaushaltgesetz im Amtsblatt vom 30. August 1978 wie folgt publiziert worden:
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"Es gibt zahlreiche Fälle, in denen durch Umbauten und Mietverträge Vermögenswerte des Finanzvermögens dauernd der öffentlichen Aufgabenerfüllung zugeordnet worden sind. Es sind dies vorab Liegenschaften in den Bereichen der Universität und des Kantonsspitals, die zu Lasten des Finanzvermögens erworben und in Hinsicht auf eine kommende Gesamtplanung und Neugestaltung des Universitätsquartiers im Finanzvermögen belassen, jedoch teilweise seit vielen Jahren vollumfänglich für Verwaltungszwecke vermietet wurden. (..) Im Sinne der Zielsetzung des Finanzreferendums soll die Übertragung der Liegenschaften ins Verwaltungsvermögen vorgenommen werden, wenn das Ausmass der Umbauten nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen eine Abschreibungsdauer von 10 Jahren übersteigt oder die Wertvermehrung keine entsprechende Wertvermehrung für eine allfällige privatwirtschaftliche Verwertung der Liegenschaft bewirkt."
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Die Baudirektion belegt diese Praxis mit einer Liste von rund 20 Liegenschaften im Finanzvermögen des Kantons, die teilweise seit den 60er Jahren mietweise von kantonalen Amtsstellen benützt werden.
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c) Das Bundesgericht hat in der Tat bereits in BGE 117 Ia 59 E. 4d festgestellt, dass im Kanton Zürich eine verbreitete Praxis besteht, Gebäude des Finanzvermögens der kantonalen Verwaltung für öffentliche Zwecke zu "vermieten". In diesem Entscheid war indessen nicht die Zulässigkeit dieser Praxis an sich umstritten; zu beurteilen war vielmehr allein, ob die daraus entstehenden Mietausgaben nach gängiger Praxis als gebundene und damit dem Finanzreferendum entzogene Ausgaben behandelt werden durften, was das Bundesgericht bejahte.
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Die Beschwerdeführer bestreiten, dass die beabsichtigte Umnutzung der Liegenschaft Wengistrasse 28 von der von der Baudirektion angerufenen Praxis in dem Sinne gedeckt werde, dass das Finanzreferendum nicht spiele. Wie in E. 5 zu zeigen sein wird, trifft der BGE 123 I, 78 (84)Einwand zu; die angerufene Praxis erlaubt es tatsächlich nicht, die Ausgaben für diese Umnutzung dem Referendum zu entziehen. Unter diesen Umständen erübrigt sich auch heute eine grundsätzliche Auseinandersetzung darüber, ob und inwieweit diese "Zürcher Praxis" die verfassungsmässige Ordnung der Finanzkompetenzen respektiert und damit das Stimmrecht nicht verletzt.
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a) In den Um- und Ausbau der Liegenschaft Wengistrasse 28 sollen nach dem angefochtenen Beschluss 11,6 Mio. Franken investiert werden, wovon 250'000 Franken zu Lasten des Finanzvermögens und 11,35 Mio. Franken als (gebundene) Ausgaben zu Lasten des Verwaltungsvermögens. Zieht man vom Gesamtkredit von 11,6 Mio. die 250'000 Franken zu Lasten des Finanzvermögens und die für die Ausstattung (Mobiliar etc.) vorgesehenen 684'000 Franken ab, so ergibt das eine Investition in den Umbau zu Lasten des Verwaltungsvermögens von 10,67 Mio. Franken. Nicht eingerechnet sind dabei die Projektierungskosten, obwohl das nach § 44 FHV für die Einholung von Verpflichtungskrediten an sich vorgeschrieben wäre.
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b) Sachgüter ohne Mobilien - d.h. die Immobilien - sind um jährlich 10% des Restbuchwertes abzuschreiben (§ 19 Abs. 1 FHG, § 24 Abs. 1 lit. a FHV); die nach dem angefochtenen Entscheid zu Lasten des Verwaltungsvermögens in den Umbau der Liegenschaft vorgesehene Investition von 10,6 Mio. Franken ist nach diesen Vorschriften (10,6 - 1,06 = 9,54 - 0,954 etc.) binnen 10 Jahren erst auf rund 3,7 Mio. Franken - und damit noch nicht ganz - abgeschrieben. Auch abgesehen von dieser Abschreibungsrechnung liegt es auf der Hand, dass ein solcher Um- und Ausbau einer Geschäftsliegenschaft zu einem eigentlichen Gerichtsgebäude mit den dazugehörigen Sicherheitseinrichtungen, Zellen, Gerichtssälen, Büros etc. auf eine 10 Jahre weit übersteigende Nutzungsdauer angelegt ist. Auch nach der in der Weisung von 1978 festgelegten "Zürcher Praxis" ist somit die Liegenschaft Wengistrasse 28 mit dem Umbau in ein Gerichtsgebäude vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen zu übertragen und die damit verbundenen Ausgaben sind somit referendumspflichtig.
