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Informationen zum Dokument  BGE 103 II 170  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig, wenn di ...
2. Art. 420 Abs. 1 ZGB gesteht dem Bevormundeten, der urteilsf&au ...
3. Der Berner Regierungsrat hat sich im angefochtenen Entscheid d ...
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30. Urteil der II. Zivilabteilung als staatsrechtliche Kammer vom 15. Juli 1977 i.S. B. gegen Vormundschaftsbehörde X. und Regierungsrat des Kantons Bern
 
 
Regeste
 
Art. 420 Abs. 2 ZGB; Beschwerderecht des Dritten.  
 
Sachverhalt
 
BGE 103 II, 170 (170)Mit Vertrag vom 17. Mai 1973 verpflichtete sich B., dem Unternehmer G. ein Darlehen von Fr. 100'000.-- zu 8% Zins zu gewähren. G. verpflichtete sich, dem Darlehensgeber einen BGE 103 II, 170 (171)Schuldbrief von Fr. 100'000.--, lastend im 2. Rang auf einer Liegenschaft, die zur Hälfte im Eigentum seiner Ehefrau steht, als Sicherheit zu übergeben. Die Parteien unterliessen es aus Unkenntnis, die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zur Verpfändung des am 1. Dezember 1973 an B. übergebenen Schuldbriefs einzuholen.
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Am 29. März 1974 schlossen B. und die Eheleute G. hingegen einen formellen Pfandvertrag, der am 11. April 1974 der Vormundschaftsbehörde zur Genehmigung unterbreitet wurde. Diese verweigerte jedoch mit Beschluss vom 15. Mai 1974 ihre Zustimmung. Zur Begründung ihres Entscheides führte sie im wesentlichen an, dass G. über die finanzielle Lage seines Betriebes, für dessen Verbindlichkeiten das Darlehen aufgenommen worden war, nicht genügend Auskunft erteilt habe. Doch sei der Geschäftsgang nach seinen Angaben in den letzten zwei Jahren schlecht gewesen. Nachdem in der Zwischenzeit eine Steigerungspublikation gegen G. erschienen sei (die allerdings später wieder zurückgezogen wurde), müsse angenommen werden, dass die wirtschaftliche Lage des Familienunternehmens alles andere als gut sei. Eine Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zur Errichtung und Verpfändung des Schuldbriefes läge daher nicht im Interesse der Ehefrau des Darlehensnehmers.
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Gegen den Beschluss der Vormundschaftsbehörde reichte der Gläubiger B. beim Regierungsstatthalter eine Beschwerde ein, die dieser mit Entscheid vom 2. April 1976 abwies, weil er B. als zur Beschwerdeführung nicht legitimiert betrachtete. Auch der Regierungsrat des Kantons Bern, welcher von B. angerufen wurde, stellte sich auf den Standpunkt, dass ein Dritter, der eigene Interessen vertrete, nicht zur Erhebung einer Vormundschaftsbeschwerde im Sinne von Art. 420 ZGB befugt sei, und wies die Beschwerde mit Entscheid vom 19. Januar 1977 ab.
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B. erhebt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV. Er beruft sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach nicht nur die Ehefrau, sondern auch interessierte Dritte um die Genehmigung der Vormundschaftsbehörde im Sinne von Art. 177 Abs. 3 ZGB nachsuchen können. Daraus zieht er den Schluss, dass Dritte auch zur Beschwerdeführung gemäss Art. 420 ZGB, der jedermann, der ein Interesse habe, das Beschwerderecht einräume, befugt sein müssen.
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BGE 103 II, 170 (172)Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1. Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann (Art. 84 Abs. 2 OG). Die Verweigerung der Genehmigung eines Interzessionsgeschäftes gemäss Art. 177 Abs. 3 ZGB durch die Vormundschaftsbehörde ist keine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne der Art. 44 ff. OG, sondern gehört in den Bereich der nichtstreitigen Rechtssachen (GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, S. 1 und 12). Die Berufung an das Bundesgericht ist in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich unzulässig (GULDENER, a.a.O., S. 89). Desgleichen entfällt die Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 68 OG. Auf die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde kann daher eingetreten werden.
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2. Art. 420 Abs. 1 ZGB gesteht dem Bevormundeten, der urteilsfähig ist, sowie jedermann, der ein Interesse hat, das Recht zu, gegen Handlungen des Vormundes bei der Vormundschaftsbehörde Beschwerde zu führen. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung kann sodann gegen Beschlüsse der Vormundschaftsbehörde binnen zehn Tagen nach deren Mitteilung bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden. Es ist im vorliegenden Fall unbestritten, dass der Entscheid, mit dem die Vormundschaftsbehörde in Anwendung von Art. 177 Abs. 3 ZGB die Genehmigung eines Verpflichtungsgeschäftes einer Ehefrau zugunsten ihres Ehemannes verweigert hat, gemäss Art. 420 ZGB mit Beschwerde an die Aufsichtsbehörde angefochten werden kann (LEMP, N. 83 zu Art. 177 ZGB; GULDENER, a.a.O., S. 86). Hingegen stellt sich die Frage, wer als interessierter Dritter im Sinne dieser Bestimmung zu betrachten und damit zur Weiterziehung des Beschlusses der Vormundschaftsbehörde legitimiert sei. Insbesondere besteht Uneinigkeit darüber, ob der Gläubiger des Ehemannes befugt sei, gegen einen die Genehmigung gemäss Art. 177 Abs. 3 ZGB verweigernden Beschluss der Vormundschaftsbehörde Beschwerde zu erheben, auch wenn er damit nur eigene Interessen wahrnehmen will.
