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Informationen zum Dokument  BGE 93 II 156  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
7. Das Obergericht ist der Meinung, hinsichtlich der vermöge ...
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22. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. April 1967 i.S. S. gegen C.
 
 
Regeste
 
Vereinbarung über die Nebenfolgen der Ehescheidung (Art. 158 Ziff. 5 ZGB).  
 
Sachverhalt
 
BGE 93 II, 156 (157)Die Eheleute S. schlossen am 29. Januar 1966 folgende Vereinbarung:
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"Die Eheleute S. sind übereingekommen, dass die Scheidung ihrer Ehe unvermeidbar geworden ist. Sie werden deshalb dem Gericht gemeinsam und gestützt auf Art. 142 ZGB die Scheidung ihrer Ehe beantragen, wobei Frau S. die Klage einleiten und Herr S. unter Vorbehalt der Genehmigung der Vereinbarung über die Nebenfolgen sich dieser Klage nicht widersetzen wird.
2
Die Nebenfolgen der Scheidung sollen wie folgt geregelt werden:
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1. Herr S. übernimmt die Pflege und Erziehung der Kinder B. und R., Frau S. die Pflege und Erziehung des Kindes M... (Es folgen Bestimmungen über das Besuchsrecht und über die Unterhaltsbeiträge für die Kinder.)
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2. Herr S. bezahlt seiner Gattin per Saldo aller Ansprüche einen Betrag von Fr. 7000.--. Sie übernimmt sodann den in einer separaten Liste aufgeführten Hausrat zu Eigentum. Damit sind die Eheleute güterrechtlich auseinandergesetzt.
5
3. Herr S. zahlt die Kosten des Scheidungsverfahrens. Ausserrechtliche Entschädigungen werden nicht geschuldet."
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Im März 1966 leitete Frau S. die Scheidungsklage ein. Beide Parteien beantragten zunächst die Genehmigung ihrer Vereinbarung. Später verlangte jede der beiden Parteien, alle drei Kinder seien ihr zuzuweisen.
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Die kantonalen Gerichte schieden die Ehe gestützt auf Art. 142 ZGB, wiesen alle drei Kinder der Klägerin zu, verpflichteten den Beklagten zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen für die Kinder, ordneten sein Besuchsrecht und genehmigten die Ziffern 2 und 3 der Vereinbarung vom 29. Januar 1966.
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Gegen das Urteil des obern kantonalen Gerichts erklärte der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht.
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Das Bundesgericht tritt auf den Antrag des Beklagten, die Vereinbarung vom 29. Januar 1966 im vollen Umfang zu genehmigen, aus prozessualen Gründen nicht ein und bestätigt den kantonalen Entscheid über die Kinderzuteilung. Dagegen hebt es den angefochtenen Entscheid auf, soweit dadurch die Ziffern 2 und 3 der Vereinbarung vom 29. Januar 1966 genehmigt wurden, und weist die Sache zur Neubeurteilung der vermögensrechtlichen Ansprüche der Klägerin sowie der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens an die Vorinstanz zurück.
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BGE 93 II, 156 (158)Aus den Erwägungen:
 
