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Informationen zum Dokument  BGE 145 I 175  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
5. Der Beschwerdeführer erblickt in der Publikation "Die Arg ...
6. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die FDK habe m ...
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10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Derrer gegen Schweizerische Nationalbank, Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren sowie Regierungsrat des Kantons Aargau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
1C_216/2018 vom 10. Dezember 2018
 
 
Regeste
 
Art. 34 Abs. 2 BV; Zulässigkeit behördlicher Interventionen im Vorfeld einer eidgenössischen Volksabstimmung: Interventionen der Schweizerischen Nationalbank sowie von kantonalen Fachdirektorenkonferenzen.  
Die beanstandeten Ausführungen der SNB waren nachvollziehbar und trotz gewisser Vereinfachungen ausreichend sachlich und objektiv (E. 5.3).  
Interventionen von kantonalen Fachdirektorenkonferenzen in den Abstimmungskampf im Vorfeld einer eidgenössischen Volksabstimmung sind mit Blick auf Art. 34 Abs. 2 BV unzulässig (E. 6).  
 
Sachverhalt
 
BGE 145 I, 175 (176)Im Vorfeld der eidgenössischen Volksabstimmung vom 10. Juni 2018 über die Volksinitiative "Für krisensicheres Geld; Geldschöpfung allein durch die Nationalbank (Vollgeld-Initiative)" erhob Michael Derrer eine Abstimmungsbeschwerde an den Regierungsrat des Kantons Aargau. Michael Derrer beantragte die Absetzung bzw. Verschiebung der Volksabstimmung vom 10. Juni 2018 über die Vollgeld-Initiative, eventualiter die Aufhebung des Ergebnisses der Volksabstimmung und subeventualiter, es sei förmlich festzustellen, dass durch die wahrheitswidrige und falsche Informationslage im Vorfeld der Volksabstimmung die Abstimmungsfreiheit gemäss Art. 34 Abs. 2 BV verletzt worden sei. Er machte unter anderem geltend, die Schweizerische Nationalbank (SNB) sowie die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) hätten die Stimmberechtigten wahrheitswidrig und falsch über die Vollgeld-Initiative informiert.
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Mit Beschluss vom 2. Mai 2018 trat der Regierungsrat auf die Abstimmungsbeschwerde nicht ein, weil sich die gerügten Akte nicht auf das Gebiet des Kantons Aargau beschränkten. Gegen den Beschluss des Regierungsrats vom 2. Mai 2018 hat Michael Derrer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben und seine Anträge erneuert.
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Das Bundesgericht weist in den Erwägungen darauf hin, bei der beanstandeten Medienmitteilung der FDK handle es sich um eine unzulässige behördliche Intervention. Unter Hinweis auf die begrenzte Bedeutung und Publizität der Medienmitteilung sowie das sehr deutliche Abstimmungsresultat weist es die Beschwerde dennoch ab, soweit es darauf eintritt.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen:
 