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In der Lehre finden sich dazu nur wenige und meist unbestimmte BGE 103 II, 170 (173)Äusserungen. GULDENER, a.a.O., S. 85/86, hebt hervor, die Formulierung in Art. 420 ZGB wolle nicht besagen, dass die Beschwerde jedem zustehe, dessen persönliche Interessen verletzt seien. Die Beschwerde diene vor allem der Wahrung der Interessen des Mündels; grundsätzlich könne daher mit ihr nur die Verletzung der Interessen des letzteren gerügt werden. Allerdings könne sich der Beschwerdeführer, auch wenn er nicht der eigentliche Schutzbefohlene sei, gegen die Verletzung eigener Interessen zur Wehr setzen, sofern diese bei der Entscheidung mitzuberücksichtigen seien. Dies treffe für den Ehemann zu, wenn die Genehmigung eines Interzessionsgeschäftes der Ehefrau in Frage stehe. KAUFMANN, N. 13 und 14 zu Art. 420 ZGB, erklärt, die weite Fassung des Gesetzeswortlautes bedürfe einer dem Zwecke der Beschwerde gerecht werdenden Auslegung. Da mit der Beschwerdeerhebung eine richtige Amtsführung der vormundschaftlichen Organe erreicht werden wolle, würden nur solche Interessen dazu berechtigen, die überhaupt durch die Vormundschaft geschützt werden sollen. Das seien in erster Linie die Interessen des Mündels selbst, sodann auch diejenigen seiner Familie und seiner Umgebung. Daraus folgert KAUFMANN, dass sicher jeder, der im Interesse des Mündels (im weitesten Sinne) handle, zur Beschwerde legitimiert sei. Oft würden aber Dritte nur scheinbar im Interesse des Mündels handeln und tatsächlich nur egoistische Interessen vertreten; dann seien sie zur Beschwerdeführung nicht legitimiert. EGGER, N. 17, 18 und 20 zu Art. 420 ZGB, hält fest, dass jedermann, der ein berechtigtes Interesse habe, zur Beschwerde gemäss Art. 420 ZGB befugt sei. Berechtigt sei jedes schutzwürdige Interesse, d.h. jede verständige, sachliche Bezogenheit. Diese könne materieller oder ideeller Art sein. Immerhin müsse jeweils ein Interesse in bezug auf die Angelegenheit, die Gegenstand der Beschwerde bilde, vorhanden sein. Ein eigenes Interesse des Beschwerdeführers genüge nur, wenn ihm das Vormundschaftsrecht einen Anspruch einräume. Dritten stehe die Beschwerde zu, wenn sie sich auch noch nach der Entmündigung durch die Art der Führung der Vormundschaft in ihrer Sicherheit gefährdet sehen. Im übrigen verweist EGGER auf den Zweck des Rechtsmittels, der in der Wahrung der Mündelinteressen liege. Wenn der Vormund oder die vormundschaftliche Behörde die Genehmigung eines BGE 103 II, 170 (174)Vertrages verweigere, stehe das Einspracherecht nur dem Mündel zu und nicht dem Vertragspartner, auch nicht einem Angehörigen, der damit nur seine eigenen Interessen wahren wolle. Demgegenüber ist LEMP, N. 83 zu Art. 177 ZGB, der Auffassung, dass auch der Gläubiger zur Beschwerde gemäss Art. 420 Abs. 2 ZGB legitimiert sei, ohne aber dafür eine Begründung zu geben.