7. Das Obergericht ist der Meinung, hinsichtlich der vermögensrechtlichen Nebenfolgen der Scheidung sei die Vereinbarung der Parteien bestehen geblieben, obwohl die darin vorgesehene Regelung der Kinderzuteilung nicht bestätigt wurde. Der Grundsatz, dass eine nach dem Willen der Parteien eine Einheit bildende Scheidungsvereinbarung nur als Ganzes genehmigt oder verworfen werden darf (BGE 62 II 7,BGE 71 II 206, BGE 81 II 590), könne sich nur auf die Bestimmungen über die der freien Parteidisposition unterstehenden Punkte beziehen, also auf die Abmachungen über die finanziellen Folgen der Scheidung. Das Verbot der Teilgenehmigung gelte nach BGE 81 II 587 ff. bloss, wenn die einzelnen Teile der Vereinbarung nach dem Willen der Parteien nur zusammen bestehen sollten. Die Kinderzuteilung sei nun aber ohnehin dem Parteiwillen entzogen. Zwischen der Kinderzuteilung und den übrigen Nebenfolgen der Scheidung bestehe kein innerer Zusammenhang; vielmehr seien sie voneinander unabhängig. Materiell sei die vereinbarte Regelung der vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung angemessen und daher zu genehmigen.
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In Wirklichkeit ist die Kinderzuteilung nicht schlechthin dem Parteiwillen entzogen, und die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung unterstehen nicht schlechthin der freien Parteidisposition. Art. 158 Ziff. 5 ZGB lässt Vereinbarungen über die Nebenfolgen der Scheidung allgemein, also auch mit Bezug auf die Kinderzuteilung zu und macht die Gültigkeit solcher Vereinbarungen ebenfalls allgemein, also auch hinsichtlich der vermögensrechtlichen Folgen, von der Genehmigung durch den Richter abhängig. Verschieden sind nur die Voraussetzungen der Genehmigung. Während Abmachungen über die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung nur dann nicht zu genehmigen sind, wenn eine Partei die durch den Prozess geschaffene Lage ausgenützt hat, um die andere zur Annahme einer ihren Interessen widersprechenden Regelung zu bestimmen (vgl.BGE 67 II 8), oder wenn die vereinbarte Lösung in einer durch Billigkeitserwägungen nicht zu rechtfertigenden Weise von der gesetzlichen Regelung abweicht (BGE 81 II 592) oder unklar ist, hat der Richter stets darüber zu wachen, dass die Interessen der Kinder gewahrt bleiben (BGE 60 II 171). Das heisst aber nicht, dass Vereinbarungen über die Kinderzuteilung BGE 93 II, 156 (159)unbeachtlich wären. Vielmehr kann der Umstand, dass die Parteien sich verständigt haben, die Entscheidung des Richters über die Kinderzuteilung mitbeeinflussen (BGE 60 II 171/72; HINDERLING 2. Aufl. S. 142, 3. Aufl. S. 185).
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Die Bedeutung, die der richterlichen Prüfung im Verhältnis zum Parteiwillen zukommt, ist also bei der Kinderzuteilung und bei der Regelung der vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung nur dem Grade nach verschieden. Die Auffassung des Obergerichtes, wonach der Grundsatz der Unteilbarkeit einer Scheidungsvereinbarung nur für die Bestimmungen über die vermögensrechtlichen Folgen gilt, lässt sich deshalb nicht damit rechtfertigen, die Kinderzuteilung könne überhaupt nicht Gegenstand einer Parteivereinbarung sein oder der Richter befinde sich gegenüber einer Abmachung über die Kinderzuteilung in einer ganz andern Stellung als gegenüber Abmachungen über die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen.
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Die Auffassung des Obergerichtes lässt sich auch nicht mit der Erwägung begründen, zwischen der Kinderzuteilung und den vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung bestehe kein innerer Zusammenhang. Dass die Kinderzuteilung und die Regelung der finanziellen Scheidungsfolgen an sich verschiedene Dinge sind, hindert nicht, dass die Einigung über den einen Punkt die Voraussetzung der Einigung über den andern Punkt bilden kann. So dürfte es nicht selten vorkommen, dass ein Ehegatte dem andern grössere als die gesetzlich gebotenen Leistungen finanzieller Natur zugesteht, wenn er sich mit ihm gleichzeitig in einer beide Teile befriedigenden Weise über die Kinderzuteilung zu einigen vermag. Kommt der Richter in einem solchen Falle zum Schluss, die vereinbarte Kinderzuteilung verletze die Interessen der Kinder und könne daher nicht genehmigt werden, so darf er die Parteien bei Abmachungen über die vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen, die im Hinblick auf die Einigung über die Kinderzuteilung zustande gekommen sind, nicht behaften. Das widerspräche dem Parteiwillen und der Billigkeit.