5. Der Beschwerdeführer erblickt in der Publikation "Die Argumente der SNB gegen die Vollgeldinitiative", welche die SNB am 5. März BGE 145 I, 175 (177)2018 auf ihrer Website veröffentlichte, eine unzulässige Intervention in den eidgenössischen Abstimmungskampf.
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5.1 Bei Sachabstimmungen im eigenen Gemeinwesen kommt den Behörden eine gewisse Beratungsfunktion zu. Diese nehmen sie mit der Redaktion der Abstimmungserläuterungen, aber auch in anderer Form wahr. Die Behörden sind dabei nicht zur Neutralität verpflichtet und dürfen eine Abstimmungsempfehlung abgeben. In Einzelfällen ergibt sich aus Art. 34 Abs. 2 BV sogar eine Pflicht der Behörden zur Information (BGE 143 I 78 E. 4.4 S. 82 f. mit Hinweisen; BGE 145 I 1 E. 5.2.1 S. 9). Informationen im Vorfeld einer Abstimmung unterliegen den Geboten der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit. Behördliche Informationen zu eigenen Vorlagen müssen geeignet sein, zur offenen Meinungsbildung beizutragen, und dürfen nicht in dominanter und unverhältnismässiger Art im Sinne eigentlicher Propaganda eine freie Willensbildung der Stimmberechtigten erschweren oder geradezu verunmöglichen (BGE 140 I 338 E. 5.1 S. 342 mit Hinweisen; BGE 145 I 1 E. 5.2.1 S. 9).
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Für Abstimmungen auf Bundesebene sieht Art. 10a des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1) vor, dass der Bundesrat die Stimmberechtigten kontinuierlich über die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen informiert (Abs. 1), wobei er die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit beachtet (Abs. 2), die wichtigsten im parlamentarischen Entscheidungsprozess vertretenen Positionen darlegt (Abs. 3) und keine von der Haltung der Bundesversammlung abweichende Abstimmungsempfehlung vertritt (Abs. 4). Die neuere bundesgerichtliche Rechtsprechung nimmt vor diesem Hintergrund an, dass es nicht so sehr um die Frage der Zulässigkeit einer behördlichen Intervention als vielmehr um deren Art und Wirkung geht (vgl. BGE 143 I 78 E. 4.4 S. 83 mit Hinweisen; BGE 145 I 1 E. 5.2.1 S. 9).
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5.2 Gemäss Art. 1 des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 2003 über die Schweizerische Nationalbank (NBG; SR 951.11) ist die SNB eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft. Sie führt als unabhängige Zentralbank eine Geld- und Währungspolitik, die dem Gesamtinteresse des Landes dient (Art. 99 Abs. 2 BV). In der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ist die SNB an die Grundrechte gebunden (Art. 35 Abs. 2 BV). Damit untersteht sie auch den Grundsätzen für behördliche Interventionen im Abstimmungskampf. Die Befugnis der SNB, BGE 145 I, 175 (178) sich im Vorfeld der Abstimmung zur Vollgeld-Initiative öffentlich zu äussern, ergab sich aus ihrem gesetzlichen Auftrag zur regelmässigen Orientierung der Öffentlichkeit über die Geld- und Währungspolitik und Bekanntmachung ihrer geldpolitischen Absichten (Art. 7 Abs. 3 NBG). Dazu gehört, dass die SNB zu in Aussicht stehenden Änderungen ihrer Befugnisse und der ihr zur Verfügung stehenden geldpolitischen Instrumente informiert und diese aus fachlicher Sicht würdigt. Ausserdem bestand mit Blick auf das Recht auf freie Willensbildung und unverfälschte Stimmabgabe aufgrund der besonderen Sachkunde der SNB im von der Vollgeld-Initiative betroffenen Sachgebiet ein besonderes Interesse der Stimmberechtigten an einer Stellungnahme der SNB. Diese hatte dabei die in Art. 34 Abs. 2 BV verankerte Abstimmungsfreiheit zu beachten und sich insbesondere an den in Art. 10a BPR für den Bundesrat explizit festgehaltenen Informationsgrundsätzen zu orientieren.
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BGE 145 I, 175 (179)Der mit der Vollgeld-Initiative vorgeschlagene Artikel 99a Abs. 3 BV sieht vor, dass die SNB neu geschaffenes Geld schuldfrei in Umlauf bringt (Satz 1) und dass sie den Banken befristete Darlehen gewähren kann (Satz 2). Ob diese beiden Varianten, Geld in Umlauf zu bringen, - wovon die SNB ausgeht - als abschliessende Festlegung der geldpolitischen Instrumente verstanden werden müsste oder ob die SNB - wie der Beschwerdeführer einwendet - im Falle der Annahme und Umsetzung der Initiative wie bisher Devisen, Wertpapiere und andere Anlagegüter kaufen könnte, wäre eine Frage der vom Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung des Verfassungstextes vorzunehmenden Auslegung und kann an dieser Stelle offenbleiben. Jedenfalls ist nicht zu beanstanden, dass die SNB nicht explizit erklärt hat, sie könne im Falle der Annahme der Initiative wie bisher Devisen, Wertpapiere und andere Anlagegüter erwerben.
