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Informationen zum Dokument  BGE 134 II 160  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. und Y. gegen unique zurich airport Flughafen Zürich AG und Kanton Zürich sowie Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 10 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
1E.8/2007 vom 28. April 2008
 
 
Regeste
 
Enteignung nachbarrechtlicher Abwehransprüche infolge Fluglärms sowie von Abwehrrechten gegen den direkten Überflug; Bemessung der Entschädigung für ein Mehrfamilienhaus.  
 
Sachverhalt
 
BGE 134 II, 160 (161)Für den Sachverhalt kann auf BGE 134 II 49 verwiesen werden. Vorliegend musste die Schätzungskommission entscheiden, wie die Entschädigung für ein fluglärmbelastetes Miethaus zu berechnen sei.
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Aus den Erwägungen:
 
Während sich bei Einfamilienhäusern und Stockwerkeigentum der Verkehrswert nach dem Interesse der Käufer und den möglichen Marktpreisen bestimmt, die relativ rasch auf äussere Einflüsse wie Lärmbelastungen reagieren, wird sich nach der Lebenserfahrung bei Mietobjekten, die Wohnzwecken dienen, die Ertragslage bei Mehrlärm nur langsam verschlechtern. Die meisten Mieter scheuen die Mühen und Kosten eines Umzugs. Alteingesessene Mieter werden ihre Wohnungen nicht leicht aufgeben, sondern eher geneigt sein, den Mehrlärm zu erdulden. Mieterwechsel und Leerstände werden sich daher erst allmählich, im Laufe mehrerer Jahre, häufen. Die abgeschlossenen Mietverträge enden denn auch nicht beim Auftreten übermässigen Lärms. Mietzinsreduktionen infolge Immissionsbeeinträchtigungen sind gestützt auf Art. 259a Abs. 1 lit. b bzw. Art. 259d OR in der Praxis nur schwer durchsetzbar. Die Mietzinse werden daher häufig noch einige Jahre gleichgehalten oder - insbesondere nach grösseren Renovationen - in Einzelfällen sogar noch erhöht werden können. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Wohnliegenschaften, die übermässigem Fluglärm ausgesetzt werden, eine wertmässige Einbusse erleiden und sich die schleichende Entwertung über kurz oder lang darin zeigen wird, dass für die lärmbelasteten Wohnungen nicht (mehr) die selben Mietzinse erzielt werden können wie für vergleichbare Objekte in ruhiger Lage. Der Ertragsverlust kann sich auch darin äussern, dass überdurchschnittliche Investitionen getätigt werden müssen, um die Lärmbelastung durch höheren Komfort und Standard auszugleichen.
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Es kann demnach im Entschädigungsverfahren - selbst wenn dieses etwas länger dauert - vom Eigentümer nicht verlangt werden, dass er den nach der übermässigen Lärmbelastung eingetretenen Wertverlust seiner Liegenschaft konkret belege. Ebenso wenig kann es bei einer Vielzahl von Verfahren Aufgabe der Schätzungskommission sein, in jedem Einzelfall aufgrund der vorgelegten, häufig dürftigen Unterlagen abzuklären, ob und in welcher Höhe eine Ertragseinbusse eingetreten sei oder noch eintreten werde. Dabei müsste auch der Frage nachgegangen werden, ob trotz gleich bleibender Einnahmen ein Ausfall entstehe, weil die Mietzinse nicht oder nicht mehr dem sonstigen Markt gemäss erhöht werden könnten. Zudem wäre zu prüfen, ob sich die Aufwendungen für Unterhalt und Renovation im Rahmen des Üblichen hielten und künftig nicht vergrössert BGE 134 II, 160 (163)werden müssten. Angesichts all dieser Schwierigkeiten hat für Ertragsliegenschaften, die Wohnzwecken dienen und sich nicht für eine andere, weniger lärmempfindlichere Nutzung eignen, eine schematische Beurteilung des fluglärmbedingten Schadens zu erfolgen, die nicht nur im Sinne der Praktikabilität, sondern auch der Gleichbehandlung liegt.
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