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Diesen wenigen Lehrmeinungen über den Umfang des in Art. 420 ZGB vorgesehenen Beschwerderechts lässt sich jedenfalls soviel entnehmen, dass die angeführten Autoren das Recht des Dritten zur Anfechtung von Beschlüssen der Vormundschaftsbehörde durchwegs einschränken. Das Rechtsmittel soll in erster Linie dazu dienen, die vormundschaftlichen Behörden zu einem gesetzgemässen Verhalten und zur Wahrung der Interessen desjenigen, für den sie tätig werden müssen, anzuhalten. Eine ähnliche Zurückhaltung bei der Umschreibung des Beschwerderechts des Dritten ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch in der Rechtsprechung zu Art. 420 ZGB festzustellen. Das Bundesgericht hat sich zwar noch nie direkt zu der hier aufgeworfenen Frage geäussert. Indessen hat es in BGE 64 II 180 erklärt, aus Art. 420 ZGB lasse sich keineswegs ein Beschwerderecht für jeden Interessierten herleiten. Eine andere Auffassung des Bundesgerichts lässt sich auch nicht BGE 40 II 318 entnehmen, auf den sich der Beschwerdeführer beruft. In diesem Entscheid wird festgehalten, Art. 177 Abs. 3 ZGB wolle vor allem die Ehefrau gegen sich selbst und gegen ihren Ehemann schützen, d.h. es soll verhindert werden, dass die Ehefrau, ihrer Zuneigung zu ihrem Ehemann und seinen Beeinflussungen nachgebend, Verpflichtungen eingehe, die ihr Vermögen gefährden würden. Das Bundesgericht fügt hinzu, es wäre Sache des Beklagten gewesen, für die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde zur Vereinbarung, die er mit der Ehefrau des Schuldners getroffen hatte, besorgt zu sein. Aus dieser Bemerkung folgert nun der Beschwerdeführer, wenn der Dritte berechtigt sei, die Genehmigung des Interzessionsgeschäftes einzuholen, so müsse er auch legitimiert sein, gegen die Verweigerung dieser Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde Beschwerde zu führen. Dieser Schluss drängt sich jedoch keinesfalls auf. Auch wenn der Dritte bei der Vormundschaftsbehörde selber um Erteilung der Genehmigung BGE 103 II, 170 (175)nachsuchen kann, so heisst das noch lange nicht, dass ihm bei Verweigerung der Genehmigung, weil sie nicht im Interesse der Ehefrau liegt, ein Beschwerderecht zum Zwecke der Durchsetzung seiner persönlichen Interessen zustehen müsse. Schliesslich weisen auch die in den angefochtenen Entscheiden zitierten kantonalen Urteile nicht in eine andere Richtung. So hat das Waadtländer Kantonsgericht in einem Entscheid vom 28. Februar 1951 das Beschwerderecht gegen die Verweigerung der Genehmigung eines Interzessionsgeschäfts auf die Ehegatten beschränkt und den dritten Vertragspartner ausdrücklich davon ausgeschlossen (ZVW Bd. 7 (1952) S. 20/21; vgl. auch ZVW Bd. 3 (1948) S. 78, Bd. 22 (1967) S. 153 und Bd. 27 (1972) S. 158).
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3. Der Berner Regierungsrat hat sich im angefochtenen Entscheid die von der Rechtsprechung und Lehre vorgenommene einschränkende Auslegung des Beschwerderechts gemäss Art. 420 ZGB zu eigen gemacht. Er folgt damit der allgemein vertretenen Auffassung, wonach die in Art. 177 Abs. 3 ZGB vorgesehene Genehmigung von Verpflichtungsgeschäften der Ehefrau mit Dritten zugunsten ihres Ehemannes durch die Vormundschaftsbehörde einzig dem Schutze der Ehefrau zu dienen hat (BGE 40 II 320, BGE 53 II 367; LEMP, N. 40 zu Art. 177 ZGB; GMÜR, N. 33 zu Art. 177 ZGB; GAMPERT, Les actes juridiques entre époux, Diss. Lausanne 1924, S. 104 f.; DELESSERT, La responsabilité des autorités tutélaires en droit suisse, Diss. Lausanne 1931, S. 89 f.). Auf keinen Fall hat die Vormundschaftsbehörde nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift auch die Interessen des am Geschäft beteiligten Dritten zu berücksichtigen. Wenn der Regierungsrat daraus den Schluss gezogen hat, dass dem Dritten, der offensichtlich nur eigene Interessen verfolgt, die - wie hier - den Interessen der Ehefrau geradezu entgegengesetzt sind, kein Beschwerderecht zustehen könne, so lässt sich dies mit guten Gründen vertreten.
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Der Beschwerdeführer scheint zu übersehen, dass im vorliegenden Verfahren vom Bundesgericht nicht geprüft werden kann, ob die von den kantonalen Behörden vertretene Auffassung richtig oder falsch sei. Die hier einzig zulässige staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV kann ihrem Wesen nach nicht die Aufgabe eines ordentlichen Rechtsmittels übernehmen, das zu einer freien Überprüfung BGE 103 II, 170 (176)der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfrage führen würde. Es ist dem Bundesgericht vielmehr lediglich erlaubt zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid gegen das Willkürverbot verstösst. Willkür liegt indessen nur vor, wenn ein Entscheid nicht nur unrichtig, sondern offensichtlich unhaltbar ist, weil er mit sachlichen Gründen schlechterdings nicht zu rechtfertigen ist oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 97 I 352, 96 I 627, BGE 93 I 6 /7 und BGE 90 I 139 E. 2). Das trifft aber nach dem Ausgeführten auf den angefochtenen Entscheid keinesfalls zu. Auch die Vorbringen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, die Auffassung des Berner Regierungsrates als willkürlich erscheinen zu lassen.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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