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BGE 123 I, 78 (85)c) Die Baudirektion behauptet zwar, allerdings ohne das näher zu begründen, die Einschränkung der Möglichkeit, Liegenschaften des Finanzvermögens für Verwaltungszwecke zu nutzen, sei unbeachtlich. Diese hat jedoch sehr wohl ihren guten Sinn, verhindert sie doch wenigstens, dass diejenigen Liegenschaften, die für die spezifischen öffentlichen Bedürfnisse zu eigentlichen Verwaltungsgebäuden wie etwa Schulhäusern oder Gerichtsgebäuden umgebaut werden müssen, weiterhin im Finanzvermögen bleiben. Es geht nicht an, die vom Regierungsrat in der zitierten Weisung von 1978 festgelegte Praxis, die eine gemessen an den haushaltrechtlichen Grundlagen bereits sehr grosszügige Nutzung von Liegenschaften des Finanzvermögens für öffentliche Zwecke zulässt, ohne stichhaltige Gründe auszudehnen und auf diese Weise eigenmächtig weitere Tatbestände dem Referendum zu entziehen.
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d) Unter Berufung auf die Literatur (D. SCHMITZ, Die Ausgabenbindung beim Finanzreferendum, St. Galler Diss., Bern und Stuttgart 1991) erklärt die Baudirektion zwar, die Liegenschaft Wengistrasse 28 bleibe auch nach dem Umbau grundsätzlich jederzeit frei realisierbar; dass sie nicht mehr frei verkäuflich sei, spiele keine Rolle (SCHMITZ, a.a.O. S. 47).
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Die Berufung auf SCHMITZ ist, wie auch die Beschwerdeführer in der Vernehmlassung zutreffend darlegen, schon insofern unbehelflich, als auch dieser Autor keineswegs bestreitet, dass dauernd zu Verwaltungszwecken genutzte Liegenschaften ins Verwaltungsvermögen zu überführen sind (a.a.O. S. 75 f.). Und das aus dem Zusammenhang gerissene obiter dictum in BGE 112 Ia 221 E. 2a S. 227 unten, auf welches sich SCHMITZ an der von der Baudirektion zitierten Stelle stützt, besagt nichts anderes.
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Die Liegenschaft Wengistrasse 28 soll nach dem angefochtenen Beschluss als Gerichtsgebäude genutzt werden. Sie dient damit dauernd öffentlichen Zwecken und stellte demzufolge keineswegs mehr eine frei realisierbare Vermögensanlage dar (SCHMITZ, a.a.O. S. 71). Die Frage nach der Verkäuflichkeit der für die spezifischen Bedürfnisse des Gerichts vollständig umgebauten Liegenschaft stellt sich unter diesen Umständen gar nicht, weil deren auf Dauer angelegte öffentliche Nutzung einem Verkauf von vornherein entgegensteht.
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6. a) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die dauerhafte Nutzung der Liegenschaft Wengistrasse 28 als Gerichtsgebäude deren Überführung vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen voraussetzt, was eine Ausgabe darstellt (§ 16 Abs. 2 FHG). Da beim Erwerb von Liegenschaften regelmässig ein erheblicher Ermessensspielraum BGE 123 I, 78 (86)besteht, ist die Ausgabe ohne weiteres neu (vgl. oben E. 3b). Für die Bewertung der Liegenschaft bei der Übertragung vom Finanz- ins Verwaltungsvermögen ist grundsätzlich der Beschaffungswert von 30 Mio. Franken zuzüglich einer angemessenen Verzinsung massgebend (§ 15 Abs. 2 FHG). Hinzu kommt die vom Regierungsrat mit dem angefochtenen Entscheid zu Lasten des Verwaltungsvermögens vorgenommene Investition von 11,35 Mio. Franken: auch sie stellt keine gebundene, sondern eine neue Ausgabe dar, weil auch für die neue Unterbringung des Einzelrichteramtes und der Haftrichterorganisation ein erheblicher Spielraum besteht. Das ergibt sich u.a. schon daraus, dass der Regierungsrat in seinem Beschluss vom 3. November 1993 über die Gesamtsanierung des Bezirksgebäudes (ohne Bezirksgefängnis) den Einbezug der Liegenschaft Wengistrasse 28 noch nicht beabsichtigte, er in diesem Zeitpunkt mithin eine andere Lösung für die jetzt in der Liegenschaft Wengistrasse 28 unterzubringenden Teile des Bezirksgerichtes vorgesehen haben musste.
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b) Der Regierungsrat beschloss somit im angefochtenen Entscheid neue Ausgaben in der Höhe von über 40 Mio. Franken, einen Betrag, der die für das obligatorische Finanzreferendum festgelegte Limite übersteigt. Er hat daher seine Kompetenzen überschritten, indem er die Investition für den Umbau selber beschloss und die Liegenschaft im Finanzvermögen beliess. Er unterliess es zu Unrecht, die Überführung der Liegenschaft Wengistrasse 28 ins Verwaltungsvermögen und die für die neue Nutzung als Gerichtsgebäude erforderliche Investition als Ganzes der Volksabstimmung zu unterstellen; dadurch hat er das Stimmrecht der Beschwerdeführer verletzt.
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