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Es ist nachvollziehbar, dass die SNB sich im beanstandeten Positionspapier zu der ihrer Ansicht nach problematischen, mit der Initiative neu eingeführten Variante, Geld schuldfrei in Umlauf zu bringen, relativ ausführlich geäussert hat. Zwar wäre es grundsätzlich wünschenswert gewesen, die SNB hätte auch die zweite im Initiativtext ausdrücklich vorgesehene Variante, Geld in Umlauf zu bringen, zumindest erwähnt, nämlich dass die SNB den Banken befristete Darlehen gewähren kann. Allerdings kann der beanstandeten Formulierung der SNB in ihrem Positionspapier nicht entnommen werden, sie sei nach dem Wortlaut der Initiative nicht mehr berechtigt, den Banken befristete Darlehen zu gewähren, zumal eine einschränkende Präzisierung wie "nur", "einzig" oder "ausschliesslich" fehlt. Die Formulierung der SNB erweckt beim Leser nicht den Eindruck, die Vollgeld-Initiative verbiete andere, vormals zulässige und eingesetzte Instrumente der Geldpolitik.
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Es trifft zu, dass die SNB gemäss dem vorgeschlagenen Initiativtext von Verfassungs wegen nur dem Gesetz verpflichtet wäre. Dass die Möglichkeit direkter Verteilung von Geld an Staat und Bürger BGE 145 I, 175 (180)- wie die SNB befürchtet - zu politischem Druck auf die SNB führen könnte, scheint jedoch zumindest nicht ausgeschlossen, womit sich die Erwähnung dieser Befürchtung nicht als unsachlich erweist.
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Die Vollgeld-Initiative betraf einen für die meisten Stimmberechtigten ausserordentlich komplexen Regelungsgegenstand. Dies machte es für die Behörden des Bundes und die SNB schwierig, den Stimmberechtigten den Inhalt der Initiative sowie ihre Vor- und Nachteile darzulegen. Behördliche Erläuterungen, die von den Stimmberechtigten ohne einschlägige Vorkenntnisse nicht verstanden werden, können nicht in sinnvoller Weise zur Willensbildung beitragen. Aufgrund der hohen Komplexität des Regelungsbereichs rechtfertigte sich eine gewisse Vereinfachung in der behördlichen Kommunikation im Vorfeld der Volksabstimmung über die Vollgeld-Initiative. Die beanstandete Publikation der SNB ist vor diesem Hintergrund zu würdigen. Ihr ist nicht vorzuwerfen, dass sie ihre Haltung zur Initiative relativ kurz und für die Stimmberechtigten verständlich dargelegt hat und dass ihre Ausführungen nicht die gesamte Komplexität der Geldschöpfung und Kreditgewährung zu beleuchten vermögen.
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BGE 145 I, 175 (181)6. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die FDK habe mit einem von ihr veröffentlichten Positionsbezug unrechtmässig in den Abstimmungskampf zur eidgenössischen Volksabstimmung vom 10. Juni 2018 über die Vollgeld-Initiative eingegriffen. Die beanstandete Medienmitteilung wurde von der FDK am 17. April 2018 auf ihrer Website veröffentlicht. Die Mitteilung trug den Titel "Die FDK empfiehlt die Vollgeld-Initiative zur Ablehnung". Neben einem die Initiative beschreibenden Teil legte die FDK in der Medienmitteilung dar, weshalb sie die Initiative zur Ablehnung empfiehlt.
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Ein Kanton darf sich gemäss jüngster bundesgerichtlicher Rechtsprechung in den Abstimmungskampf auf Bundesebene einbringen, wenn ihn der Ausgang der Abstimmung namhaft betrifft, etwa wenn die Auswirkungen einer Vorlage für die kantonalen Kompetenzen oder für die Infrastruktur von Kantonen bedeutend sind oder wenn das Resultat der Abstimmung mit erheblichen finanziellen Auswirkungen für die Kantone verbunden ist; allerdings müssen sich die kantonalen Interventionen diesfalls an den Kriterien der Sachlichkeit, der Verhältnismässigkeit sowie der Transparenz messen lassen, wie sie auch für den Bundesrat gelten (BGE 145 I 1 E. 6.5 S. 17).
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Wenn nicht eine Mehrheit der Kantone im erforderlichen Ausmass betroffen ist, liegt es in der alleinigen Kompetenz der Kantonsregierungen als die Kantone repräsentierende Behörden, sich im Namen ihres Kantons in einen eidgenössischen Abstimmungskampf einzuschalten. Bei durchgehend oder mehrheitlich starker Betroffenheit der Kantone erachtet die neue bundesgerichtliche Rechtsprechung auch als zulässig, dass die Konferenz der Kantonsregierungen, die im Namen der Gesamtheit oder Mehrheit der Kantone auftreten kann, sich im Vorfeld einer Abstimmung auf Bundesebene öffentlich äussern und eine Abstimmungsempfehlung abgeben kann. Interventionen von Fachdirektorenkonferenzen, deren Legitimität, Meinungsbildung und Vertretung nach Aussen nicht evident und transparent sind, müssen BGE 145 I, 175 (182)aber von einer solchen Öffnung ausgeschlossen bleiben (BGE 145 I 1 E. 6.5.2 S. 19).
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