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Die Frage, ob beim Vorliegen von Gründen für die Verwerfung einzelner Bestimmungen einer Scheidungsvereinbarung die übrigen Bestimmungen aufrecht bleiben und genehmigt werden dürfen, ist verwandt mit der in Art. 20 Abs. 2 OR geregelten Frage, ob dann, wenn einzelne Teile eines Vertrages einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt haben oder BGE 93 II, 156 (160)gegen die guten Sitten verstossen und daher gemäss Art. 20 Abs. 1 OR nichtig sind, die übrigen Teile des Vertrages gleichwohl gelten. Das Bestehen von Gründen für die Verweigerung der Genehmigung im Sinne von Art. 158 Ziff. 5 ZGB ist in Wirklichkeit ein Sonderfall der Widerrechtlichkeit im Sinne von Art. 20 Abs. 1 OR. Beim Entscheid darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Scheidungsvereinbarung zum Teil verworfen und zum Teil genehmigt werden darf, ist deshalb Art. 20 Abs. 2 OR entsprechend anzuwenden (EGGER N. 15 zu Art. 158 ZGB; HINDERLING 2. Aufl. S. 143 Anm. 34, 3. Aufl. S. 186 Anm. 12; vgl. Art. 7 ZGB). Dem Richter ist es also nur dann gestattet, einzelne Bestimmungen einer Scheidungsvereinbarung zu verwerfen und den Rest zu genehmigen, wenn nicht anzunehmen ist, dass die Vereinbarung ohne die Bestimmungen, denen die Genehmigung versagt werden muss, überhaupt nicht geschlossen worden wäre. Diese Auffassung liegt der Sache nach schon der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes zugrunde (vgl. namentlich BGE 81 II 590 /91).
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Im vorliegenden Fall muss angenommen werden, der Beklagte hätte die Scheidungsvereinbarung ohne die darin enthaltenen Bestimmungen über die Gestaltung der Elternrechte nicht abgeschlossen und er wäre insbesondere nicht bereit gewesen, die der Klägerin in Ziffer 2 der Vereinbarung versprochene Summe und die Kosten des Scheidungsverfahrens (Ziff. 3 der Vereinbarung) unabhängig davon zu bezahlen, ob die in Ziffer 1 getroffene Abmachung über die Kinderzuteilung vom Richter genehmigt würde oder nicht. Aus der im Einleitungssatze der Vereinbarung enthaltenen Erklärung, der Ehemann werde sich "unter Vorbehalt der Genehmigung der Vereinbarung" der Scheidungsklage der Ehefrau nicht widersetzen, ist zu schliessen, dass er die Konvention als unteilbares Ganzes betrachtete. Nichts spricht für die Annahme, er habe den Punkt betreffend die Kinderzuteilung, welche in den Augen der Ehegatten regelmässig mit den übrigen Abmachungen untrennbar verknüpft ist, nur als einen unwesentlichen, das Schicksal der übrigen Abmachungen nicht beeinflussenden Nebenpunkt angesehen.
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Da die Vereinbarung der Parteien nicht in ihrer Gesamtheit genehmigt werden kann, ist folglich das Berufungsbegehren 4, mit dem der Beklagte für den Fall der Nichtgenehmigung der Vereinbarung die Abweisung der "weitern Ansprüche" der BGE 93 II, 156 (161)Klägerin verlangt, in dem Sinne teilweise zu schützen, dass die auf Genehmigung der Ziffern 2 und 3 der Scheidungsvereinbarung lautende Bestimmung des obergerichtlichen Urteils aufgehoben wird.
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Ob der Klägerin unabhängig von der hinfälligen Scheidungsvereinbarung vermögensrechtliche Ansprüche gegenüber dem Beklagten zustehen, lässt sich auf Grund der tatsächlichen Feststellungen des Obergerichtes nicht beurteilen. Die kantonalen Gerichte haben diese Frage nicht geprüft, da sie in diesem Punkte die Vereinbarung als massgebend betrachteten. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Ansprüche der Klägerin gemäss den einschlägigen Bestimmungen des anwendbaren Rechts neu prüfe. Sollte das aus Gründen des kantonalen Prozessrechts im vorliegenden Verfahren nicht möglich sein, so wäre der Klägerin Gelegenheit zu geben, ihre Ansprüche in einem neuen Verfahren geltend zu machen.
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